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Ökologie

Systemveränderung – statt Klimawandel! Erklärung des Klimaforum09

Von Klimaforum | 06.01.2010

Erklärung der TeilnehmerInnen des Klimaforum09 in Kopenhagen (18.Dez.09)


Zusammenfassung

Es gibt Lösungen für die Klima-Krise. Was die Menschen und der Planet brauchen, ist eine gerechte und nachhaltige Veränderung unserer Gesellschaften in eine Form, die das Überleben aller Menschen sicherstellt und einen fruchtbaren Planeten und ein erfüllteres Leben für künftige Generationen ermöglicht.

Wir, die TeilnehmerInnen, Communities und sozialen Organisationen des Klimaforum09 in Kopenhagen rufen jede Person, Institution, Organisation und Regierung auf, zu dieser notwendigen Veränderung beizutragen. Dies wird keine leichte Aufgabe sein. Die Krise von heute hat ökonomische, soziale, umweltabhängige, geopolitische und ideologische Aspekte, die einander in Hinblick auf die Klimakrise sowohl beeinflussen als auch verstärken. Deshalb fordern wir folgende dringende Klima-Maßnahmen:

* Die vollständige Aufgabe fossiler Brennstoffe innerhalb der nächsten 30 Jahre. Dies erfordert Meilensteine für jede 5-Jahresperiode. Wir fordern eine unmittelbare Kürzung von Treibhausgas-Emissionen der industrialisierten Länder von mindestens 40% bis 2020 im Vergleich zum Niveau von 1990.

* Anerkennung, Bezahlung und Ausgleich der Klimaschuld für die Überkonsumtion von Atmosphäre und der Auswirkungen auf den Klimawandel gegenüber allen betroffenen Gruppen und Menschen.

* Ablehnung von rein marktorientierten und technikzentrierten falschen Lösungen wie Atomenergie, Sprit aus Lebensmitteln (agro-fuels), Kohlenabscheidung und -Lagerung (CCS)(1), clean-developement-Mechanismen, Verkohlung von Biomasse, genmanipuliertem "klimaresistentem" Saatgut, Geoengineering (2) und REDD (3) (Reduktion von Emissionen aus Entwaldung und Schädigung von Wäldern), die soziale- und Umweltkonflikte verschärfen.

* Wirkliche Lösungen für die Klimakrise
basierend auf einer sicheren, sauberen, erneuerbaren und nachhaltigen Nutzung der natürlichen Ressourcen sowie einer Wende zu Nahrungs-, Energie-, Land- und Wassersouveränität.

Deshalb fordern wir von der COP15 (Klimakonferenz), eine Einigung zu erreichen, die damit beginnt, das ökologische, soziale und wirtschaftliche Gleichgewicht des Planeten wiederherzustellen, und zwar mit Mitteln, die in Hinblick auf die Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft nachhaltig und gerecht sind, um schließlich einen rechtlich verbindlichen Vertrag abzuschließen.

Die schädlichen Wirkungen des vom Menschen verursachten Klimawandels bewirken eine massive Verletzung der Menschenrechte. Die Nationen haben eine Verpflichtung, international zusammenzuarbeiten, um überall auf der Welt die Achtung der Menschenrechte, entsprechend der Charta der Vereinten Nationen, sicherzustellen. Jede konkrete Vereinbarung über den Klimawandel muss im umfassenderen Zusammenhang gesehen werden, einen nachhaltigen Wechsel unserer Gesellschaften zu erreichen.

Wir, die teilnehmenden Personen und Organisationen des Klimaforum09, verpflichten uns zu vollem und aktivem Engagement, einen derartigen Wandel voranzutreiben, der eine grundlegende Änderung der gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Strukturen erfordert ebenso wie eine Beseitigung der Geschlechter-, Klassen-, Rassen-, Generationen- und ethnischen Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten.

Dies erfordert die Wiederherstellung von demokratischer Souveränität unserer lokalen Gemeinschaften als grundlegende, soziale, politische und ökonomische Einheiten. Lokales und demokratisches Eigentum, die Kontrolle über und der Zugang zu natürlichen Ressourcen werden die Basis für die substantielle und nachhaltige Entwicklung von Gemeinschaften sein und gleichzeitig die Treibhausemissionen reduzieren. Wir ermutigen fairen und angemessenen Austausch von lokal angepassten Techniken und Ideen zwischen Norden und Süden und innerhalb der Regionen.

