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Sozialistische Revolution und der Kampf für Frauenbefreiung – Teil II

Von Weltkongress der IV. Internationale, November 1979 | 10.07.2006

Die Vierte Internationale und der Kampf zur Befreiung der Frau

 

Unsere Perspektive

1. Die Vierte Internationale begrüßt und unterstützt das Aufkommen der neuen Welle von Kämpfen der Frauen zur Beendigung ihrer Jahrhunderte alten Unterdrückung. Indem wir in der vordersten Reihe an diesen Kämpfen teilnehmen, zeigen wir, dass die Weltpartei der sozialistischen Revolution eine Führung stellen kann, die in der Lage ist, solche Kämpfe der Frauen für ihre Befreiung bis zum erfolgreichen Abschluss zu führen. Es ist unser Ziel, das Vertrauen und die Führung der Massen von Frauen zu erlangen, indem wir zeigen, dass unser Programm und unsere auf den Klassenkampf ausgerichtete Politik im Zuge einer erfolgreichen proletarischen Revolution und sozialistischen Umgestaltung der Gesellschaft zur Beseitigung der Unterdrückung der Frau führt.

2. Die Perspektive der Vierten Internationale steht in der langen Tradition des revolutionären Marxismus. Sie gründet sich auf folgende Überlegungen:

a) Die Unterdrückung der Frauen entwickelte sich mit der Entstehung der Klassengesellschaft. Sie ist unweigerlich mit der Klassengesellschaft allgemein und mit dem Kapitalismus im Besonderen verbunden. Der Massenkampf der Frauen gegen diese Unterdrückung ist deshalb eine Form des Kampfes gegen die kapitalistische Herrschaft.

b) Frauen sind sowohl ein bedeutender Teil der Arbeiter-Innenklasse als auch mögliche machtvolle Verbündete der ArbeiterInnenklasse im Kampf zum Sturz des Kapitalismus. Ohne die sozialistische Revolution können die Frauen nicht die Vorbedingungen für ihre Befreiung durchsetzen. Ohne die Mobilisierung der Masse der Frauen im Kampf für ihre eigene Befreiung kann die ArbeiterInnenklasse ihre historischen Aufgaben nicht erfüllen. Die Zerschlagung des bürgerlichen Staates, die Abschaffung des kapitalistischen Eigentums, die Transformation der wirtschaftlichen Grundlagen und Prioritäten der Gesellschaft, die Konsolidierung einer neuen Staatsmacht, die sich auf die demokratischen Organisationen der ArbeiterInnenklasse und ihrer Verbündeten stützt, und der unablässige Kampf zur Beseitigung aller Formen der unterdrückenden gesellschaftlichen Beziehungen, die aus der Zeit der Klassengesellschaft herrühren – all dies kann nur durch bewusste Beteiligung und Führung einer unabhängigen Frauenbefreiungsbewegung vollendet werden.

Darum ist unsre Unterstützung beim Aufbau einer unabhängigen feministischen Bewegung Teil der Strategie der revolutionären Partei der ArbeiterInnenklasse. Dies ergibt sich gerade aus dem Charakter der Frauenunterdrückung, aus der gesellschaftlichen Klassenteilung, die durch den Kapitalismus selbst herbeigeführt wurde, und aus der Art und Weise, wie der Kapitalismus sie nutzt, um die ArbeiterInnenklasse und ihre Verbündeten bei ihrem Kampf zur Abschaffung der Klassengesellschaft zu schwächen und zu spalten.

c) Alle Frauen werden als Frauen unterdrückt. Kämpfe gegen besondere Aspekte der Frauenunterdrückung beziehen darum notwendigerweise Frauen verschiedener Klassen und Schichten mit ein. Selbst einige bürgerliche Frauen, die sich gegen ihre Unterdrückung als Frau auflehnen, können mit ihrer Klasse brechen und dafür gewonnen werden, sich auf die Seite der revolutionären ArbeiterInnenbewegung zu stellen, den Weg zur Befreiung.

Wie Lenin in seinen Diskussionen mit Clara Zetkin ausführte, haben Aktionen zu Aspekten der Frauenunterdrückung das Potenzial, ins Herz der gegnerischen Klasse zu treffen, um „Unruhe, Unsicherheit, Widersprüche und Konflikte im Lager der Bourgeoisie und ihrer reformistischen Freunde zu erzeugen und zu schüren … Jede Schwächung des Gegners ist gleichbedeutend mit einer Stärkung unserer Kräfte.“

Vom Standpunkt der revolutionär-marxistischen Partei aus noch wichtiger ist die Tatsache, dass der Groll über ihre Unterdrückung als Frau oft der Ausgangspunkt für die Radikalisierung entscheidender Schichten von kleinbürgerlichen Frauen sein kann, deren Unterstützung die ArbeiterInnenklasse gewinnen muss.

d) Auch wenn alle Frauen unterdrückt werden, so sind die Auswirkungen dieser Unterdrückung doch unterschiedlich für die Frauen verschiedener Klassen. Jene, die die größte ökonomische Ausbeutung ertragen müssen, leiden auch am meisten unter ihrer Unterdrückung als Frau. Auf diese Weise eröffnet die Frauenbefreiungsbewegung einen Weg, um diejenigen Frauen zu erreichen und zu mobilisieren, die am meisten unterdrückt und ausgebeutet werden und die sonst nicht so schnell durch die Kämpfe der ArbeiterInnenklasse berührt werden.

e) Auch wenn alle Frauen von ihrer Unterdrückung betroffen sind, so muss die breite Massen umfassende Frauenbefreiungsbewegung, deren Aufbau wir anstreben, in ihrer Zusammensetzung, ihrer Orientierung und ihrer Führung im Wesentlichen proletarisch sein. Nur solch eine Bewegung, mit einer Verankerung in den am meisten ausgebeuteten Schichten der Arbeiterinnen, wird in der Lage sein, den Kampf zur Befreiung der Frau kompromisslos bis zum Ende auszutragen und sich mit jenen sozialen Kräften zu verbünden, deren Interessen mit jenen der Frauen parallel laufen und sich überschneiden. Nur solch eine Bewegung wird imstande sein, eine fortschrittliche Rolle unter den Bedingungen der sich vertiefenden Klassenpolarisierung zu spielen.

f) In dieser langfristigen Perspektive kommt den Kämpfen der Frauen in den Gewerkschaften und am Arbeitsplatz eine besondere Bedeutung zu, da sie die gegenseitige Abhängigkeit und den beiderseitigen Einfluss von Frauenbewegung und ArbeiterInnenbewegung widerspiegeln.

Dies findet seinen Beleg in der heute stattfindenden tief greifenden Radikalisierung von Arbeiterinnen, dem wachsenden Verständnis von Kräften in der Frauenbefreiungsbewegung, dass sie sich auf die Kämpfe von Arbeiterinnen orientieren müssen, und in der Bereitschaft von Teilen der Gewerkschaftsbürokratie einiger Länder, erste Initiativen zu Frauenforderungen zu ergreifen. Alle diese Entwicklungen weisen hin auf den künftigen Charakter und die Zusammensetzung der Frauenbefreiungsbewegung und die Natur der Klassenkräfte, die sich beim Aufbau einer Führung herausschälen werden.

g) Kämpfe von Frauen gegen ihre Unterdrückung als Geschlecht hängen zwar eng mit den Kämpfen der ArbeiterInnenschaft als Klasse zusammen, sind aber von ihr nicht völlig abhängig oder gar mit ihr identisch. Frauen allein können ihre Befreiung nur im Bündnis mit der ArbeiterInnenklasse erreichen. Aber diese historische Notwendigkeit kann keinesfalls heißen, dass die Frauen irgendeinen ihrer Kämpfe solange zurückstellen, bis die derzeit existierende Führung der ArbeiterInnenbewegung durch eine revolutionäre Führung ersetzt ist, die das Banner der Fra
uenbewegung aufgreift. Noch sollten die Frauen solange warten, bis die sozialistische Revolution die materielle Basis zur Beendigung ihrer Unterdrückung geschaffen hat. Die Frauen, die für ihre Befreiung kämpfen, sollten im Gegenteil auf niemanden warten, der ihnen den Weg weist. Sie sollten die Führung übernehmen, den Kampf eröffnen und fortführen. Wenn sie so vorgehen, können sie innerhalb der gesamten ArbeiterInnenbewegung eine Führungsrolle spielen und können helfen, die klassenkämpferische Führung zu schaffen, die gebraucht wird, um an allen Fronten voranzukommen.

h) Sexismus ist eine mächtige Waffe, die die herrschende Klasse anwendet, um die ArbeiterInnenbewegung zu spalten und zu schwächen. Aber er spielt nicht nur einfach Männer gegen Frauen aus. Sein konservatives Gewicht wirkt in beiden Geschlechtern und trifft sowohl Männer als auch Frauen.

Seine Wirkung ergibt sich aus dem Klassencharakter der Gesellschaft selbst und aus der vielfältigen Weise, in der die bürgerliche Ideologie jedem Individuum von Geburt an eingeflößt wird. Das Kapital bringt jeden Teil der ArbeiterInnenklasse gegen alle anderen in Opposition. Es fördert den Glauben, dass die Frauenbefreiung nur auf Kosten der Männer erzielt werden kann – dadurch, dass sie den Männern die Arbeitsplätze wegnehmen, dass ihre Löhne sinken und dass ihnen häusliche Annehmlichkeiten weggenommen werden. Und natürlich nutzt auch die reformistische Bürokratie der Arbeiterbewegung diese Spaltungen, um ihre Kontrolle aufrecht zu erhalten.

Die Erziehung der ArbeiterInnenmassen durch Propaganda, Agitation und Aktion zu einem Verständnis für die Bedürfnisse der Frauen ist ein wesentlicher Bestandteil des Kampfes zur Durchbrechung des Würgegriffs der reaktionären bürgerlichen Ideologie innerhalb der ArbeiterInnenklasse. Dies ist ein unerlässlicher Bestandteil der Politisierung und revolutionären Erziehung der ArbeiterInnenbewegung.

i) Die volle Kraft und die vereinte Stärke der Arbeiter-Innenklasse können nur dann verwirklicht werden, wenn die ArbeiterInnenbewegung damit beginnt, ihre tiefen Spaltungen zu überwinden. Das kann nur dann erreicht werden, wenn die Arbeiter begreifen, dass diejenigen von ihnen, die an der Spitze der Lohnskala stehen, ihre relativen materiellen Vorteile nicht der Tatsache verdanken, dass andere diskriminiert und in spezifischer Weise unterdrückt werden. Vielmehr profitieren die Bosse von der Schichtung und Aufteilung. Die Klasseninteressen aller ArbeiterInnen decken sich mit den Forderungen und den Bedürfnissen der am meisten unterdrückten und ausgebeuteten Schichten der Klasse – der Frauen, der unterdrückten Nationalitäten, der ImmigrantInnen, der Jugend, der Unorganisierten und der Erwerbslosen. Die Frauenbewegung spielt eine besonders wichtige Rolle, die ArbeiterInnenklasse zum Verständnis dieser Wahrheit zu erziehen.

j) Die Gewinnung der organisierten ArbeiterInnenbewegung für die Forderungen der Frauen ist Bestandteil der Erziehung der ArbeiterInnenklasse, sozial zu denken und politisch zu handeln. Sie ist eine zentrale Achse des Kampfes, die Gewerkschaften in Instrumente des revolutionären Kampfes im Interesse der gesamten ArbeiterInnenklasse umzuwandeln.

