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Innenpolitik

Die Leichen im Keller der Linkspartei (Teil 1)

Von Tom Bogen | 01.03.2007

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Wer als LinkeR die Politik der Linkspartei.PDS im Berliner Senat verfolgt, ist Kummer gewohnt. Doch die unsoziale Politik und die Anbiederung der PDS an die übrigen bürgerlichen Parteien ist kein Berliner Phänomen. In letzter Zeit häufen sich die schockierenden Beispiele opportunistischer Politik im Namen des „demokratischen Sozialismus“ – und das auf allen Ebenen. Im ersten Teil der Reihe stellen wir Beispiele aus Cottbus und Potsdam vor.

Wer als LinkeR die Politik der Linkspartei.PDS im Berliner Senat verfolgt, ist Kummer gewohnt. Doch die unsoziale Politik und die Anbiederung der PDS an die übrigen bürgerlichen Parteien ist kein Berliner Phänomen. In letzter Zeit häufen sich die schockierenden Beispiele opportunistischer Politik im Namen des „demokratischen Sozialismus“ – und das auf allen Ebenen. Im ersten Teil der Reihe stellen wir Beispiele aus Cottbus und Potsdam vor.

Der jüngste kommunale Fall außerhalb Berlins, der bundesweit Furore machte, war der Verkauf sämtlicher städtischer Wohnungen in Dresden (siehe Avanti 131). Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs einer verheerenden Kommunalpolitik der Linkspartei.PDS, die in linken überregionalen Medien leider oft unberücksichtigt bleibt.
Nationale Front in Cottbus
Unberücksichtigt blieb z.B. die de facto Koalition der PDS in Cottbus, der zweitgrößten Stadt Brandenburgs. Nach Abwahl der parteilosen und zunehmend unhaltbaren Oberbürgermeisterin formierte sich hier ein Wahlbündnis aus CDU, FDP und PDS. Vergleiche zu DDR-Zeiten, als konservative und liberale Blockparteien mit der SED zur Nationalen Front vereinigt waren, lagen für die lokale Presse nahe. Schon direkt nach dem Abwahlverfahren ging der Cottbuser PDS-Fraktionschef und WASG-Mitglied Eberhard Richter auf die CDU zu: „Wir arbeiten bei Sachthemen gut zusammen.“ Wenig später wurde mensch sich einig. Auf einen CDU-Kandidaten. Holger Kelch, der schon als amtierender OB eingesetzt war. Dann lief alles seinen Gang und die Fraktionschefs der Parteien einigten sich auf eine gemeinsame Plattform. Interessanterweise war der Aufschrei in der CDU wesentlich größer als bei der Linkspartei. Das verwundert jedoch nicht. Die CDU machte sich unglaubwürdig und sah ihr Feindbild davonschwimmen. In der PDS Brandenburg wird schon lange die Taktik verfolgt, auch für die CDU eine Bündnispartnerin zu werden.

In der Presse jedoch wurde das Wort „Koalition“ von beiden Seiten dementiert. Es handle sich um eine „Wählergemeinschaft“. Auch die monatlichen Treffen würden lediglich dem „Gedankenaustausch“ dienen und stellten natürlich keinen Koalitionsausschuss dar. Mensch muss sich das Ganze bildlich vorstellen: Am 8. September 2006 sitzen also VertreterInnen von CDU, FDP, PDS und zwei anderen kleineren Wählergruppen bei einem gemeinsamer Treffen zusammen und stimmen zusammen für ihren Kandidaten Holger Kelch und auch im anschließenden Wahlkampf spricht sich die PDS für den CDU Mann aus. Auf gemeinsame Wahlkampfstände hat man nach Intervention der CDU-Spitze allerdings verzichtet – um sich nicht völlig unglaubwürdig zu machen. Kelch erklärte im Wahlkampf, das Bündnis habe eine „neue Qualität“. Die CDU würde in Cottbus wenigstens „offen“ mit der PDS zusammenarbeiten und „nicht heimlich“, wie es in anderen Kommunen geschehe, etwa in Brandenburg/Havel, Frankfurt/Oder oder in der Prignitz.