Wir rufen jede besorgte Person, soziale Bewegung, kulturelle, politische oder wirtschaftliche Organisation auf, sich uns anzuschließen, um eine starke, weltweite Bewegung der Bewegungen aufzubauen, die die Visionen und Bedürfnisse der Menschen auf jeder Ebene der Gesellschaft vorwärtstreiben kann. Gemeinsam können wir den globalen Wandel in eine nachhaltige Zukunft bewirken.

Orginaltext der Deklaration (english)
Geografische Herkunft der TeilnehmerInnen des Klimaforum09

 

Originaltext (Langversion)

Systemveränderung – nicht Klimawandel
Erklärung der TeilnehmerInnen des Klimaforum09 in Kopenhagen

1. Präambel

Es gibt Lösungen für die Klimakrise. Was die Menschen und der Planet brauchen, ist eine gerechte und nachhaltige Veränderung unserer Gesellschaften zu einer Form, die das Überleben aller Menschen und einen fruchtbareren Planeten sowie ein erfüllteres Leben für künftige Generationen ermöglicht. Eine Veränderung, die aufbaut auf den Prinzipien der Solidarität besonders mit den Verwundbarsten, auf Nicht-Diskriminierung, Gleichheit, Demokratie und Nachhaltigkeit, dem Bewusstsein, dass wir Teil der Natur sind, die wir lieben und respektieren. Von der Klimakrise zu sprechen, erfordert jedoch das Herstellen von Bewusstheit und entschlossene Taten, die in einen rechtlich verbindlichen Rahmen eingebettet sind.

Wir, die teilnehmenden Personen, Communities und sozialen Organisationen des Klimaforum09 in Kopenhagen rufen jede Person, Institution, Organisation und Regierung auf, zu diesem notwendigen Wandel beizutragen. Das wird keine leichte Aufgabe sein. Die Krise von heute hat ökonomische, soziale, umweltabhängige, geopolitische und ideologische Aspekte, die sich sowohl gegenseitig als auch die Klimakrise beeinflussen und verstärken. Genau dieses Moment der Verbindung der Krisen: Klimakrise, Energiekrise, Finanzkrise, Nahrungs- und Wasserkrise und anderen, drängt uns dazu, uns zusammenzuschließen und das herrschende Gesellschafts- und Wirtschaftssystem zu verändern, das die notwendigen Lösungen für den Klimawandel verhindert. Deshalb ist eine Bewegung von unten notwendig, um jetzt zu handeln.

die Umwelt- und Klimaschulden müssen bezahlt werden. Es dürfen keine falschen und kurzsichtigen Lösungen propagiert und akzeptiert werden, wie Atomkraft, Bio-Treibstoffe, Handel mit Verschmutzungsrechten, Kohlendioxydabscheidung und -lagerung (CCS) (1), Verkohlung von Biomasse, Geo-Engineering (Wetter-Klempnerei) und Co²-Emissionshandel. Stattdessen sollten wir einen wirklich nachhaltigen Wandel umsetzen, der auf sauberen, sicheren und erneuerbaren Ressourcen und Energieeinsparung aufbaut. Wir begrüßen Bündnisse gesellschaftlicher Bewegungen und Sektoren, die alle Altersgruppen, Geschlechter, Ethnizit&aum
l;ten, Weltanschauungen, Communities und Nationalitäten umfassen. Wir wollen die Zukunft selbst in unsere Hände nehmen, indem wir eine starke und breite Bewegung der Jugend, der Frauen, Männer, ArbeiterInnen, BäuerInnen, der FischerInnen, der indigenen Völker, der farbigen, städtischen und ländlichen Bevölkerung aufbauen, die in der Lage ist, auf allen Ebenen der Gesellschaft zu wirken, um die Umweltzerstörung und den Klimawandel abzuwenden.

2. Der Wandel, wie wir ihn sehen

Die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre ist schon so hoch, dass das Klimasystem schon aus dem Gleichgewicht gebracht worden ist. Die globalen Temperaturen haben in den letzten 50 Jahren zweimal so schnell zugenommen, als während des letzten Jahrhunderts und wird in den kommenden Jahrzehnten sogar noch schneller zunehmen. Dies fügt einer Vielzahl anderer schwerwiegender ökologischer Ungleichgewichte Wirkungen hinzu, die das Leben und den Lebensunterhalt der Menschen der Erde, am allermeisten aber das der Ärmsten und das anderer verwundbarer Gruppen bedrohen.

