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Länder

Repression und Widerstand in Honduras

Von Karl Lindt | 01.03.2010

Vor einem halben Jahr putschten die Generäle der honduranischen Armee mit Unterstützung des obersten Gerichts gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Jose Manuel Zelaya Rosales. Die Repression gegen kritische Stimmen nimmt seitdem immer systematischeren Charakter an.

Vor einem halben Jahr putschten die Generäle der honduranischen Armee mit Unterstützung des obersten Gerichts gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Jose Manuel Zelaya Rosales. Die Repression gegen kritische Stimmen nimmt seitdem immer systematischeren Charakter an.

Kriegsrecht, Todesschwadronen, Folter und Ausgangssperren – der Alltag in Honduras ähnelt immer mehr dem in Chile unter Pinochet. Trotz alledem gingen seit dem Putsch im Juni 2009 Zehntausende Menschen immer wieder auf die Straße, um gegen die De-facto-Regierung von Roberto Micheletti zu protestieren. Streiks, Blockaden und Massendemonstrationen legten das Land teilweise wochenlang lahm. In der internationalen bürgerlichen Presse führte diese Massenbewegung allerdings nur ein Schattendasein. Andere Bewegungen, wie vor allem die Demonstrationen im Iran, passten den Herrschenden besser in ihr Weltbild. Eine Bewegung, die für eine neue, demokratischere, an den Interessen der arbeitenden Klasse orientierte Verfassung kämpft und sich in weiten Teilen positiv auf die bolivarianische Revolution beruft, konnte kaum mit dem Wohlwollen der Herrschenden rechnen.
Wachsende Repression
Schon in den ersten Tagen nach dem Putsch versuchte die De-facto Regierung um Roberto Micheletti, mittels massiver Unterdrückung kritischer Stimmen, die Widerstandsbewegung zu zerschlagen. Doch die Repression der Ordnungskräfte hatte zunächst einen sehr willkürlichen und unkoordinierten Charakter, was den fortschrittlichen Kräften in Honduras ermöglichte, eine starke Bewegung gegen den Putsch aufzubauen. Israel Salinas, Generalsekretär des honduranischen Gewerkschaftsverbandes CUTH und führendes Mitglied der Nationalen Front gegen den Militärputsch: „Wenn der Militärputsch einen positiven Effekt hatte, dann ist das die Einigung der zahlreichen Organisationen der fortschrittlichen Bewegung. Gewerkschaften, Campesinoorganisationen, Frauengruppen und linke Parteien stehen nun zusammen wie nie zuvor in Honduras“. Doch in den letzten Monaten nahm die Repression immer systematischere Formen, insbesondere bei der Aussetzung der demokratischen Freiheiten, an.
Die Putschist­Innen und die Medien
Rund 80 Prozent der Bevölkerung lebt an oder unter der absoluten Armutsgrenze. Daher ist es wenig verwunderlich, dass nur wenige Menschen in Honduras heute einen Zugang zum Internet, und somit zu unabhängigen Medien, haben. Die Mehrheit der Bevölkerung ist auf klassische Medien, wie Fernsehen und Zeitungen, angewiesen. Allerdings gehören diese Unternehmern, die den Staatsstreich unterstützen. Das De-facto-Regime brauchte daher insgesamt nur fünfzehn Fernsehsender, Radios und Zeitungen zu zerschlagen, um sich die Informationshoheit im Lande zu sichern. Am Tag nach dem Putsch stürmte die Armee zahlreiche Gebäude, beschlagnahmte Film- und Tonausrüstungen, Telefone und Computer und unterbrach alle Leitungen nach außen. Neben einheimischen Sendern waren u. a. die wichtigsten internationalen, über Kabel zu empfangenden Sender wie Telesur (Venezuela), Cubavisión (Kuba), Guatevisión (Guatemala), Teletica (Costa Rica), davon betroffen. Wie groß die Angst der Herrschenden in Honduras vor den Medien ist, zeigt sich auch daran, dass selbst das spanischsprachige CNN (USA) abgeschaltet wurde, ein Sender, von dem doch nur recht selten fortschrittliche Töne zu hören sind.
Die Wahlfarce vom 29. November
Mit den nationalen Parlamentswahlen, die am 29. November durchgeführt wurden, versuchte sich das Regime von Roberto Micheletti eine demokratische Legitimierung zu geben. Sehr angestrengt hatten sich die Putschist­Innen dabei aber nicht, sodass selbst die meisten Regierungen der imperialistischen Länder diese Wahlfarce nicht anerkannten. Es war zu offensichtlich, dass unter diesen Zuständen in Honduras keine auch nur ansatzweise demokratischen Wahlen durchführbar sind. Um die politische Lage im Vorfeld der Wahlen unter Kontrolle zu bringen, intensivierte das De-facto-Regime die Repression ab Ende September 2009 und erklärte den Ausnahmezustand. Vom 28. September 2009 an waren die in der Verfassung garantierten individuellen Freiheitsrechte für 45 Tage außer in Kraft gesetzt. In den betroffenen Artikeln sind die elementaren Rechte der Staatbürger­Innen geregelt: Medienfreiheit, Meinungsfreiheit, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit, Bewegungsfreiheit und das Recht das nationale Territorium jederzeit verlassen und betreten zu können, sowie das Verbot der Festnahme und Inhaftierung ohne schriftlichen Haftbefehl durch eine zuständige Behörde. „Die durch die De-facto-Regierung vorgenommene Aussetzung all dieser Artikel ist eindeutig darauf gerichtet, den Widerstand zu beenden, der seinen Kampf auf den Straßen seit 93 Tagen aufrecht erhalten hat und die Meinungsfreiheit derjenigen Medien einzuschränken, die seit dem Staatsstreich im Dienste des Volkes gestanden haben.“ heißt es in einem Bericht der Landarbeiter­Innenorganisation Vía Campesina aus Honduras vom 29.09.2009 (www.amerika21.de).

Doch trotz der Repression sind die Menschen nach wie vor auf den Straßen. Am 6. Januar haben gut 15 000 Menschen an der ersten Demonstration der Widerstandsfront im neuen Jahr gegen den Staatsstreich teilgenommen. Die Teilnehmer protestierten gegen die angestrebte Institutionalisierung des Putschregimes und gegen den geplanten Austritt aus dem Staatenbund ALBA, der Bolivarischen Alternative für Amerika.

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