Am Wahlabend zeigte sich dann allerdings, dass die CottbusserInnen lieber dem einzigen Gegenkandidaten, Frank Szymanski von der SPD mit 61,2% der Stimmen den Vorzug gaben. Die enttäuschten WahlkämpferInnen von CDU und PDS zogen am Abend dann zum gemeinsamen Absacker in eine Cottbusser Kneipe, hinter deren Tresen der örtliche PDS-Chef steht. Ein wahrlich komisches Bild muss das gewesen sein.
Wegbereiterin für preußische Phantasien
Ein ähnliches Bild bot sich den PotsdamerInnen im November 2006. Hier strahlte jedoch die PDS – und die SPD und die CDU machten lange Gesichter. Zwei Monate später schauten dann aber alle glücklich. Dank PDS-Fraktion. Was war geschehen?
Seit der Wende gibt es in Potsdam Bemühungen, die durch den Zweiten Weltkrieg zerstörten historischen Gebäude wiederzuerrichten. Dies ist verbunden mit einer unsäglichen Propaganda und einem Geschichtsrevisionismus zugunsten der Glorifizierung des Preußentums. Die „preußischen Tugenden“ dienen als Begründung für Sozialabbau und menschenverachtende Politik. Natürlich kompatibel zum neuen Deutschlandbild. Eines der Hauptprojekte ist die Wiedererrichtung des Potsdamer Stadtschlosses. In ihm wohnten fast ausnahmslos alle preußischen Herrscher.

Der originalgetreue Neubau wird über 130 Millionen Euro verschlingen. Im Jahr 2002 wurde das Eingangsportal des Schlosses mit einer Großspende von Günter Jauch aufgebaut. Im Jahr 2005 fand sich dann mit dem Land Brandenburg ein finanzkräftiger Investor. Es wurde bezeichnenderweise beschlossen, den Landtag in das künftige Schloss einziehen zu lassen. Von jeher war das Projekt umstritten. Die Hauptverkehrsader Potsdams muss komplett neu gestaltet werden: Brücken neu gebaut, Straßenzüge versetzt und neu angelegt, Gleise verschoben etc. Die PDS war mit dem Verweis auf baufällige Schulen und der Unterfinanzierungen sozialer Einrichtungen stets gegen den Schlossbau. Folgerichtig scheiterte im Oktober 2006 die entscheidende Abstimmung zum kommunalen Bauplan des neuen Landtagsareals an der größten Fraktion im Stadtparlament. Bei der SPD kam Ratlosigkeit auf. Damit wollte mensch sich nicht zufrieden geben und setzte – ganz demokratisch und rechtstaatlich – eine Wiederholungsabstimmung im November an. Auch sie scheiterte.

In ihrer Legitimationsnot einer dritten Abstimmung entschied sich die „Schlosskoalition“ aus CDU, SPD und Grünen für eine Bürgerbefragung. Die Stadtoberen konnten sich aufgrund der 15jährigen pro-preußischen Berichterstattung in den Lokalmedien und der Alternativlosigkeit des Landtagsschlosses eines Sieges sowieso sicher sein. Obendrein war die Abstimmungsfrage manipulativ gestellt. Ein „Nein“ zum Landtagsneubau in Potsdam war auf dem Stimmzettel nicht vorgesehen. Zur gleichen Zeit setzten Verhandlungen mit der Linkspartei.PDS ein, die sich immer noch weigerte. Die Bürgerbefragung ergab eine relative Mehrheit von knapp 43% für den Neubau in Potsdams alter Innenstadt.

Am Tag der dritten Abstimmung Ende Januar 2007 wurde dann bekannt, wie die Stimmen der PDS-Fraktion erkauft wurden. SPD-Oberbürgermeister Jann Jakobs gab sein Versprechen, in den nächsten Jahren 55 Millionen Euro in Potsdams Kitas und Schulen zu investieren. „Um das zu finanzieren, müssen wir wohl städtisches Vermögen veräußern“, kommentierte Jakobs. Dem widerspricht der PDS-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg nicht, der in den letzten Monaten im Zentrum der Aufmerksamkeit gestanden hatte. Für ihn kommen städtische Immobilien in Frage, dessen Verkauf der Stadt nicht „weh tut“ sowie „ausgesuchter“ städtischer Wohnraum, alles
sozialverträglich natürlich. Ein Blick nach Dresden und die Diskussion um den Verkauf der Potsdamer Verkehrsbetriebe lassen Schlimmes erahnen.

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