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Progress-News: Eine Zeitung verblendet den gesellschaftlichen Zusammenhang

Zum Artikel „McDonald’s tötet!“ oder: Opfer des Kapitalismus sind keine Täter

Von RSB Potsdam | 10.12.2005

Wir möchten den absurden Theorien und Behauptungen von progress eine fundierte Kritik entgegensetzen. Bei aller Kritik, die wir an dem Artikel in diesem Text vorbringen möchten, so gibt es doch gemeinsame Anknüpfungspunkte zwischen uns und der Meinung des Autors/der Autorin des Artikels „McDonald´s tötet“1. Die wichtigste Gemeinsamkeit sehen wir darin, dass die Progress News wie auch wir letztendlich bestrebt sind, den Kapitalismus zu überwinden.

Des weiteren entwickelt der Progress-Artikel wichtige Ansatzpunkte einer Kritik an Attac, ReformistInnen und utopischen Träumerein von einem menschlichen Kapitalismus, sowie an der Anti-Kriegsbewegung, die wir in der Kernaussage teilen. Darauf werden wir im folgenden näher eingehen.

Keimformen einer anderen Welt erkennen

Folgender Satz hat bei sehr vielen Linken in Potsdam für Empörung gesorgt:

„Im Gegenteil – er [der Kapitalismus, Anm. RSB]  funktioniert über die totale Vergesellschaftung, denn alle ob als Produzenten oder Konsumenten nehmen daran teil, egal ob sie Produkte bei dem ‚Eine Welt laden’ oder bei McDonald’s kaufen.“ Zum Anfang: Wir nehmen an, dass das Wort nicht „Vergesellschaftung“ sondern „Einbeziehung“ lauten soll. Der Kapitalismus beruht ja auf allem anderen als auf Vergesellschaftung (Vergesellschaftung der Konzern-Verluste mal ausgenommen). Kapitalistische Herrschaft zeichnet sich gerade dadurch aus, dass die große Mehrheit der Bevölkerung konsequent vom Besitz an Produktionsmitteln ausgeschlossen wird.

Der Unterschied macht’s

Nehmen wir also den veränderten Satz mit dem Wort „Einbeziehung“.  Natürlich gibt es in jeder Gesellschaft KonsumentInnen und ProduzentInnen. Und ProduzentInnen müssen auch konsumieren. Das setzt sie aber in der Frage der sozialen Verantwortlichkeit noch lange nicht mit Menschen gleich, die nur konsumieren und niemals mit eigenen Händen für die Gesellschaft produzieren. Die weltweiten Verhältnisse zeigen, dass das Klassenmodell der Gesellschaft noch lange nicht veraltet ist (in den G-7 Staaten gehören z.B. über 80% der Bevölkerung zur ArbeiterInnenklasse).

Die Frage, die mensch sich hier aber stellen muss lautet: Wie nehmen Menschen, die produzieren und solche, die nur konsumieren am Kapitalismus teil? Um lediglich festzustellen, dass wir alle ja irgendwie auf dieser Welt leben und essen und folglich zwangsweise mit dem Kapitalismus verstrickt sind, braucht mensch keinen Artikel zu schreiben, das ist bekannt.

Es gibt natürlich einen Unterschied, den Progress News anscheinend nicht sieht. Diesen Unterschied bemerken wir, wenn wir uns fragen, welche Qualität denn die Verstrickungen haben. Gibt es keinen Unterschied zwischen Ronny Versace, dem Millionär, Sohn und Erben des Modemachers und Frau Schmidt aus Potsdam-Waldstadt, die jeden Tag um 5 Uhr zur Arbeit geht? Während der eine jung geerbt hat und sich den ganzen Tag durch Monaco kutschieren lässt, Frauen „anbaggert“ und abends auf Parties geht, muss sich die andere um ihre 2 Söhne kümmern und kann sich dieses Leben nur ansatzweise einmal im Jahr im Urlaub gönnen (natürlich nur, wenn sie jemanden findet, der/die auf ihre Kinder aufpasst). Was die beiden so von der Welt mitbekommen, unterscheidet sich schon wesentlich in einigen Punkten. Beide konsumieren, nur der eine in viel höherem Maße als die andere. Frau Schmidt geht arbeiten – Ronny lässt für sich arbeiten.

Zur Verdeutlichung hier ein kleiner Überblick: In der BRD besitzen die 100 Reichsten allein über 250 Milliarden Euro an Privatvermögen. Hierzulande gibt es ca. 300.000 Kapitalisten, von denen über die Hälfte fast nichts tut, sie leben in ihrem individuellen Freizeitpark. Zur Zeit leben in der BRD ca. 100.000 hochbezahlte ManagerInnen, 400.000 leitende Angestellte, fast 4 Millionen Selbständige und 34,5 Millionen Erwerbstätige und weitere 7 Millionen die arbeiten wollen, aber nicht dürfen (nur einige sind registriert) und 40 Millionen, die nicht erwerbstätig sind (Kinder, Hausfrauen, Studierende etc.) und die besagten 300.000 Kapitalisten.