Mit unsrem Gegenhalten gegen die Bemühungen der Bosse, die ArbeiterInnenklasse gespalten zu halten, streben wir danach, die Basis der Gewerkschaften zu gewinnen, im Besonderen die jungen und rebellischen Elemente. Je erfolgreicher wir in diesem Kampf sind, desto mehr wird sich die Bürokratie der ArbeiterInnenbewegung aufspalten. Diejenigen, die sich weigern, die Interessen der großen Mehrheit der am meisten Unterdrückten und Ausgebeuteten zu verteidigen, werden zunehmend auf die Seite geschoben werden.

Der Kampf der revolutionären Partei zur Gewinnung der Hegemonie und Führung in der ArbeiterInnenklasse ist untrennbar mit dem Kampf verbunden, die ArbeiterInnenklasse und ihre Organisationen davon zu überzeugen, die Frauenkämpfe als ihre eigenen anzuerkennen und zu verteidigen.

k) Der Kampf gegen die Frauenunterdrückung ist kein zweitrangiges oder nebensächliches Thema. Es ist eine Angelegenheit, mit der insbesondere in Zeiten verschärfter Klassengegensätze die Weiterexistenz der ArbeiterInnenbewegung auf dem Spiel steht.

Da die Stellung der Frauen in der Klassengesellschaft viele tief verwurzelte Unsicherheiten und Ängste erzeugt und da die Ideologie, die den untergeordneten Status der Frauen stützt, immer noch sehr stark ist (ganz besonders außerhalb der ArbeiterInnenklasse), sind Frauen insgesamt eine besondere Zielscheibe für alle kirchlichen, reaktionären und faschistischen Organisationen. Seien es die Christdemokraten, die Falange oder die Gegner des Rechts auf Abtreibung – immer wendet sich die Reaktion mit einem besonderen Aufruf an Frauen und will von ihnen unterstützt werden. Dabei gibt sie vor, auf die besonderen Interessen der Frauen einzugehen, nutzt dabei aber ihre ökonomische Abhängigkeit im Kapitalismus aus und verspricht, sie von den übermäßigen Lasten zu befreien, die Frauen während jeder Periode sozialer Krisen zu tragen haben.

Von der Kinder-Kirche-Küche-Propaganda der Nazibewegung bis zur Mobilisierung von Mittelschichtfrauen in Chile durch die Christdemokraten für den „Marsch der leeren Töpfe“ hat die Geschichte immer wieder gezeigt, dass die reaktionäre Mystik von Mutterschaft und Familie eine der mächtigsten Waffen der herrschenden Klassen ist.

Chile hat wieder einmal auf tragische Weise offenbart, dass viele kleinbürgerliche und sogar Arbeiterfrauen entweder auf die Seite der Reaktion gezogen werden oder als mögliche Unterstützerinnen des Proletariats neutralisiert werden, wenn die ArbeiterInnenbewegung dabei scheitert, den Kampf für ein Programm und eine revolutionäre Perspektive voranzutreiben, die Antwort auf die Bedürfnisse der Masse der Frauen geben.

Die objektiven Veränderungen in der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rolle der Frauen und die neue Frauenradikalisierung sowie die mit ihnen aufgekommenen Bewusstseins- und Einstellungsänderungen machen heute der Reaktion die Vorherrschaft schwerer. Dies ist für die ArbeiterInnenklasse eine neue Quelle des revolutionären Optimismus. Die Massenexplosion des feministischen Bewusstseins in Spanien als einer der herausragendsten Bestandteile der aufsteigenden Klassenkämpfe in der Nach-Franco-Ära zeigt auch die Geschwindigkeit an, mit der die ideologische Festung von Kirche und Staat selbst in den Teilen der Bevölkerung, in der sie bislang stark war, zu bröckeln beginnt.

Wenn auch die siegreiche proletarische Revolution die materiellen Grundlagen für die Vergesellschaftung der Hausarbeit und damit die Basis für die völlige wirtschaftliche und gesellschaftliche Gleichstellung der Frauen schaffen kann, so wird dieser sozialistische Aufbau der Gesellschaft, der die menschlichen Beziehungen auf eine neue Grundlage stellt, keineswegs unmittelbar oder automatisch erfolgen. Während der &U
uml;bergangsperiode zum Sozialismus wird der Kampf zur Ausmerzung aller Formen der Unterdrückung, die aus der Zeit der Klassengesellschaft herrühren, weitergehen. Zum Beispiel muss die gesellschaftliche Arbeitsteilung in weibliche und männliche Aufgaben in allen Tätigkeitsbereichen abgeschafft werden, vom Alltagsleben angefangen bis hinein in die Fabriken. Es müssen Entscheidungen zur Verteilung der knappen Mittel getroffen werden. Es muss ein Wirtschaftsplan entwickelt werden, der die besonderen Bedürfnisse der Frauen berücksichtigt und die schnellstmögliche Vergesellschaftung der Hausarbeit sicherstellt. Die weiterhin bestehenden autonomen Frauenorganisationen sind eine Voraussetzung zur demokratischen Herbeiführung richtiger wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entscheidungen. Deshalb wird nach der Revolution die unabhängige Frauenbefreiungsbewegung eine unerlässliche Rolle bei der Sicherstellung der Fähigkeit der gesamten ArbeiterInnenklasse spielen, diesen Prozess bis zu einem erfolgreichen Abschluss weiterzuführen.

Unsere Klassenkampfstrategie für den Kampf gegen die Frauenunterdrückung, unsere Antwort auf die Frage, wie die Masse der Frauen an der Seite der ArbeiterInnenklasse und die ArbeiterInnenklasse an der Seite der Frauen mobilisiert werden können, hat drei Aspekte: unsere politischen Forderungen, unsere Kampfmethode und unsere Klassenunabhängigkeit.

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Unsere Forderungen

Durch die Gesamtheit des von uns aufgestellten Systems von Forderungen, das alle gesellschaftlichen Probleme aufgreift – von der Freiheit der Bildung politischer Vereinigungen über Erwerbslosigkeit und Inflation, über Abtreibung und Kinderbetreuung bis hin zur Arbeiterkontrolle und der Bewaffnung des Proletariats – bemühen wir uns, eine Brücke zu bauen von den jetzigen Bedürfnissen und Kämpfen der Arbeitermassen und dem heutigen Bedürfnisniveau zum Endziel der sozialistischen Revolution. Als Teil dieses Übergangsprogramms stellen wir eine Reihe von Forderungen auf, die sich auf die besondere Unterdrückung der Frau beziehen.

Unser Programm stellt Ziele heraus, für die die Massen von Frauen zu kämpfen beginnen können, um die Bande ihrer Unterdrückung zu lockern und die Vorrechte der herrschenden Klasse in Frage zu stellen. Es beachtet alle Aspekte der Unterdrückung der Frau – rechtliche, wirtschaftliche, gesellschaftliche und geschlechtliche – und gibt darauf Antworten.

Wir richten unsere Forderungen an jene, die für die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedingungen, in denen die Unterdrückung der Frau ihre Wurzeln hat, verantwortlich sind – die herrschende Klasse, ihre Regierung und deren Agenturen. Wir orientieren die Frauenbefreiungsbewegung auf klare politische Ziele. Wir legen unsere Forderungen und Propaganda so dar, dass aufgezeigt wird, wie eine Gesellschaft, die nicht länger auf Privateigentum, Ausbeutung und Unterdrückung basiert, das Leben der Frauen in allen Bereichen verändern wird.

Unser System von ineinander greifenden Aufgaben und Losungen umfasst Teilforderungen, demokratische und Übergangsforderungen. Einige können und werden der herrschenden Klasse im Verlauf des zur sozialistischen Revolution führenden Kampfes abgerungen werden. Solche Siege bewirken Anregung, zunehmendes Selbstvertrauen und Selbstsicherheit. Andere Forderungen werden teilweise erfüllt werden. Die grundlegendsten werden bis zum Ende auf den Widerstand derer stoßen, die Eigentum und Reichtum kontrollieren. Sie können erst im Verlauf der Machtergreifung und der sozialistischen Umgestaltung der Gesellschaft erfüllt werden.

Im Kampf für diese Forderungen – sowohl für solche, die Lösungen gegen die besondere Unterdrückung der Frauen anbieten, als auch für Forderungen gegen die Unterdrückung von Nationalitäten und überhaupt für die  Interessen der ArbeiterInnenklasse – wird die Masse der Frauen zu einem Verständnis der Beziehung zwischen ihrer geschlechtlichen Unterdrückung und der Klassenherrschaft kommen.

Unsere Forderungen gegen die besondere Unterdrückung der Frauen konzentrieren sich auf folgende Punkte:

1. Volle gesetzliche, politische und gesellschaftliche Gleichheit für Frauen.

Keine Diskriminierung wegen des Geschlechts. Gleiche Rechte für Frauen bei Wahlen, bei der Beteiligung an öffentlichen Aktivitäten, bei der Bildung von oder beim Eintritt in politische Vereinigungen; gleiches Recht bei der Wahl des Wohnorts, uneingeschränkte Freizügigkeit, freie Wahl jeder Beschäftigung. Schluss mit allen Gesetzen und Regelungen, die besondere Strafen für Frauen vorsehen, Ausdehnung aller von Männern gewonnenen demokratischen Rechte auf die Frauen.

2. Das Recht der Frau, ihre eigenen Körper selbst zu kontrollieren.

Die Frau allein hat das Recht zu entscheiden, ob sie eine Schwangerschaft verhindern oder beenden will. Das bedeutet die Ablehnung der Programme zur Geburtenkontrolle, die Werkzeuge von Rassismus oder Klassenvorurteilen sind und versuchen, die Verantwortung für die Übel der Klassengesellschaft auf die Masse der ArbeiterInnen und BäuerInnen abzuwälzen.

a) Schluss mit allen gesetzlichen Beschränkungen der Abtreibung und Empfängnisverhütung auch für Minderjährige, ausländische Arbeiterinnen und Immigrantinnen ohne Papiere.

b) Kostenlose Abtreibung auf Wunsch; keine Zwangssterilisation oder irgendwelche anderen Eingriffe seitens der Regierung in das Recht der Frauen, selbst zu entscheiden, ob sie Kinder gebären wollen oder nicht. Freie Wahl, welche Abtreibungs- oder Verhütungsmethoden eine Frau nutzen will.

c) Freie, überall zugängliche Informationen und Mittel zur Geburtenkontrolle. Geburtenkontroll- und Sexualaufklärungs-Zentren in Schulen, Wohnvierteln, Krankenhäusern und Betrieben auf Staatskosten.

d) Vorrang in der medizinischen Forschung nach völlig sicherer, 100-prozentig wirksamer Verhütungsmittel für Männer und Frauen; Schluss mit all den medizinischen und pharmakologischen Versuchen an Frauen ohne deren volle Information und Einverständnis; Verstaatlichung der pharmazeutischen Industrie.

