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Betrieb & Gewerkschaft

Der Zug rollt weiter …

Von Walter Wiese | 01.01.2007

Am 8. November 2006 traf die Bundesregierung eine weitere Entscheidung zum Börsengang der Bahn: Alles bis auf das Netz werden zu 24,9 % privatisiert. Die erste Reaktion der Tarifgemeinschaft TRANSNet und GDBA, deren Mitglieder bei der Bahn arbeiten, war eine kurze Stellungnahme im Internet unter der Überschrift: „Konzern bleibt zusammen!“, „dafür haben wir in der Vergangenheit immer gekämpft“.

Am 8. November 2006 traf die Bundesregierung eine weitere Entscheidung zum Börsengang der Bahn: Alles bis auf das Netz werden zu 24,9 % privatisiert.

Die erste Reaktion der Tarifgemeinschaft TRANSNet und GDBA, deren Mitglieder bei der Bahn arbeiten, war eine kurze Stellungnahme im Internet unter der Überschrift: „Konzern bleibt zusammen!“, „dafür haben wir in der Vergangenheit immer gekämpft“.
Gekämpft?
Diese befremdende Lesart der Regierungsentscheidung erinnert an das Bild von einem Strauß, dessen Kopf man nicht sieht, weil er ihn in den Sand „Beschäftigungssicherung“ gesteckt hat.
Die Bahngewerkschaften geben sich – so scheint es – mit dem Geschriebenen und ihrer eigenen Interpretation davon und mit „Verhandlungen“ zufrieden. Die Kapitallogik haben sie bis zur letzten Konsequenz noch nicht erkannt, oder sie ignorieren sie, weil sie meinen, gegen die drohenden sozialen und ökologischen Folgen nichts Wirksameres machen zu können. Daher haben sie lediglich verhandelt und nicht offensiv gegen den Börsengang gekämpft.
Längst nicht aussichtslos
Dabei stünden die Gewerkschaften nicht allein. Es scheint genügend Unterstützungspotenzial in der Bevölkerung zu existieren, wie Umfrageergebnisse zeigen. Die Bereitschaft zu Kampfmaßnahmen der Bahnbeschäftigten würde dort große Sympathien finden, denn die vorhandenen Erfahrungen und Alternativen bzw. Folgen gesellschaftlicher und ökologischer Art anhand von Beispielen in England (negativ) und der Schweiz (positiv) werden breit diskutiert.

Der jetzt beschlossene Börsengang ist nur ein erster Schritt, weil die zu erwartenden lukrativen Erfolge der „Börsianer“ die nächsten herausfordern  werden. Die Modulierung des Bahnkonzerns in Tochterunternehmen macht ihn überschaubar wie die Filetstücke einer Fleischtheke. Diese Vorgehensweise liegt im Übrigen ganz auf EU-Linie!
Die fehlende Bereitschaft der Gewerkschaftsbürokratie zu Kampfmaßnahmen gegen den Börsengang wird sich verheerend für die Beschäftigten auswirken. Ihre Lage wird sich drastisch verschlechtern. Was ist also bei einem Kampf zu verlieren? Gewinnen kann man eine ganze Menge: nicht nur den Kampf, sondern auch die Erfahrung, dass die eigenen Interessen immer noch der beste Kampfstoff ist, den die „Basis“, also die Belegschaft, hat.

Die Orientierung auf Verhandlungen, die von vornherein nur defensiven Charakter haben können, wird den Wenigsten nützen. Sie drücken im Übrigen aus, dass die Gewerkschaftsführung sich mit dem Börsengang abfindet. Sie ist ja nicht selbst betroffen.
Auf die Eigenaktivität der KollegInnen kommt es also an. Aber auch die Hilfe „von außen“, vornehmlich von den BahnfahrerInnen, kann sehr hilfreich sein. Dieser gemeinsame Kampf, zu dem jetzt von unterschiedlichen Seiten Initiativen ergriffen werden müssen und wofür sich vor allem die BahngewerkschafterInnen einsetzen müssen, sollte die Forderung zum Erhalt und Ausbau des Öffentlichen Personenverkehrs mit dem Kampf gegen die Autogesellschaft und für eine solidarische Gesellschaftsordnung verbinden.

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