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Betrieb & Gewerkschaft

Liechtenstein und Devecey

Von B. B. | 01.03.2008

700 Reiche haben Angst. Die Steuerfahndung ist ihnen, die am Fiskus vorbei 3,4 Milliarden Euro in Liechtenstein gebunkert haben sollen, auf den Fersen. Nach Aussage der Staatsanwaltschaft ist die Beweislast überwältigend. Auch die herrschende Klasse und ihre politische Vertretung haben Angst. Nicht nur weil Banken durchsucht werden.

700 Reiche haben Angst. Die Steuerfahndung ist ihnen, die am Fiskus vorbei 3,4 Milliarden Euro in Liechtenstein gebunkert haben sollen, auf den Fersen. Nach Aussage der Staatsanwaltschaft ist die Beweislast überwältigend.

Auch die herrschende Klasse und ihre politische Vertretung haben Angst. Nicht nur weil Banken durchsucht werden. Von „zu vielen Fällen von Manager-Fehlverhalten“ spricht BdA-Präsident Dieter Hundt. „Wir sollten aber nicht von Glaubwürdigkeitsproblemen der Wirtschaft insgesamt sprechen“. Wirtschaftsminister Glos (CSU) sieht das „Verhalten mancher Manager als Gefahr für den Zusammenhalt der Gesellschaft“.

Die Werksschließung von Nokia Bochum trotz Riesengewinnen und die Milliardenverluste der Landesbanken durch Fehlspekulationen sorgen ebenso für helle Empörung in den Büros und Werkstätten, wie die Vorstände von 1300 Unternehmen, die ihre Gehälter 2007 im Schnitt um 17,5% erhöht haben. Über diese Stimmungen sind die Herrschenden bestens informiert. Da dient die Fahndungsaktion gegen die 700 Reichen auch zur Beruhigung der empörten Gemüter.

Die Steuerhinterziehung der „Schwarzen Schafe“ wird auf 30 Mrd. Euro jährlich geschätzt. Das ist aber nur ein Bruchteil von dem, was die herrschende Klasse ganz legal an Steuern der Gesellschaft vorenthält. „Wir zahlen keine Steuern. Nur die kleinen Leute zahlen Steuern“, so die verstorbene New Yorker Milliardärin Leona Helmsley. Und in München soll der Pförtner der Siemens-Hauptverwaltung mehr Steuern zahlen als der ganze Konzern. Dabei beruht die Macht des Kapitals nicht auf hinterzogenen oder legal vorenthaltenen Steuern, sondern auf der Ausbeutung der Lohnabhängigen im Produktionsprozess, d.h. auf der privaten Aneignung des den ArbeiterInnen und Angestellten abgepressten Mehrwerts.

Der Ver.di-Vorsitzende Bsirske forderte Steuersätze bis zu 80% auf Manager-Gehälter über 2 Mio. Euro. „Warum denn nicht gleich enteignen?“, fragt die Journaille empört. Genau! Pourquoi pas? In Frankreich greift die ArbeiterInnenklasse wieder zu Aktionsformen, die zuletzt im Gefolge des Mai 68 aufgetaucht sind. Bei Michelin in Toul sperrte die Belegschaft zwei Manager vier Tage lang ein, bis sie höheren Abfindungen zustimmten. Bei Utilux in Devecey wurde ein Unternehmer, der heimlich den insolventen Betrieb ausräumen wollte, so lange eingesperrt, bis er einem ordentlichen Konkursverfahren zustimmte. Das sind die Aktionen, vor denen die Herrschenden wirklich Angst haben. Die dazu nötige Wut ist auch in der BRD schon vorhanden.

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