Das Ungleichgewicht des Klimasystems führt zu größeren und häufigeren typischen Extremen von Hitze und Regen, tropischen Zyklonen, Orkanen und Taifunen, großen Überschwemmungen und Dürren, Verlust an Artenvielfalt, Erdrutschen und Lawinen, steigenden Meeresspiegeln, Trinkwasserknappheit, kürzeren Wachstumsperioden, geringeren Ernten, Verlust oder Verschlechterung von fruchtbarem Land, verminderter Agrarproduktion, Verluste an Vieh, Zerstörung von Ökosystemen, verminderten Fischvorräten und anderem. Diese Phänomene führen zu Nahrungskrisen, Hungersnot, Krankheit, Tod, zu Vertreibung und zum Verschwinden von nachhaltigen Lebensformen. Beim Zusammenwirken mit diesen Faktoren bedrohen die Einführung von genetisch veränderten Organismen (GMOs), landwirtschaftliche Monokulturen und industrialisierte Landwirtschaft, die von Konzernen stark vorangetrieben werden, ernsthaft die Stabilität und Vielfalt von Ökosystemen. Dies drängt die kleinen Bauern an den Rand, treibt sie in die Armut und unterhöhlt auch die Ernährungssouveränität. Landwirtschaft, die von Multis kontrolliert wird, richtet sich nach der globale bezahlten Nachfrage aufgrund der Überkonsumtion speziell des Nordens, statt nach dem lokalen Grundbedarf. Dasselbe kann über die moderne industrialisierte Fischerei, die intensive Forstwirtschaft und den Bergbau gesagt werden, welche die Ökosysteme zerstören, die Artenvielfalt reduzieren und das Leben und den Lebensunterhalt von lokalen Gemeinschaften zerstören. Der Abfall/Müll dieses Produktions- und Verbrauchssystems wird in den Süden zurückgeschickt, wo er die Bevölkerung und Umwelt noch mehr vergiftet.

Diese Auswirkungen des Klimawandels, zusammen mit wachsenden sozialen Ungleichheiten und schwerwiegenden Wirkungen auf unsere gemeinsame Umwelt, verwüsten die Leben von Millionen von Menschen wie auch das ihrer lokalen Gemeinschaften. Jedoch, wir – die Menschen – sind nicht bereit, diese Tatsache als unser Schicksal zu akzeptieren. Das ist der Grund, weshalb rasch wachsende populäre Bewegungen entstanden sind, um ihre Lebensgrundlagen zu verteidigen und die entschlossen sind, gegen jene Mächte und Ursachen Widerstand zu leisten, die uns zu diesem letztlich selbstmörderischen Weg der Umweltzerstörung geführt haben.

In Asien, Afrika, Ozeanien sowie Süd- und Mittelamerika ebenso wie auch die Peripherie von Nordamerika und Europa gibt es wachsende populäre Bewegungen, um der Ausbeutung ihres Landes durch ausländische Interessen entgegenzutreten, und die Kontrolle über ihre eigenen Ressourcen zurückzugewinnen. Eine neue Art des Aktivismus hat die Umweltbewegungen neu belebt, die zu einer großen Vielfalt von Protesten und Aktionen gegen den Bergbau, die Errichtung gigantischer Staudämme, Waldzerstörung, Steinkohlenkraftwerke, Flugverkehr und den Bau neuer Straßen geführt hat. Es gibt ein wachsendes Bewusstsein über die Notwendigkeit, die gegenwärtigen ökonomischen Paradigmen fundamental zu ändern. Unter verschiedenen Bewegungen verbreiten sich alternative Lebensformen. Gleichzeitig wird es der Öffentlichkeit offensichtlich, dass die gegenwärtigen Machthaber nicht willens sind, den Drohungen des Klimawandels und der Umweltzerstörung entgegenzutreten. Die sogenannte Strategie des ‘grünen Wachstums’ oder ‘nachhaltigen Wachstums’ hat sich als Rechtfertigung entpuppt, dasselbe Grundmodell der wirtschaftlichen Entwicklung fortzusetzen, das die Wurzel für die Umweltzerstörung und der Klimakrise darstellt.

3. Die Ursachen, wie wir sie sehen

Die unmittelbare und Hauptursache für den menschlich verursachten Klimawandel ist eine beispiellose Emission von Treibhausgasen (GHGs) in die Atmosphäre, die aus der ständig wachsenden Verbrennung fossiler Brennstoffe in Industrie, Handel, Transport und aus militärischen Gründen stammt, um einige der wichtigsten Quellen zu nennen. Andere wichtige Faktoren des Klimawandels sind Entwaldung, Waldverschlechterung, die sich ausdehnenden Flächen industrieller Landwirtschaft auf denen für den Welthandel produziert wird (cash crops), die steigende Fleischproduktion und andere Arten der nicht nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen.

