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Innenpolitik

SPD-Krise: Ultra-Neoliberale, Neoliberale und Die Linke

Von B. B. | 01.04.2008

Die in Avanti im Dezember 2007 beschriebene „Dauerkrise der SPD“ ist nun auch von den bürgerlichen Medien festgestellt worden. Die Führungskrise der Sozialdemokratie, die sich u.a. in dem fast alle zwei Jahre erfolgenden Abgang des jeweiligen SPD-Vorsitzenden ausdrückt, ist zu einer Krise der Taktik, nicht aber der politischen Orientierung geworden. Vor einem Jahre hatte der neue SPD-Vorsitzende Beck entgegen den Warnungen von Herrn Müntefering die SPD auf eine Ablehnung der Unterstützung durch Die Linke bei Regierungsbildungen in Westdeutschland festgelegt.

Die in Avanti im Dezember 2007 beschriebene „Dauerkrise der SPD“ ist nun auch von den bürgerlichen Medien festgestellt worden. Die Führungskrise der Sozialdemokratie, die sich u.a. in dem fast alle zwei Jahre erfolgenden Abgang des jeweiligen SPD-Vorsitzenden ausdrückt, ist zu einer Krise der Taktik, nicht aber der politischen Orientierung geworden.

Vor einem Jahre hatte der neue SPD-Vorsitzende Beck entgegen den Warnungen von Herrn Müntefering die SPD auf eine Ablehnung der Unterstützung durch Die Linke bei Regierungsbildungen in Westdeutschland festgelegt. Müntefering wollte bestimmt keine Koalitionen mit Die Linke, sondern nur nicht die Manövrierfähigkeit der Sozialdemokratie eingeschränkt wissen. Becks Kurs war schon deshalb kaum nachvollziehbar, weil die SPD und Die Linke bereits in der zweiten Amtszeit die bürgerliche Regierung des Landes Berlin bilden.
Hausgemacht
Zur aktuellen Führungskrise der SPD trug ihre hessische Spitzenkandidatin Ypsilanti bei, die zuerst wie Beck gegen eine Regierungsbildung mit Hilfe von Die Linke auftrat, dann mit deren Tolerierung Koch ablösen wollte, um schließlich darauf zu verzichten, weil die SPD-Abgeordnete Metzger (Seeheimer Kreis s.u.) nicht mitzog. In diesem Fall kannte der 2. Vorsitzende der Hessen-SPD, Walter, zwar frühzeitig Metzgers Position, versicherte aber Ypsilanti, dass sie sich bei der Abstimmung auf alle SPD-Abgeordneten verlassen könne. Damit ist die aktuelle Krise der SPD zunächst hausgemacht.
Taktikwechsel
Beck muss nun erneut die Taktik der SPD revidieren und Regierungsbildungen mit Hilfe von Die Linke offen halten. Er wird dabei z.B. vom SPD-Landesverband NRW gestützt, der völlig  konservativ ist, aber flexibel genug, um 2010 die CDU-Landesregierung Rüttgers notfalls mit Unterstützung von Die Linke abzulösen.

Hintergrund ist die Veränderung der Parteienlandschaft. Die Grünen und Die Linke schneiden die Sozialdemokratie von bestimmten WählerInnenschichten ab. Das macht den erneuten Taktikwechsel der SPD erforderlich, sie aber auch im Sinne antikommunistischer Kampagnen nach dem altbackenen F. J. Strauß-Muster „Freiheit statt Sozialismus“ angreifbar, was die durch und durch antikommunistische SPD scheut.
Keine Orientierungskrise
Die Krise der SPD ist keine Orientierungskrise. Die bürgerlichen Parteien CDU/CSU, FDP, SPD und Grüne sind im Wettbewerb „wer ist die Neoliberalste im ganzen Land?“ so weit rechts gelandet, dass sie einen erheblichen Teil ihrer WählerInnen nicht mehr erreichen können. Weil davon die Partei Die Linke profitiert, halten einige bürgerliche und linke Beob­achterInnen die Rechtsentwicklung des politischen Spektrums für einen „Linksruck“.

Entsprechend ist der Taktikwechsel der SPD auch keine „Linksentwicklung“. Im internen Konflikt stehen nicht etwa die Neoliberalen einem sozialliberalen Flügel gegenüber, sondern die Neoliberalen den Ultra-Neoliberalen. Der Sozialliberalismus in der SPD ist 5 Jahre nach Hartz IV so schwach, dass er nicht einmal einen Flügel bilden kann. Nur ein paar letzte Aufrechte um Ottmar Schreiner halten seine Fahne hoch. Die meisten sozialliberalen SozialdemokratInnen haben entweder resigniert oder sind Lafontaine und Maurer in die WASG bzw. in Die Linke gefolgt. Der Sozialliberalismus sammelt sich in Die Linke und nicht in der SPD. Die Linke wird sozusagen zum linken Flügel der SPD – nur eben außerhalb.
Zehn Jahre neoliberale Wende seit Schröder sind nicht spurlos an der Sozialdemokratie vorüber gegangen. Der rechte Seeheimer Kreis hat sich in einen ultra-neoliberalen Flügel verwandelt. Er fordert aktuell u.a. die Fortsetzung der Agenda-Politik bis 2015, „strikte Haushaltspolitik“, weitere Senkung der Sozialabgaben z.B. der Arbeitslosenversicherung, „damit Arbeit wieder preiswerter wird“ und die Privatisierung der Bahn.

Zwischen Ultra-Neoliberalen in der Sozialdemokratie und Die Linke außerhalb manövriert der SPD-Parteiapparat um Kurt Beck. Angesichts der Dauerdiskussion um Konzerngewinne, Managergehälter und Steuerflucht muss die SPD – wie auch CDU und CSU – „Konzessionen“ an ihre WählerInnen machen. Beck versucht die Quadratur des Kreises, indem er dem Neoliberalismus ein soziales Gesicht geben will. Aber eine Ministerpräsidentin Ypsilanti in Hessen würde selbst bei Tolerierung durch Die Linke eine Politik machen, die nicht weniger neoliberal wäre, als die des Berliner Senats.
Und die Partei Die Linke?
Für die Spitze und den Apparat von Die Linke ist die aktuelle Krise und vor allem der Taktikwechsel der SPD unweigerlich mit großen Hoffnungen auf Regierungsbeteiligungen verbunden. Die ganze strategische Orientierung von Gysi und Lafontaine ist auf eine Koalition von SPD, Grünen und Die Linke ausgerichtet. Auch der Führungskader von Die Linke in den Bundesländern vertritt mehr und mehr diese Perspektive. Insofern führt ihre aktuelle Krise die SPD nicht nach „links“, sondern Die Linke nach rechts.

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