3 Schluss mit der Heuchelei, der Erniedrigung und dem Zwang bürgerlicher und feudaler Familiengesetze.

a) Trennung von Staat und Kirche.

b) Schluss mit allen erzwungenen Ehen und dem Kauf und Verkauf von Ehefrauen. Abschaffung aller Gesetze gegen Ehebruch. Schluss mit allen Gesetzen, die Männern „Eherechte“ über ihre Frauen verleihen. Schluss mit allen weltlichen oder religiösen Gesetzen, die Strafen, körperliche Misshandlungen oder sogar Mord an Ehefrauen, Schwestern
und Töchtern aus Gründen so genannter „Verbrechen gegen die männliche Ehre“ dulden oder gutheißen.

c) Abschaffung aller Gesetze, die die Heirat von Männern und Frauen unterschiedlicher Rasse, Nationalität oder Religion verbieten.

d) Heirat als freiwilliger zivilrechtlicher Registrierungsvorgang.

e) Das Recht auf automatische Scheidung nach Verlangen durch einen der beiden Partner. Staatliche Sicherstellung des wirtschaftlichen Wohlergehens und der beruflichen Bildung der geschiedenen Frau.

f) Abschaffung des Begriffs der „Unehelichkeit“. Schluss mit allen Diskriminierungen unverheirateter Mütter und deren Kinder. Schluss mit den Haftanstaltsbedingungen, die in besonderen Zentren für unverheiratete Mütter und allein stehende Frauen herrschen.

g) Es muss die Verantwortung der Gesellschaft und nicht der einzelnen Eltern sein, die Kinder aufzuziehen und ihre soziales Wohlergehen sowie ihre Erziehung sicherzustellen. Abschaffung aller Gesetze, die den Eltern Eigentumsrechte an und totale Kontrolle über ihre Kinder geben. Strenge Gesetze gegen Kindesmisshandlung.

h) Schluss mit allen Gesetzen gegen Prostituierte. Schluss mit allen Gesetzen, die eine doppelte Sexualmoral für Männer und Frauen bestärken. Schluss mit allen Gesetzen und Vorschriften zur Bestrafung Jugendlicher wegen sexueller Betätigung.

i) Schluss mit der Verstümmelung von Frauen durch Infibulation  oder Klitorisbeschneidung.

j) Abschaffung aller homosexuellenfeindlichen Gesetze. Schluss mit allen Diskriminierungen gegen Homosexuelle bei der Aufnahme einer Beschäftigung, bei der Wohnungssuche und der Obhut über Kinder. Schluss mit den beleidigenden Vorurteilen gegen Homosexuelle in Lehrbüchern und Massenmedien oder mit der Darstellung von homosexuellen Beziehungen als pervers oder gegen die Natur gerichtete Beziehungen.

k) Gewalt gegen Frauen – oft durch reaktionäre Familiengesetze abgedeckt – ist eine tägliche Realität, die alle Frauen in dieser oder jener Form zu spüren bekommen. Wenn es nicht gerade das Extrem von Vergewaltigung und Schlägen ist, so ist doch die Drohung sexueller Belästigung ständig präsent, und zwar sowohl aufgrund der weit verbreiteten pornographischen Literatur als auch aufgrund der obszönen Kommentare und Gesten, denen Frauen ständig auf der Straße oder am Arbeitsplatz ausgeliefert sind.

Wir fordern die Beseitigung aller Gesetze, die die Behauptung aufstellen, dass Frauen, die Opfer von Vergewaltigung werden, selbst die Schuldigen sind. Wir fordern die Einrichtung von Zentren – unabhängig von der Polizei und Gerichten – die dazu bestimmt sind, geschlagene Ehefrauen, Opfer von Vergewaltigungen und andere weibliche Opfer sexueller Gewalt aufzunehmen, sie zu beraten und ihnen zu helfen; Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrssystems, der Straßenbeleuchtung und anderer öffentlicher Dienstleistungen, um es für Frauen sicherer zu machen, allein aus dem Haus zu gehen.

Gewalt gegen Frauen ist ein übles Produkt der allgemeinen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedingungen der Klassengesellschaft. Sie nimmt während der Perioden wirtschaftlicher Krisen unvermeidlich zu. Aber unser Bestreben liegt darin, Frauen und Männern zu vermitteln, dass sexuelle Gewalt nicht ohne die Veränderung der Grundlagen ausgemerzt werden kann, aus denen sich die wirtschaftliche, soziale und sexuelle Degradierung der Frauen ergibt. Wir stellen daher solche Gesetze gegen Vergewaltigung in Frage, die dazu verwendet werden, in einer rassistischen Weise Männer unterdrückter Nationalitäten zu verfolgen. Wir sind gegen die Forderungen, die von einigen Feministinnen erhoben wurden, drastische Strafen gegen verurteilte Vergewaltiger zu verhängen oder den Repressionsapparat des Staates zu verstärken, dessen Polizisten bekanntlich schon immer Frauen unmenschlich behandeln.

Wir wenden uns strikt gegen jede Art, Literatur zu zensieren, und sei es unter dem Deckmantel von Kampagnen gegen Pornographie.

4. Völlige wirtschaftliche Unabhängigkeit der Frauen.

a) Gesicherte Arbeitsplätze mit Tariflöhnen für alle Frauen, die arbeiten möchten, in Verbindung mit einer gleitenden Skala der Löhne und der Arbeitszeit, um gegen Inflation und gegen Erwerbslosigkeit von Männern und Frauen anzukämpfen. Verkürzung der Wochenarbeitszeit für alle.

b) Beseitigung aller Gesetze, die gegen das Recht der Frauen verstoßen, ihren eigenen Lohn zu beziehen und über ihn sowie über ihr Eigentum zu verfügen.

c) Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Für ein nationales Mindesteinkommen, dem ein Gewerkschaftstarif zugrunde liegt.

d) Keine Diskriminierung der Frau in irgendeinem Gewerbe, Beruf, Arbeitsgebiet, bei der Berufsausbildung oder in Ausbildungsprogrammen.

e) Bevorzugte Einstellung, Ausbildung und Beförderung sowie bevorzugter Kündigungsschutz für Frauen und andere überausgebeutete Schichten der ArbeiterInnenklasse, um die Auswirkungen von Jahrzehnten systematischer Diskriminierung zu beseitigen. Keine bevorzugte Einstellung von Männern in Branchen und Industriezweigen, in denen traditionell mehr Frauen arbeiten.

f) Bezahlten Elternurlaub für Vater und Mutter ohne Verlust des Arbeitsplatzes oder der durch die Dauer der Betriebszugehörigkeit erworbenen Rechte.

g) Bezahlte Freistellung von der Arbeit bei Krankheit eines Kindes sowohl für Frauen als auch für Männer.

h) Ausdehnung der Arbeitsschutzbestimmungen (die Frauen besondere Arbeitsbedingungen verschaffen) auf Männer, um bessere Arbeitsbedingungen sowohl für Männer als auch für Frauen zu schaffen und um eine Ausnutzung der Schutzbestimmungen für eine Diskriminierung der Frauen zu verhindern.

i) Gleiches Rentenalter für Männer und Frauen, wobei es jedem freistehen soll, ob er oder sie aus dem Arbeitsprozess ausscheiden will oder nicht.

j) Teilzeitbeschäftigte müssen die gleichen Stundenlöhne und Vergünstigungen bekommen wie Vollzeitbeschäftigte.

k) Arbeitslosengeld in voller Lohnhöhe für alle Männer und Frauen einschließlich der Jugendlichen, die keine Anstellung finden, ohne Berücksichtigung früherer Beschäftigung oder des Familienstandes. Das Arbeitslosengeld muss durch automatische Anpassung gegen Inflation geschützt sein.

5 Gleiche Bildungschancen.

< p class="MsoNormal">a) Freier, offener Zugang aller Frauen zu allen Bildungseinrichtungen und Studienprogrammen, einschließlich betrieblicher Ausbildungsprogramme. Besondere bevorzugte Zulassungsprogramme, um Frauen dazu zu ermuntern, in traditionell männlich beherrschte Berufsfelder einzusteigen, um die Fertigkeiten und die Berufe zu erlernen, von denen sie bislang ausgeschlossen waren.

b) Schluss mit jeglichem Druck auf Frauen, sich auf so genannte „Frauenberufe“ vorzubereiten, wie Hausarbeiterin, Sekretärin, Krankenschwester oder Lehrerin.

c) Spezielle Ausbildungs- und Wiederholungskurse, um Frauen dabei zu helfen, wieder in den Arbeitsmarkt zurückzukehren.

d) Schluss mit Darstellungen in Lehrbüchern und in den Massenmedien, die Frauen als Sexualobjekte, als dumme, schwache und emotional bestimmte Geschöpfe zeigen. Besondere Kurse, um die wahre Geschichte des Kampfes der Frauen gegen ihre Unterdrückung zu lehren. Leibeserziehung, um Frauen zu lehren, ihre Körperkräfte zu entwickeln und stolz auf ihre körperlichen Fähigkeiten zu sein.

e) Kein Ausschluss von schwangeren Schülerinnen oder Studentinnen oder unverheirateter Mütter, kein Abschieben in besondere Einrichtungen.

6. Reorganisation der Gesellschaft, um die häusliche Sklaverei der Frauen abzuschaffen.

Die Familie als wirtschaftliche Einheit kann nicht per Erlass abgeschafft werden. Sie kann nur mit der Zeit ersetzt werden. Ziel der sozialistischen Revolution ist es, wirtschaftliche und gesellschaftliche Alternativen zu schaffen, die der heutigen Institution Familie überlegen und besser in der Lage sind, die vorhandenen Bedürfnisse zufrieden zu stellen, als dies die Familie heute (wie beschränkt auch immer) leisten kann. Damit werden persönliche Beziehungen eine Angelegenheit der freien Entscheidung und nicht des ökonomischen Zwangs sein. Der ultralinken Propaganda von der „Abschaffung“ der Familie stellen wir folgendes gegenüber:

a) Kostenlose, staatlich finanzierte Kinderkrippen und Kindertagesstätten rund um die Uhr und Schulen, die leicht erreichbar sind und allen Kindern von der Wiege bis zum Heranwachsendenalter ungeachtet des Einkommens der Eltern oder des Familienstandes offen stehen. Geschultes männliches und weibliches Personal; Beseitigung aller sexistischen Erziehungspraktiken; Entscheidung über die Politik der Kindererziehung durch jene, die diese Einrichtungen nutzen.

b) Kostenlose medizinische Versorgung für alle und besondere Einrichtungen für kranke Kinder.

c) Systematische Entwicklung von preiswerten sozialen Einrichtungen hoher Qualität, wie z. B. Kantinen, Restaurants und Schnellküchen, die für alle erreichbar sind. Gemeinschaftswaschküchen und auf industrieller Grundlage organisierte Haushaltsreinigung.

d) Ein staatlich finanziertes Dringlichkeitsprogramm, um großzügige und gesunde Wohnverhältnisse zu schaffen; keine Miete höher als 10% des Einkommens; keine Diskriminierung von ledigen Frauen oder Frauen mit Kindern.

Diese Forderungen zeigen die Ziele auf, die die Frauen im Kampf für ihre Befreiung verfolgen werden. Sie zeigen, wie dieser Kampf mit den Forderungen anderer unterdrückter Teile der Gesellschaft und den Bedürfnissen der gesamten ArbeiterInnenklasse verbunden ist. Beim Kampf entlang dieser Linien wird die ArbeiterInnenklasse dazu erzogen, zu verstehen, was Sexismus ist, und ihn in all seinen Formen und Ausdrucksmöglichkeiten bekämpfen.

Die Frauenbefreiungsbewegung wirft viele Themen auf. Die Entwicklung der Bewegung hat bereits gezeigt, dass nicht alle zur gleichen Zeit und im gleichen Maße in den Vordergrund treten. Welche Forderungen zu einer bestimmten Zeit und im Verlauf eines bestimmten Kampfes aufgestellt werden können, welches die beste Art und Weise ist, spezifische Forderungen so zu formulieren, dass sie den Massen verständlich sind und sie zur Aktion mobilisieren können, wann neue Forderungen vorzubringen sind, um den Kampf weiterzutreiben – die Antworten auf diese taktischen Fragen zu finden, ist Aufgabe der revolutionären Partei, ist genau die Kunst der Politik.

