Trotz Aktionen und Streiks – ein Abschluss, der nicht reicht
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Tarifrunde Deutsche Post AG

Trotz Aktionen und Streiks – ein Abschluss, der nicht reicht

Von Helmut Born | 15.03.2025

Auch bei der Post stand Anfang des Jahres eine Tarifrunde an. Der letzte Abschluss lag zwei Jahre zurück, und in der Zwischenzeit waren die Preise im Supermarkt, bei den Mieten und den anderen Lebenshaltungskosten weiter gestiegen. Als vor zwei Jahren eine Inflationsausgleichsprämie vereinbart wurde, gab es Tarifsteigerungen, die nicht den hohen Preissteigerungsraten entsprachen. Da sich die Inflation beruhigt hat, wäre es wichtig gewesen, wieder hohe Forderungen zu stellen, um Anschluss der Löhne an die reale Entwicklung hinzubekommen. Ein gewisser Nachholeffekt hätte Bestandteil der Forderungen sein müssen.

Die Tarifkommission bei der Post entschied sich für eine Forderung nach 7  % mehr Lohn, und gegen den zunehmenden Stress wurden vier Tage zusätzlich Urlaub gefordert. Die Laufzeit sollte, wie gehabt, 12 Monate betragen, also von Januar bis Dezember 2025. Bei der Post oder DHL wie der Konzern heißt, sind Zusteller:innen im Brief- und Paketdienst, aber auch Kräfte in den Lagern, Lkw-Fahrer sowie in den Büros beschäftigt. Der Bund hält bei DHL Anteile (zur Zeit noch 16,5  %), aber mit dem Verkauf eines Pakets von 4  % im letzten Jahr wird die Sanierung der Bahninfrastruktur mitfinanziert.

Wenn Merz wirklich Kanzler werden sollte, wird es interessant zu beobachten sein, ob die restlichen Bundesanteile noch an seinen ehemaligen „Arbeitgeber“ Blackrock verhökert werden. Blackrock bestimmt schon lange den Takt, der im „Post Tower“ in Bonn vorgegeben wird. Erklärtes Ziel von Blackrock war es, den Profit jedes Jahr um 8  % zu steigern. Dass dies nicht ewig weitergehen kann, dürfte auch denen inzwischen klar geworden sein. Trotzdem ist der Druck, der auf die Beschäftigten ausgeübt wird, immens hoch. Momentan läuft die Zusammenlegung von Brief- und Paketzustellung auch in den Städten; auf dem Land ist dies schon länger Realität. Daher kommt auch die Ankündigung des Postvorstands, dass in diesem Jahr 8000 Stellen in der Zustellung abgebaut werden sollen.

Die Tarifrunde ist in den Arbeitsstätten durch die Vertrauensleute und Betriebsgruppen in den Lagern und Verwaltungen intensiv vorbereitet worden. Es war klar, dass es kein Zuckerschlecken werden würde. Durch Diskussionen im Aufsichtsrat sowie im Konzern- wie in den Gesamtbetriebsräten waren alle über die Haltung des Post-Vorstands informiert.

In der ersten Verhandlungsrunde im Januar gab es einen allgemeinen Austausch über die Forderungen und die Einschätzung des Postvorstands. Alles wie immer. Der Vorstand sah sich „nicht dazu imstande“, ein konkretes Angebot vorzulegen. Daran änderte sich bei der zweiten Verhandlungsrunde kaum etwas, der Vorstand tat so, als hätte DHL – der alles dominierende Logistikkonzern – sehr viele Nachteile gegenüber der Konkurrenz und bekäme er nur eine schlechte Erhöhung des Portos zugebilligt. Jammern auf hohem Niveau halt. Aber die Profitsteigerungen müssen ja irgendwo herkommen. In der dritten Verhandlungsrunde am 14. Februar ließ sich der Vorstand nicht lumpen, er legte ein Angebot vor. Die Laufzeit sollte 27 Monate betragen, die Einkommen ab Juli 2025 um 1,8  % erhöht werden und ab Oktober 2026 noch einmal um 2  %. Mehr Urlaub sollte es nicht geben.

Dieses „Angebot“ wurde in Bausch und Bogen abgelehnt, und ver.di ging jetzt in die Offensive. Auch wenn es im Februar schon Aktion und vereinzelt auch Streiks gab, war jetzt klar: Jetzt muss mehr kommen. Vor allem in den Tagen nach der Bundestagswahl bis Anfang März kam es zu zahlreichen Streiks, an denen sich fast 30.000 Kolleg:innen beteiligten. Jetzt fanden nicht nur eintägige sondern häufig mehrtägige Streiks statt.

Dies führte dann zu einem verbesserten Angebot des Postvorstandes in der vierten Verhandlungsrunde, die am 5. März stattfand, mit folgenden Inhalten:
2 % mehr Lohn ab 1.4.2025,
3 % mehr Lohn ab 1.4.2026.

Außerdem soll es ab dem 1.1.2026 einen Tag Urlaub mehr für alle Beschäftigten geben; Beschäftigte, die 16 Jahre im Unternehmen sind, bekommen zwei Tage mehr Urlaub. Laufzeit: 24 Monate, also bis Ende 2026.

Dieses Angebot wurde von der Tarifkommission von ver.di akzeptiert, es wurde den Mitgliedern zur Abstimmung vorgelegt, obwohl es drei Nullmonate gibt und obwohl die Lohnerhöhung unter der zu erwarteten Preissteigerungsrate liegt. Bis zum 28. März können die Mitglieder von ver.di ihr Votum abgeben. Sicherlich sind die beiden zusätzlichen Urlaubstage sehr erfreulich. Letzten Endes bedeutet der Abschluss real Lohnabbau, zumal es drei Monate nix gibt. Ich denke, viele Kolleg:innen werden diesen Abschluss ablehnen.

Nur einen Tag nach dem Abschluss gab der Postvorstand durch eine Pressemitteilung den Abbau von 8000 Arbeitsplätzen in der Zustellung bekannt. Den Grund dafür habe ich oben erwähnt. Dies aber nur einen Tag nach dem Abschluss bekannt zu machen, zeigt an, dass der Postvorstand eine rigorose Personalpolitik verfolgt, die nicht nur für die Beschäftigten, sondern auch für die Kund:innen weitere Verschlechterungen bedeutet. Für die Beschäftigten noch mehr Stress bei der Arbeit und für die Kund:innen immer weniger und schlechtere Leistungen. Briefzustellung an jedem Tag gibt es ja schon länger nicht mehr – in Zukunft wohl nur noch einmal die Woche.

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