Ungleiche Kontrolle und Eigentum über die Ressourcen
Diese unmittelbaren Ursachen sind die Ergebnisse eines unhaltbaren globalen Wirtschaftssystems, das auf ungleichem Zugang zu und ungleicher Kontrolle über die begrenzten Ressourcen des Planeten und den Vorteilen, die aus ihrem Verbrauch gezogen werden, aufgebaut ist. Dieses System basiert auf der Besitzergreifung über lokale, nationale und planetarische Gemeinschaftsgüter durch lokale und globale Eliten. Was als große Fortschritte in Technik, Produktion und menschlicher Entwicklung angepriesen worden ist, hat sich in Wirklichkeit als globale ökologische und Entwicklungskatastrophen herausgestellt. Immer noch investiert eine privilegierte globale Elite in eine rücksichtslose, gewinngesteuerte Produktion und exzessiven Überkonsum, während ein sehr großer Teil der Menschheit im Sumpf von Armut mit lediglich Überlebens- und Subsistenz-Verbrauch oder sogar noch weniger versinkt. Diese Situation existiert nicht nur in Ländern des Südens, sondern auch im Norden. Die weltgrößten multinationalen Konzerne (TNCs), die hauptsächlich aus den nördlichen Ländern stammen, aber mit wachsenden Operationen im Süden, bilden schon seit Langem die vorderste Front dieser Exzesse.

Die Konkurrenz zwischen den globalen Konzernen und reichen Nationen um Ressourcen und größere Marktanteile, ebenso wie Handelsabkommen und Verträge, haben zu einer neokoloniale Unterjochung der Menschen des Südens geführt. Gleichzeitig wird ihnen ihr Recht auf Eigentum und Kontrolle ihrer Ressourcen verweigert. Die Welthandelsorganisation (WTO) und die internationalen Finanzinstitutionen forcieren die Privatisierung und den Raub öffentlicher Ressourcen, indem sie die Plünderung von natürlichen Ressourcen der unterentwickelten Ländern intensivieren und Bedingungen aufstellen, die die Abhängigkeit erhöhen.

Herrschende Denkmuster
Dieses Entwicklungsmodell ist jedoch nicht nur eine Frage der ‘Wirtschaftswissenschaft’. Das vorherrschende ökonomische Paradigma hat eine enge Beziehung zu ein
em Denksystem, das auf der Vorstellung des "homo öconomicus" beruht. Diese Ideologie wird von Medienkonzernen und Marketingfirmen verstärkt, die den individuellen Egoismus, die Konkurrenz, Materialverbrauch und grenzenlose Anhäufung privaten Reichtums unter vollkommener Missachtung der sozialen und ökologischen Folgen eines solchen Verhaltens propagieren. Dieses Denksystem ist eng verschlungen mit Mustern von Patriarchat und Bevormundung. (Paternalismus)

Wenn wir diese Krise wirklich angehen wollen, müssen wir erkennen, dass die menschliche Art sowohl ein Teil der Natur als auch der Gesellschaft ist und ohne eine der beiden nicht existieren kann. Wenn die Menschheit erhalten bleiben soll, müssen wir die Integrität von Mutter Erde respektieren und Harmonie mit der Natur und Frieden innerhalb und zwischen den Kulturen anstreben. Wir sind zugleich BürgerInnen verschiedener Nationen und der einen Welt. Jede/r teilt die Verantwortung für das gegenwärtige und zukünftiges Wohlergehen der menschlichen Familie und der sie umgebenden Lebenswelt. Der Geist menschlicher Solidarität und der Verwandtschaft aller Lebewesen wird verstärkt, wen wir nach dem Grundsatz des "Eine/r unter Vielen" leben.

4. Ein gerechter und nachhaltiger Wandel

Es ist klar, dass die Lösung der Klimakrise weitreichende Transformationen erfordert, die gegenwärtig von der Tagesordnung (agenda) der politisch dominierenden Kräften in Regierungen und multilateralen Institutionen ausgeschlossen sind. Die Menschen brauchen eine Systemveränderung, nicht "business-as-usual," und die unkritische Anwendung von Technik- und Marktreparaturen welche die mächtige Interessengruppen auf die Klima-Tagesordnung gesetzt und diese darauf beschränkt haben.

