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Innenpolitik

Gegen Armut und Ausgrenzung

Von Politisches Sekretariat des RSB | 01.01.2008

Die Art und Weise, wie heute den Erwerbslosen indirekt die Schuld für ihre Situation aufgebürdet werden soll, ist für sich genommen schon ein gesellschaftlicher Skandal. Deswegen treten wir nicht nur für eine materielle Absicherung ein, sondern wenden uns gegen alle Schnüffelpraktiken und unwürdigen Bedürftigkeitsprüfungen.

Die Art und Weise, wie heute den Erwerbslosen indirekt die Schuld für ihre Situation aufgebürdet werden soll, ist für sich genommen schon ein gesellschaftlicher Skandal. Deswegen treten wir nicht nur für eine materielle Absicherung ein, sondern wenden uns gegen alle Schnüffelpraktiken und unwürdigen Bedürftigkeitsprüfungen.

Wer bedürftig ist, muss sich ausreichend aus den Einträgen der Lohnsteuerkarte bzw. der Einkommenssteuererklärung ergeben. Sparkonten, Lebensversicherungen, selbst genutzte Eigentumswohnungen und dergleichen müssen für die Berechnung von Transferzahlungen völlig tabu sein. Wir fordern nicht nur die Offenlegung aller Konten und Geschäftsbücher, besonders bei Betriebsschließungen und Verlagerungen! Wir fordern auch die Enteignung der Unternehmen, die Arbeitsplätze vernichten!

Wir fordern eine Abschaffung der Zumutbarkeitsregelungen sowie die Wiederherstellung des Berufsschutzes. Und: Striktes Verbot jeglichen Arbeitszwangs für Erwerbslose!
Wir rufen dazu auf, die Einrichtung der 1-Euro-Jobs zu bekämpfen. Die Ausnutzung dieser und anderer Lohndrückertätigkeiten gerade im Bereich der Pflege, kommunaler Dienstleistungen usw. muss öffentlich ange­prangert werden. Dies richtet sich natürlich nicht gegen die Betroffenen, die aufgrund ihrer extremen Not oft zu jeder Tätigkeit bereit sind, die ihnen das Überleben erleichtert.

Deswegen ist der unmittelbare Dreh- und Angelpunkt für die materielle Sicherung der Betroffenen die sofortige Anhebung des Eckregelsatzes auf 700 Euro plus Unterkunftskosten und Heizung. Ebenso die Wiederherstellung der aus dem Regelsatz abgeleiteten alten Prozentsätze für Kinder, also bei den 7-14-jährigen wieder 65% (heute 60%) und bei den 15-18-jährigen wieder 90% (heute 80%). Der Eckregelsatz muss jährlich an die steigenden Lebenshal­tungskosten angepasst werden.
Ergänzend fordern wir, wieder Zahlungen für „besondere Lebenslagen” zu leisten, die Einführung einer Mindestrente von 1000,- € netto pro Person und die Abschaffung der Rente mit 67!
Gleiche Rechte für alle – Gleicher Lohn für gleiche Arbeit
Nicht nur die Erwerbslosen drücken auf die Löhne, auch diejenigen, die auf dem zweiten oder dritten Arbeitsmarkt eingesetzt werden und werden sollen. Dazu gehören heute in wachsender Zahl vor allem die LeiharbeiterInnen. Waren es im Jahr 2000 noch 300.000 LeiharbeiterInnen, so sind es heute mehr als 600.000. Für 2008 wird mit einem weiteren Zuwachs von 20% gerechnet. Viele dieser Menschen, ca. 150.000, müssen einen Zweitjob annehmen, weil sie mit 7,30 € oder 8 €  – in dieser Spanne bewegen sich mehr als Dreiviertel aller Verdienste von LeiharbeiterInnen – kein auskömmliches Einkommen erzielen können. LeiharbeiterInnen sind oft mit ständig wechselnden Anforderungen konfrontiert. Selbst wenn sie länger in einem Betrieb arbeiten, sind sie weitgehend rechtlos und dürfen sich nichts trauen, denn sie können umstandslos fortgeschickt werden.

Es gibt überhaupt keinen Grund für die Existenz dieser prekären Beschäftigungsverhältnisse, auch nicht für befristete Arbeitsverhältnisse! Die Unternehmen müssen gezwungen werden, ausreichend Personal vorzuhalten und nicht bei jeder längeren Krankmeldung oder für jeden Kollegen, der seinen Urlaub nimmt, gerade mal schnell einen Leiharbeiter zu holen. In vielen Betrieben gehört es inzwischen zur festen Einrichtung, dass das Stammpersonal systematisch runter gefahren wird und LeiharbeiterInnen zum Teil über Jahre neben den anderen KollegInnen arbeiten. Nur eben für bedeutend weniger Geld und mit weniger Rechten ausgestattet. In beiden Fällen sind zu allererst die Betriebsräte gefordert, Leiharbeitsverhältnisse grundsätzlich abzulehnen und zwar mit der Begründung, dass sie dem Grundsatz des gleichen Lohns für gleiche Arbeit widersprechen. Nur so können reguläre Einstellungen erzwungen werden.

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist übrigens auch im Verhältnis Frauenlöhne zu Männerlöhnen nicht hergestellt. Hier ist seit Jahrzehnten kein Fortschritt zu verzeichnen, ja in bestimmten Bereichen vergrößert sich sogar die Kluft.

Dreh- und Angelpunkt im Kampf gegen Billiglöhne bleibt die Kernforderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn von wenigstens 10 € in der Stunde für alle Branchen und Tätigkeiten. Verdi, NGG und IG BAU hatten noch im Jahr 2000 einen Mindestlohn von 3000.- DM gefordert, was etwa den 10 € entspricht. Heute fordern sie nur noch 7,50 €, die Linkspartei nur 8.- €. 10 € bedeuten heute bei einer 38,5 Stundenwoche 1670 €/Monat. Das entspricht – je nach Steuerklasse – 1100 bis maximal 1200 € netto. Auch der Mindestlohn muss jährlich an die steigenden Lebenshaltungskosten angepasst werden.
Parallel dazu müssen wir in Betrieb und Gewerkschaft für kräftige Lohnsteigerungen kämpfen. Die letzten Tarifrunden sind ein Lehrbeispiel, wie in der Hochkonjunktur beste Chancen für das Durchsetzen der berechtigten Interessen der Lohnabhängigen verspielt wurden. Das liegt vor allem daran, dass die Gewerkschaften fest im Griff des bürokratischen Apparats sind und von der Basis zu wenig Druck ausgeübt wird, um die Dinge in die eigenen Hände zu nehmen.
Die letzten Jahre haben ein deutliches Auseinanderdriften von Profiten und Löhnen gebracht. Die Nettoeinkommen sind gefallen1 und die Gewinne sind gestiegen. Wir schlagen deswegen vor, dass eine breite Bewegung für eine generelle Anhebung der Löhne und Gehälter um 300 Euro entwickelt wird.

1     Siehe die „Düsseldorfer Tabelle“, nach der die Unterhaltszahlungen für Kinder abgesenkt werden, weil die Nettolohnentwicklung 2006 rückläufig war.

 

TiPP!
Auszug aus: Solidarität statt Spaltung. Aktionsprogramm gegen Massenarbeitslosigkeit, Armut und Ausgrenzung. Eine Alternative zur Forderung nach einem Bedingungslosen Grundeinkommen (BGE). Zu bestellen über: buero@rsb4.de.

 

 

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