Zu behaupten, dass angesichts dieser Faktenlage alle gleichermaßen am Kapitalismus beteiligt wären, ist unverständlich. Natürlich ist die Trennung zwischen Kapital und Arbeit nicht klar erkennbar, weil es viele Zwischenschichten gibt. Die Grenzen sind also fließend. Das war in Klassengesellschaften schon immer so. Das macht die Zuordnung im Einzelfall vielleicht schwierig und die Realität unübersichtlich. Aber dies ist kein Argument gegen die Klassengesellschaft. Der individuelle Anteil am kapitalistischen Verwertungsprozess ist verschieden groß, niemand kann sich ihm voll und ganz entziehen. Entscheidend ist allerdings, was jemand tut. Ob mensch zu dieser oder jener Klasse gehört, hängt von der Stellung im gesellschaftlichen Produktionsprozess ab.

Eine-Welt-Laden = McDonald´s?

Nun zur Gleichsetzung von „McDonald´s“ und „Eine-Welt-Laden“: Hier kennt die Progress News nur schwarz oder weiß, aber sich die Unterschiede genauer anzusehen, das ist oft hilfreich.

Für Menschen in den abhängig gehaltenen Ländern macht es sehr wohl einen Unterschied, ob sie einen Euro oder zehn Euro am Tag zum Leben haben. Der Kauf von Produkten im Eine-Welt-Laden garantiert nur dafür, dass die Menschen bei der Herstellung der Produkte weniger als im normalen Produktionsprozess ausgebeutet werden, und nicht, dass sie nicht ausgebeutet werden. Es macht einen Unterschied, ob ich mein Essen im Madia kaufe oder bei McDonald’s. Die Beschäftigungsbedingungen sind grundlegend verschieden: Bei McDonald´s gibt es kein Recht auf gewerkschaftliche Organisierung, die Menschen sind prekär beschäftigt.

Aber progress kann sich selbst einmal von der Unterschiedslosigkeit überzeugen, wenn sie demnächst zu McDonald´s gehen und dort fragen, ob sie dort ihr Gruppentreffen (mietfrei!) abhalten dürfen. (Danke an L. für diesen Hinweis.)

Eine-Welt-Läden stellen genauso wie besetzte Häuser nicht der Weisheit letzter Schluss dar, sie sind aber Keimformen einer anderen Welt, die nicht auf Ausbeutung beruht.

Trägt jedeR gleich viel Verantwortung?

„Es sind also alle im gleichen Maße verantwortlich oder eben nicht verantwortlich für die negativen Auswirkungen, die sich ergeben aus der Produktion von Konsumgütern.“ geht es im Text weiter.
 
Eine derartige Aussage kann wohl nur zutreffen, wenn der Blick aus der eigenen Welt nicht weiter reicht, als bis zum Tellerrand. Wir sind sicher, die Menschen in Galizien wären hoch erfreut zu hören, wenn ihnen die Progress News erklärt, dass sie im selben Maße verantwortlich sind für die Ölverpestung ihrer Küste durch den Tanker Prestige, wie die Eigentümer der Reederei und der Öl-Konzerne. Sicher würde es auch die Jüdinnen und Juden freuen zu hören – wenn dieses Beispiel erlaubt ist – dass sie im selben Maße an der Finanzierung der Werbekampagne für die NSDAP Schuld haben, wie einige BesitzerInnen deutscher Großkonzerne. Oder das kleine Kind in Indien, dass genau soviel Schuld daran tragen soll, dass es gez
wungen ist in einer Fabrik Pullover für 2 Cents pro Stunde zu nähen, wie der Chef, der die Sachen zu H&M weiterverkauft. Weit davon entfernt die Welt so zu beschreiben, wie sie annähernd ist, presst die Progress News sich die Realität in die Form, wie sie nötig ist, um „antideutsche“ Ideologie zu verbreiten.

Und noch eine kleine Anmerkung am Rande: Anders als im o.g. Zitat angenommen wird, produzieren wir nicht nur Konsumgüter, sondern auch Produktionsgüter (also Güter, die nicht sofort verbraucht, sondern dazu benutzt werden, andere Dinge herzustellen; Maschinen z.B.; ganz zu schweigen von Waffen).

Nun, da wir festgestellt haben, dass die Verstrickungen, die Menschen mit dem Kapitalismus haben, durchaus von unterschiedlicher Qualität sein können, wollen wir betrachten, welche Konsequenzen sich (für unser Handeln) daraus ergeben. Dazu begeben wir uns am besten an den Schluss des Artikels.


Anmerkungen:

1 Alle hier aufgeführten Zitate beziehen sich auf folgende Quelle:  McDonald’s tötet!, in: Progress News. Zeitschrift gegen den gesellschaftlichen Verblendungszusammenhang, 02.  Ausg. (Dezember 2002), S. 08-09.  Der vollständige Artikel befindet  sich ebenfalls auf dieser Homepage.