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Unsere Kampfmethoden

1. Wir wenden die proletarischen Methoden der Massenmobilisierung und Massenaktion an, um diese Forderungen durchzusetzen. Alle unsere Handlungen zielen darauf ab, die Massen selber in Bewegung zu setzen und sie zum Kampf zu bewegen, wie auch immer ihr gegenwärtiger Bewusstseinsstand sein mag. Die Massen lernen nicht einfach dadurch, dass man ihnen Ideen vorsetzt oder exemplarische Aktionen anderer vorführt. Nur durch ihre eigene direkte Teilnahme wird sich ihr Bewusstsein heben, entwickeln und verändern. Nur durch ihre eigene Erfahrung werden Millionen von Frauen zu Verbündeten für den revolutionären Kampf gewonnen werden und zu einem Verständnis der Notwendigkeit gelangen, sich eines Wirtschaftssystem zu entledigen, das auf Ausbeutung beruht.

Es ist unser Ziel, den Massen zu vermitteln, auf ihre eigene vereinte Kraft zu bauen. Wir nutzen Wahlen und andere Institutionen der bürgerlichen Demokratie, um ganz klar unser Programm der größtmöglichen Zahl von ArbeiterInnen bekannt zu machen. Aber wir stellen die außerparlamentarische Massenaktion – Demonstrationen, Kundgebungen, Streiks, Betriebsbesetzungen – dem Vertrauen auf Wahlen oder der Beeinflussung von Parlamentariern, Parlamenten und Gesetzgebern entgegen und wenden uns gegen die bürgerlichen und kleinbürgerlichen Politiker, die das predigen.

Unsere klassenkämpferischen Methoden zielen darauf ab, die Initiative der großen Mehrheit der Frauen zu wecken, sie zusammenzubringen, ihre häusliche Isolation, ihren Mangel an Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten, ihre Zweifel an der eigenen Intelligenz, Unabhängigkeit und Stärke zu überwinden. Mit ihnen wollen wir gemeinsam kämpfen und aufzeigen, dass die Klassenausbeutung die Wurzel der Unterdrückung der Frauen ist und dass deren Beseitigung den einzigen Weg zur Emanzipation darstellt.

Genau so wie wir uns darum bemühen, das Klassenbewusstsein der Frauenbefreiungsbewegung zu entwickeln, so versuchen wir auch die ArbeiterInnenbewegung dafür zu gewinnen, den Kampf gegen jeden Aspekt der Frauenunterdrückung aufzunehmen.

In allen Kämpfen liegt unser Bestreben darin, den Frauen das Verständnis davon zu vermitteln, dass die Klassenungleichheit der Grund für die verschärfte Unterdrückung der am meisten ausgebeuteten Schichten ist. Wir versuchen die Bewegung anzuregen, dass sie sich vor allem der Mobilisierung von Arbeiterinnen und Frauen von nationalen Minderheite
n zuwendet. Über das System von Forderungen, das wir unterbreiten, und über die von uns entwickelte Propaganda zielen wir darauf ab, das Klassenbewusstsein zu vertiefen und den Kampf in eine antikapitalistische Richtung zu bewegen. Wir stellen den gesellschaftlichen Zusammenhang der Forderungen in den Vordergrund, entlarven die Logik des Profits und die Mechanismen der Klassengesellschaft, die die Fähigkeit der herrschenden Klasse einschränken, auch nur jene Zugeständnisse wirksam werden zu lassen, die ihr durch den Kampf abgerungen wurden.

2. Die Unterdrückung der Frauen als Geschlecht stellt die objektive Grundlage für die Mobilisierung kämpfender Frauen durch ihre eigenen Organisationen dar. Aus diesem Grunde unterstützt die Vierte Internationale die Frauenbefreiungsbewegung und wird bei ihrem Aufbau mithelfen.

Wenn von der Frauenbewegung die Rede ist, so meinen wir damit all die Frauen, die sich auf verschiedensten Ebenen zum Kampf gegen die Unterdrückung organisieren, die ihnen von dieser Gesellschaft auferlegt wird: Frauenbefreiungsgruppen, Selbsterfahrungsgruppen, Nachbarschaftsgruppen, Studentinnengruppen, Betriebsgruppen, Gewerkschaftsausschüsse, Organisationen von Frauen unterdrückter Nationalitäten, lesbische Feministinnengruppen, Aktionsbündnisse zu bestimmten Forderungen. Die Frauenbewegung zeichnet sich durch ihre Heterogenität aus, sie durchdringt alle Schichten der Gesellschaft und ist nicht an eine bestimmte politische Organisation gebunden, auch wenn verschiedene Strömungen in ihr aktiv sind. Darüber hinaus sind einige Gruppen und Aktionsbündnisse, wie zum Beispiel die National Organisation for Women (Nationale Frauenorganisation) in den Vereinigten Staaten und die National Abortion Campaign (Nationale Abtreibungskampagne) in Großbritannien auch für Männer offen.

Die meisten Frauengruppen bildeten sich ursprünglich außerhalb der Massenorganisationen der ArbeiterInnenbewegung. Aber die sich vertiefende Radikalisierung hat mehr und mehr Arbeiterinnen dazu gebracht, Wege zu finden, wie sie sich innerhalb ihrer Klassenorganisationen organisieren können. In Spanien schlossen sich viele Frauen den Arbeiterkommissionen (CCOO) an und belebten deren Frauenkommissionen. In Frankreich beteiligen sich Tausende von Frauen an Gewerkschaftskommissionen und an Organisationen der Familienplanung und an Frauengruppen. In Bolivien haben Ehefrauen von Bergleuten Hausfrauenkomitees gebildet, die dem Bolivianischen Gewerkschaftsverband (COB) angeschlossen sind.

Aber all dies sind Formen der turbulenten und noch weitgehend unstrukturierten Realität, die gemeinhin die unabhängige oder autonome Frauenbewegung genannt wird.

Mit der Unabhängigkeit oder Autonomie meinen wir nicht die Unabhängigkeit vom Klassenkampf oder von den Bedürfnissen der ArbeiterInnenklasse. Im Gegenteil: Nur wenn die Ziele und Forderungen der Frauenbewegung mit dem Kampf der ArbeiterInnenklasse verbunden werden, werden die notwendigen Kräfte zusammenkommen, um die Ziele der Frauen durchzusetzen.

Mit unabhängig oder autonom meinen wir, dass die Bewegung von Frauen organisiert und geführt wird; dass sie den Kampf für die Rechte und Bedürfnisse der Frauen als ihre erste Priorität erachtet und sich weigert, diesen Kampf irgendwelchen anderen Interessen unterzuordnen; dass sie sich nicht den Entscheidungen oder politischen Bedürfnissen irgendeiner politischen Strömung oder irgendeiner anderen sozialen Gruppe unterordnet; dass sie bereit ist, den Kampf mit allen Mitteln und mit allen Kräften durchzufechten, die sich als notwendig erweisen.

Es ist klar, dass nicht jede Gruppe innerhalb der Bewegung diesen Kriterien voll oder in gleicher Weise entspricht, aber dies sind die Charakteristika der unabhängigen Frauenbefreiungsbewegung, die wir aufzubauen versuchen.

3. Die vorherrschende organisatorische Form der Frauenbefreiungsbewegung sind die Gruppen, die ausschließlich aus Frauen bestehen. Diese Gruppen entstanden in nahezu allen Bereichen, von der Schule über die Kirchen bis zu den Fabriken und Gewerkschaften. Dies drückt die Entschlossenheit der Frauen aus, die Führung ihrer eigenen Organisationen zu übernehmen, in denen sie sich schulen, sich entwickeln und in denen sie führen können, ohne befürchten zu müssen, von einem Mann heruntergemacht oder bevormundet zu werden oder mit Männern von Anfang an konkurrieren zu müssen.

Bevor Frauen andere führen können, müssen sie ihre eigenen Gefühle der Unterlegenheit und Selbsterniedrigung überwinden. Sie müssen lernen, sich selbst zu führen. Frauengruppen, die bewusst und ausdrücklich Männer ausschließen, helfen vielen Frauen, die ersten Schritte zur Abschüttelung ihrer eigenen Sklavenmentalität zu machen, Selbstvertrauen, Stolz und Mut zum eigenständigen politischen Handeln zu gewinnen.

Die kleinen „Selbsterfahrungsgruppen“ (Gruppen zur „Bewussstseinshebung“), die überall als eine der am weitesten verbreiteten Formen der neuen Radikalisierung entstanden sind, helfen vielen Frauen bei der Erkenntnis, dass ihre Probleme nicht aus persönlichen Unzulänglichkeiten herrühren, sondern gesellschaftlicher Natur sind und von anderen Frauen geteilt werden.

Wenn sie in sich gekehrt bleiben und zu Diskussionskreisen als Ersatz für gemeinsame Aktionen mit anderen werden, können sie zu einem Hindernis für die politische Entwicklung der darin engagierten Frauen werden.

Der Wunsch der Frauen, sich in reinen Frauenorganisationen zu organisieren, hat nichts zu tun mit der von vielen stalinistischen Massenparteien verfolgten Praxis, getrennte Jungen- und Mädchenorganisationen zu bilden. Dort wird vielmehr die Unterdrückung sexueller Aktivitäten und das von geschlechtsbezogenen Vorurteilen beherrschte Verhalten verstärkt, letztlich also die Unterordnung der Frauen. Die unabhängigen reinen Frauenorganisationen, die jetzt entstanden sind, sind zum Teil Ausdruck des Misstrauens vieler sich radikalisierender Frauen gegenüber den reformistischen Massenorganisationen der ArbeiterInnenklasse, die so elend im Kampf für ihre Interessen versagt haben.

Unsere Unterstützung und Arbeit für den Aufbau der unabhängigen Frauenbefreiungsbewegung unterscheidet die Vierte Internationale heute von vielen sektiererischen Gruppen, die von sich behaupten, fest auf dem Boden der marxistischen Orthodoxie zu stehen, und die diese Orthodoxie mit ihrer jeweiligen Auslegung der Resolutionen der ersten vier Kongresse der Dritten Internationale gleichsetzen. Diese Gruppen weisen den Aufbau jeglicher Frauenorganisationen zurück mit Ausnahme derer, die direkt mit ihnen verbunden sind und unter der politischen Kontrolle ihrer Partei stehen.

Jenen „Marxisten“, die behaupten, dass solche reinen Frauengruppen und Versammlungen die ArbeiterInnenklasse entlang der Geschlechtertrennung spalten, sagen wir, dass nicht diejenigen für Spaltungen verantwortlich sind, die gegen ihre Unterdrückung kämpfen. Der Kapitalismus spaltet die ArbeiterInnenklasse – nac
h Rasse, Geschlecht, Alter, Nationalität, Ausbildungsniveau und mit allen möglichen anderen Mitteln. Unsere Aufgabe ist es, die Kämpfe der am meisten ausgebeuteten und unterdrückten Schichten zu unterstützen und zu organisieren, die Forderungen aufzustellen, die im Interesse der gesamten Klasse sind und die den Kampf für den Sozialismus führen werden. Diejenigen, die am meisten unter dem Alten leiden, werden auch am energischsten für das Neue kämpfen.