Den Bewegungen der Menschen fehlen nicht die Visionen für Alternativen für die Gesellschaft und konkrete Schritte, die unternommen werden müssen, um sich in Richtung auf eine nachhaltige Zukunft zu bewegen, die gleichzeitig den Krisen des Klimas, des Wassers, der Nahrung und der Wirtschaft entgegentreten. Ein solcher nachhaltiger Wandel beginnt durch viele verschiedene Initiativen. Einige dieser Maßnahmen in Richtung nachhaltigen Wandels sind:

Ernährungssouveränität und ökologische Landwirtschaft:
Wahrung des Rechts der Völker, Communities und Länder, ihre eigenen landwirtschaftlichen Produktionssysteme selbst zu bestimmen, einschließlich von Landwirtschaft, Arbeit, Fischerei, Nahrungsmittelerzeugung, Forstwirtschaft und Landpolitiken, die ökologisch, sozial, wirtschaftlich und kulturell passend zu ihren Bedingungen sind. Der Zugang der Menschen zu und Kontrolle über produktive Ressourcen wie Land, Saatgut und Wasser muss respektiert werden. Die Agrarproduktion muss sich vornehmlich auf lokales Wissen, angepasste Technologie, ökologisch nachhaltige Techniken, die CO2 in einem vielfältigen und einheimischen Pflanzenspektrum binden sowie auf Systeme, die Wasser sammeln und mehr Nährstoffe an die Erde zurückgeben, als herausgenommen werden, stützen. Nahrung und Agrarproduktion müssen in erster Linie auf die Deckung des lokalen Bedarfes orientiert sein, die Selbstversorgung stärken, lokale Beschäftigung fördern sowie den Ressourcenverbrauch, Müll und die Emission von Treibhausgasen im Prozess minimieren.

Demokratisches Eigentum an und -Kontrolle über die Wirtschaft
Reorganisation der gesellschaftlichen Produktionseinheiten rund um demokratischere Formen von Eigentum und Management, um die Grundbedürfnisse der Menschen zu decken und weitere soziale Ziele zu erreichen wie Arbeitsbeschaffung, Gesundheit, Bildung, sichere Nahrungsmittelversorgung und ökologische Nachhaltigkeit. Die öffentliche Politik muss Sorge dafür tragen, dass das Finanzsystem dem Gemeinwohl dient und die Ressourcen so lenken, dass sie zu einer nachhaltigen Veränderung von Industrie, Landwirtschaft und Dienstleistungen führen.

Energiesouveränität
Eine dramatische Reduktion des Energieverbrauchs besonders in den Ländern, die sich ungerecht bereichert haben, kombiniert mit einer Mischung von erneuerbaren und öffentlichen Energiequellen, wie Sonne, Wind, Erdwärme, kleinen Wasserkraftwerken, Wellenenergie und die Entwicklung einer vom Netz unabhängigen Verteilung elektrischer Energie, um die Energieversorgung der Gemeinden abzusichern.

Ökologische Planung von städtischen und ländlichen Zonen
Ziel einer radikalen Reduktion des Energie-, Ressourcenverbrauches sowie der Müllproduktion und Verschmutzung, während wir ermutigen, die Grundbedürfnisse der Bevölkerung mit Hilfe lokaler Versorgung abzudecken. Eine städtische und ländliche Planung, die auf soziale Gerechtigkeit und gleiche Dienstleistungen für alle aufbaut, reduziert die Notwendigkeit von Transporten. Das Fördern öffentlicher Transportsysteme, wie S-Bahnen und Hochgeschwindigkeitszügen sowie Fahrrädern reduzieren den Bedarf nach privaten Pkws, entlasten die Straßen und verbessern die Gesundheit.

Bildung, Wissenschaft und kulturelle Institutionen
Neuorientierung der öffentlichen Forschung und Erziehung, um die Bedürfnisse der Bevölkerung und der Umwelt besser zu erfüllen als die jetzige Ausrichtung der Wirtschaftsentwicklung am wirtschaftlichen Profit und privatisierten Technologien. Forschung und Entwicklung sollten in erster Linie offene und kooperative Bestrebungen im Dienste der gemeinsamen Interessen der Menschheit sein und Patente auf Wissen und Technologie abschaffen. Fairer und gerechter Austausch von lokal angepassten Technologien und Wissen zwischen den Ländern sollen ermutigt werden.

