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Innenpolitik

Verschleierung und Widerstandslosigkeit beim Rentenklau

Von Korrespondent Mannheim | 01.02.2007

Nachdem die Regierung SPD/Grüne die Rente zum Siechtum verurteilt hat, sorgt die Große Koalition dafür, das der Tod schneller eintritt. Die Diskussion in der Rentenpolitik am Ende der Kohlregierung ging um die Absenkung der ehemals 70 % betragenden Nettorente auf 64 %. Die SPD wollte auch eine Kürzung auf 67 %.

Nachdem die Regierung SPD/Grüne die Rente zum Siechtum verurteilt hat, sorgt die Große Koalition dafür, das der Tod schneller eintritt.

Die Diskussion in der Rentenpolitik am Ende der Kohlregierung ging um die Absenkung der ehemals 70 % betragenden Nettorente auf 64 %. Die SPD wollte auch eine Kürzung auf 67 %. Die Gewerkschaftsführungen mit ihrer politischen Bindung an die SPD akzeptierten nicht nur diese Absenkung auf 67 %, sondern setzten nach dem Regierungswechsel zu SPD/Grün auch einer Rentensenkung auf 64 %, Systemwechsel und einem Rentenabbau weit darunter keinen entschiedenen Widerstand entgegen. Auch wurde der Kampf für eine Rente mit 60 aufgegeben.
Systembruch unter Riester
Riester – der als 2.Vorsitzender der IG-Metall zum Arbeitsminister wurde – führte eine private kapitalgedeckte Rente ein, die bis 2008 zu 4 % weniger Bruttolohn führt, worauf dann zum Schein eine Rente mit 67 % berechnet wurde. In Wirklichkeit wurde die Rente nur mit Privatversicherung auf 67 % gehalten und verminderte den Arbeitgeberanteil zur Rentenversicherung um den verminderten Bruttolohn. Mit staatlichen Zulagen wurde dieser Systemwechsel – durch Einstieg in die Privatisierung und dem entsprechenden Ausstieg aus der paritätischen Solidarversicherung – schmackhaft gemacht. 

In Wirklichkeit war mit der Privatisierung das sozialpolitische Ziel, den im Arbeitsleben erworbenen Lebensstandards zu sichern, – auch bei Einkommen, die keine Vermögensbildung möglich machen –, aufgegeben. Die Beitragsbegrenzung der Arbeitgeber wurde oberstes Ziel. Außerdem fließt der staatlich geförderte Sparbetrag Versicherungen zu, die es am spekulativen Risikokapitalmarkt anlegen. Dieser Systemwechsel wurde durch eine ganze Reihe weiterer enormer Verschlechterungen, die bis 2030 reichen, als Weg in eine neue Altersarmut zementiert. In inneren Kämpfen um Steuer- und Hartzgesetze sowie Agenda 2010 ließ die SPD-Führung unter Schröder ihr soziales Aushängeschild völlig fallen, um sich als bessere Regierung für das kapitalistische System in der BRD und europaweit zu profilieren. Für die Renten setzte ein in der Geschichte der BRD einmaliger sozialer Kahlschlag ein (s. Kasten).
Rente zum Siechtum verurteilt
Die große Koalition hat weiter bis 2009 einen Nachholfaktor eingeplant. Die beschlossenen Rentenkürzungen sind in Wirklichkeit höher als die mit Nullrunden durchgesetzten realen Verminderungen über die Inflationsrate. Die Kürzungen sollen mit dem Nachholfaktor ab 2012 in 5 Schritten von 0,4 % pro Jahr nachgeholt werden. Auch sollen nicht vollzogene, – weil über die Inflation hinausgehende Kürzungen , durch den Nachholfaktor nachgeholt werden, bis alle Kürzungen durchgeführt sind. Außerdem solle die Rente nach Koalitionsvertrag mit 67 bis zum Jahr 2035 durchgesetzt werden, was einen weiteren Rentenabschlag von 7,2 % ausmacht. Müntefering diente sich dem Kapital noch zusätzlich an, indem er die Rente mit 67 bereits bis 2029 will.
Resistance gegen das Profitsystem
Mit diesen verschiedenen Kürzungen wird ein Rente von ca. 46 % des Nettoeinkommens über einen systematischen Abbau bis zum Jahr 2030 angestrebt. Arbeitslosigkeit, Niedriglöhne und die Aufweichung sozialversicherungspflichtiger Arbeitsverhältnisse tragen über den Nachhaltigkeitsfaktor zu den Kürzungen bei. Deswegen ist der Kampf für 10 Euro Mindestlohn, für Arbeitszeitverkürzung, Entlassungen und Lohnerhöhungen ebenso ein Kampf gegen Rentenabbau. In Wirklichkeit besteht überhaupt kein Grund zum Rentenabbau weder wegen der demographischen noch der Produktivitätsentwicklung. Das Bruttosozialprodukt hat in 15 Jahren von 1991 – 2006 um 25 % zugenommen und nimmt weiter zu.
Dauerhafter außerparlamentarischer Widerstand
Positiv sind die geplanten Aktionen der Gewerkschaften, den Widerstand in die Betriebe zu tragen. Dies müsste dauerhaft organisiert werden, denn hauptsächlich sind die noch heute Arbeitenden und Arbeitslosen von dem geplanten Rentenraubbau in der Zukunft betroffen. Die RentnerInnen sind umgekehrt ebenso von Lohnabbau und Entlassungen betroffen. Denn diese bestimmen die aktuellen Beitragszahlungen in die Rentenkassen. Die RentnerInnen müssten umgekehrt die Beschäftigten unterstützen. Woran es fehlt, ist vor allem der entschiedene dauerhafte betriebliche, gewerkschaftliche und gesellschaftliche Widerstand und die Gegenmacht gegen das durch Profit und Wettbewerb bestimmte System, für eine allen Menschen dienende Zukunft.

1    Der Nachhaltigkeitsfaktor senkt erstens die Rentenberechnung entsprechend der geringer werdenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten und deren Einkommen infolge zunehmender Arbeitslosigkeit und Abbau gesicherter Arbeitsverhältnisse. Zweitens senkt er die Rente infolge von mehr RentnernInnen, die hauptsächlich durch Entlassungen zum Teil durch Frühverrentung tund Privatisierungen zunehmen.
 

 

Rentenraub!
  • •    Belastung der Betriebsrenten mit vollem Krankenkassenbeitrag
  • •    Zusatz von 0,9% für Zahnersatz und Krankengeld
  • •    Belastung der Renten mit vollem Pflegeversicherungssatz
  • •    Belastung Kinderloser mit Zusatz von 0,25% Pflegeversicherung
  • •    Wegfall von Anrechnungszeiten bei Schul- und Hochschulausbildung
  • •    Einführung eines Nachhaltigkeitsfaktors 2004, wodurch die Nettorente bis 2030 nach der Zukunftsprognose auf ca. 53% sinken wird, damit der Arbeitgeberbeitrag bis 2020 nicht über 20% und bis 2030 nicht über 22% steigt.
  • •    Heraufsetzung der frühestmöglichen Inanspruchnahme der Rente bei Arbeitslosigkeit und Altersteilzeit von 60 auf 63 Jahre.
  • •    Bei Arbeitslosen bestand der Abbau hauptsächlich in der rapiden Abnahme der Rentenansprüche durch Übergang der Arbeitslosenhilfe zum ALG II und entsprechenden Kürzungen der Rentenkassenüberweisungen.
  • •    Mit einer Sicherungsklausel wird die Rentenkürzung auf die Inflationsrate beschränkt und der Abbau verschleiert.

 

 

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