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Innenpolitik

Linke verzichtet auf Organisierung

Von B.B. | 01.10.2007

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Die Koordination der in der neuen Partei Die Linke wirkenden Strömung Antikapitalistische Linke verzichtet darauf, sich als offizielle Strömung zu organisieren. In ihrer Erklärung „Für eine antikapitalistische Politik und Praxis in und mit der neuen Partei DIE LINKE“ vom 20. September bietet die Koordination der Antikapitalistischen Linken (AKL) eigentlich nichts Neues, außer eben der Ankündigung, auf ihre eigene Organisierung zu verzichten.

Die Koordination der in der neuen Partei Die Linke wirkenden Strömung Antikapitalistische Linke verzichtet darauf, sich als offizielle Strömung zu organisieren.

In ihrer Erklärung „Für eine antikapitalistische Politik und Praxis in und mit der neuen Partei DIE LINKE“ vom 20. September bietet die Koordination der Antikapitalistischen Linken (AKL) eigentlich nichts Neues, außer eben der Ankündigung, auf ihre eigene Organisierung zu verzichten. Dort heißt es: „Wir orientieren […] darauf, dass die AKL als linkes Bündnis auch in der neuen Partei DIE LINKE bestehen bleibt. Wir streben dabei allerdings keine Etablierung als Zusammenschluss auf Grundlage von § 7 des Statuts innerhalb der neuen Partei DIE LINKE an“.
Paragraph 7
In § 7 des Statuts der Partei Die Linke sind die Rechte interner bundesweiter Zusammenschlüsse geregelt. Diese bestimmen nach Absatz 3 „selbständig den politischen und organisatorischen Beitrag, den sie zur Politik der Partei […] leisten“ und sie sind „in die Arbeit von Parteivorstand, Kommissionen und Arbeitsgremien aller Ebenen einzubeziehen“. Sie entscheiden nach Abs. 4 „selbständig über ihre Arbeitsweise und ihre innere Struktur“. Sie können nach Abs. 6 „Delegierte zum Parteitag entsenden“ und sie erhalten nach Abs. 7. „im Rahmen des Finanzplanes finanzielle Mittel für ihre Arbeit“.

Um als bundesweiter Zusammenschluss anerkannt zu werden, müsste die AKL in mindestens 8 Landesverbänden entweder mindestens ein Zweihundertstel der Mitglieder repräsentieren oder nach Landessatzung als landesweiter Zusammenschluss anerkannt sein.

Indem die Antikapitalistische Linke auf die Organisierung als bundesweiter Zusammenschluss verzichtet, verzichtet sie auf einen organisierten Kampf für ihre Ideen in der neuen Partei Die Linke.
Die Position der AKL
Die – nie gewählte – Koordination der AKL, die diesen Verzicht „organisierte“ will die „offene Verständigung“ statt die „Etablierung“ eines „formalisierten bundesweiten Zusammenschlusses“ bzw. dem auf Länderebene. Wer den AKL-Aufruf „Für eine antikapitalistische Linke“ unterzeichnet hat, tritt demnach nicht „in eine parteiinterne Struktur“ ein, sondern unterstützt nur die Vorschläge des AKL, die sich „an die gesamte Partei“ richten: „Wir wollen keinen Aufbau eines eigenen Vereins mit straffer Organisation und eigenem Finanzwesen, der vorrangig nur Angebote `für die eigenen Leute` organisiert. Ebenso wollen wir für die AKL keine fraktionelle Mitgliederwerbung und wir lehnen cliquenhaftes Pöstchenverschieben ab“, wobei zur Begründung des Verzichts auf  Organisierung der „Pluralismus“ herhalten muss.
Desorganisation als Konzept?
Es ist dem AKL nicht abzusprechen, sogar als lose Strömung gelegentliche Augenblickserfolge im innerparteilichen Kampf in der Partei Die Linke erreichen zu können. Auch die losen linken Zusammenhänge um Yvonne Kaufmann und Winfried Wolf konnten auf dem PDS-Parteitag im Jahr 2000 mit zwei Dritteln der Delegierten die fallweise Aufweichung des NEIN der PDS zu Kriegen mit UN-Mandat durch den damaligen Parteivorstand verhindern. Aber dieser angeblich so große Sieg der Linken stellte sich bald danach als Eintagsfliege heraus. Als der Genosse Winfried Wolf enttäuscht aus der PDS austrat, passten seine gesammelten MitstreiterInnen wahrscheinlich in eine Telefonzelle. Das wäre bei einer rechtzeitigen Organisierung als linkssozialistische, marxistische Strömung sicherlich anders gewesen.