 

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Realistische Sicht der Dinge

Dort heißt es nämlich: „Dies sollte aber kein Ansporn sein sich von den Versprechungen des Kapitalismus […] zu distanzieren, um in völliger Enthaltsamkeit sein Leben zu fristen; die Erfüllung dieser Versprechen ist radikal einzufordern und zwar für alle Menschen. Denn erst aus der prinzipiellen Unfähigkeit des Kapitalismus, diese einzulösen, ergibt sich eine Notwendigkeit, ihn zu überwinden.“

Auch progress ist also von der Notwendigkeit der Überwindung des Kapitalismus überzeugt. Wir wollen feststellen, ob wir dem gemeinsamen Ziel, den Kapitalismus zu überwinden, durch die Thesen, die der Progress-Text vertritt, näher kommen. Wir sind der Meinung, dass dazu die Entwicklung einer emanzipatorischen Praxis unerlässlich ist. Aber wie heißt es so schön? Keine Praxis ohne Theorie und umgekehrt.

Sicher gibt es keine Patentrezepte, die wir nebenbei aus dem Hut zaubern könnten. Doch gibt es in der Betrachtung der Geschichte und in den wissenschaftlichen Betrachtungen über den Kapitalismus einige Anhaltspunkte, auf die wir im folgenden hinweisen möchten.

TäterInnen und Opfer

Der Kapitalismus ist ein allumfassendes System. Seine Auswirkungen können wir in praktisch allen Lebensbereichen unserer Welt spüren. Unser Denken, unser Handeln, ja sogar unsere Gefühle, das alles ist bestimmt von der Welt, die uns umgibt.
 
Und diese Welt ist ohne Zweifel von kapitalistischer Natur. Ist es dann auch berechtigt anzunehmen, dass niemand ihr entkommen kann? Zweifellos kann mensch sich auf eine einsame Insel begeben. Auf dieser kann dann versucht werden, völlig autark zu leben. In diesem Falle würde mensch tatsächlich nicht aktiv am Kapitalismus teilnehmen, aber auch nichts aktiv dafür tun, ihn zu überwinden. (Und eine größer werdende Insel wäre ganz schnell staatlicher Repression ausgesetzt. Also wieder nix mit dem schönen Leben.) Um ihn aber zu überwinden, ist es nötig, andere Menschen zu überzeugen. Dafür ist es notwendig die Insel zu verlassen.

Wenn wir uns also nicht gerade auf unsere eigene Insel begeben, nehmen wir alle in irgendeiner Weise am Kapitalismus teil. Ist es aber richtig, aus der Tatsache, dass sich niemand absolut dem Kapitalismus entziehen kann, zu schlussfolgern, dass dann auch niemand für seine Übel verantwortlich ist oder alle im gleichen Maße verantwortlich sind?

Tatsächlich vertritt progress diesen Standpunkt. Der Text leitet mit der Feststellung ein, würde mensch im Kapitalismus nach „TäterInnen und Opfern“ suchen, dann würden „die unpersönlichen Verhältnisse des Kapitalismus […] zu persönlichen umgekehrt.“ Es wird behauptet, dass dies automatisch die Einteilung des Kapitalismus in „Gut und Böse“ sei.

Es ist richtig, dass der einzelne Kapitalist in der herrschenden Art und Weise zu produzieren, gewissen Gesetzmäßigkeiten untergeordnet ist. Auf diesen, unserer Meinung nach richtigen, Aspekt werden wir noch weiter unten im Text eingehen. Es ist aber fatal, aus den Sachzwängen des Kapitalismus und dem Eingebundensein aller Menschen in ihm die Schlussfolgerung zu ziehen, es sei „nicht möglich, bestimmte Gruppen oder gar Einzelpersonen zur Verantwortung zu ziehen.“
 
Zu aller erst ist der Kapitalismus nicht „unpersönlich“, er ist ein Zwangsverhältnis. Und zwar ein Zwangsverhältnis zwischen Klassen, in die sich die Gesellschaft spaltet und immer mehr polarisiert. Eine Klasse ist im Besitz von Reichtum und Produktionsmitteln, die andere ist davon ausgeschlossen. Und eben weil sie davon ausgeschlossen ist, ist sie gezwungen das Einzige zu verkaufen, das sie besitzt. Ihre Arbeitskraft. Diese Erkenntnis ist nicht neu, Marx hat sie systematisiert aber einige Menschen vor ihm haben dies bereits erkannt. Heutzutage, wie vor hundert Jahren wird die Existenz der Klassengesellschaft hauptsächlich von Menschen geleugnet, die glauben, dass der Kapitalismus das Ende der Geschichte sei.

In den Industrienationen haben sich die gesellschaftlichen Verhältnisse aufgrund der Zugeständnisse, die die Kapitalisten den ArbeiterInnen machen mussten, verschleiert. Dies geschah aber nicht aus Gutmütigkeit oder einer blitzartig entstehenden sozialen Ader, sondern dadurch, dass sich die ArbeiterInnen selbst organisiert und zusammengeschlossen haben. Deshalb ist die Behauptung des Autors/der Autorin in der Progress News, wir könnten keine „bestimmte Gruppe“ als Urheber des Elends des Kapitalismus ausfindig machen auch gleichzeitig ein Schlag gegen 200 Jahre ArbeiterInnenbewegung. Nichts von all dem, was wir heute unter „Zivilisation“ in Westeuropa verstehen, wäre vorhanden, wenn nicht Millionen von ArbeiterInnen buchstäblich gewusst hätten, wo der Feind steht, wer Täter und wer Opfer ist. Und dieses gesellschaftliche Verständnis ist auch von zwingender Notwendigkeit zum Umsturz des Kapitalismus, zur revolutionären Tat, die nicht erst dann beginnt, wenn die Massen auf den Straßen stehen, sondern auch in den vielen kleinen Kämpfen in den Betrieben, die die Arbeitenden mit ihren Bossen ausfechten. In Zeiten des Niederganges des Klassenbewusstseins ist dieser Kampf institutionalisiert in den Riten der Gewerkschaftsbürokratie und ihrer Lohnverhandlungen mit den Organisationen des Kapitals. Aber dieser Zustand muss und wird auch ganz bestimmt nicht bis in alle kapitalistische Ewigkeit andauern.

