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Innenpolitik

Kriminalisierungsversuche abgewehrt

Von Korrespondent | 01.03.2008

Am 21.12.04 protestierten 12 Personen im Mannheimer Gemeinderat gegen die Umsetzung von Hartz IV. Sie hängten ein Transparent „STOP AGENDA  2010 und Hartz IV“ über die Brüstung der Zuschauerempore und lasen laut aus einem Flugblatt vor. Anschließend warfen sie unter Rufen von Parolen einige Flugblätter in den Gemeinderatssaal. Die Gelegenheit war günstig gewählt, denn es gab für die Stimmabgabe zwecks Neuwahl des Stadtkämmerers eine Pause.

Am 21.12.04 protestierten 12 Personen im Mannheimer Gemeinderat gegen die Umsetzung von Hartz IV. Sie hängten ein Transparent „STOP AGENDA  2010 und Hartz IV“ über die Brüstung der Zuschauerempore und lasen laut aus einem Flugblatt vor.

Anschließend warfen sie unter Rufen von Parolen einige Flugblätter in den Gemeinderatssaal. Die Gelegenheit war günstig gewählt, denn es gab für die Stimmabgabe zwecks Neuwahl des Stadtkämmerers eine Pause.  Bei den zahlreich erschienenen Zuschauern kam die Aktion gut an wie auch bei der Presse, die darüber berichtete.

Völlig ungelegen allerdings kam die Aktion dem damaligen  SPD-Oberbürgermeister Widder. Statt die immer mehr verarmende Bevölkerung zu schützen, spielte er im Schröder-Konzert „Fordern statt Fördern“ bei der Diffamierung und  Verarmung der Erwerbslosen fleißig mit. Der Protest gegen sein Verständnis von  öffentlicher  Sachverwaltung im Sinne der Reichen störte ihn dermaßen, dass er insgeheim die Polizei um Hilfe rief.

Die 12 Aktiven freuten sich über die gelungene Aktion und verließen die selbstgeschaffene Bühne in völliger Ruhe. Diese störten allerdings die herbeigeeilten Polizisten  beim Verlassen der Besucherempore durch ihr ruppiges Benehmen bei der Aufnahme der Personalien.   Obwohl die Aktion längst beendet war, berief sich der OB auf  Hausfriedensbruch. Das Gericht verhängte kurz danach die nicht lumpige Strafe von insgesamt 5700 Euro zuzüglich Gerichtskosten für die 12 Personen, wovon 10 ALG II–BezieherInnen sind. Dieses Schweig-zu-allem-Demokratie-Verständnis rief hauptsächlich bei den Betroffenen aber auch weit darüber hinaus Ablehnung und Widerspruch  hervor. Bis auf eine Person legten alle Widerspruch gegen die Strafe ein.

Fast in Vergessenheit geraten wurde nach 3 Jahren vom Gericht eine Verhandlung  für den 24. Januar 08 angesetzt.  Der demokratische Protest drohte,  wegen  „Verdacht auf Hausfriedensbruch“   und wegen  „Verdacht auf Nötigung“ (bei einer Person) kriminalisiert zu werden.

Die Angeklagten – zur Hälfte noch bis heute in der Montagsdemo  aktiv – mobilisierten sofort gegen die neuerliche Kriminalisierung des Protestes. Eine erste Veranstaltung fand als Soli-Party mit Musik im Jugendzentrum für Selbstverwaltung statt; eine zweite mit Prof. Peter Grottian in Zusammenarbeit mit dem Zukunftsforum für Gewerkschaften und attac im Gewerkschaftshaus.  Beide stellten nicht nur schnell die nötige Öffentlichkeit sondern, auch finanzielle Unterstützung her.

Der Vortrag von Peter Grottian brachte die nötige Aufmunterung für andere neue Aktionen und auch mehr Mut zur Fantasie dabei gut rüber.

Ca. eine Woche vor dem Gerichtstermin wurde vom Gericht angeboten, den  Prozess nach § 153 II StPO wegen geringer Schuld einzustellen.. Eine einzige Strafe blieb bestehen. Sie betraf die Nötigung und wurde von 750€  auf  250 €  herabgesetzt. Da sie ein Vergleichsangebot und kein Richterurteil darstellt, geht sie auch nicht  ins Zentralregister ein. Die Gerichtskosten sollte die Staatskasse tragen. Die Gruppe betrachtete das als ein gutes Ergebnis, das hauptsächlich durch die  Mobilisierung zustande kam und nahm  das Angebot an.  Die Unterstützung durch Spenden und Rote Hilfe decken den Betrag einschließlich der entstandenen Rechtsanwaltskosten, wofür die Gruppe sich bedankt. Der gemeinsame Widerstand gegen die Kriminalisierung des Sozialprotestes war ein Erfolg und der ehemalige OB Widder hat sich in der Öffentlichkeit lächerlich gemacht. 

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