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Betrieb & Gewerkschaft

Nokia: Die Verantwortlichkeiten benennen!

Von Politisches Sekretariat des RSB | 01.02.2008

Ende Januar scheint die Lage beim Kampf um den Erhalt der Arbeitsplätze von Nokia Bochum recht hoffnungslos. Der Öffentlichkeit wird als einzige Perspektive die (eventuelle!) Rückforderung von Subventionen geboten. Ein wirklicher Kampf ist (noch) nicht in Sicht. Um eine bessere Perspektive entwickeln zu können, gilt es mindestens zwei Verantwortlichkeiten klar zu benennen: Die Verantwortung des Konzerns und die Verantwortung der IG Metall.

Ende Januar scheint die Lage beim Kampf um den Erhalt der Arbeitsplätze von Nokia Bochum recht hoffnungslos. Der Öffentlichkeit wird als einzige Perspektive die (eventuelle!) Rückforderung von Subventionen geboten. Ein wirklicher Kampf ist (noch) nicht in Sicht. Um eine bessere Perspektive entwickeln zu können, gilt es mindestens zwei Verantwortlichkeiten klar zu benennen:

Die Verantwortung des Konzerns liegt darin, die schrumpfenden Gewinne aus dem Handyverkauf auf dem Rücken der Beschäftigten sanieren zu wollen. Bekannt ist, dass Nokia bei Handys heute nur noch halb so viele Gewinne einfährt wie vor zehn Jahren. Bekannt ist aber auch, dass der Konzern letztes Jahr einen regelrechten Quantensprung bei den Gewinnen machte von 845 € im 3. Quartal 2006 auf 1,563 Milliarden € im dritten Quartal 2007. Insgesamt konnte Nokia aufgrund der Ausdehnung seiner Geschäftsfelder auf andere Bereiche letztes Jahr einen Gesamtgewinn von 7,2 Milliarden € einfahren.
Die „Verantwortung” für die Lage im Bochumer Nokia-Werk liegt aber vor allem am kapitalistischen Wirtschaftssystem, denn Konzerne nehmen grundsätzlich keine so genannten „Quersubventionierungen” vor, d. h. sie gleichen die fehlenden Gewinne in einer Sparte nicht durch Gewinne in anderen Sparten aus. Aus Konkurrenzgründen müssen alle Bereiche eines Konzerns auf Dauer Gewinne machen, nicht nur um die EigentümerInnen mit satten Dividenden zu bedienen, sondern um genügend Ressourcen für den nächsten technologischen Wandel anzuhäufen, sonst werden sie abgehängt und gehen unter.
Die zweite Hauptverantwortung trifft heute aber die IG Metall, die Verantwortlichen im Bezirk, im Vorstand, die Vertrauensleute und Betriebsräte bei Nokia. Denn in dieser Situation einem Kampf aus dem Weg zu gehen, hat zur Folge, dass in den nächsten Wochen die einzigen wirklichen Druckmittel, die die Belegschaft entwickeln kann, aus der Hand gegeben werden.
Kämpfen statt Lamentieren!
Im Einklang mit den bürgerlichen Politikern fällt der IG Metall und dem Betriebsrat nichts anderes ein als: Wehklagen über den schlechten Stil des Konzernvorstands;  Verhandlungen mit dem Konzernvorstand hinter verschlossenen Türen.  Berthold Huber spricht zwar von einer „Kampfansage an die gesamte IG Metall” und kündigt „knüppelharte” Auseinandersetzungen an,  orientiert aber real nur auf Protest und nicht auf konsequenten Widerstand.

Der nicht von der IGM unterstützte Aufruf zum Boykott ist Ausdruck von Hilflosigkeit. Dieser Aufruf, der sich an die KonsumentInnen richtet, lenkt von der Verantwortung des Betriebsrats und der IG Metall sowie der anderen Gewerkschaften ab. Gewerkschaftliche Kampfmittel sind derzeit andere: aufklären, mobilisieren, wirksamen Widerstand bis hin zur Betriebsbesetzung und spürbare Solidarität über alle Grenzen hinweg organisieren.

In dieser Situation die Verantwortung auf die KonsumentInnen abschieben, heißt von gewerkschaftlichen Aufgaben und Pflichten abzulenken. Die Boykottforderung kann möglicherweise ein Nebenprodukt eines tatsächlichen Kampfes sein, wenn in dessen heißer Phase sich die Situation zuspitzt, und dann dem Konzern zusätzlich Druck gemacht werden muss.
Heute aber, wo gerade kein betrieblicher Kampf abzusehen ist, dürfen wir diese Kräfte nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. Die Aufgaben müssen klar benannt werden: Die Belegschaft, die Nachbarbetriebe, die Stadt und die gesamte IG Metall mobilisieren für die Forderung: Nokia ist überall! Verbot von Entlassungen! Enteignen statt plattmachen!

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