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Innenpolitik

Machen wir den 8. März zum gesetzlichen Feiertag!

Von Vera Svoboda | 01.03.2009

In Hamburg brachte die Fraktion Die Linke Anfang Januar dieses Jahres in der Bürgerschaft einen Antrag zum 8. März ein: „Die Bürgerschaft fordert den Senat auf, den 8. März durch die Novellierung des Hamburgischen Landesfeiertagsgesetz(es) zum gesetzlichen Gedenk- und Feiertag zu erklären.“

In Hamburg brachte die Fraktion Die Linke Anfang Januar dieses Jahres in der Bürgerschaft einen Antrag zum 8. März ein: „Die Bürgerschaft fordert den Senat auf, den 8. März durch die Novellierung des Hamburgischen Landesfeiertagsgesetz(es) zum gesetzlichen Gedenk- und Feiertag zu erklären.“

Erstaunlicherweise wurde der Antrag nicht einfach abgelehnt, sondern an den Sozial- und Gleichstellungsausschuss überwiesen. Der Antrag, den GAL (Grüne) und Ver.di unterstützen, ist an sich bemerkenswert und seine ausführliche Begründung durchaus nachvollziehbar. Peinlich ist der Hinweis: „In Anbetracht der regionalen Unterrepräsentanz von Feiertagen im Norden ist ein weiterer Feiertag in Hamburg zu einem feststehenden Datum wirtschaftlich zumutbar.“ Die­se Art von Zögerlichkeit lässt frau skeptisch sein!
1917
Der Gedanke eines Frauenprotesttages wurde von Clara Zetkin auf der Zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz am 28. August 1910 eingebracht. Am 19. März 1911 wurde der Frauentag in Dänemark, Deutschland, Österreich-Ungarn, der Schweiz und den USA begangen.

Als am 8. März 1917 (nach julianischem Kalender 23. Februar) in St. Petersburg Soldatenfrauen und Arbeiterinnen gegen den Krieg, gegen Hunger und die Arbeitszeiten demonstrierten, schlossen sich ihnen auch Männer an. Diese Demonstration wird als Anfang der Februarrevolution in Russland bezeichnet.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Frauentag in Deutschland genutzt, um für die Rechte der Frauen einzutreten, insbesondere für sehr handfeste Dinge wie niedrige Lebensmittelpreise, die Schulspeisung, für Arbeitszeitverkürzung und für die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs.

Die Zweite Internationale Konferenz kommunistischer Frauen machte 1921 den 8. März im Gedenken an die Ereignisse im März 1917 in Petersburg zum internationalen Frauentag.

1933 wurde der Frauentag ob seines sozialistischen Ursprungs durch den Muttertag im Mai ersetzt, das entsprach dem propagierten Frauenideal.
In DDR und BRD
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Frauentag schon in der sowjetischen Besatzungszone 1946 eingeführt und in der DDR Jahr für Jahr begangen. Es gab Feiern und Betriebsausflüge der Frauen, in Begleitung eines Gewerkschaftssekretärs. So konnte mensch z. B. in einer Gaststätte am Kyffhäuser festlich gekleidete feiernde Frauen begleitet von einem Mann mit Aktentasche sehen – er bezahlte die Zeche. Der Frauentag wurde aber auch genutzt, um die Frauen an ihre Pflichten gegenüber dem Staat zu mahnen. Sie begrüßten selbstverständlich auch die Planvorgaben. Im Vorfeld der Ereignisse des Herbstes 1989 hatten sich auch Frauengruppen gebildet wie etwa die lila offensive und der Unabhängige Frauenverband.

In der Bundesrepublik gewann der Frauentag mit dem Aufbruch der Frauenbewegung am Ende der 60iger Jahre an Bedeutung. Für einige Jahre waren Demonstrationen und Frauenfeste in vielen Städten selbstverständlich.
International
Das gilt auch für andere Länder, auch in anderen Teilen der Welt. So feierten die Vereinten Nationen 1975 den 8. März erstmals, und im Dezember 1977 beschloss die Generalversammlung der UN, den 8. März als Internationalen Frauentag anzuerkennen. Das erleichtert das Begehen dieses Tages, selbst wenn es um Feierstunden im Saal geht, wie es RAWA in Afghanistan gemacht hat. Hauptforderungen der Frauen sind neben ökonomischen vor allem Fragen der Bildung, aber auch der körperlichen Unversehrtheit – gegen Genitalverstümmelung, für sexuelle Selbstbestimmung. Es geht im weitesten Sinne auch um Chancengleichheit.  Wenn im Iran Frauen kriminalisiert werden, weil sie Gleichheit einfordern, z. B. bei der Erbschaft oder bei Zeugenaussagen, wo sie im Wortsinn minderwertig sind, gibt es allen Grund, den Weltfrauentag zu begehen.
Kryptische Losungen
In der Bundesrepublik steht der Frauentag, wie er von den Gewerkschaften geführt wird unter kryptischen Losungen: 2008 „Frauen verdienen mehr“ und 2009 „Frauen bestimmt“. Aufforderung, Feststellung oder Grammatikfehler? Die Ungleichheit in der Entlohnung ist ein wesentlicher Punkt. Der Unterschied zwischen Männer- und Frauenlöhnen beträgt mehr als 20 %. In Führungspositionen der Wirtschaft z. B. sind Frauen unterrepräsentiert, dafür aber bei der Altersarmut überdurchschnittlich vertreten. Eine existenzsichernde Rente zwischen 900 und 1200 Euro erreichen gut 31 % der Männer, aber nur 15 % der Frauen, darüber werden die Abstände noch größer, über 1500 Euro erhalten knapp 10 % der Männer, aber nur knapp 2 % der Frauen. Es gibt also allen Grund, auf die Straße zu gehen!

Übrigens am 20. März ist Equal Pay Day! 

 

Forderungen damals und heute

1917  2009
  • • Kampf gegen den Krieg
  • Wahl- und Stimmrecht für Frauen
  • Arbeitsschutzgesetze
  • Ausreichender Mutter- und Kinderschutz
  • Der Achtstundentag
  • Gleicher Lohn bei gleicher Arbeitsleistung
  • Festsetzung von Mindestlöhnen
  • Gleicher Lohn bei gleichwertiger Arbeit
  • Bildungs- und Betreuungseinrichtungen für alle Kinder
  • Flexible Arbeitszeitmodelle
  • Gleiche Karrierechancen
  • Eindämmung von Niedrig­löhnen und prekärer Beschäftigung
  • Sichere Rente 
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