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Innenpolitik

Preisgleitklauseln einführen!

Von B. B. | 01.12.2008

Während der ArbeiterInnenklasse ein mieser Metall-Tarifabschluss beschert wird und eine Inflation bevorsteht, mit der die Lohnabhängigen für die Milliarden der Banken zahlen sollen, führen die Landtagsabgeordneten in NRW Preisgleitklauseln ein – bei den Diäten. Damit sollen die für sie lästigen Debatten um Diätenerhöhungen umgangen werden.

Während der ArbeiterInnenklasse ein mieser Metall-Tarifabschluss beschert wird und eine Inflation bevorsteht, mit der die Lohnabhängigen für die Milliarden der Banken zahlen sollen, führen die Landtagsabgeordneten in NRW Preisgleitklauseln ein – bei den Diäten. Damit sollen die für sie lästigen Debatten um Diätenerhöhungen umgangen werden.

Im Landtag von Nordrhein-Westfalen ist der Entwurf für das 5. Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes gemeinsam von CDU, SPD, FDP und Grünen vorgelegt worden. Bei der Neuregelung der Diäten von bisher 9756 Euro monatlich sind sich alle Fraktionen einig.
Drucksache 14/7890
In der Drucksache 14/7890 des Landtages wird als „Problem“ ausgeführt: „Die Feststellungen des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik wurden stets nach identischem Berechnungsverfahren zur Grundlage der jeweiligen Empfehlung im Angemessenheitsbericht gemacht. Diese Empfehlung übernahm das Parlament ausnahmslos in unveränderter Form, sofern eine Grundentscheidung für eine Anpassung der Diäten vorlag. Mit Blick auf diese Entscheidungsfindung stellt der Angemessenheitsbericht einen entbehrlichen Zwischenschritt dar“.
Unter der Rubrik „Lösung“ sieht der Landtag NRW vor: „Deshalb erscheint es sachgerecht, die Feststellungen des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik […] unmittelbar zur Grundlage für die Bemessung der Höhe der Abgeordnetenbezüge zu machen. Für die Bemessung des Entscheidungszeitraums, in dem der Gesetzgeber Verlauf und Höhe der Entwicklung der Abgeordnetenbezüge überprüft, eignet sich in besonderer Weise die Legislaturperiode“.
Der neue Gesetzesentwurf
Was in der Bürokratensprache nur verklausuliert rüberkommt, heißt übersetzt: In Zukunft soll der Landtag NRW nur einmal zu Begin der fünfjährigen Legislaturperiode über die Erhöhung der Diäten abstimmen. Dazu heißt es im Gesetzesentwurf:

„Der Landtag beschließt zu Beginn einer Wahlperiode für die Dauer der Wahlperiode die jährliche Anpassung der Abgeordnetenbezüge nach § 5 entsprechend den in den Drucksachen errechneten Beträgen mit Wirkung jeweils zum 1. Juli desselben Jahres“.

„Grundlage für den danach zu errechnenden Anpassungsbetrag ist die allgemeine Lohn- und Gehaltsentwicklung […], der Eckregelsatz bzw. Regelleistung für Empfänger und Empfängerinnen von Sozialhilfe und Arbeitslosengeld II […] sowie die Lebenshaltungskosten und Einzelhandelspreise, sog. Verbraucherpreise […] im vorausgegangenen Jahr“.

So will die Kaste der PolitikerInnen die Diskussionen über Diätenerhöhungen vermeiden.
Von der Lohn- zur Preisindexierung
Der Landtag NRW verweist auf eine schon existierende Indexierung in Hessen. Dort steht im 11. Gesetz zur Änderung des Hessischen Abgeordnetengesetzes vom 10. Juni 2008: „Die Grundentschädigung nach Abs. 1 und die Auszahlungsbeträge nach Abs. 2 werden zum 1. Juli 2009, 1. Juli 2010, 1. Juli 2011 und zum 1. Juli 2012 an die Einkommensentwicklung angepasst“. Dieses Gesetz wurde von CDU, SPD und FDP – trotz aller angeblichen oder tatsächlichen Konflikte – gemeinsam verabschiedet. Die Grünen enthielten sich, Die Linke stimmte dagegen. Eine ähnliche Regelung existiert bereits in Bayern und es soll sie auch in Baden-Württemberg geben.

In NRW geht der Gesetzesentwurf der Großen Koalition aber weiter. Während der Landtag in Hessen die Diätenerhöhung an die vollzeitbeschäftigten ArbeitnehmerInnen mit 87,7%, an die „ArbeitnehmerInnen“ im Öffentlichen Dienst mit 6,6% und an die BeamtInnen mit 5,7%, also nur an Löhne und Gehälter ankoppelt, sollen bei der Berechnung in NRW die Bruttojahresverdienste der „ArbeitnehmerInnen“ mit 39%, der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst mit 4%, der BeamtInnen mit 3%, der Hartz IV-BezieherInnen mit 4% und der Verbraucherpreisindex mit 50 % berücksichtigt werden. Damit wird die Diätenhöhe an die Preisentwicklung gekoppelt. Vermutlich gibt es Absprachen der etablierten Parteien, worauf die gemeinsamen Initiativen in mehreren Landtagen hinweisen, um mit der Koppelung an die Lohn- und Gehaltsentwicklung zu beginnen und dann mit der an die Preise aufzuhören.
In Tarifdebatten einbringen!
Gäbe es RevolutionärInnen im Hessischen Landtag, dann hätten sie angesichts einer solchen Debatte zwei Gesetzesentwürfe eingebracht: Einen, der die Bezüge der ArbeiterInnen, Angestellten und BeamtInnen im Öffentlichen Dienst zu 100% an die Preisentwicklung koppelt. Und einen anderen, der die Diäten der Abgeordneten auf ein Viertel oder Fünftel ihrer heutigen Höhe reduziert. Um diese Gesetzesinitiativen hätte eine öffentlichkeitswirksame Kampagne aufgebaut werden müssen, um die Forderungen der Preisindexierung der Löhne und der Diätenreduzierung zu verbreiten. Schließlich bekommt ein/e FacharbeiterIn Metall in NRW in Lohngruppe 8 als Monatsgrundlohn 2191,31 Euro, in Hessen 2233,51 Euro in LG 7 und eine BezieherIn von Hartz IV nur 351 Euro plus Warmmiete.

Eine Koppelung von Löhnen und Gehältern an die Preisentwicklung ist angesichts der Inflation dringend erforderlich. Für die Möglichkeit liefert der Gesetzesentwurf aus NRW ungewollt gute Argumente, die in die Debatte zum Ausgang der Metalltarifrunde wie in die kommenden Tarifdiskussionen eingebracht werden sollten.

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