Damit soll nicht dem Aufbau einer linken Fraktion in der Partei Die Linke das Wort geredet werden. Wer jedoch als LinkssozialistIn auf eine organisierte Arbeit zur Verbreitung der eigenen Anschauungen verzichtet, der zieht nicht nur keine Lehren aus dem früheren Scheitern der Linken innerhalb der PDS, sondern missachtet auch alle Erfahrungen der ArbeiterInnenbewegung. Dafür seien nur drei Beispiele angeführt: Die hervorragende Marxistin Rosa Luxemburg hatte die Organisierung einer marxistischen Fraktion in der SPD vor 1914 sträflich vernachlässigt. Die Strömung Klassenkampf um Paul Levi hätte in der SPD der Zwischenkriegszeit sicherlich mehr erreichen können, wenn sie nicht so ein armselig kleines Blättchen publiziert hätte. Und die Linke in der SPD der 50er/60er Jahre kam nicht über ihr Zeitungsprojekt SoPo hinaus. Der Verzicht auf die eigene Organisierung führte in allen drei Fällen dazu, mit einem kleinen Häuflein Aufrechter entscheidenden gesellschaftlichen Auseinandersetzungen (Novemberrevolution 1918, Kampf gegen den Faschismus 1932-33, StudentInnenbewegung ‚68) fast hilflos gegenüberzustehen.
Die linke „Alternative“
Die Vereinigung von Linkspartei.PDS und WASG war nicht zuletzt der Zusammenschluss von bürokratischen Apparaten zu einer vereinigten Parteibürokratie bestehend aus den drei Kernelementen PDS-Apparat, linke Gewerkschaftsbürokratie und erfahrene sozialdemokratische Strippenzieher. Mit den absehbaren Wahlerfolgen der neuen Partei werden neue Geldquellen erschlossen und hunderte von Abgeordnetenmandaten erobert. Das wird niemals die antikapitalistische Strömung sondern einzig und allein den Parteiapparat stärken.

Angesichts dieser absehbaren Entwicklung auf den Aufbau einer organisierten Strömung zu verzichten, heißt zunächst einmal der sehr gut organisierten Mehrheits-Vorstandsströmung, d.h. der Parteibürokratie, schlecht organisiert, unorganisiert oder individuell entgegenzutreten. Dabei bleibt es aber nicht, denn der Druck der Wahlerfolge wirkt auch auf die Linke in Die Linke. Der Verzicht auf die eigene Organisierung als Antikapitalistische Linke ist bereits Ergebnis dieses Druckes. Wenn dann noch die AKL-Koordination in ihrer Erklärung die „zunehmenden öffentlichen Angriffe selbsternannter Reformer auf Oskar Lafontaine und die von ihm vertretene politische Linie“ anprangert, wird offenkundig, wie sich die AKL tatsächlich positioniert – als „Linke“, die sich hinter Oskar Lafontaine verstecken und ihm den Rücken freihalten will. Wer auf solche „Hoffnungsträger“ baut, wird nicht nur die größten Enttäuschungen erleben, sondern hat die Überzeugung von seinem eigenen linken Projekt bereits aufgegeben.

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