Tödliche Hitze in Nordamerika

Da half auch die Feuerwehr nicht – der kanadische Ort Lytton fiel den Flammen während der Hitzewelle zum Opfer (Symbolbild) Foto: Rob Swystun, Fire, CC BY 2.0

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Klimakatastrophe

Tödliche Hitze in Nordamerika

Von Paul Michel | 10.07.2021

Besonders schlimm trifft die Hitzewelle Nordamerika, aber auch in der Arktis, Skandinavien und Russland ist es außergewöhnlich heiß – eine Folge des Klimawandels. Doch die Politik trifft keine Maßnahmen, um diesen zu bekämpfen.

In Teilen Nordamerikas herrscht seit Wochen eine tödliche Hitze: An die 50 Grad wurden in einem westkanadischen Ort gemessen – ein Rekord für das ganze Land. Hunderte sind schon gestorben an den Folgen der extremen Temperaturen.

Ein noch nie dagewesenes Ereignis…

Die jüngste Hitzewelle im Nordwesten der USA und im westlichen Kanada  hat alle früheren Rekorde für hohe Temperaturen gebrochen. Ende Juni gab es in Seattle 40 ° C,  in Portland, Oregon 46 ° C.  Die Ortschaft Lytton wurde  durch einen Waldbrand fast völlig zerstört. Vor der Brandkatastrophe hatte Lytton, das rund 260 Kilometer nordöstlich von Vancouver liegt, drei Tage in Folge Hitzerekorde verzeichnet. Das Thermometer zeigte nach Angaben der Wetterbehörde bis zu 49,6 Grad Celsius an, die höchste in Kanada gemessene Temperatur. Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) handelt es sich bei der extremen Hitzewelle in Kanada und im Nordwesten der USA um ein «noch nie dagewesenes Ereignis» seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.

Die aktuelle Hitzewelle ist auf ein Hochdruckgebiet zurückzuführen, das sich über dem Westen der USA ausbreitet. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hegen aber keinen Zweifel: Es ist der menschengemachte Klimawandel, der Extremwetterereignisse häufiger werden lässt. Während Hitzewellen und andere Temperaturschwankungen zum normalen Wetter gehörten, sind sie jetzt heißer, länger anhaltend und treten häufiger auf. In den US-Großstädten hat sich die Häufigkeit von Hitzewellen in den letzten 40 Jahren verdreifacht und ihre Dauer um über sechs Wochen verlängert.   Darüber hinaus hat die Intensität der Hitzewellen um 3-5 Grad zugenommen. 

… mit zerstörerischer Wirkung auf eine ohnehin schon marode Infrastruktur.

Die jüngste Hitzewelle in Nordamerika hatte zerstörerische Wirkung auf die ohnehin schon marode Infrastruktur. In Portland wurde der Stadtbahnverkehr eingestellt, weil die Stromkabel ausfielen. In Washington wurden Abschnitte der Autobahn I-5 gesperrt, weil der Straßenbelag aufquoll. Hitzewellen wie die in Nordamerika erhöhen die Wahrscheinlichkeit von Waldbränden, die wiederum Wassereinzugsgebiete gefährden und Bäume zerstören, die Kohlenstoff speichern, wodurch mehr Treibhausgase freigesetzt werden. Auch die Klimaanlagen oder die Fahrzeuge, die die Menschen nutzen, um für sich die Folgen der Hitze zu mildern tragen zur Erwärmung des Planeten bei.  Und so weiter, und so weiter.

In der Arktis ist es viel heißer als am Mittelmeer.

Extremwetter nicht nur in Nordamerika

Solche extremen Wetterereignisse gibt es momentan nicht nur in den USA. Auch Skandinavien leidet unter einer Hitzewelle. Der Norden von Finnland meldet mit 33,5 Grad Celsius die höchsten Werte seit Beginn der Aufzeichnungen. Auch in Russlands Wäldern toben heftige Feuer. Allein in der Teilrepublik Jakutien ist eine Fläche größer als Luxemburg betroffen. Am 20. Mai meldete „SPIEGEL Online“: „In der Arktis herrschen aktuell Temperaturen von bis zu 30 Grad, dort ist es viel heißer als am Mittelmeer.“  GEO titelt am gleichen Tag: „Bikiniwetter am Polarkreis: Nordwesten Sibiriens ächzt unter Hitzewelle“. Ein Bericht des Arktischen Rates warnt, dass sich die Region dreimal so schnell erwärmt wie der Rest des Planeten.“ Der globale Temperaturanstieg lässt mittlerweile Permafrostböden auftauen. Wenn der Permafrost taut, werden zudem Mikroorganismen aktiv und verwandeln im Boden gespeicherte Kohlenstoffverbindungen in Methan, Wasserdampf und Kohlendioxid, die den Treibhauseffekt verstärken. Man geht davon aus, dass das Auftauen der Permafrostböden dramatische Folgen für das Klima haben wird.  Schmelzender Permafrost gehört  zu den sogenannten Kippelementen im Klimasystem. Das sind Schwellenwerte im Klimasystem, die wie so genannte „points of no return“ reagieren: Wird ein solcher Schwellenwert erreicht, führt das zu schnellen und unumkehrbaren Veränderungen des Erdklimas.

Neue Normalität?