Eine Klassenanalyse der Gesellschaft!

Weiter fährt der Autor/die Autorin im Text fort: „Die Urheberschaft für das, was sich an Negativem aus diesem Wirtschaftssystem ergibt, wird Einzelnen angelastet.“ Die Progress News hat unrecht, denn es gibt Menschen, die betrachten die Gesellschaft vom Klassenstandpunkt aus. Die Tat
sache, dass die MillionärInnen und MilliardärInnen auf dieser Welt und diesem Land nicht öffentlich sichtbar sind, heißt nicht, dass sie nicht existieren. Vielfach wollen es die Personen einfach nicht, in der Öffentlichkeit als superreich bekannt zu sein. Es gibt Menschen, die glauben, dass diese Herren und Damen allesamt mit der „jüdischen Weltverschwörung“ zusammenhängen, aber das widerspricht jeglicher Faktenlage. Genauso falsch ist es allerdings anzunehmen, dass jedeR, der/die die KapitalistInnen wegen ihres Reichtums und ihrer Macht kritisiert, AnhängerIn einer verrückten Weltverschwörungstheorie sei, wie es die Progress News in ihrem Artikel unterstellt.

Sie bedient sich dabei dem Konstrukt des „strukturellen Antisemitismus“, von dem es nur noch „ein sehr kleiner Schritt“ zum Antisemitismus sei.

Es ist uns schleierhaft, wie mensch eine glaubhafte Kritik am Kapitalismus äußern kann, ohne dabei auf die Reichtumsverteilung in der Welt hinzuweisen. Diese ist einfach ein Fakt. JedeN der/die darauf hinweist, als Antisemiten abzustempeln, heißt, sich einer Basis zu entziehen, auf der konstruktive Kritik (die Formulierung einer echten Alternative zum bestehenden System, kurz: emanzipatorische Praxis) erst möglich ist.

JedeR linke GewerkschafterIn, jedeR Linke, der/die es wagt, gegen die ungerechten Verhältnisse im Betrieb, in der Schule, in der Uni aufzustehen und sich nicht als „antideutscheN“ Ideologen/-in versteht, wird damit zum Antisemiten abgestempelt. So kann mensch alle anderen in die Ecke manövrieren und sich selbst als HüterIn aller Wahrheit aufspielen. Eine bequeme kleine Welt im rein akademischen Elfenbeinturm tut sich auf, von dem mensch hoch oben auf alle Linken schimpfen kann und sich dabei überlegen fühlt. Dabei wird und muss mensch sich aber von jeder ernsthaften revolutionären Politik entfernen. Die Progress News ist auf dem besten Weg dorthin.

Alle SystemkritikerInnen gleich Reformisten?

In diesem Elfenbeinturm scheint es sich der Autor/die Autorin allerdings schon bequem gemacht zu haben: „Die Schuldfrage scheint also geklärt zu sein, nicht der Kapitalismus als großes Ganzes soll abgeschafft werden, sondern nur seine moderne Ausläufer.“ Nach dem selben Muster, wie oben schon aus kapitalismuskritischen Menschen Antisemiten wurden, wird nun aus jedem kapitalismuskritischen Menschen einE AnhängerIn des Kapitalismus der freien Konkurrenz. Diese Menschen glauben, dass das alltäglich Leid des Kapitalismus einfach abgeschafft werden kann, indem die Großkonzerne zu Gunsten von vielen kleinen Firmen abgeschafft werden. Zugegebenermaßen ist diese Theorie tatsächlich abstrus, auch darauf werden wir noch eingehen.

Trotzdem scheint es die Progress News zu ignorieren, dass es Menschen gibt, die eine Kritik des Kapitalismus mit Klassenanalyse und revolutionären Perspektive verbinden. Die Linke nur auf ihren rechten Rand zu beschränken, gibt nun wirklich nicht die Realität der deutschen Linken wieder – die traurig genug ist.

