Seit Ende Juli 2024 ist bekannt, dass der Automobilzulieferer ZF rund 14.000 Arbeitsplätze in Deutschland bis 2028 abbauen will. Von diesem Kahlschlag wäre fast ein Viertel aller 54.000 ZF-Beschäftigten hierzulande direkt betroffen − in der Produktion und in den Büros.
Auch in Mannheim gibt es ein ZF-Werk. Dort war es im Vorfeld der Kriegserklärung gegen tausende Existenzen − wie in anderen ZF-Fabriken − zu juristischen Angriffen auf Betriebsräte gekommen. ZF ist vor allem durch den 2020 vollzogenen Erwerb des US-amerikanischen Bremsenherstellers WABCO für 7 Milliarden Dollar in eine finanzielle Schieflage geraten. Der Kauf war 2019 vom damaligen Vorsitzenden des Vorstands von ZF gepriesen worden: „Wir sind davon überzeugt, dass ZF gemeinsam mit WABCO […] langfristig Mehrwert und Sicherheit für seine Kunden, Mitarbeiter und Gesellschafter schafft.“ Denn, „der Zukauf stärkt ZF nachhaltig.“ Die Zeche für diese grobe Fehleinschätzung sollen jetzt die Beschäftigten zahlen.
Gegen die Kahlschlagpläne des ZF-Vorstandes organisierte die IG Metall (IGM) am 10. September 2024 einen bundesweiten Protesttag. Nach Angaben der Gewerkschaft beteiligten sich daran 20.000 ZF-Beschäftigte.
Sie forderten den Stopp des „planlosen und teuren Stellenabbaus“, die Aufgabe der Verlagerungspläne in Niedriglohnländer, Investitionen in die deutschen Standorte, die Kündigung der Unternehmensberatung McKinsey und eine Beschäftigungssicherung bis 2030.
„Frontalangriff auf die Beschäftigten“
„Wir erleben einen Frontalangriff auf die Beschäftigten in Deutschland“, kommentierte Achim Dietrich, der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von ZF. „Wir werden aber den kompletten Werkzeugkasten des Betriebsrats ausnutzen, um Druck aufzubauen“, erklärte er gegenüber dem Sender SWR.
Und die IGM-Konzernbetreuerin sekundierte: „Bei einem Personalkostenanteil von unter 18 Prozent zu behaupten, die deutschen Beschäftigten seien an allem schuld und die Rettung der ZF liege in Niedriglohnländern – oder ‚Best-Cost-Countries‘, wie es neudeutsch heißt, ist ein Hohn.“
Bundesweit Aufsehen erregte am 10. September 2024 auch der Protest der 350 Beschäftigten des Mannheimer ZF-Werks im Stadtteil Friedrichsfeld. Unter dem Motto „Zukunft oder Widerstand“ fand zunächst ein Autokorso mit 173 Fahrzeugen vom Betrieb zum Mannheimer Friedensplatz statt. An der dortigen Kundgebung beteiligten sich dann sogar insgesamt etwa 500 Menschen, denn die örtliche IGM hatte zur Solidarität aufgerufen. Deshalb waren Delegationen aus zahlreichen anderen Betrieben anwesend (Alstom, Benz, Caterpillar, GE, John Deere, Mercedes-Niederlassung …)
„Wir werden kämpfen!“
Aykan Okur, der IGM-Vertrauenskörperleiter bei ZF Mannheim, brachte bei der Kundgebung die Empörung der Belegschaft auf den Punkt: „Wir werden dem Vernichten der Arbeitsplätze nicht zusehen.“ Sein Kollege, der Betriebsratsvorsitzende Markus Doberstein, unterstrich die Kampfbereitschaft der Kolleginnen und Kollegen von ZF: „Wir lassen nicht zu, dass die Fehler des Managements auf unserem Rücken ausgetragen werden. Wir sind am Standort Mannheim sehr, sehr gut organisiert. Und wir werden kämpfen.“
Thomas Hahl, 1. Bevollmächtigter der örtlichen IGM forderte offenzulegen, „welche Subventionen ein Konzern wie ZF in der Vergangenheit bekommen hat.“ Er erinnerte zudem an Artikel 14 des Grundgesetzes, das die „Sozialbindung des Eigentums“ festschreibt. Hahl verlangte „die sofortige Rücknahme der Arbeitsplatzvernichtung“ und kritisierte den „Raubtierkapitalismus“ der Kapitaleigner.
Solidarische Grüße überbrachten unter anderem auch die Vorsitzenden des DGB Mannheim und Aktive des Überbetrieblichen Solidaritätskomitees Rhein-Neckar. Musikalisch machte Bernd Köhler überzeugend Mut zu einem Widerstand, der in den kommenden Monaten nicht nur bei ZF unbedingt weiterentwickelt werden muss.
Aus Avanti² Rhein-Neckar Oktober 2024