Beendigung von Militarismus und Kriegen
Das gegenwärtige, auf fossilen Brennstoffen basierte Entwicklungsmodell erzeugt Gewalttätigkeit, Krieg und militärische Konflikte über die Kontrolle von Energie, Land, Wasser und andere natürliche Ressourcen. Dies wird demonstriert durch den Einmarsch in und die Besetzung durch die US-Truppen im Irak und Afghanistan, die Militarisierung in West- und Zentralasien, Westafrika, Lateinamerika, Südostasien und andere Regionen, die reich an Öl- und anderen fossilen Brennstoffreserven sind. Bauern und indigene Gemeinschaften werden auch mit Gewalt von ihrem Land vertrieben, um Platz für Plantagen zum Anbau für die Spritproduktion zu machen. Billionen von Dollars werden für den militärisch-industriellen Komplex ausgegeben, enorme materielle und menschliche Ressourcen werden verschwendet, die stattdessen der Umsetzung einer nachhaltigen Veränderung gewidmet werden sollten.

Indem wir Schritte nach vorn unternehmen, lernen wir, sie zu machen. Diese Schritte helfen uns, die breite Mehrheit der Menschen zu überzeugen, dass ein nachhaltiger Wandel die Aussicht auf ein erfüllteres und besseres Leben mit sich bringt. Die Bereiche des sozialen, politischen, der Ökonomie und der Umwelt stehen in enger Wechselbeziehung zueinander. Eine schlüssige Strategie muss sie deshalb alle ansprechen, was in Wirklichkeit die zentrale Idee hinter dem Konzept des nachhaltigen Wandels ist.

Ein Aspekt dieses Konzepts ist die Wiederherstellung der lokalen Gemeinschaften anstatt dem globalen M
arkt als eine gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Einheit. Sozialer Zusammenhalt, demokratische Beteiligung, wirtschaftliche und ökologische Verantwortung können nur durch das Wiederherstellen der Entscheidungskompetenzen auf der niedrigsten entsprechenden Ebene erreicht werden. Dies ist eine Grundlektion, die wir von ethnischen Kulturen und lokalen Communities gelernt haben.

Ein Community-basierter Ansatz widerspricht jedoch nicht der Notwendigkeit einer weitreichenden internationalen Kooperation. Im Gegenteil – es braucht stärkere Bündnisse innerhalb und über alle Grenzen zwischen den direkten ProduzentInnen in der Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei und Industrie. Die Bündnisse bauen auch auf die Stärke der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und auf das Erkennen und Überwinden von ungerechten Machtverhältnissen auf allen Ebenen. Dies schließt auch die Notwendigkeit stärkerer regionaler und internationaler Regelungen für die Zusammenarbeit, um die gemeinsame und geteilte Nutzung von Ressourcen zu managen, wie beispielsweise grenzüberschreitende Wasserressourcen, mit ein. Die internationale Kooperation stärkt außerdem sowohl den vollen gegenseitigen Austausch von Ideen, Techniken und Sachkenntnissen über alle Grenzen hinweg, als auch das Engagement für einen geistig offenen Dialog zwischen verschiedenen Kulturen auf der Basis des gegenseitigen Respekts.

5. Wege zur Veränderung

Bei der Verfolgung des Weges zu einer gerechten und nachhaltigen Veränderung wird es notwendig sein, eine Doppelstrategie zu entwickeln, die einerseits innerhalb des gegenwärtigen Systems operiert und gleichzeitig konsequent die Veränderung des Systems vorantreibt.

Viele Menschen beteiligen sich an der praktischen Schaffung einer nachhaltigeren Industrie, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei wie auch eines erneuerbaren Energiesektors. Diese Initiativen innerhalb des Systems haben in der Folge Bündnisse mit anderen Sektoren der Gesellschaft, Gewerkschaften, Einzelhandelsgeschäften, VerbraucherInnen, StadtbewohnerInnen, LehrerInnen und ForscherInnen geschaffen, die alle in Richtung nachhaltiger Lebensweisen streben.