So vergibt sich die Progress News eine wirklich richtige und wichtige Kritik des rechten Rands der globalisierungskritischen Bewegung, die wir durchaus mit ihr teilen. Tatsächlich ist es aber die Aufgabe von RevolutionärInnen in die Antiglobalisierungsbewegung zu gehen und für revolutionäre Standpunkte zu werben, anstatt sie aus einer sektiererischen Ecke heraus anzugreifen. So verteidigt mensch nur die eigene Weltsicht, um sich selbst vor der Welt zu legitimieren. Ob Ideen und Konzepte geeignet sind die Welt zu verändern, das kann allein die Praxis beweisen. Es ist nichts außer Selbstbefriedigung, allen anderen Linken, die sich nicht als „antideutsch“ verstehen Geschichtsrevisionismus und „Normalisierung deutscher Verhältnisse“ vorzuwerfen, wie es von Seiten der „Antideutschen“, zu denen die Progess News ja gehört, immer wieder getan wird. Und genau da sind wir wieder beim Sektierertum, dem die „Antideutschen“ immer wieder anheim fallen. Sie mythologisieren den „Bruch mit der Gesellschaft“ (alle anderen sind antisemitisch etc. nur wir nicht) und setzten damit eine schlechte Tradition der Linken fort.  Der Trennungsstrich zwischen sich selbst und dem Feind wird genau vor den eigenen Füßen gezogen. Der Rest der Welt wird an sich selbst gemessen.
 
Und da finden wir den logischen Bruch der „Antideutschen“ und auch den des Progress-Textes. Der Verneinung des Kapitalismus steht die Leugnung jeder Möglichkeit, eine größere Zahl von Menschen für revolutionäre Politik zu gewinnen, gegenüber.  Die „Antideutschen“ kennen keine Klassen mehr, nur noch Deutsche, von deren „Volksgemeinschaft“ mensch sich abgrenzen müsse. So konstruieren sie einen „Volkscharakter“, dessen höchstes Ziel es ist, in der faschistischen Nation aufzugehen. Der Klassenwiderspruch und breite Emanzipation hat in dieser Ideologie keinen Platz mehr. Deutschland wird eine besondere Gefährlichkeit vor allen anderen Ländern zu geschrieben und bloß noch in Kategorien wie „Volk“ gedacht. Das kennen wir irgendwo her.

Konzerne nicht verantwortlich?

In diesem Moment verlässt mensch den Boden der gesellschaftlichen Realität und damit gleichzeitig einer Analyse gesellschaftlicher Verhältnisse. Der Artikel gipfelt in gewisser Weise in folgender Aussage: „Und weder der Staat noch Aktionäre oder multinationale Konzerne sind dafür verantwortlich, dass die Welt in diesem elenden Zustand gerät und darin verbleibt. Denn keineswegs beharrt Chef XY eines weltweit agierenden Konzerns darauf, dass für seine Produktion Trinkwasser vergiftet und Kinderarbeit verricht wird.“ Schon wieder ein Satz, der an jedweder Realität vorbei schießt.

Hier wird deutlich, dass der Autor/die Autorin mit aller Gewalt versucht, die Realität in die „antideutschen“ Weltanschauungen zu pressen.

Wenn Kritik an einzelnen agierenden Kapitalisten auch gleichzeitig Antisemitismus ist, dann kann der/die Einzelne auch niemals Gegenstand der Kritik sein und dann kann sich der/die einzelne KapitalistIn auch niemals kritikwürdig verhalten, sonst bricht das ganze „antideutsche“ Weltbild zusammen.

In diesem Zusammenhang sollte nicht unerwähnt bleiben, dass das Beispiel der Wasservergiftung bzw. Brunnenvergiftung uraltes antisemitisches Klischee ist. Uns hat hier also der Autor/die Autorin des Artikels eine kleinen Falle stellen wollen: Indem wir darauf beharren, dass er/sie Brunnen/Wasser vergiftet, würden wir antisemitische Märchen wiederkäuen (wie Brunnenvergiftung, Hostienschändung, Wucher, Kindestötung, etc.).
 
Die Progress News verschließt hier offensichtlich die Augen vor der Geschichte. Es ist ein leichtes, die Behauptung, kein Chef eines multinationalen Konzerns würde auf die Verwertung des Kapitals in dieser oder jener Form bestehen, zu wiederlegen. Es ist vielmehr erschreckend, welche Naivität in dieser Behauptung steckt. Es gibt zwangsweise Dinge, auf die Bosse bestehen, ja bestehen müssen, um im täglichen Konkurrenzkampf des kapitalistischen Geschäfts ökonomisch überleben zu können. Wäre das nicht der Fall, könnte mensch nicht vom Kapitalismus als „System“ sprechen. Jegliche Analyse und der Versuch ihn zu verstehen wären sinnlos, weil er jede Minute sein Erscheinungsbild grundlegend verändern würde. Nun, auch der/die VerfasserIn d
es Artikels wird feststellen, dass auch morgen die Wirtschaft noch so funktioniert, dass Lebensmittel im Supermarkt liegen und auch welche darunter sind, die mithilfe extremer Ausbeutung hergestellt wurden (H&M-Kleidung, Jacobs-Kaffee, Coca-Cola usw.) oder die Inflationsrate auch weiterhin ihre Wirkung zeigt, das Bruttosozialprodukt der Industrienationen parallel mit dem Bankkonto einiger weniger KapitalistInnen steigt, aber nicht fällt etc.; die Liste könnte ewig fortgesetzt werden. Es scheint also tatsächlich alltäglich wiederkehrende Wirkungsgesetze zu geben, an die auch der „Chef XY“ gebunden ist. Schließlich versteht auch der/die AutorIn den Kapitalismus als „Wirtschaftssystem“, umso bemerkenswerter, dass nun dem „Chef XY“ ein gewisser Handlungsrahmen, in dem er sich bewegen muss, abgesprochen wird – und manchmal ist der eben nicht groß. Die Analyse des Kapitalismus scheint nicht gerade eine Stärke der Progess News zu sein.