Manche Medien sagen, dies sei  die neue Normalität. Aber das ist eher eine Verharmlosung der Lage. Denn dieser Zustand  ist nicht stabil. Alles spricht dafür, dass die Häufigkeit und Intensität von Extremwetterlagen in absehbarer Zeit weiter zunehmen werden. Ist diese Hitzewelle ein „Jahrtausendereignis“?  Ja, aber nur, wenn man statt der nächsten tausend die letzten tausend Jahre betrachtet.  Vieles spricht dafür, dass dies nur ein Durchgangspunkt zu noch schlimmeren Verhältnissen ist. Der IPCC warnt: Mehr Hitzewellen, mehr Hunger, überschwemmte Küstenorte, Artensterben. Ein Verfehlen des 1,5-Grad-Ziels des Pariser Klimaabkommens hat nach Einschätzung des Weltklimarates „irreversible Auswirkungen auf Menschen und ökologische Systeme“. Im Entwurf zu dem IPCC-Bericht, der vor kurzem bekannt wurde, gehen die Experten davon aus, dass eine Erderwärmung um 2 Grad etwa 420 Millionen Menschen zusätzlich dem Risiko von Hitzewellen aussetzt.

“Das Schlimmste kommt erst noch und wird das Leben unserer Kinder und Enkel viel mehr betreffen als unseres“, heißt es in dem IPCC-Papier. Dementsprechend alarmiert äußerte sich die Klimaaktivistin Greta Thunberg: Der rund 4.000 Seiten starke IPCC-Entwurf zwinge die Menschheit, „der Realität ins Auge“ zu schauen, sagte Greta Thunberg der Nachrichtenagentur AFP. Die Zukunftsaussichten der Welt seien wegen des Klimawandels „sehr düster“, die Menschheit müsse „jetzt handeln“.

Greta Thunberg: Klimapolitik als PR der Mächtigen

Die Mächtigen in Politik und Wirtschaft machen keinerlei Anstalten, die erforderlichen Maßnahmen in Angriff zu nehmen. Sie schwadronieren über eine vermeintliche „Klimaneutralität“ bis 2045 und betreiben im hier und jetzt „Business as usual“. Das heißt vor allem: Nichts tun, was nicht die Billigung der Industrie findet. Selbst Maßnahmen, die nicht einmal etwas  kosten, wie ein Tempolimit von 130 km auf Autobahnen, ziehen sie überhaupt in Erwägung. Beim vom „Bundesverband der deutschen Industrie“ organisierten  „Tag der deutschen Industrie“ veranstalteten die Spitzenkandidaten von CDU/ CSU, SPD und GRÜNEN ein Schaulaufen bei dem sie um die die Gunst der Industrie für ihre Vorstellungen warben.  Gleichzeitig  versicherten sie: Ohne die Industrie können die Klimaziele nicht erreicht werden. Entsprechend besteht ihre Politik vor allem darin, so zu tun als würden sie handeln während sie gleichzeitig ihrer Klientel den Rücken frei halten.

Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg hat in einer Rede beim fünften „Austrian World Summit“ in Wien dazu die richtigen Worte gefunden. Sie warf den PolitikerInnen und Mächtigen der Welt vor, sich nur als Retter*innen zu inszenieren statt tatsächlich die Klimakrise zu bekämpfen.

Greta Thunberg weiter : „Es ist nur eine Kommunikations-Taktik verkleidet als Politik. Vor allem die Regierungschefs der reichen Nationen tun so als würden sie sich ändern und auf die jungen Leute hören. Dabei macht ihr ziemlich genau so weiter wie zuvor… Für euch mag das alles nur ein Spiel sein: Ein Spiel, um Wählerstimmen zu gewinnen, Popularität zu gewinnen, höhere Kurse am Aktienmarkt oder eure nächste hoch bezahlte Position in einem Konzern oder einem Lobbying-Unternehmen….. Ihr könnt und werdet weiter so tun als ob. Aber die Natur und die Physik wird nicht darauf hineinfallen. Die Natur und die Physik lassen sich nicht unterhalten oder ablenken von eurem Theater. Das Publikum ist müde geworden. Die Show ist vorbei. Danke!“

Das Heft selbst in die Hand nehmen!

Natürlich reicht es nicht, der herrschenden Klasse zu sagen, dass man deren Sprüche überdrüssig ist. Alles hängt davon ab, ob diejenigen, die die Leidtragenden der herrschenden Politik sind, sich in ihr Schicksal fügen oder ob sie beginnen, selbst das Heft in die Hand zu nehmen. Ein Anlass dazu bietet sich bei der „Internationalen Automobilausstellung“ (IAA)  von 8.- 12. September in München.  Dort wollen Veranstalter durch massives Greenwashing ihr Image als klimaschädliche Gewerbe hinter sich lassen – und treten als „Plattform für Mobilität“ in grünem Gewand auf.

Für die Klimaschutzbewegung sollte dies ein Anlass sein, den Autobossen die Performance zu vermiesen. Deshalb mobilisiert ein breites Spektrum zu vielfältigen Protesten gegen die IAA. Geplant sind:

  • Do./Fr., 9. und 10. September: Ein Gegenkongress „KonTra IAA – Kongress für transformative Mobilität“ (siehe https://kontra-iaa.org/)
  • Samstag, 11. September: Eine Großdemo und Fahrradsternfahrt unter dem Motto „#aussteigen – Mobilitätswende jetzt!“ (siehe https://www.iaa-demo.de/)
  • Do. bis So., 9. bis 12. September: Aktionen zivilen Ungehorsams „Sand im Getriebe #blockIAA“ (siehe https://sand-im-getriebe.mobi/)
  • Während des gesamten Aktionszeitraum gibt es ein Protestcamp für Aktivist*innen
https://sand-im-getriebe.mobi/

Also: Streicht euch den 9. bis 12. September im Kalender an, erzählt es weiter und kommt mit euren Freund*innen nach München!

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