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Innenpolitik

Nach der DGB-Demo vom 16. Mai – Kampagne für 500-30-10?

Von B.B. | 01.06.2009

Vielleicht waren es wirklich 100 000, die am 16. Mai zur DGB-Demonstration nach Berlin fuhren. Mit der Aktion wollte die Gewerkschaftsführung Dampf ablassen. Perspektiven bot sie nicht.

Vielleicht waren es wirklich 100 000, die am 16. Mai zur DGB-Demonstration nach Berlin fuhren. Mit der Aktion wollte die Gewerkschaftsführung Dampf ablassen. Perspektiven bot sie nicht.

Die Mobilisierung der Gewerkschaften war grottenschlecht. Wenn in einer Ruhrgebietsstadt von 200 000 Einwohner­­­Innen, die IG Metall nicht einmal ein Dutzend Karten für den Sonderzug/Busse reserviert hatte, dann belegt dies, dass große Teile der Gewerkschaftsapparate überhaupt kein Interesse an der DGB-Demonstration hatten. So blieb es der Gewerkschaft Ver.di vorbehalten, den Hauptteil der Mobilisierung zu schultern.

Schließlich war diese Demonstration am 16. Mai auch aufgrund des Druckes der Proteste vom 28. März in Frankfurt/M. und Berlin zustande gekommen, die hauptsächlich von der linken Bewegung im weitesten Sinne getragen wurden. Der DGB musste reagieren, aber die Gewerkschaften agierten nicht.
Bereitschaft der Basis
Im krassen Gegensatz zur Unwilligkeit der Bürokratie stand die Bereitschaft der Gewerkschaftsbasis, gegen die Krise zu demonstrieren – so sie denn überhaupt von der DGB-Demo erfahren hatte. Aus Duisburg sollte nach Berlin zunächst nur ein Sonderzug fahren, dann wurde ein zweiter geordert und schließlich wurden zusätzlich noch Busse eingesetzt. Aus Hagen fuhren allein 500 Gewerkschafter­­­Innen los. Bei einer entsprechend intensiven Mobilisierung hätten auch 500 000 Menschen nach Berlin kommen können.

Das wollte die Gewerkschaftsführung aber nicht. Sie will nicht gegen die Krise kämpfen, sondern zurück an den Verhandlungstisch, um dort unter der Regie der Bundesregierung mit den Unternehmerverbänden einen Sozialpakt zur gemeinsamen Bewältigung der Krisenlasten auszuhandeln. Das läuft im Ergebnis auf nichts anderes hinaus, als die Krise auf die Arbeiter­­­Innenklasse abzuwälzen.
Entsprechend liefen dann „Kollege“ Sommer, SPD-Müntefering und einige „Größen“ der Grünen hinter dem offiziellen Transparent mit der Aufschrift „Die Krise bekämpfen – Druck machen – Sozialpakt für Europa“ her. Kaum jemand anderes hätte diese sozialpartnerschaftliche politische Stoßrichtung besser verkörpern können als sie.
Organisationskonservatismus statt Lebendigkeit
Innerhalb der Demonstration gab es zum Glück auch ganz andere politische Kräfte, wobei der „Schwarze Block“ der verdi-Jugend (schwarz gekleidete Aktivist­­­Innen) besonders auffiel. Aber während am 28. März die verschiedenen Linken und kapitalismuskritischen Kräfte das Bild prägten, handelte es sich am 16. Mai um eine richtige Gewerkschaftsdemonstration. Dort, wo linke Blöcke auftraten, hatten sie es schwer, auf ihre Umgebung abzufärben: kaum Sprechchöre, eine echte Latschdemo. Zwar war neben Verdi auch die Partei Die Linke mit zahlreichen Fahnen gut vertreten, aber die Stimmung heizte das nicht an. Die linke Lebendigkeit brach sich am gewerkschaftlichen Organisationskonservatismus. Daran änderten auch die diversen kapitalismuskritischen Transparente und Schilder kleinerer Gruppen nichts wirklich.
Wo war der 500-30-10 Block?
Das war vorherzusehen. Und deshalb hatten sich die verschiedenen Initiativen, Organisationen und Gruppen zu „Blöcken“ verabredet. Zwar demonstrierten immer wieder innerhalb der Demo kleinere Gruppen auch unter den Losungen 500 Euro Eckregelsatz, 30 Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich und 10 Euro Mindeststundenlohn lohnsteuerfrei. Aber ein gemeinsamer großer 500-30-10-Block kam nicht zustande. Das lag nicht nur an organisatorischen Mängeln wie z. B. die Angabe des Sammelpunktes an der falschen Seite des Hauptbahnhofs (Invalidenstraße). Die organisatorischen Schwierigkeiten sind vielmehr ein Ausdruck davon, dass die unterschiedlichen Organisationen wie ABSP, Erwerbslosenforum Deutschland, Rhein-Main-Bündnis, Netzwerks der Gewerkschaftslinken und SBB noch nicht eng genug zusammenarbeiten. So hatte es kein gemeinsames Vorbereitungstreffen gegeben, wo die Beteiligten versucht hätten, sich vor allem politisch zu verständigen. Ein Hindernis ist dabei sicherlich die Kontroverse um das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE).
Perspektive
Der Kampf gegen die kapitalistische Krise geht auch nach dem 16. Mai weiter. Am 13. Juni bietet in Frankfurt eine Versammlung auf Einladung der Gewerkschaftslinken und des Rhein-Main-Bündnisses die Gelegenheit, über Inhalte und nächste Schritte der sozialen Bewegung zu diskutieren. Dabei geht es nicht nur um Absprachen des linken Flügels für das bundesweite Bündnistreffen der sozialen Bewegung am 27./28. Juni in Kassel – so es denn nach dem Rückzug von attac überhaupt zustande kommt. Vielleicht ist auch eine gemeinsame Kampagne für 500-30-10 möglich.

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