Aus der Fülle der tagtäglichen Schweinerein der Bourgeoisie sei hier ein Beispiel ausgewählt. Es geht hier zwar nicht um Wasservergiftung sondern um Asbestose, aber es soll uns trotzdem genügen, die naive Feststellung des Autors/der Autorin zu widerlegen.

Im November 2002 berichtete das staatliche Fernsehprogramm 3sat in einer Sendung, die in der Schweiz produziert wurde folgendes:

In Nicaragua unterhält die Firma Amanco eine Fabrik, in der ArbeiterInnen mit Asbest umgehen müssen. Der Firmenchef hielt es nicht für nötig, „seine“ ArbeiterInnen darüber aufzuklären, dass Asbest höchst krebserregend ist. Statt dessen wurden noch abgenutzte Förderbänder an die Arbeitenden verkauft, die sich daraus Klappbetten bauten. Nach 12 Stunden Arbeit in der Fabrik hatten sie nun das Asbest ca. 18 Stunden am Tag um sich. Von den ca. 600 Arbeitern leiden viele an starken Atemswegserkrankungen, 120 im Dorf bereits an Asbestose. Die ArbeiterInnen forderten angemessene Schutzkleidung, nachdem sie jahrelange nur mit T-Shirt und Hose bekleidet das Asbest bearbeiten mussten. Der Firmenchef bestritt einen Zusammenhang zwischen den Krankheiten und dem Asbest in seiner Fabrik. Die Arbeitenden forderten für ihre dahinsiechenden Kollegen eine medizinische Versorgung, die der Chef ablehnte. Stattdessen wurde von Amanco eine Stiftung namens Nicalit gegründet. Diese beauftragte „unabhängige“ Ärzte, die allesamt auch keinen Zusammenhang feststellen konnten. Es gab Kundgebungen und Demos auf denen der Chef zur Rede gestellt wurde. Es hatte keinen Zweck, die notwendigen Behandlungen wurden nicht bezahlt, die Familien wurden jetzt, wo einE KrankeR hinzu kam, noch ärmer. Ärzte und Anwälte für die Betroffenen sind weit weg in der Hauptstadt und unbezahlbar. Es war für den Kapitalisten, dessen Namen auch in der Reportage genannt wurde, einfach billiger, ohne Arbeitsschutz produzieren zu lassen –  zum Wohle seiner Profite. Übrigens ist es kein Einzelfall, dass Chefs „ihre“ ArbeiterInnen lieber an Asbestose sterben lassen, anstatt ihre Gewinne zu schmälern, dass mussten auch GleisbauarbeiterInnen in England erfahren. Sie bezahlen mit dem Leben.

Gerade die Literatur der ArbeiterInnenbewegung überliefert hunderte Beispiele, wo der Profit mehr wert ist als menschenwürdiges Leben. In diesem Lichte ist es wirklich fraglich, wer hier welchen gesellschaftlichen Zusammenhang verblendet. Die millionenschweren Manager der Konzerne (McDonalds, Mannesmann, Coca-Cola, General Motors usw.) müssten sich nur durchringen, den Lohn ein bisschen anzuheben, um ganz entscheidend den Lebensstandard Tausender ArbeiterInnen zu verbessern. Bei einigen Firmen würde es schon reichen, wenn sie überhaupt gewerkschaftliche Arbeit zuließen (McDonald’s, Pizza-Hut) oder einfach nicht Gewerkschafter ermorden lassen würden (Coca-Cola in Kolumbien, Nestlè etc). Die Behauptung der Progress News, die eigentlich schon Ignoranz ist, macht einfach nur wütend.

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Das Kapital ist imperialistisch – doppelter Antisemitismus?

„Es ist also nicht möglich, bestimmt Gruppen oder gar Einzelpersonen zur Verantwortung zu ziehen. Die Suche nach den Urhebern endet meist irgendwo beim ‚Spekulantenschwein’, dem ‚international operierenden Finanzkapital’, dem ‚imperialistischen Amerika’ oder gleich in offener und direkter Form beim sogenannten ‚Weltjudentum’. Dass diese Projektionsflächen austauschbar sind, fällt den selbsternannten ‚OpfervertreterInnen’ nicht auf. Doch gerade weil die Projektionsflächen beim Antisemitismus austauschbar sind steckt hinter dem sogenannten strukturellen Antisemitismus die gleiche Ideologie, nur unter leicht variierten Vorzeichen.“ heißt es weiter im Artikel der Progress News.
 
Tatsächlich sprechen Antisemiten oft davon, dass hinter dem Finanzkapital das „Weltjudentum“ stecke, aber das entbehrt jeglicher Grundlage in der Realität. Progress enttarnt nun furios sämtliche KritikerInnen des „imperialistischen Amerika“ oder der Bourgeoisie als Antisemiten. Möglich wird diese Erkenntnis durch das gern von „Antideutschen“ verwendete Analysemuster „Du sagst A (Bourgeoisie), meinst aber eigentlich B (international operierende Spekulanten aus New York) und das ist gleich C (jüdische Weltverschwörung)“. Auf diese Weise kommen die völkischen Kollektivverurteilungen der meisten „antideutschen“ Sekten zustande.

