Stellungnahme der ISO Ortsgruppe München zur sogenannten „Sicherheitskonferenz“ 2020 in München

Proteste gegen die Münchener "Sicherheitskonferenz" 2014. Foto: Sascha Arnhoff , DSC_0215, CC-BY-NC-ND 2.0

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Gegen die Konferenz der Kriegstreiber und Waffenhändler

Stellungnahme der ISO Ortsgruppe München zur sogenannten „Sicherheitskonferenz“ 2020 in München

Von ISO München | 13.02.2020

Konferenz der Kriegstreiber und Waffenhändler
Am 3. Januar ließ US-Präsident Donald Trump den iranischen General Quassem Suleimani am Flughafen von Bagdad mittels eines Drohnenangriffs umbringen. Trump, der nur Superlative kennt, nannte Suleimani den „Nummer-Eins-Terroristen“ und merkte gar nicht, dass er von sich selber sprach. Denn die Ermordung des iranischen Generals war – gleichgültig wie man seine politische Rolle einschätzt – ein eklatanter Bruch des Völkerrechts und ein verbrecherischer Akt der Barbarei.

Schritt für Schritt in die Eskalation
Dies ist der nächste Schritt der Eskalation nach der völkerrechtswidrigen Kündigung des Atomabkommens mit dem Iran durch die USA am 8. Mai 2018. Trump spielt den Ankläger, Richter und Henker in einer Person. Er drohte sogar damit, 52 iranische Stätten des Weltkulturerbes dem Erdboden gleichzumachen. Sollte sein Verhalten Schule machen, werden sich demnächst die Spitzenpolitiker der Groß- und Mittelmächte gegenseitig mittels Drohnen umbringen. Dadurch beginnt eine neue Spirale der Rüstung und gegenseitigen Bedrohung mit äußerst gefährlichen Folgen für den Weltfrieden. In den vergangenen Jahren wurden im Nahen Osten und Afghanistan bereits mehrere Tausend Menschen mittels Drohnen getötet. Trump müsste an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ausgeliefert und dort gerichtet werden.

Abgedrückt wird in Deutschland – gemordet in aller Welt
Der US-amerikanische Drohnenkrieg im Nahen Osten wird vom pfälzischen Rammstein aus gesteuert. Dadurch ist Deutschland Teil der Eskalationsstrategie und des Bruchs des Völkerrechts. Eine wirklich demokratische und Frieden stiftende Bundesregierung müsste die USA zur Auflösung ihrer Basen in Deutschland zwingen. Stattdessen rechtfertigt der Bundesaußenminister Maas in seiner dumm-dreisten Art noch den Bruch des Völkerrechts. Er forderte den Iran auf, das von den USA gekündigte Atomabkommen einzuhalten, wiewohl die Sanktionen durch die USA noch verschärft wurden.

Die USA haben den Sturz des Schahs, ihres Vasallen, nie verwunden
General Suleimani war einer der effektivsten Interessensvertreter des iranischen Regimes, das 1979 aus der Revolution und dem Sturz des US-hörigen Schah-Regimes entstanden ist. Damals war das ein verheerender Schlag gegen die US-Politik, der Präsident Jimmy Carter die Wiederwahl kostete. Als 1980 Saddam Hussein mit Unterstützung der USA (Ronald Reagan) den Iran überfiel, um die Revolution niederzukämpfen, kam es zu einem achtjährigen Krieg, der einen gigantischen Blutzoll (über eine Million Tote) forderte. In diesem langen Krieg gegen Hussein bildeten sich die Revolutionsgarden und die neue militärische Führung des Irans heraus, die heute einen erheblichen Teil der Wirtschaft des Landes kontrollieren. Die von Suleiman geführten al-Quds-Brigaden kämpften später – im Übrigen an der Seite der USA – in Afghanistan gegen die Taliban und in Syrien/Irak gegen den Islamischen Staat. Dieser war erst wegen der US-Interventionen in Afghanistan ab 1989 und dem Sturz des Regimes von Saddam Hussein im Irak durch den völkerrechtwidrigen Einmarsch der USA im März 2003 entstanden. Auch dieser US-Krieg gegen den Irak (George W. Bushs „Koalition der Willigen“, ideologisch vorbereitet durch die „Neocons“) erfolgte auf der Grundlage von Lügen und Täuschungen. Vor der UNO stellte im Februar 2003 der damalige Außenminister Colin Powell seine dreisten Lügen über eine Giftgas produzierende Anlage im Irak der Weltöffentlichkeit vor. Powell musste später einräumen, dass alles erstunken und erlogen war.

Der Druck von außen schadet – dem Widerstand im Iran
Die Ermordung des Generals hat im Iran zu einem gewissen Schulterschluss hinter dem Regime geführt. Es bleibt abzuwarten, wie lange dieser anhält. Denn in den letzten Jahren hat sich eine bedeutende Opposition gegen die Mullah-Diktatur entwickelt, in der abhängig Beschäftigte eine große Rolle spielen. (In der Revolution von 1979 hatten die Arbeitenden Rätestrukturen – Shoras – aufgebaut, die durch Krieg und Mullah-Diktatur zerstört wurden.) An zahlreichen Orten kam es zu Protesten gegen die Benzinpreiserhöhungen, die vom Regime teilweise gewaltsam niedergeknüppelt wurden. Es soll mehrere Hundert Tote gegeben haben. Die wichtige Zuckerfabrik Haft-Tapeh in Khusistan kämpft seit Monaten gegen die geplante Privatisierung, die Günstlinge des Regimes bereichern soll. Ähnliches gilt für das Stahlwerk in Ahwas. Auch in den Verkehrsbetrieben von Teheran kam es trotz heftiger Repression zu Streiks und Arbeitsniederlegungen. (Vgl. Die Internationale Nr. 1/2020)

