TEILEN
Innenpolitik

Angeklagt war Attac

Von Korrespondent Oberhausen | 01.10.2007

Am Mittwoch, den 5. September fand vor dem Amtsgericht Oberhausen ein Prozess gegen Dirk Paasch wegen „Vergehen gegen das Versammlungsgesetz“ statt. Paasch hatte einen Infostand von attac bei der Stadt wie üblich beantragt und genehmigt bekommen. Am 3. Februar machten damit sieben attacis auf der Verkaufsstraße in der Oberhausener Altstadt die Bevölkerung auf die bevorstehende Demo des Bündnisses „Gegen G 8 Kultur“ in Essen aufmerksam.

Am Mittwoch, den 5. September fand vor dem Amtsgericht Oberhausen ein Prozess gegen Dirk Paasch wegen „Vergehen gegen das Versammlungsgesetz“ statt. Paasch hatte einen Infostand von attac bei der Stadt wie üblich beantragt und genehmigt bekommen.

Am 3. Februar machten damit sieben attacis auf der Verkaufsstraße in der Oberhausener Altstadt die Bevölkerung auf die bevorstehende Demo des Bündnisses „Gegen G 8 Kultur“ in Essen aufmerksam.

Zwei Polizisten kontrollierten den Stand, der Flyer von attac landete beim Essener Staatsschutz, der von einem Aufruf zu einer nicht genehmigten Demonstration in Essen ausging. Das stellte sich natürlich als falsch heraus. Der Flyer wurde an die Duisburger Staatsanwaltschaft durchgereicht, die nun Paasch wegen „Vergehen gegen das Versammlungsgesetz“ belangte. Demnach hätte in Oberhausen kein Infostand, sondern eine nicht angemeldete Kundgebung stattgefunden.
Schön wäre es gewesen, wenn sich die Mengen vor dem Infotisch gesammelt hätten. Dem war leider nicht so. Angeklagt war damit nicht allein Dirk Paasch, sondern die attac-Aktivität gegen die G 8.
Freispruch mit Fragezeichen
Dirk Paasch, der schon hunderte von Infoständen in Oberhausen angemeldet hat, berief sich auf die Genehmigung der Stadt und die geltende Praxis. Staatsanwalt Hunze plädierte in Vertretung von Staatsanwalt Schmitzke auf „Verstoß gegen das Versammlungsgesetz“ und bestand auf ein Urteil gegen Paasch: „Wenn da ein Infostand ist und dann kommen ein paar Leute, dann ist das eine Versammlung“, so Hunze in seiner Begründung. Eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 30 Euro hielt er für angemessen, wobei ihn der Richter auf einen Tagessatz von 10 Euro korrigierte, da der Angeklagte ALG II bekommt.
Richter Kunze sprach Paasch frei, der im Verbotsirrtum ohne Schuld gehandelt habe. Paasch habe sich nicht rechtswidrig verhalten wollen. Allerdings folgte auch Kunze der Argumentation der Staatsanwaltschaft, dass es sich um eine Versammlung und nicht um einen Infostand gehandelt habe.
Attac-Stände bald unmöglich?
Demnach könnte zukünftig jeder attac-Stand, vor dem ein paar Leute zuviel stehen bleiben oder zu dem der Staatsschutz ein paar Bedienstete als „Interessierte“ schickt, von der Staatsanwaltschaft zu einer Kundgebung umgedichtet werden und darauf eine Anklage wegen „Verstoß gegen das Versammlungsgesetz“ folgen…

Hier wird versucht, neben der Anmeldung als Infostand bei der Stadt (Gebühr 30 Euro) noch die Anmeldung eines Infostandes / Kundgebung bei der Polizei als zweite Hürde aufzubauen. Kunze möchte das gerne in einer zweiten Verhandlung geklärt wissen. Staatsanwalt Hunze beantragte brav Berufung gegen den Freispruch.

Bei der Verhandlung drängte sich nicht wenigen Besuchern der Eindruck auf, dass diese Weisen der Justiz anscheinend weder in ihrem Leben an einem Infostand noch an einer Kundgebung teilgenommen haben, um dann am grünen Tisch über den Unterschied zwischen beidem zu fachsimpeln. Es scheint den Herrschenden auch nicht an Personal und Willen zu fehlen, um durch eine verschärfte Rechtsprechung neue Hürden vor der Ausübung der banalsten demokratischen Rechte zu errichten. Irgendwelche Hinz und Kunz an irgendeinem Provinzgericht werden sich dafür schon finden lassen.

Artikel teilen
Kommentare auf Facebook
Ähnliche Artikel
Zur Startseite