Aus allen Menschen, die erkannt haben, dass sich der Kapitalismus im Stadium des Imperialismus befindet werden nach „antideutschem“ Verdrehungsmuster Antisemiten. Als Begründung muss die „Projektion“ herhalten. Hier würde sich nicht nur Lenin, sondern auch Sigmund Freud im Grabe umdrehen.

Lenins Imperialismustheorie

Lenin belegt in seinem Werk „Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“, dass seit ca. 1900 der Kapitalismus in ein neues Stadium, weg vom Kapitalismus der freien Konkurrenz, hin zum monopolistischen Kapitalismus mit weltweiten Bestrebungen eingetreten ist.

Lenin analysiert in diesem Text etwas, dass bürgerliche Ökonomen damals mit sehr viel Ärger, Angst und Unverständnis ebenfalls erkannt haben. Der Kapitalismus entzieht sich mehr und mehr seiner Haupttriebkraft: der Konkurrenz; indem immer mehr Betriebe in die Hände immer größerer Konzerne fallen. Lenin analysierte auf dem Boden der Faktenlage;  Völker  und Religionsgemeinschaften waren dabei unbedeutend, entscheidend war die Klassenanalyse. Er legt dar, wie sich aus dem anfänglichen Kolonialismus der Bourgeoisie und ihrer Staaten der Imperialismus entwickelte. Er zeigt, wie und warum die Konzentration der Produktion des herrschenden Wirtschaftssystems auf einer gewissen Stufe ihrer Entwicklung zum Monopol führt. Das diese neu entstanden Monopole einen ungeheuren Bedarf an Kapital haben und das infolge dessen das Bankwesen mit der Industrie verschmilzt. Eine der wichtigsten Operationen dieses Komplexes, den Lenin das Finanzkapital nennt, wird der Kapitalexport zur Sicherung von Rohstoffquellen im Ausland. Lenin zeigt, wie die kolonialistische Aufteilung der Welt in Machtsphären beendet wird und der Kapitalismus in das neue Stadium des Imperialismus einritt, in dem es „nur“ noch um eine Neuaufteilung und ständigem Kampf um Länder geht. Mal friedlich in Form von Kreditvergabe/„Entwicklungshilfe“
, bald kriegerisch. Dadurch, so Lenin, würden die Widersprüche innerhalb des Kapitalismus verstärkt.

Die Progress News sieht stattdessen in jeder Kritik an dem zur Zeit noch mächtigsten Vertreter des Imperialismus, der USA, Antisemitismus in versteckter oder „struktureller“ Form. Doch die EU versucht den USA den Rang abzulaufen. Dies kann auch tatsächlich geschehen. Werden die „Antideutschen“ die wachsende Kritik am europäischen Imperialismus auch bald als Antisemitismus bezeichnen?

Kritik an der Anti-Kriegs-Bewegung

Der Artikel fährt fort mit der Bewertung der Anti-Bush-Demonstrationen. In der Kritik der Progress News an der Antikriegsbewegung findet sich ein wahrer Kern. Tatsächlich ist es zu kritisieren, wenn auf solchen Demos US-Flaggen verbrannt werden und die Alleinschuld an Krieg und Zerstörung dem amerikanischen Präsidenten Bush gegeben wird. Zu begreifen, dass Bush, Blair, Schröder und Co. nur Charaktermasken sind, hinter denen sich die jeweiligen nationalen imperialistischen Interessen verbergen, darin liegt jede Menge sozialer Zündstoff. Sowohl eine Personifizierung des Bösen als auch die bloße Kritik daran, die nicht versucht aufzuklären und die wirklichen Verhältnisse vom Kopf auf die Füße stellt, hilft uns im Verständnis nicht weiter, welche Interessen die imperialistischen Staaten antreiben. Nur einige PolitikerInnen, nicht die gesamte Kapitalistenklasse verantwortlich zu machen, schürt vor allem Illusionen in das herrschende System, das ja nach gewissen Gesetzmäßigkeiten funktioniert, die mensch nicht einfach wegreformieren kann. Aber in die Bewegung zu gehen und darin für den revolutionären Standpunkt zu werben, das aber gelingt den „Antideutschen“ nicht. Abseits steht es sich bequemer.

Ein sehr reales Herrschaftsverhältnis

Am Ende des Textes erfahren wir: „[…] der Kapitalismus ist eben kein direktes Herrschaftsverhältnis von Menschen über Menschen.“ Mensch kann sich jetzt darüber streiten, ob der Kapitalismus nun ein direktes Herrschaftsverhältnis ist oder ein indirektes. Fest steht jedoch, es ist ein Herrschaftsverhältnis von Menschen über Menschen. Und dieses Verhältnis ist sehr real. Es drückt sich in dem Zwang aus, vor der Wahl zu stehen, entweder arbeiten gehen zu müssen oder vor Hunger zu streben. Oft wird dagegen eingewendet, dass es niemandem schlecht gehen müsse aufgrund von sozialen Sicherungssystemen. Diese Argumentation vergisst aber, dass das Geld, welches die Sicherungssysteme speist, nicht vom Himmel gefallen ist, sondern auch erarbeitet werden musste. Dabei ist es interessant zu erwähnen, dass der Anteil der Lohnsteuer am gesamten Steueraufkommen stetig zunimmt und der Anteil von Körperschafts- und Vermögenssteuer stetig abnimmt. Letzterer seit 3 Jahren sogar bei Null liegt. Dies wirft im übrigen auch Licht auf die Klassennatur des Staates.