4. Die Formen, in denen wir arbeiten, können sehr unterschiedlich sein, abhängig von den konkreten Umständen, in denen sich unsre Organisationen befinden. Unsre jeweilige Taktik wird von unsrem strategischen Ziel bestimmt, Kräfte zu schulen und zu Aktionen zu bewegen, die viel größer sind als wir selbst, im besonderen die entscheidenden Kräfte der ArbeiterInnenklasse, um damit beizutragen, eine Frauenbefreiungsmassenbewegung aufzubauen, einen klassenkämpferischen Flügel darin zu stärken und die besten Kader für die revolutionäre Partei zu gewinnen.

Zu den Faktoren, die es dabei zu berücksichtigen gilt, gehören die Stärke unsrer eigenen Kräfte; die Größe, der Charakter und das politische Niveau der Frauenbefreiungskräfte; die Stärke der liberalen, sozialdemokratischen, stalinistischen und zentristischen Kräfte, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen; und der allgemeine politische Kontext, in dem wir arbeiten. Es ist eine taktische Frage, ob wir Frauenbefreiungsgruppen auf einem breiten sozialistischen Programm organisieren, in bestehenden Organisationen der Frauenbefreiungsbewegung arbeiten oder in Gewerkschaftskommissionen oder -ausschüssen anderer Massenorganisationen oder ob wir breite Aktionsbündnisse zu spezifischen Themen aufbauen sollten; ob wir mehrere dieser Aktivitäten kombinieren oder in völlig anderer Form arbeiten sollten.

Ganz gleich, welche organisatorische Form wir wählen, die fundamentale Frage, die es zu entscheiden gilt, bleibt die gleiche: Welche spezifischen Themen und Forderungen sollten unter den gegebenen Bedingungen aufgeworfen werden, um in der wirkungsvollsten Weise Frauen und ihre Verbündeten zu mobilisieren?

5. Im Kampf für die Frauenbefreiung oder für spezifische Forderungen, die sich gegen die Frauenunterdrückung richten, gibt es keinen Widerspruch zwischen der Unterstützung und dem Aufbau von reinen Frauenorganisationen und dem gleichzeitigen Aufbau breiter Aktionseinheiten von Massen, an denen Männer und Frauen beteiligt sind, die sich für dieselben Forderungen einsetzen. Kampagnen für das Recht auf Abtreibung waren dafür ein gutes Beispiel. Frauen werden in solchen Kampagnen das Rückgrat bilden, aber da dieser Kampf im Interesse der ArbeiterInnenklasse insgesamt ist, besteht unsre Perspektive darin, bei allen Organisationen der ArbeiterInnenklasse und der Unterdrückten dafür Unterstützung zu gewinnen.

6. Unsere Perspektive, die darin besteht, die Masse der Frauen zu mobilisieren, kann in der gegenwärtigen Periode häufig am besten durch gemeinsame Kampagnen erreicht werden, die die breitest mögliche Unterstützung zu bestimmten konkreten Forderungen mobilisieren. Dies gilt umso mehr, wenn man die relative Schwäche der Sektionen der Vierten Internationale und die relative Stärke der Liberalen und unserer reformistischen, klassenkollaborationistischen Gegner berücksichtigt. Für viele Frauen und Männer war die Teilnahme an den bei solchen Kampagnen organisierten Aktionen der erste Schritt hin zur Unterstützung der politischen Ziele der Frauenbefreiungsbewegung. Die gemeinsamen Kampagnen gegen das Verbot der Abtreibung in vielen Ländern bieten dafür ein gutes Beispiel.

Durch solche Einheitsfrontaktionen können wir die größtmögliche Kraft gegen die bürgerliche Regierung entfalten und den Frauen und der ArbeiterInnenklasse ihre eigene Macht erfahrbar machen. Soweit die liberalen „Freunde“der Frauen, die Stalinisten, Sozialdemokraten und Gewerkschaftsbürokraten, die Unterstützung einer solchen gemeinsamen Kampagne für die Bedürfnisse der Frauen verweigern, werden sie sich isolieren und sich durch ihre Untätigkeit und Gegnerschaft zu solchen Aktionen beziehungsweise durch ihr Bestreben, die Bedürfnisse der Frauen ihrer eigenen Suche nach Verbündeten in den angeblich „fortschrittlichen“ Teilen der herrschenden Klasse unterzuordnen, selbst bloßstellen. Und wenn der Druck der Massen sie tatsächlich zur Unterstützung solcher Aktionen zwingt, kann das nur die Anziehungskraft dieser Kampagnen für die Massen verbreitern und die Widersprüche innerhalb der reformistischen und liberalen Kräfte verschärfen.

Wie wir dies bereits klar bei der Abtreibungsfrage gesehen haben, sind solche Einheitsfrontaktionen von besonderer Bedeutung für die Stärkung des gegenseitigen Einflusses von unabhängiger Frauenbewegung und ArbeiterInnenbewegung, da sie den größten Druck auf Arbeiterbürokraten ausüben, was diese zum Reagieren zwingt.

7. Da unsere Orientierung im Aufbau einer Frauenbewegung besteht, die in ihrer Zusammensetzung und Führung im wesentlichen aus Arbeiterinnen besteht, und da es wechselseitige Beziehungen zwischen dem Kampf für die Frauenbefreiung und der Umwandlung der Gewerkschaften in Instrumente zur wirksamen Verteidigung der Interessen der gesamten ArbeiterInnenklasse gibt, legen wir besonderes Gewicht auf die Kämpfe der Frauen in den Gewerkschaften und am Arbeitsplatz. Unser Ziel ist es, Frauen zu bewegen, sich aktiv in ihren Gewerkschaften und in der Frauenbefreiungsbewegung zu organisieren.

Hier sind die Frauen wie auch anderswo in der kapitalistischen Gesellschaft der männlichen Vorherrschaft und der Diskriminierung als das schwächere Geschlecht ausgeliefert, das sich außerhalb seines „natürlichen Platzes“ bewege. Aber die wachsende Anzahl von Frauen in den Belegschaften und ihr wachsendes Bewusstsein von ihrer doppelten Unterdrückung haben bereits bedeutsame Veränderungen in den Verhaltensweisen der arbeitenden Frauen hervorgerufen und ihre Neigung verstärkt, sich zu organisieren, Gewerkschaften beizutreten und für ihre Rechte zu kämpfen.

Arbeiterinnen sind in vielen Kämpfen für allgemeine Forderungen engagiert, die sich auf ökonomische Bedürfnisse und Arbeitsplatzbedingungen aller ArbeiterInnen beziehen. Sie stellen auch oft die besonderen Bedürfnisse der Arbeiterinnen in den Vordergrund, wie gleicher Lohn für gleiche Arbeit, Mutterschaftsgeld, Einrichtungen für die Kinderversorgung, bevorzugte Einstellung und Förderung von Frauen. Beide nehmen im Kampf für die Frauenbefreiung eine ebenso zentrale Stellung ein wie für die ArbeiterInnenklasse im Allgemeinen. Solchen Kämpfen und Forderungen der Arbeiterinnen wird ein größeres Gewicht zukommen, wenn sich der Klassenkampf unter dem Druck der Wirtschaftskrise weiter verschärft. Und sie werden auf die Frauenbefreiungsbewegung einen wachsenden Einfluss haben.

Die meisten Frauen, die sich solchen Kämpfen anschließen, betrachten sich selbst nicht als Feministinnen. Sie denken einfach, dass sie ein
en Anspruch darauf haben, die gleiche Bezahlung wie die Männer zu erhalten, oder sie sind davon überzeugt, ein Recht darauf zu haben, in einigen traditionellen „männlichen“ Berufen beschäftigt zu werden. Oft protestieren sie heftig dagegen, als Feministinnen bezeichnet zu werden.

Arbeiterinnen, die an Kämpfen am Arbeitsplatz beteiligt sind, werden dort mit denselben Fragen und Bedingungen konfrontiert, die zum Aufstieg der unabhängigen Frauenbewegung geführt haben.

Oft sind sie mit sexueller Belästigung und sexuellem Missbrauch konfrontiert, organisiert und gefördert von ihren Vorarbeitern und Überwachern. Selbst wenn dies von ihren Kollegen ausgeht, hängt dies oft mit einer vom Firmenchef begünstigten Atmosphäre zusammen. Frauen sind manchmal mit der schwierigen Aufgabe konfrontiert, die Gewerkschaft davon zu überzeugen, sie gegen schwerwiegende Belästigungen und Drangsalieren durch das Leitungspersonal zu verteidigen. Sie müssen ihre Kollegen davon überzeugen, dass – wenn sie es den Frauen am Arbeitsplatz schwer machen – sie dem Boss die Arbeit abnehmen und ihm bei seiner Taktik des „Teilen und Herrschens“ in die Hände spielen.

Wenn Frauen damit beginnen, eine aktive Rolle zu spielen, Führungsverantwortung zu übernehmen, sich selbst und anderen ihre Führungsqualitäten unter Beweis zu stellen, Vertrauen zu gewinnen und eine unabhängige Rolle zu spielen, entwickeln sie ein größeres Verständnis dessen, wofür die Frauenbefreiungsbewegung kämpft. Die korrekte Darstellung von klaren, konkreten Forderungen und Zielen durch die feministische Bewegung ist unerlässlich zur Erreichung und Einbeziehung von Millionen von Arbeiterinnen, deren bewusste politische Entwicklung damit beginnt, dass sie versuchen, ihre Probleme als Frauen anzugehen, die auch gezwungen sind, für ihren Lebensunterhalt zu arbeiten.

8. Das zunehmende Gewicht und die wachsende Rolle der Frauen in der ArbeiterInnenbewegung hat einen wichtigen Einfluss auf das Bewusstsein vieler Arbeiter, die anfangen, die Frauen in den Kämpfen mehr als gleichberechtigte Partnerinnen zu betrachten und weniger als schwache Geschöpfe, die verhätschelt und geschützt werden müssen.

In diesem Zusammenhang haben die Forderungen nach einer bevorzugten Einstellung, Schulung und Arbeitsförderung für Frauen in den traditionell männlich beherrschten Bereichen der Wirtschaft eine besondere Bedeutung:

a) Sie stellen die Spaltung innerhalb der ArbeiterInnenklasse entlang der Geschlechtertrennung in Frage, eine Spaltung, die von den Bossen betrieben und aufrechterhalten wird, um die ArbeiterInnenklasse zu schwächen und die Löhne und Arbeitsbedingungen der gesamten Klasse niedrig zu halten.

b) Sie helfen sowohl den Arbeitern als auch den Arbeiterinnen, die materiellen Auswirkungen der Diskriminierung von Frauen richtig zu würdigen, und zeigen die Notwendigkeit bewusster Maßnahmen auf, um die Auswirkungen von Jahrhunderte langer erzwungener Unterordnung zu überwinden.

c) Wenn die Frauen damit beginnen, die traditionelle Arbeitsteilung entlang der Geschlechtertrennung niederzureißen und ihr gleiches Recht auf Arbeit durchzusetzen wie auch ihre Fähigkeit unter Beweis zu stellen, „männliche“ Berufe genauso auszuführen wie Männer, wird sexistischen Verhaltensweisen und Vorurteilen innerhalb der ArbeiterInnenklasse der Boden entzogen und die gesellschaftliche Arbeitsteilung in allen Bereichen in Frage gestellt.

Kämpfe, die den Frauen die Tore öffnen, um in Bereiche der Erziehung, in bestimmte Berufe und in Führungspositionen einzudringen, die vorher von Männern beherrscht waren, werfen in der klarest möglichen Weise die Frage der Aufhebung des untergeordneten gesellschaftlichen Status der Frauen auf. Zusammen mit Forderungen nach grundlegenden demokratischen Rechten und solchen, die die Vergesellschaftung der Hausfrauenarbeit zum Ziel haben, etwa die Ausweitung und Verbesserung der Kinderbetreuungseinrichtungen, haben solche Kämpfe einen machtvollen erzieherischen Einfluss innerhalb der ArbeiterInnenklasse.