Wir müssen auch die Verhandlungen der Vereinten Nationen (UN) in Bezug auf den Klimawandel ansprechen und den Klimagipfel (COP15), der dieser Tage in Kopenhagen ihrem Höhepunkt zustrebt. Die Erfahrungen aus den vorherigen Verhandlungsrunden sind nicht sehr vielversprechend. Trotz der hochfliegenden Pläne für gemeinsame, abgestimmte Aktionen, zuerst in der Rahmenkonvention zum Klimawandel von Rio de Janeiro 1992 und später im Kyoto Protokoll von 1997, sind die Ergebnisse dürftig, und die Probleme nicht gelöst worden. Tatsächlich hat es in der Zwischenzeit sowohl in Hinsicht auf die Konvention als auch auf das Protokoll sogar Rückschritte hinsichtlich der Grundsätze, Ziele und Zeitschienen gegeben.

In den Verhandlungen des Klimagipfels (COP15) fordern wir die Staaten auf, im Rahmen des UNFCCC (Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen) einen Beurteilungsmechanismus für alle Politiken und Politikinstrumente einzuführen, um dafür zu sorgen, dass unter Einbeziehung und Beratung aller Interessengruppen ein Prozess ermöglicht wird, der bestehende Diskriminierungen, seien sie auf Grund des Geschlechts, der Hautfarbe, des Alters, von Behinderung oder anderer Gründe, beseitigt. Wir fordern von den führenden Politikern im UNFCCC, den Bedürfnissen der Menschen und entsprechenden Alternativen zum Durchbruch zu verhelfen.

a) Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen
Wir verlangen eine klare Strategie für eine Beendigung der Ära der fossilen Brennstoffe innerhalb der nächsten 30 Jahre, was spezifische Meilensteine für jede 5-Jahresperiode erfordert. Wir fordern eine sofortige Kürzung der Treibhausgasemissionen der industrialisierten Ländern um mindestens 40% im Vergleich zum Niveau von 1990 bis 2020.

b) Bezahlung und Wiedergutmachung der Klimaschuld
Wir fordern, dass diese Strategie von einer gleich klaren Kompensation für die verarmten Menschen begleitet sein muss – insbesondere im globalen Süden – für die Klima- und weitergehende ökologische Schuld, die die Staaten, die sich bereichert haben – insbesondere im globalen Norden – durch ihren unverhältnismäßigen Beitrag zu den Ursachen für den Klimawandel und dessen schädliche Auswirkungen verschuldet haben. Die Industriestaaten müssen neue, verbindliche, adäquate und zuverlässige Finanzierungen und die notwendigen Techniken patentfrei an die Entwicklungsländern liefern, damit sich diese besser vor schädlichen Auswirkungen des Klimawandels schützen und etwas für die Reduktion der Klimagas-Emissionen unternehmen können. Dies würde erlauben, dass die sich entwickelnden Länder ihre eigene Rolle bei der Zügelung des Klimawandels spielen und gleichzeitig die Bedürfnisse und Ansprüche ihrer Bevölkerung befriedigen könnten. Der Internationale Währungsfond, Agenturen der Geberländer und Handelsmechanismen dürfen sich bei den Wiedergutmachungen nicht einmischen.

c) Für ein sofortiges weltweites Verbot der Urwaldzerstörung
und die gleichzeitige Aufnahme eines ehrgeizigen globalen Aufforstungs-Programms, das auf bodenständigen und unterschiedlichen Arten von Partnerschaften mit den indigenen Völkern und Communities, die vom Wald abhängig sind, basiert sind. Ebenso ein Verbot hochindustrialisierter Fischereimethoden und eine Rückkehr zu ursprünglichen lokalen und nachhaltigen Fischereimethoden. Schließlich, ein Verbot von Landraub für fremde Interessen und die volle Respektierung der Souveränität der Völker über die natürlichen Ressourcen.

d) Wir erklären uns strikt gegen rein marktorientierte und techno-zentrierte falsche Lösungen
die von vielen Konzernen, Regierungen des Nordens und internationalen Finanzinstitutionen forciert werden. Diese betreffen Kernenergie, Bio-Kraftstoffe (Sprit aus Lebensmitteln), Kohlenstoff-Bindung und Lagerung, "saubere Entwicklungsmechanismen" (CDM), Verkohlung von Biomasse, genetisch verändertes "klimaresistentes" Saatgut, Klima- und Wetter-Klempnerei (Geoengineering) (2) und REDD (3) (Reduktion von Emissionen aus Entwaldung und Waldverschlechterung) nach UNFCCC-Definition (4) die nur neue Umweltbedrohungen produzieren, ohne die Klimakrise wirklich zu beheben. Handel mit Verschmutzungsrechten sind ebenso falsche wie ungerechte Instrumente, weil sie mit einer gemeinsamen weltweiten Ressource – der Atmosphäre – Handel treiben, als ob sie Privatbesitz wäre und damit Geschäftemacherei betrieben werden könnte. Bisher hat das System keinerlei Verdienste bewiesen, und indem es reichen Ländern erlaubt, ihre Reduktionsverflichtungen herabzusetzen, hält es das ungerechte und unhaltbare System weiter aufrecht.

