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Ökologie

GAU in Floppenhagen

Von Thadeus Pato | 01.01.2010

Mal ehrlich: War eigentlich von der Klimakonferenz in Kopenhagen ein wirklicher Durchbruch beim Kampf gegen den Klimawandel zu erwarten gewesen?

Mal ehrlich: War eigentlich von der Klimakonferenz in Kopenhagen ein wirklicher Durchbruch beim Kampf gegen den Klimawandel zu erwarten gewesen?

Wer sich dieser Illusion hingegeben hatte, den hätte ein kurzer Blick auf die dortige Versammlung sinistrer Gestalten eines Besseren belehren können. Diese Ansammlung von regierungsamtlichen Marionetten der Multis und Großunternehmen aus den Regierungen der Industriestaaten, korrupten Diktatoren und mafiosen Geschäftemachern war weder willens noch in der Lage, auch nur einen Minimalkonsens zustande zu bringen. Die wenigen glaubwürdigen Protagonisten, in erster Linie aus den unmittelbar vor dem Untergang stehenden Inselstaaten, konnten einem leidtun.
Die Ausgangssituation
Die Prognosen der Klimaforscher waren eindeutig und jedem bekannt: Um das angepeilte Minimalziel in Sachen Klimaschutz, nämlich eine Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf zwei Grad bis Ende des Jahrhunderts, zu erreichen, wäre mindestens eine Reduktion des Ausstoßes von klimaschädlichen Treibhausgasen um 40% bis 2020, und eine von 80% bis 2050 erforderlich. Wahrscheinlich würde aber selbst das nicht sicher ausreichen. Und es war auch klar, dass es, wenn diese Konferenz scheitern würde, in absehbarer Zeit kaum eine zweite Möglichkeit geben würde, ein verbindliches Abkommen zu schließen. Aber es war auch im Vorfeld bereits ebenso klar, dass ausgerechnet diejenigen Staaten, die das bevorstehende Desaster zu verantworten haben, nämlich die Industriestaaten des Nordens, an erster Stelle der Großverschmutzer USA, gar nicht daran dachten, sich auf die notwendigen Reduktionsziele einzulassen. Und die Schwellenländer wie Indien und China mauerten ebenfalls.
Klimakillerin Merkel und Dampfplauderer Obama
Die Statthalterin des deutschen Kapitals, Angela Merkel, versuchte sich als Rosstäuscherin. Sie kündigte vollmundig Hilfen für die bereits heute von den Folgen des Klimawandels betroffenen Länder, insbesondere in Afrika, aber auch Asien und Ozeanien, an, wollte diese aber elegant mit der Entwicklungshilfe verrechnen. Menschlich verständlich – hat doch die deutsche Regierung den maroden Banken die Milliarden gleich im Zehnerpack hinterhergeworfen, zusätzlich den Reichen großzügige Steuergeschenke beschert und ist deshalb ziemlich pleite. Man kann ja schließlich nicht alles gleichzeitig bezahlen und da entscheidet man sich im Zweifelsfall lieber für Subventionen für den Klimakiller Autoindustrie (in Form der Abwrackprämie) und die Spekulantenmafia aus den Großbanken.

Außerdem konnte Merkel sich ja auch hinter dem großen Bruder aus Washington verstecken. Der frischdekorierte Friedensnobelpreisträger Obama machte das Einzige, was er – das ist neidlos anzuerkennen – gut kann: rhetorisch glänzende und völlig unverbindliche Reden zu halten. Es gelang ihm dabei das Kunststück, jegliche konkrete Zusage zu vermeiden.
Life is a Cabaret
Wäre die Lage nicht so ernst, könnte man das Ende der Konferenz als gelungene Kabarettnummer beklatschen: Der Friedensnobelpreisträger legt mit seiner Weigerung, Klimaschutz zu betreiben, den Grundstein für zu erwartende Verteilungskriege, die (nicht unterschriebene) Schlusserklärung besteht darin, dass freundlicherweise der exklusive Klub, der das Papier ausarbeitete, sich dazu durchrang, eine längst gesicherte wissenschaftliche Tatsache anzuerkennen, nämlich, dass die Temperaturerhöhung auf zwei Grad begrenzt werden muss, und die angekündigten Hilfszahlungen an arme Länder von 10 Milliarden pro Jahr, um die Folgen der Klimaveränderung zu bekämpfen, sind angesichts der weltweit zur Stützung der Spekulantenmafia ausgegebenen Summen ein noch schlechterer Witz.

