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Innenpolitik

Überwachungsangst als kleinster Nenner

Von Dieter Breuer | 01.10.2007

Gegen die massive Ausschnüffelung ab 1.1.2008 durch das neue Schäuble-Gesetz, welches die gesamte Bevölkerung unter Generalverdacht stellt, regt sich breiter Widerstand. Am Samstag, dem 22. September, fand dagegen in Berlin eine Demonstration mit ca. 15000 Menschen statt. Beteiligt war ein breites Bündnis aus FDP, Jusos, Grünen, Die Linke, Ärzteorganisationen, Rote Hilfe, attac, etc.

Gegen die massive Ausschnüffelung ab 1.1.2008 durch das neue Schäuble-Gesetz, welches die gesamte Bevölkerung unter Generalverdacht stellt, regt sich breiter Widerstand. Am Samstag, dem 22. September, fand dagegen in Berlin eine Demonstration mit ca. 15000 Menschen statt.

Beteiligt war ein breites Bündnis aus FDP, Jusos, Grünen, Die Linke, Ärzteorganisationen, Rote Hilfe, attac, etc. Die autonome Linke unterschrieb den Aufruf nicht, mobilisierte aber zu einem eigenen Block. Die Vielfalt und Widersprüchlichkeit der politischen Konzeptionen spiegelte sich dann auch auf der Demo wieder.
“Stasi-Schäuble”
Lange vor der Auftaktkundgebung auf dem Pariser Platz waren schon Tausende da. Viele davon mit selbstgebastelteten Schildern. Immer wieder waren auch T-Shirts mit dem Konterfei Schäubles und der Unterschrift “Stasi 2.0” oder Schilder mit “Stasi-Schäuble” zu sehen. Viele waren lange nicht oder sogar noch nie auf einer Demo gewesen, viele kleinere und größere Clownsgruppen dabei.

Nach einer lahmen Rede einer ver.di-Sprecherin, die leider nichts Bemerkenswertes von sich gab, erschien auf der Bühne ein Vertreter der Freien Ärzteschaft. Mit klaren Worten geißelte der Arzt die Folgen der elektronischen Patienten-Card, die faktisch den gläsernen Kranken schafft. Zwischendurch zog sich der Moderator Remmert-Fontes, – in Anzug und Krawatte –, vom AK Vorratsdatenspeicherung den Unwillen der DemonstrantInnen zu, da er in einer Mischung aus Dümmlichkeit und Lob die uns “beschützenden” PolizistInnen grüßte.
Angriffe auf Autonome
Diese entrissen nach der Zwischenkundgebung auf dem Alexanderplatz dem autonomen Block unter einem Vorwand das Fronttransparent und griffen immer wieder in Gruppen brutal und mit Pfefferspray Leute aus dem Block an. Heftiger Unmut war die Reaktion bei den Autonomen, die sich aber durch die Polizei nicht provozieren ließen. Auf einer belebten Ecke kurz vor Ende stoppten sie dann ihren Block und besetzten bis 19.30 Uhr eine Kreuzung. Eine richtige Antwort auf die vom “rot-roten” Senat politisch gesteuerte Polizei, die eine Demo unter Beteiligung der neuen Partei Die Linke massiv angriff.
Appelle an PolitikerInnen
Auf der Abschlusskundgebung und immer wieder während der Reden auf der Demo wurde an die PolitikerInnen appelliert, dem Gesetz nicht zuzustimmen. Diese PolitikerInnen hatten erst vor wenigen Jahren dem großen Lauschangriff und den “Sicherheitspaketen” zugestimmt. Der Gipfel war die Feststellung des Moderators, dass statt Computerüberwachung für die Sicherheit mehr Polizisten wichtiger wären – anstatt auszusprechen, dass der Staat die Repression verschärft, um Widerstand aufgrund des zunehmenden sozialen Kahlschlags schnell zu ersticken!

So wurde in den Reden der jetzige Zustand als “Freiheit” und der Zustand nach Verabschiedung des Gesetzes als “Unfreiheit” dargestellt. Eine völlige Verkennung der Lage, wenn mensch die Gesetzgebung der letzten zehn Jahre ansieht. Die soziale Frage war jedenfalls kein Thema auf der Bühne und die Breite der Demo spiegelte sich in den Redebeiträgen nicht wieder. Die teuren Bühnen waren fest in der Hand von staatstreuen BürgerrechtlerInnen und Liberalen. Nur ein Redner wies auf der Auftaktkundgebung auf die Beteiligung der Linkspartei in den Ländern Berlin und Mecklenburg-Vorpommern sowie ein zweiter während der Zwischenkundgebung auf die Beteiligung von FDP und Grünen im Bund an der verschärften “Sicherheitspolitik” hin. Sie ernteten beide reichlich Beifall.

Trotz der Pleite mit den RednerInnen war die Demo ein Erfolg und die politische Bandbreite der Menschen, die Angst vor einem Staat à la Schäuble haben, überraschte und lässt für den Widerstand hoffen.

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