9. Solche Forderungen haben auch eine besondere Bedeutung als Teil des Kampfes zur Umwandlung der Gewerkschaften in revolutionäre Instrumente des Klassenkampfes und stellen die sexistischen Vorurteile der Arbeiterbürokratie in Frage. Die Gewerkschaftsbürokratie stützt sich auf die privilegiertesten Schichten der männlichen Arbeiter, die Forderungen nach bevorzugter Behandlung von Frauen gewöhnlich als Bedrohung ihrer unmittelbaren Vorrechte betrachten. Die klarsichtigsten Elemente der Bürokratie widersetzen sich deshalb beinhart diesen Forderungen, die von den am meisten unterdrückten und ausgebeuteten Teilen der ArbeiterInnenklasse aufgestellt werden und die auf die Ausrottung der tiefen Spaltungen innerhalb der ArbeiterInnenklasse gerichtet sind.

Ein wichtiger Bestandteil unserer strategischen Orientierung, einen klassenkämpferischen linken Flügel in der Gewerkschaftsbewegung zu entwickeln, besteht darin, das wachsende Gewicht von Kräften wie der Frauenbefreiungsbewegung zu nutzen, um die wirtschaftlichen und politischen Schlüsselfragen aufzuwerfen, die für die ArbeiterInnenbewegung eine führende Rolle spielen sollten.

Wenn die Mitgliedschaft in den Gewerkschaften dafür gewonnen wird, solche Kämpfe zu unterstützen, wird die reaktionäre, frauenfeindliche und darum arbeiterfeindliche Politik der Bürokratie in der ArbeiterInnenbewegung bloßgestellt werden und neue Kräfte werden in die Führung drängen.

10. Es gibt viele Schwierigkeiten, Arbeiterinnen zu organisieren. Gerade wegen ihrer Unterdrückung als Frauen sind sie weniger geneigt, Gewerkschaften beizutreten oder ein starkes Klassenbewusstsein zu entwickeln. Häufig ist ihre Erwerbstätigkeit eher sporadisch. Ihre doppelte Last aus Verpflichtungen und Arbeiten im Haushalt ist ermüdend und zeitraubend und lässt ihnen weniger Energie für politische und gewerkschaftliche Aktivitäten. Die krassen Unzulänglichkeiten der Einrichtungen zur Kinderbetreuung erschweren ihnen besonders die Teilnehme an Versammlungen.

Aus diesen Gründen ist der Kampf, die Gewerkschaften davon zu überzeugen, dass sie die spezifischen Forderungen der Frauen aufgreifen, untrennbar mit dem Kampf für Gewerkschaftsdemokratie verbunden. Gewerkschaftsdemokratie schließt nicht nur Themen ein wie das Recht der Mitgliedschaft, über alle Fragen abzustimmen, alle Führungsgremien und alles Führungspersonal zu wählen, auch das Recht auf Tendenzbildung. Es schließt auch besondere Maßnahmen ein, die es Frauen erlauben, daran völlig gleichberechtigt teilzunehmen: Einrichtungen zur Kinderversorgung während Gewerkschaftsversammlungen; Gewerkschaftskommissionen, die sich speziell mit den Bedürfnissen der Frauen befassen; das Recht, sich notfalls in gesonderten Frauenversammlungen zu treffen; besondere Regelungen, die es gestatten, sich während der Arbeitszeit zusammenzusetzen; sowie M
aßnahmen, die eine angemessene Vertretung von Frauen in allen Führungsgremien sicherstellen. Innerhalb der ArbeiterInnenbewegung ist die Infragestellung von sexistischen Verhaltensweisen und Praktiken ein untrennbarer Bestandteil des Kampfes um Gewerkschaftsdemokratie und Klassensolidarität.

11. Wenn wir den Kämpfen der Arbeiterinnen außerhalb des Hauses solche besondere Bedeutung beimessen, so geschieht das nicht, weil wir die Unterdrückung, die die Hausfrauen ertragen müssen, unterschätzen. Im Gegenteil: Wir verstehen diese sehr wohl und propagieren ein Programm, das auf die tief greifenden Probleme eingeht, mit dem Frauen zu Hause konfrontiert sind, die zum größten Teil Frauen aus der ArbeiterInnenklasse sind und die einen Teil ihres Lebens auf dem Arbeitsmarkt verbringen, zusätzlich zur Erledigung der  Verpflichtungen im Haushalt. Wir schlagen eine Perspektive vor, mit der die nervtötende Plackerei der Hausarbeit überwunden werden kann wie auch die dadurch jeder einzelnen Frau aufgezwungene Isolation, die wirtschaftliche Abhängigkeit der Hausfrauen und die Angst und Unsicherheit, die dadurch hervorgerufen wird. Wir stellen unser Programm der Vergesellschaftung der Hausarbeit und der Einbeziehung der Frauen in den Arbeitsmarkt auf gleichberechtigter Basis denjenigen Alternativen gegenüber, die von der Reaktion angeboten werden: die Verherrlichung von Hausarbeit und Mutterschaft und Vorschläge, Frauen für ihre häusliche Sklaverei durch Lohn für Hausarbeit zu entschädigen oder ähnlich vordergründig verlockende Pläne.

Da der krisenhafte Kapitalismus immer mehr wirtschaftlichen Lasten in die einzelne Familie hineinverlagert, sind es oft die Hausfrauen, die dafür verantwortlich sind, das Familieneinkommen derart zu strecken, dass die nötigsten Dinge besorgt werden können, und sie sind die ersten, die auf die Straße gehen, um gegen Lebensmittelverknappung und steigende Inflation zu protestieren. Solche Bewegungen können einen ersten Schritt zur Herausbildung politischen Bewusstseins und kollektiver Aktion von Tausenden von Frauen bilden. Sie bieten eine Öffnung und fordern die ArbeiterInnenbewegung heraus, sich einzureihen und dabei zu helfen, dass solche Proteste – die sich mit einer explosiven Geschwindigkeit entwickeln können – eine Führung und eine vorwärts weisende Perspektive entwickeln. Forderungen nach gemeinsamen Preisüberwachungskomitees aus ProduzentInnen und KonsumentInnen sind eine gute gemeinsame Grundlage für ein Bündnis aus ArbeiterInnenbewegung, protestierenden Hausfrauen und anderen KonsumentInnen.

Im Gegensatz zu den Hausfrauen sind die Arbeiterinnen durch den Arbeitsmarkt schon halb organisiert. Ihr Platz innerhalb der ArbeiterInnenklasse, innerhalb der ArbeiterInnenbewegung und ihre wirtschaftliche Stellung versetzen sie in die Lage, eine Schlüsselrolle bei der Führung von Frauenkämpfen und in Kämpfen der gesamten ArbeiterInnenklasse zu spielen.

12. Es gibt keinen Widerspruch zwischen dem Aufbau der unabhängigen Frauenbefreiungsbewegung, dem Aufbau von Gewerkschaften und dem Aufbau einer revolutionär-marxistischen Partei von Frauen und Männern.

Der Kampf für den Sozialismus erfordert alle drei. Sie erfüllen verschiedene Funktionen. Die breite feministische Bewegung mobilisiert Frauen zum Kampf für ihre Bedürfnisse und über ihre eigenen unabhängigen Organisationsformen. Die Gewerkschaften sind die unmittelbare Organisation zur Verteidigung der wirtschaftlichen Interessen der Arbeiter-Innenklasse. Die revolutionär marxistische Massenpartei stellt durch Programm und Aktion eine Führung für die ArbeiterInnenklasse und ihre Verbündeten – einschließlich der Frauen – und orientiert ganz entschieden alle Facetten des Klassenkampfes auf eine kombinierte Anstrengung zum Sturz des Kapitalismus.

Es gibt keine objektive Grundlage für eine getrennte revolutionär-marxistische Frauenorganisation. Solange nicht Frauen und Männer an den Rechten und Pflichten von Mitgliedschaft und Führung in einer Partei gemeinsam teilhaben, deren Bemühen es ist, ein politisches Programm und Aktionen im Interesse aller Unterdrückten und Ausgebeuteten zu entwickeln, kann die Partei niemals die ArbeiterInnenklasse zur Erfüllung ihrer historischen Aufgaben führen.

Wir beharren darauf, dass es keine ausschließlichen „Frauenthemen“ gibt. Jede Frage, die die weibliche Hälfte der Menschheit betrifft, ist gleichermaßen eine breitere gesellschaftliche Frage von lebenswichtigem Interesse für die gesamte ArbeiterInnenklasse. Auch wenn wir Forderungen aufstellen, die die besondere Unterdrückung der Frauen betreffen, so haben wir dennoch kein getrenntes Programm für die Frauenbefreiung. Unsere Forderungen sind integraler Bestandteil unseres Übergangsprogramms für die sozialistische Revolution.

13. Das Programm der revolutionären Partei fasst die Lehren aus den Kämpfen gegen jede Form der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ausbeutung und Unterdrückung zusammen. Die Partei drückt das historische Interesse des Proletariats in ihrem Programm und ihrer Praxis aus. Somit ist sie durch die Teilnahme ihrer Mitglieder an der Frauenbefreiungsbewegung nicht nur Lernende. Sie hat auch eine unentbehrliche Rolle zu erfüllen. Durch unsere Arbeit zum Aufbau der Frauenbefreiungsbewegung vertiefen wir innerhalb der Partei das Verständnis für die Unterdrückung der Frau und den Kampf dagegen. Und wir bemühen uns darum, in wachsender Zahl Kräfte für eine wirksame Strategie zur Befreiung der Frauen, d.h. für eine Perspektive des Klassenkampfes zu gewinnen.

Beim Aufbau der unabhängigen Frauenbewegung setzen wir nicht das Einverständnis mit unserem Programm voraus. Im Gegenteil: Eine Bewegung auf breiter Basis, innerhalb derer persönliche Erfahrungen und politische Perspektiven im Rahmen einer demokratischen Auseinandersetzung und Diskussion miteinander möglichst ungehindert konkurrieren können, kann das politische Vertrauen und die Schlagkraft der Bewegung nur stärken. Damit vergrößert sich die Möglichkeit zur Entwicklung einer richtigen Perspektive.

Wir streben jedoch nicht nach einer organischen Einheit aller Bestandteile der Frauenbewegung um jeden Preis. Wir kämpfen für die breitest mögliche Einheit in der Aktion auf der Grundlage der Forderungen und Aktivitäten, welche die objektiven Bedürfnisse der Frauen unverfälscht zum Ausdruck bringen. Ein solches Programm liegt auch im Interesse der ArbeiterInnenklasse.

Wir versuchen, mit jenen, die unsere Klassenkampfperspektiven teilen, einen möglichst starken Flügel innerhalb der Frauenbefreiungsbewegung aufzubauen. Ein konsequenter Kampf gegen alle Aspekte der Frauenunterdrückung bedeutet auch, ganz entschieden gegen alle Versuche anzukämpfen, die Kämpfe der Frauen in die reformistische Sackgasse zu lenken, die u. a. darin besteht, die Sparpolitik der Herrschenden umzusetzen. Wir wenden uns auch gegen die Suche nach individuellen Lösungen. Wir sind bestrebt, die Bewusstesten und Kämpferischsten in die revolutionäre Partei aufzunehmen.