Dass die Vertreter einiger der am meisten von der Klimakatastrophe bedrohten ärmeren Länder gar nicht daran dachten, auch noch zu unterschreiben, dass sie im Stich gelassen werden, war die logische Folge. Der Vertreter des 26 qkm großen Inselstaates Tuvalu brachte es auf den Punkt: „Es sieht so aus, als würden uns 30 Silberlinge angeboten, um unser Volk und unsere Zukunft zu verraten“, sagte Fry. Die deutsche Gazette „Der Spiegel“ kommentierte denn auch kurz und bündig: „Es war eine Zusammenkunft der Versager“. Dabei muss man hinzufügen, dass selbst ein Abkommen auf der Basis der während der Verhandlungen von einzelnen Ländern gemachten Reduktionszusagen eine Lachnummer gewesen wäre: „Wir haben die Angebote durchgerechnet, die von den Staaten heute Nacht in Kopenhagen auf den Tisch gelegt worden sind. Danach kommen wir auf eine Temperaturerhöhung von mindestens 3,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter“, so Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), gegenüber „Spiegel online“. Dreieinhalb Grad aber bedeuten ein vollständiges Umkippen des Weltklimas…..
Dänemark probte den Bürgerkrieg
Die dänische Regierung hatte sich auf ihre Weise auf den Gipfel vorbereitet. Im Vorfeld wurde eigens eine Gesetzesänderung vorgenommen, um etwaige ProtestiererInnen präventiv einbuchten zu können – auch ohne Beweise oder Tatverdacht. Als der Autor in Kopenhagen ankam, wimmelte die Stadt von PolizistInnen in Einsatzmontur. Bei der Großdemonstration am 12.12. wurde dann zugeschlagen: Über 900 Demonstranten wurden eingekesselt, mit Kabelbindern gefesselt und mussten bis zu 4 Stunden bei Minusgraden auf der Straße sitzen bleiben. Auch in den Folgetagen wurden immer wieder AktivistInnen wie Tadzio Müller ohne ersichtlichen Grund in Vorbeugehaft genommen.
Diese Bürgerkriegsübungen geben einen Vorgeschmack auf das, was zu erwarten steht, wenn die Klimaschutzbewegung weiter an Stärke gewinnt. Und die DänInnen hatten ja auch allen Grund, besorgt zu sein. Dass sich der Zorn der TeilnehmerInnen am Gegengipfel angesichts des verantwortungslosen und menschenverachtenden Verhaltens der selbsternannten Weltherrscher aus den kapitalistischen Zentren in Aktionen entladen würde, war absehbar und nur allzu verständlich.
Es geht auch anders
Über 190 Regierungen waren anwesend in Kopenhagen, und die brachten es nicht einmal fertig, sich wenigstens auf ein Reduktionsziel zu einigen. Die Initiativen, Organisationen und Parteien aus dem linken, globalisierungskritischen und grünen Spektrum, die sich zum Gegengipfel getroffen hatten, machten vor, dass es auch anders geht. Sie einigten sich auf eine Abschlusserklärung: „System change – not climate change / A People’s Declaration from Klimaforum09“. In dieser Erklärung steht alles, was eigentlich die Gipfelteilnehmer hätten beschließen müssen. Und diese Deklaration wurde von 363 Organisationen unterzeichnet.

Der Titel der Erklärung bringt das Problem auf den Punkt. Der eigentliche Grund, warum die Konferenz zu keinem Ergebnis kam, ist offensichtlich. Den Klimawandel zu stoppen, aber gleichzeitig das derzeit
ige wirtschaftliche und politische System unverändert weiterzubetreiben, ist nicht möglich. Wenn die Klimakatastrophe verhindert werden soll, dann muss ein radikaler Systemwechsel stattfinden. Ein System, das auf Ausbeutung menschlicher wie natürlicher Ressourcen, Profit, nationaler wie internationaler Konkurrenz und quantitativem Wachstum basiert, kann sich Klimaschutz tatsächlich nicht leisten. Und deshalb ist es auch nicht überraschend, dass das Kopenhagener Zombietreffen nicht zu einem Ergebnis kommen konnte.

Die genannte Erklärung des Gegengipfels zieht die einzig logische Konsequenz: „Es besteht die dringende Notwendigkeit, eine globale Bewegung der Bewegungen aufzubauen, die sich der Arbeit für eine langfristige Umwandlung unserer Gesellschaften hin zu nachhaltigen widmet. Im Gegensatz zu den herrschenden Machtstrukturen muss diese Bewegung von der Basis ausgehen. Was wir brauchen, ist eine breite Allianz von Umweltbewegung, sozialer Bewegung, Gewerkschaften, Bauern, Zivilgesellschaft und anderen Bündnispartnern, die im täglichen politischen Kampf sowohl lokal, wie national und international zusammenarbeiten.“

Oder anders gesagt: Die da oben sind dabei, den Globus zu ruinieren. Wir werden sie daran hindern müssen.

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