TEILEN
Länder

„ArbeiterInnenregierung“ in Griechenland?

Von Politisches Sekretariat des RSB | 14.06.2012

Die Frage der Regierungsbeteiligung wird nach wie vor in linken Kreisen intensiv diskutiert. Dass innerhalb der Linkspartei ausgerechnet Oskar Lafontaine Gegner einer Regierungsbeteiligung sein soll, können nur diejenigen glauben, die vergessen haben, welche Figur er als früherer Ministerpräsident des Saarlandes und Bundesfinanzminister gemacht hat.

Die Frage der Regierungsbeteiligung wird nach wie vor in linken Kreisen intensiv diskutiert. Dass innerhalb der Linkspartei ausgerechnet Oskar Lafontaine Gegner einer Regierungsbeteiligung sein soll, können nur diejenigen glauben, die vergessen haben, welche Figur er als früherer Ministerpräsident des Saarlandes und Bundesfinanzminister gemacht hat.

Bei einem „normalen Funktionieren“ des Kapitalismus heißt Regierungsbeteiligung die Übernahme der Geschäftsführung des kapitalistischen Staates, der im Interesse der herrschenden Klasse der Kapitaleigner­Innen funktioniert. Eine ausgedehnte Staatsbürokratie, die bürgerlichen Parteien und ideologischen Apparate sabotieren jedes wirkliche Reformvorhaben. Eine „feindliche Übernahme“ des Staatsapparates durch die Arbeiter­Innenklasse ist nicht möglich. Von daher sind nicht die Revolutionär­Innen, die für die Zerschlagung des bürgerlichen Staates eintreten, die Utopist­Innen, sondern diejenigen „linken“ Parteien, die die Illusion verbreiten, eine „linke“ Regierung könnte im Kapitalismus auch „linke“ Politik machen.

Auch in der Arbeiter­Innenbewegung Frankreichs ist die Regierungsfrage umstritten. Dort hat sich u. a. über die Haltung zur Regierungsfrage und zur Linksfront um die Parti de Gauche (PdG, Linkspartei) eine Fraktion von der Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA) abgespalten, die vor wenigen Jahren mit großen Hoffnungen gegründet worden war, und ist zum Bündnis der Linksfront gewechselt.
Hierzulande dürfte zumindest bei Genoss­Innen, die sich vielleicht nicht als Revolutionär­Innen, doch als Antikapitalist­Innen verstehen, es weitgehend unstrittig sein, dass die neue, vom sozialistischen Premierminister Hollande ernannte Regierung, nicht eine „linke“ oder gar eine „Arbeiter­Innenregierung“ ist, sondern die eines der führenden imperialistischen Staaten dieser Erde. In Zeiten eher lokaler Kämpfe und Streiks kann das Eintreten für eine „linke“ Regierung in Frankreich, etwa aus Sozialist­Innen, Kommunist­Innen und PdG, nur Illusionen schüren und den Kampfwillen gegen neue Angriffe auf die Lohnabhängigen lähmen.

In Griechenland verlieren zurzeit die alten bürgerlichen Parteien einen Großteil ihrer Wähler­Innen und ihren beherrschenden Einfluss. Rechts wächst der Faschismus, links der Reformismus in Gestalt des Bündnisses SYRIZA. Ist es unter solchen Umständen nicht sinnvoll, für eine „Arbeiterregierung“ aus SYRIZA und der kommunistischen Partei KKE einzutreten? Oder noch vorsichtiger formuliert: Hat SYRIZA nicht „das Recht“ eine „linke“ Regierung zu bilden, wenn sie die Chance dazu hätte?

Zunächst dürfte auch das beste Wahlergebnis von SYRIZA nicht ausreichen, um eine parlamentarische Mehrheit zu erobern. Bei dem undemokratischen griechischen Wahlsystem könnte SYRIZA als stärkste Partei nur dank 50 geschenkter Sitze überhaupt in die Nähe einer Parlamentsmehrheit kommen. Dazu bräuchte sie aber die Stimmen der Kommunist­Innen, die früher schon einmal mit den korrupten Konservativen der Nea Demokratia eine Regierung bildeten, und von kleineren, völlig bürgerlichen Parteien.

Mag SYRIZA noch so sehr die letzte Hoffnung vieler Menschen in Griechenland sein – de facto ist sie eine der letzten Möglichkeiten der griechischen Bourgeoisie, das kapitalistische System zu retten. Ohne den Aufbau einer revolutionären Arbeiter­Innen-Partei mit Masseneinfluss, ist es unmöglich, die Offensive der Troika aus EU-Kommission, EZB und IWF erfolgreich zurückzuschlagen. Nur sie wird die Selbsttätigkeit der Arbeiter­Innenklasse fördern, die die Grundvoraussetzung für einen Systemwechsel darstellt. Denn eine Vergesellschaftung der Betriebe unter Arbeiter­Innenkontrolle kann nur von unten durchgesetzt werden.

Artikel teilen
Kommentare auf Facebook
Zur Startseite