Unser Ziel ist es, die Führung der Frauenbefreiungsbewegung dadurch zu gewinnen, dass wir den Frauen in der Praxis zeigen, dass unser Programm und unsere Perspektiven zur Befreiung führen können. Dies ist keine sektiererische Haltung. Auch ist dies kein Hinweis auf einen Versuch zur Manipulation, zur Herrschaft oder Kontrolle über die Massenbewegung. Sie ist im Gegenteil Ausdruck unserer Überzeugung, dass der Kampf gegen die Frauenunterdrückung nur dann gewonnen werden kann, wenn sich die feministische Bewegung in eine antikapitalistische Richtung entwickelt. Solch eine Entwicklung stellt sich nicht von selbst ein. Sie hängt ab von den aufgestellten Forderungen, von den Klassenkräften, auf die sich die feministische Bewegung orientiert, und von den Aktionsformen, die sie wählt. Nur das bewusste Eingreifen der revolutionären Partei und ihre Fähigkeit, das Vertrauen und die Führung der für ihre Befreiung kämpfenden Frauen zu gewinnen, bietet eine Garantie, dass der Kampf der Frauen schließlich siegreich sein wird.

14. Wir befassen uns mit allen Aspekten der Frauenunterdrückung. Als eine politische Partei, deren Grundlage ein Programm ist, das die historischen Interessen der ArbeiterInnenklasse und der Unterdrückten zum Ausdruck bringt, ist es unsere Aufgabe, dabei zu helfen, dass die Frauenbefreiungsbewegung sich den politischen Aktivitäten zuwendet, die auf eine wirksame Weise die Abschaffung des Privateigentums herbeiführen. In diesem wurzelt letztlich die Unterdrückung der Frau. Gegenüber allen Erscheinungen der Frauenunterdrückung streben wir danach, Forderungen und Aktionen zu entwickeln, welche die gesellschaftliche und wirtschaftliche Politik der Bourgeoisie in Frage stellen und die Lösungen aufzeigen, die möglich wären, wenn es da nicht die Tatsache gäbe, dass die gesamte Politik dem Prinzip der Profitmaximierung dient.

Unsere Herangehensweise an die Frauenbefreiungskämpfe als eine äußerst wichtige politische Frage bringt uns oft mit den kleinbürgerlichen, radikalfeministischen Strömungen in Konflikt, die der gegen den Staat gerichteten politischen Aktion die Entwicklung eines neuen individuellen „Lebensstils“ gegenüberstellen. Anstelle des Kapitalismus geben sie dem Mann die Schuld. Sie stellen der Organisierung gegen die bürgerliche Regierung, welche die Institution der Klassengesellschaft, die für die männliche Vorherrschaft und Unterdrückung der Frauen verantwortlich ist, verteidigt und aufrechterhält, die Reformierung der Männer als Individuen gegenüber, indem sie versuchen, sie weniger sexistisch zu machen. Sie versuchen, utopische „Gegeninstitutionen“ inmitten der Klassengesellschaft aufzubauen.

Als RevolutionärInnen erkennen wir an, dass die Probleme, die viele Frauen auf diese Art zu lösen versuchen, real sind und sie ganz in Anspruch nehmen. Unsere Kritik ist nicht gegen einzelne gerichtet, die einen persönlichen Ausweg aus dem unerträglichen Druck finden wollen, den die bürgerliche Gesellschaft ihnen auferlegt. Aber wir weisen darauf hin, dass es für die Masse der ArbeiterInnen keine „individuelle“ Lösung gibt. Sie müssen kollektiv für die Veränderung der Gesellschaft kämpfen, bevor sich ihre „Lebensweise“ in bedeutsamer Weise ändert. Schließlich gibt es für keineN von uns eine rein private Lösung. Individuelle Fluchtversuche sind eine Form des Utopismus, die nur in der Desillusionierung und in der Zerstreuung der revolutionären Kräfte enden kann.

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Unsere Klasssenunabhängigkeit

1. Politische Unabhängigkeit ist die dritte Facette unserer Klassenkampfstrategie im Kampf gegen die Frauenunterdrückung. Wir stellen keine Forderung, keine Aktion und keinen Kampf der Frauen zurück oder ordnen ihn den politischen Bedürfnissen von bürgerlichen oder reformistischen Kräften mit ihrem parlamentarischen Schattenboxen und ihren Wahlmanövern unter.

2. Wir kämpfen darum, die Organisationen und Kämpfe zur Befreiung der Frau von allen bürgerlichen Kräften und Parteien unabhängig zu halten. Wir setzen uns gegen alle Versuche zur Wehr, den Kampf der Frauen umzubiegen in die Bildung von Interessengruppen innerhalb kapitalistischer Parteien oder bürgerlicher Politik, wie dies in den Vereinigten Staaten, Kanada und Australien geschehen ist. Wir sind ebenfalls gegen die Gründung einer politischen Frauenpartei, wie sie in Belgien entstanden ist und von einigen feministischen Gruppen in Spanien und anderswo vertreten wird. Die Wahl von mehr Frauen in öffentliche Ämter auf einem bürgerlich-liberalen oder radikalen kleinbürgerlichen Programm kann – wiewohl sie ein gewisser Ausdruck veränderter Einstellungen ist – nichts zur Förderung von Fraueninteressen beitragen.

Die Befreiung der Frau ist Teil des historischen Kampfes der ArbeiterInnenklasse gegen den Kapitalismus. Wir wollen diese Verbindung sowohl auf der Seite der Frauen als auch in der ArbeiterInnenklasse bewusst machen. Aber wir weisen Unterstützung von bürgerlichen Persönlichkeiten und Politikern nicht zurück, wenn sie ihre Übereinstimmung mit unseren Forderungen oder Zielen ausdrücken. Dies stärkt unsere Seite, nicht ihre. Es ist ihr Widerspruch, nicht unsrer.

3. Wir kämpfen für Aktionseinheiten zu spezifischen Forderungen und Kampagnen mit den breitest möglichen Kräften, im Besonderen mit den reformistischen Parteien der ArbeiterInnenklasse. Aber wir weisen die reformistische Perspektive der stalinistischen und sozialdemokratischen Parteien zurück.

Politik und Verhalten dieser beiden Strömungen innerhalb der ArbeiterInnenbewegung beruhen auf der Erhaltung der Institutionen des bürgerlichen Systems, einschließlich der Familie, unabhängig von Lippenbekenntnissen, die sie dem Kampf der Frauen gegen ihre Unterdrückung zollen mögen. Beide sind bereit, die Bedürfnisse der Frauen jedem möglichen klassenkollaborationistischen Handel zu opfern, den sie gerade am Aushandeln sind, ob mit der spanischen Monarchie, den italienischen Christdemokraten oder den bürgerlichen Oppositionsparteien in Westdeutschland oder Großbritannien. Die Stalinisten werden niemals müde, den Frauen zu erzählen, dass der Weg zum Glück über die „fortgeschrittene Demokratie“ oder das „antimonopolistische Bündnis“ führt. Sie raten den Frauen, nicht mehr zu verlangen, als die „Demokratie“ (d. h. der Kapitalismus) zugestehen kann. Die Sozialdemokraten, besonders wenn sie Sparprogramme im Dienst der Bourgeoisie durchsetzen, zögern keine Minute, Kürzungen von Sozialleistungen durchzusetzen, die von der herrschenden Klasse verlangt werden, Maßnahmen also, die meistens die Frauen am härtesten treffen.

4. Nur durch einen kompromisslosen, programmatischen und organisatorischen Bruch mit der Bourgeoisie und allen Formen der Klassenzusammenarbeit können die ArbeiterInnenklasse und ihre Verbündeten, einschließlich die für ihre Befreiung kämpfenden Frauen, als eine machtvolle und mit Selbstvertrauen aus
gestattete Kraft mobilisiert werden, die die sozialistische Revolution bis zum Ende führen kann. Die Aufgabe der revolutionär-marxistischen Partei besteht darin, die arbeitenden Massen einschließlich der Frauenbewegung durch Aktion und Propaganda in dieser Klassenkampfperspektive zu schulen.

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Aufgaben der Vierten Internationale heute

1. Der neue Aufstieg der Frauenbewegung hat sich auf Weltebene ungleichmäßig vollzogen, und feministisches Bewusstsein hatte unterschiedlich große Auswirkungen. Aber die Geschwindigkeit, mit der revolutionäre Ideen und Lehren aus Kämpfen von einem Land zum anderen, von einem Sektor der Weltrevolution zum anderen übermittelt werden, sichert die andauernde Ausbreitung von Frauenbefreiungskämpfen. Die um sich greifende Infragestellung der traditionellen Rolle der Frau schafft ein für die marxistische Schulung und Propaganda günstiges Klima, ebenso für konkrete Aktionen zur Unterstützung der Frauenbefreiung. Durch unsere Presse und Propaganda-Aktivitäten hat die Vierte Internationale wachsende Möglichkeiten, Wurzel und Natur der Unterdrückung der Frau ebenso wie unser Programm zur Ausmerzung dieser Unterdrückung zusammen mit der Klassengesellschaft, in der sie wurzelt, sowie die revolutionäre Dynamik der Kämpfe zur Befreiung der Frau zu erklären.

2. Die Teilnahme unserer Sektionen und sympathisierenden Organisationen an der Frauenbewegung in zahlreichen Ländern hat gezeigt, dass beträchtliche Möglichkeiten bestehen, behilflich zu sein bei der Organisierung von Aktionen und Kampagnen zu Themen, die im Kampf gegen die Unterdrückung der Frau eine Rolle spielen. Solche Kampagnen gewähren oftmals Gelegenheiten besonders für unsere Genossinnen, wertvolle Erfahrungen zu sammeln und eine führende Rolle in der Massenbewegung zu spielen. Sie stellen oft einen Weg dar, durch den sogar eine relativ kleine Zahl von Genossinnen und Genossen eine wichtige politische Rolle spielen und Einfluss in viel breiteren Kreisen gewinnen kann. Mit unserer Unterstützung für die und aktive Teilnahme an der Frauenbefreiungsbewegung haben wir bereits viele neue Mitglieder gewonnen.

Die Orientierung der Sektionen und sympathisierenden Organisationen der Vierten Internationale besteht darin, unsere Kräfte in den Aufbau der Frauenbewegung sowie von Aktionskampagnen zu spezifischen Punkten wie Abtreibung, Kinderbetreuungseinrichtungen, das Recht auf einen Arbeitsplatz und andere Aspekte unseres Programms einzubringen.

Wir unterstützen auch die internationale Solidaritätsarbeit in der Frauenbewegung und, wo möglich, die internationale Koordinierung von Aktionskampagnen zu gemeinsamen Fragen. Die internationale Kampagne zum Recht auf Abtreibung, in der unsre Sektionen oft eine entscheidende Rolle gespielt haben, ist ein gutes Beispiel für die mögliche internationale Koordinierung.

3. Zusätzlich zur Teilnahme an all den verschiedenen unabhängigen Organisationsformen, die als Teil der Frauenradikalisierung entstanden sind, müssen wir die Propaganda und Aktivitäten für die Befreiung der Frau in alle unsere Arbeitsbereiche integrieren, von den Gewerkschaften bis zu den Universitäten. Besonders unter der Jugend – StudentInnen, ArbeiterInnen und junge Hausfrauen – werden wir die größte Aufnahmebereitschaft für unsere Ideen und unser Programm finden sowie die Bereitschaft zur Aktion.