e) Differenzierte Steuern auf CO²-Emissionen:
Statt des Handels von Verschmutzungsrechten fordern wir eine differenzierte Steuer auf CO2-Emissionen. Diese Steuer soll die Klimaschuld begleichen und zur Finanzierung der Anpassung und Schadensminderung beitragen. Dieser Ausgleich und diese Finanzierung müssen bedingungslos und unabhängig von Marktmechanismen und Finanzinstit
utionen sein. Die Reduktion der Emissionen muss stark vorangetrieben werden durch eine rasch anwachsende transparente CO2-Steuer zusätzlich zu direkten Bestimmungen, die das Auslaufen von fossilen Brennstoffen steuern und gleichzeitig sichere, saubere und erneuerbare Energien ermöglichen.

f) Multilaterale Institutionen und Multinationale Konzerne (TNCs)
Ungerechte, unhaltbare und verantwortungslose globale Wirtschafts- und Finanzinstitutionen, wie die WTO (Welthandelsorganisation), die Weltbank, der IMF (Internationaler Währungsfonds), regionale- und Entwicklungsbanken, Geber-Konferenzen und Handelsabkommen müssen durch demokratische Institutionen ersetzt werden, die die Souveränität der Menschen über die Ressourcen respektieren und die Solidarität zwischen den Völkern und Nationen voranbringen. Ebenso muss ein Mechanismus für die strenge Überwachung und Kontrolle/ Steuerung der Operationen multinationalen Konzerne geschaffen werden.

Zum Abschluss verpflichten wir uns zu einem vollen und aktiven Engagement für einen nachhaltige Wandel unserer Gesellschaften entlang der Linien, die in dieser Deklaration vorgeschlagen werden.

6. Eine neue globale Bewegung für eine nachhaltige Veränderung

Unabhängig vom Ergebnis des Kopenhagen Klimagipfels braucht es dringend den Aufbau einer weltweiten Bewegung der Bewegungen, die sich der langfristigen Aufgabe widmet, einen nachhaltigen Wechsel unserer Gesellschaften voranzutreiben. Im Unterschied zu den herrschenden Machtstrukturen muss diese Bewegung von unten her wachsen. Notwendig sind breite Bündnisse von Umweltbewegungen, sozialen Bewegungen, Gewerkschaften, Bauern und anderer verbündeter Parteien, die im täglichen politischen Kampf sowohl auf lokaler, als auch nationaler und internationaler Ebene zusammenarbeiten können. Ein Bündnis dieser Art bringt gleichzeitig ein neues Bewusstsein und neue Methoden sozialer Aktionen hervor. Es muss fähig sein, nicht nur auf unhaltbare Praktiken zu reagieren, sondern auch durch Beispiele zeigen, wie eine neue, lokal verankerte und nachhaltige Wirtschaft in der Praxis funktionieren kann.

Wir, die TeilnehmerInnen, Communities und sozialen Organisationen des Klimaforum09 verpflichten uns, basierend auf den bei diesem Ereignis erarbeiteten Ergebnissen an der weiteren Entwicklung einer weltweiten Bewegung der Bewegungen zu bauen. Es ist unsere Hoffnung, dass diese Erklärung die Weiterentwicklung einer solchen Bewegung inspiriert, indem sie auf die generelle Richtung verweist, in die wir uns bewegen wollen. Gemeinsam können wir den Wandel für eine nachhaltige Zukunft bewirken.

Fußnoten des Übersetzers:

(1) CCS (Kohlendioxydabscheidung und -lagerung), siehe: Wikipedia
(2) Geoengineering (Klima- und Wetterklempnerei), siehe die verrückten Projekte unter: Wikipedia
(3) REDD – (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation, dt. Reduktion von Emissionen aus Entwaldung und Schädigung von Wäldern), siehe: Wikipedia
(4) UNFCCC – Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen, siehe: Wikipedia

Übersetzung aus dem Englischen: Wilfried Hanser-Mantl

Orginaltext der Deklaration (english)
Liste der unterzeichnenden Organisationen: 363 Organisationen, Stand: 23.12.09

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