Die Herrschaft des Kapitalisten/der Kapitalistin über „seine“/„ihre“ ArbeiterInnen geschieht vermittels Kapital. Entweder mensch besitzt (und kann somit andere Menschen für sich arbeiten lassen) oder eben nicht (und ist somit gezwungen, sein Leben lang zu arbeiten oder aber im Lotto zu gewinnen). Natürlich gibt es noch Klassen dazwischen, die Marx das Kleinbürgertum nennt, aber um die soll es hier nicht gehen. Auch ist das Herrschaftsverhältnis sehr real, wenn Diktatoren in Afrika ihre Armeen mit französischer „Wirtschaftshilfe“ ausstatten, um Aufständische niederzuschießen. Hinter all dem stehen Interessen – nicht das „Weltjudentum“, sondern imperialistische Interessen, ein Interesse zur Gewinnmaximierung und Sicherung von Einfluss und Profit. Sehr real sind aber auch die Verhältnisse unmittelbar vor unserer eigenen Haustür.

Das Kapital kennt nur eine Religion: den Profit

Entgegen den Behauptungen von progress hat das Kapital in diesem Lande einen Namen und ein Gesicht. Die 10 reichsten der deutschen Bourgeoisie möchten wir nun vorstellen. Angegeben ist das jeweilige Unternehmen und das geschätzte Privatvermögen der Personen*:

   Name Unternehmen Vermögen
1. Theo Albrecht Aldi Nord 14,6 Mrd. Euro
2. Karl Albrecht Aldi Süd 12,6 Mrd. Euro
3. Susanne Klatten Altana (Pharma), BMW   7,5 Mrd. Euro
4. Werner Otto Otto Versand, ECE (Immobilien)   6,6 Mrd. Euro
5. Reinhard Mohn Bertelsmann   5,7 Mrd. Euro
6. Familie von Holtzbrinck Verlagsgruppe Holtzbrinck   5,6 Mrd. Euro
7. Friedrich Karl Flick Aktien, Immobilien   5,4 Mrd. Euro
8. Curt G. Engelhorn vorm. Boehringer Mannheim   4,7 Mrd. Euro
9. Hasso Plattner SAP-Mitbegründer   4,7 Mrd. Euro
10. Familie Reimann Reckitt Benckiser, Coty (Kosmetik)   4,6 Mrd. Euro

Stand: Frühling 2002


Wir wissen nicht welche dieser Menschen jüdischen Glaubens sind oder welche Haarfarbe sie haben und für uns spielt es auch nicht die geringste Rolle!
 
Wenn progress behauptet, jeder Mensch wäre gleich viel mit dem Kapitalismus verbunden und es wäre überflüssig, zwischen ihnen einen Unterschied zu machen, so resultiert eine solche Aussage entweder aus einem Unvermögen die gesellschaftlichen Strukturen in einer kapitalistischen Welt zu erkennen und zu analysieren oder aus blinder Ignoranz. Wir nehmen an, dass letzteres bei der Überschreitung eines gewissen Grades „Antideutschtums“ einsetzt. Progress denkt nur noch in
völkischen Dimensionen – sie kennen keine Klassen, sondern nur Deutsche.

Doch gerade das Erkennen von NutznießerInnen und Ausgebeuteten im Kapitalismus macht eine Praxis, die darauf ausgerichtet ist den Kapitalismus zu überwinden, überhaupt erst möglich, andernfalls bleibt alles hohle Phrase und die Frage, wer ihn überwinden soll, unbeantwortet!

Wie Eingangs bereits erwähnt, scheint uns die wichtigste Gemeinsamkeit mit dem Progress-Text die Einsicht zu sein, dass wir rassistisches und antisemitisches Denken erst dann dauerhaft bekämpfen können, wenn der Kapitalismus überwunden ist. Im Kampf zur Erreichung dieses Zieles sollten wir dieses Denken, dort, wo es tatsächlich vorkommt, mit aller Vehemenz bekämpfen.

Wir hoffen, dass es zu vermehrten Diskussionen über Behauptungen der „Antideutschen“ kommt. Den dreisten Verdrehungen der gesellschaftlichen Zusammenhänge durch den Progress-Artikel, die für jedeN kritischeN LinkeN eine offene Herausforderung sind, können wir nur etwas entgegensetzen, wenn wir bei unserer Analyse nicht den Boden der Realität verlassen.


Anmerkung

2 Eine umfangreiche Betrachtung über die Kapitalverteilung in der BRD und ihre Klassennatur kann bei uns bestellt werden: „Die Internationale Theorie“, Heft 13: „Eigentum verpflichtet – zu nichts“.

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