Die Arbeit zur Befreiung der Frau ist nicht nur eine Sache der Genossinnen, obwohl sie diese anleiten müssen. Wie bei jeder anderen Frage muss unsere gesamte Mitgliedschaft und die gesamte Parteiführung mit dieser Arbeit vertraut sein, kollektiv an der Ausarbeitung unserer politischen Linie teilnehmen und Verantwortung übernehmen zur Verbreitung unserer Propaganda und unserer Kampagnen in sämtlichen Bereichen des Klassenkampfes, in denen wir aktiv sind. Männer und Frauen in unsrer Organisation werden dies vorantreiben.

4. Zur Organisierung und Durchführung systematischer Frauenarbeit sollten die Sektionen der Vierten Internationale Kommissionen oder Arbeitsgruppen einrichten, in denen diejenigen zusammenkommen, die diese Arbeit tragen. In solchen Kommissionen können sowohl Genossinnen als auch Genossen mitarbeiten, je nach den Aktivitäten, in denen wir engagiert sind.

Sie sollten den entsprechenden Leitungsinstanzen helfen, die Aufmerksamkeit auf alle Aspekte unsrer Arbeit zu Fragen der Frauenbefreiungsbewegung zu lenken, einschließlich Vorschlägen für interne Schulungen unsrer eigenen Mitgliedschaft. Wenn wir solche Kommissionen und Gruppen einrichten, die – zusammen mit der Führung – für die Diskussion und die Umsetzung einer systematischen Arbeit verantwortlich sind, können wir größtmöglichen Gewinn aus den sich ergebenden Möglichkeiten und Öffnungen ziehen und in unsrer Mitgliedschaft das Bewusstsein von der Bedeutung des Kampfes für die Frauenbefreiung schärfen.

5. Innerhalb der Sektionen der Vierten Internationale sollte eine systematische Schulung über die Geschichte der Unterdrückung der Frau und ihrer Kämpfe – mit allen theoretischen und politischen Fragen, die damit verbunden sind – durchgeführt werden. Diese Schulung sollte nicht auf bestimmte Schulungsveranstaltungen beschränkt werden, die von Zeit zu Zeit stattfinden, sondern muss Teil des täglichen Lebens der Organisation werden. Sie muss Teil der grundlegenden politischen Erziehung aller Mitglieder werden in dem Maße, wie sie mit den fundamentalen Positionen des revolutionären Marxismus vertraut werden.

Wir haben nicht die Illusion, dass die Sektionen Inseln der künftigen sozialistischen Gesellschaft sein könnten, die im kapitalistischen Morast treiben, oder dass einzelne Genossinnen und Genossen völlig der Erziehung und Abrichtung entgehen könnten, die von dem täglichen Kampf herrühren, in der Klassengesellschaft zu überleben. Sexistische Einstellungen können zuweilen auch in den Reihen der IV. Internationale ihren Ausdruck finden und tun dies auch. Es ist allerdings eine Bedingung für die Mitgliedschaft in der Vierten Internationale, dass das Verhalten von Genossinnen und Genossen und von Sektionen in Übereinstimmung mit den Prinzipien ist, die wir vertreten. Wir erziehen die Mitglieder der Vierten Internationale zu einem umfassenden Verständnis des Charakters der Unterdrückung der Frau und der niederträchtigen Art und Weise, in der sie zum Ausdruck kommt. Wir bemühen uns, eine Organisation zu schaffen, in der Sprache, Witze, Gewaltakte und andere Formen, in denen sich die chauvinistische Bigotterie gegenüber Frauen ausdrückt, nicht geduldet werden, ebenso wenig wie wir Handlungen und das Ausdrücken rassistischer Bigotterie erlauben würden, sich in der Organisation auszubreiten.

6. Genossinnen in unseren Organisationen stehen besonderen Problemen gegenüber, sowohl materieller als auch politischer Natur, die aus der Unterdrückung in der Klassengesellschaft herrühren. Oft haben sie die gleichen zeitraubenden Verantwortlichkeiten i
m Haushalt wie andere Frauen, besonders, wenn sie Kinder haben. Sie sind vom gleichen Mangel an Selbstvertrauen gekennzeichnet, von Schüchternheit, von Angst vor Führungsaufgaben, all den Problemen, die den Frauen von Geburt an als „natürlich“ eingetrichtert werden. Diese Hindernisse zur Gewinnung, Integration und Entwicklung einer Führung müssen innerhalb der Partei diskutiert und bewusst angegangen werden.

Wie bei allen anderen Fragen kommt auch hier der Leitung die Verantwortung zu, Führung zu übernehmen.

Bewusste Aufmerksamkeit muss der Schulung, der politischen Weiterentwicklung und der Schulung in Führungsaufgaben für Genossinnen gewidmet werden. Dies sollte ein beständiges Anliegen aller Führungskörperschaften auf sämtlichen Ebenen der Sektionen und der Internationale sein. Es sollte darauf geachtet werden, dass Frauen ermutigt werden und – noch wichtiger – ihnen geholfen wird, Aufgaben zu übernehmen, die die volle Entwicklung ihrer Fähigkeiten fördern: Übernahme von Schulungskursen, Schreiben von Artikeln, Übernahme von politischen Berichten, Funktionen als öffentliche Sprecherinnen und Kandidatinnen für die Organisation und Leitung von Arbeitsbereichen. Nur durch solche bewusst ergriffenen Maßnahmen können wir die Entwicklung unseres Frauenkaders optimieren und sicherstellen, dass – wenn sie in Leitungsfunktionen auf allen Ebenen gewählt werden – dies eine echte Bereicherung eines starken Führungskaders mit Selbstvertrauen darstellt und nicht eine künstliche Maßnahme, die sich sowohl für die betreffenden Genossinnen als auch für die Organisation als Ganzes schädlich auswirken könnte.

Innerhalb dieses allgemeinen Rahmens der bewussten Herausbildung einer Führung versuchen wir, die Zahl der Frauen in den zentralen Leitungsgremien der Sektionen, sympathisierenden Organisationen und der Internationale zu erhöhen.

Dieser Prozess wird durch die Tatsache erleichtert werden, dass eine wachsende Zahl von Genossinnen zur Vorhut derjenigen Frauen gehören werden, die darum kämpfen, einen für Frauen nicht traditionellen Arbeitsplatz als Teil des industriellen Proletariats zu bekommen. Das Selbstbewusstsein, das sie daraus ziehen, dass sie zu den mächtigsten und am besten organisierten Sektoren der ArbeiterInnenklasse gehören, der Respekt, den sie sowohl von Frauen als auch von Männern bezeugt bekommen werden, und die Erfahrung, die sie als Führungspersönlichkeiten unsrer Klasse erwerben werden, bilden einen entscheidenden Beitrag zur Veränderung des Bewusstseins unsrer Organisation und zur Herausbildung weiblicher Führungsmitglieder.

Insbesondere für Genossinnen sind die Schwierigkeiten, die aus der grotesken Unzulänglichkeit staatlicher Kindertagesstätten herrühren, oft ein Hindernis für ihre volle Teilnahme an Sitzungen und anderen Aktivitäten. In dem Maße wie unsre Sektionen wachsen und in ihrer Zusammensetzung proletarischer werden, werden wir mehr Mitglieder mit Kindern gewinnen.

In unseren öffentlichen Aktivitäten und unseren Interventionen in die Massenbewegung versuchen wir, breitere soziale Kräfte auf die besonderen Probleme aufmerksam zu machen. Wir versuchen, die ArbeiterInnenbewegung dafür zu gewinnen, dem Kampf für eine von der Gesellschaft organisierte und finanzierte Kinderbetreuung eine hohe Priorität einzuräumen. Wir fordern, dass die Massenorganisationen der ArbeiterInnenklasse, etwa die Gewerkschaften, für ihre Treffen Zeiten vorsehen, die den weiblichen Mitgliedern die Teilnahme ermöglichen, und dass ihre materiellen Möglichkeiten genutzt werden, eine Kinderbetreuung zu gewährleisten.

Intern müssen sich unsre GenossInnen der zusätzlichen Lasten und Hindernissen bewusst werden, die aus der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ungleichheit herrühren, die der Kapitalismus erzeugt, im besonderen für Genossinnen und Mitglieder, die unterdrückten Nationalitäten angehören. Dafür stellen wir Hilfen zu Verfügung. In dieser Perspektive obliegt der Führung die Verpflichtung, mit GenossInnen, die Familienverpflichtungen haben, gemeinsam nach Lösungen zu suchen, die es diesen Mitgliedern ermöglichen, Hindernisse für ihre politische Aktivität auf ein Minimum zu reduzieren. Wenn z. B. ein Mitglied mit Kindern eine Vollzeitstelle für die Organisation antreten soll, hat die Leitung die Verantwortung, dies zu diskutieren und zu versuchen, eine finanzielle oder andere Lösung für die speziellen Bedürfnisse zu finden.

Gleichzeitig erkennen wir an, dass es Grenzen dafür gibt, was die Partei leisten kann. Die Partei kann nicht materiell dafür verantwortlich sein, die ökonomischen und sozialen Ungleichheiten unter Genossinnen und Genossen auszumerzen, die durch die Klassengesellschaft verursacht werden. Wir können nicht die sozialen Dienste sicherstellen, die der Kapitalismus nicht sicherstellt. Die Partei hat keine allgemeine Verpflichtung, eine Kinderbetreuung zur Verfügung zu stellen, um darüber die persönliche Situation aller GenossInnen auszugleichen, noch können jedem Mitglied Kinderbetreuungsaufgaben auferlegt werden.

Eine solche Vorgehensweise würde den eigentlichen Zweck und den Charakter der Partei als einer politischen Organisation verändern. Was uns zusammenschweißt, ist unsere gemeinsame Entschlossenheit, das System zu zerstören, das die Ungleichheit verewigt, unsere Übereinstimmung bezüglich des Programms zur Erreichung dieses Ziels und unsere Loyalität zur Partei, die auf diesem Programm aufgebaut ist.

Der Prozess der Erziehung unsrer eigenen Mitglieder wird dadurch vollzogen und erleichtert werden, dass unsre Sektionen zunehmend an Kämpfen zur Frauenbefreiung beteiligt sein werden. Die Auswirkungen dieses Kampfs auf das Bewusstsein und die Einstellungen aller unsrer Mitglieder ist bereits tief greifend. Die Veränderung unsrer weiblichen Kader, Ausdruck unsrer Beteiligung an dem Kampf zur Frauenbefreiung, ist eine Entwicklung historischen Ausmaßes. Das wachsende Selbstbewusstsein, die politische Reife und die Führungsqualitäten der Genossinnen der IV. Internationale bilden eine bedeutsame Erweiterung der vorhandenen Kräfte in der revolutionären Führung auf Weltebene.

Der neue internationale Aufschwung von Frauenkämpfen und die Entstehung einer starken Frauenbefreiungsbewegung, noch bevor sich revolutionäre Kämpfe zur Machteroberung entwickelt haben, ist für die Weltpartei der sozialistischen Revolution von herausragender Bedeutung. Es steigert die politische Macht der ArbeiterInnenklasse und die Wahrscheinlichkeit, dass die internationale Revolution ihre Aufgabe der sozialistischen Revolution bis zum Ende durchführen wird. Der Aufstieg der Frauenbefreiungsbewegung ist eine zusätzliche Garantie gegen eine bürokratische Degeneration zukünftiger Revolutionen.

Der Kampf zur Befreiung der Frauen von den Fesseln, in die die Klassengesellschaft sie geschlagen hat, ist ein Kampf zur Befreiung aller menschlicher Beziehungen von den Ketten ökonomischen Zwangs und zur mächtigen Beförde
rung der gesamten Menschheit auf dem Weg zu einer höheren gesellschaftlichen Ordnung.

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