Das Ende der US-Hegemonie und das Ringen subimperialistischer Mächte
Der Niedergang der US-Vorherrschaft im Nahen Osten hat zu einem Ringen zwischen den Regionalmächten Türkei, Iran und Saudi-Arabien geführt. Seit dem Ende des Saddam-Regimes 2003 bekämpfen sich im Irak Schiiten (die Bevölkerungsmehrheit) und Sunniten. Den KurdInnen ist es gelungen, eine prekäre Autonomie durchzusetzen. Suleimani war offenbar dabei, mit der sunnitischen Vormacht Saudi-Arabien über einen Kompromiss zu verhandeln, um zu einem Ende der Stellvertreterkriege (Syrien, Jemen!) zu kommen. Denn die Garantiemacht der Saudis, die USA, ziehen sich mehr und mehr aus der Region zurück. Der Hauptgrund liegt darin, dass ihr „Krieg gegen den Terror“ deutlich über drei Billionen (!) Dollar gekostet hat, die Region heute aber fragmentierter und destabilisierter ist denn je.

Die OPCE – nur noch ein Schatten der Vergangenheit

Außerdem spielt die Öl-Frage, die in der Nachkriegszeit den imperialistischen Zugriff auf den Nahen Osten maßgeblich bestimmt hat, heute kaum noch eine Rolle: Durch Einsatz der Fracking-Technologe sind die USA zum Nettoexporteur von Erdöl und Gas aufgestiegen. Dadurch wurde die frühere Macht des OPEC-Kartells de facto aufgelöst; heute ist die OPEC nur noch ein Schatten früherer Tage. Dadurch – aber auch wegen der Finanzierung des Islamismus (Osama Bin Laden) durch reiche Saudis – hat die Bedeutung Saudi-Arabiens für die Region stark gelitten. Der Kronprinz Mohammed bin Salman versucht, die starke Abhängigkeit vom Öl durch eine Industrialisierungspolitik und Landgrabbing in Afrika zu reduzieren. In militärischen Fragen entwickelte sich nach dem Rückbau der US-Präsenz eine Zusammenarbeit mit Israel, da sich beide Länder von der Hizbollah und dem Iran bedroht sehen. Der Stellvertreterkrieg der Saudis gegen die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen hat dort eine große Hungersnot entstehen lassen und über zehntausend Tote gekostet.

Die Türkei treibt neue Keile – gegen die KurdInnen und für die Muslimbrüder
Im NATO-Staat Türkei herrscht die AKP von Erdogan, ein Zweig der Muslimbrüderschaft. In Ägypten unterstützte er den dortigen – demokratisch gewählten – Ministerpräsidenten Mohammed Mursi von der Muslimbrüderschaft. Nach dessen Sturz durch einen Militärputsch weigert er sich, das Regime von General al-Sisi Regime anzuerkennen. Das erzürnte die Regierungen der Golfstaaten (Bahrein, Kuweit, VAR), die die Islamisten aller Schattierungen als Bedrohung ihrer oligarchischen Regime ansehen. Die türkische Unterstützung islamistischer Gruppen in Syrien verfeindete Ankara mit Damaskus und Teheran – und vor allem den pro-iranischen (schiitischen) Gruppen im Irak und im Libanon. Erdogans Hauptgegner sind jedoch die Kurden – er möchte um alles in der Welt verhindern, dass in Nordsyrien oder im Irak ein Kurdenstaat entsteht. Aus diesem Grund ist die türkische Armee in Nordsyrien einmarschiert. Erdogan versucht, syrische Flüchtlinge in Afrin und anderen nordsyrischen Gebieten anzusiedeln, um einen Keil zwischen die Kurdengebiete zu treiben.
Nachdem im östlichen Mittelmeer große Erdgasreserven gefunden wurden, haben sich Zypern, Griechenland, Ägypten und Israel zusammengeschlossen, um ihre Interessen gegen die Türkei durchzusetzen. (Die Türkei hält seit 1974 Nordzypern besetzt!) Daher engagieren sich Erdogan und reiche Türken mit Milliardeninvestitionen in Libyen auf Seiten der Saradsch-Regierung in Tripolis. (Italien und Deutschland möchten vor allem verhindern, dass die Flüchtlinge sich auf den gefährlichen Weg übers Mittelmeer machen.) Die Türkei hat offenbar bereits über 2 000 Kämpfer der „Freien syrischen Armee“ zur militärischen Unterstützung von Saradsch gegen General Haftar nach Libyen gebracht. Vor dem türkischen Parlament meinte er Mitte Januar 2020: „Libyen war ein wichtiger Teil des Osmanischen Reiches.“

Es bleibt dabei – Klassensolidarität und Schulterschluss mit den unterdrückten Völkern im Nahen Osten!
In diesen politischen und sozialen Auseinandersetzungen stellen wir uns auf die Seite der kämpfenden Arbeiter*innen und Angestellten in allen Ländern, unabhängig vom Charakter des jeweiligen Regimes. Unsere besondere Solidarität gilt den am meisten unterdrückten Völkern des Nahen Ostens, den Kurd*innen und den Palästinenser*innen!

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