Wir verstehen die Rolle und die Aufgaben der Vierten Internationale auf der nationalen Ebene so, dass wir Parteien aufbauen wollen, die für den Klassenkampf nützlich sind. Also Parteien, die die Kräfte im Klassenkampf zusammenführen und über Aktionen befinden können, die Auswirkungen auf den Klassenkampf und ihn auf der Grundlage eines klassenkämpferischen Herangehens und Programms vorantreiben. Das letztendliche Ziel einer solchen Partei ist dabei offenkundig, das bestehende kapitalistische System zu überwinden, selbst wenn dieses Ziel sehr allgemein ausgedrückt sein mag. Diese Perspektive verpflichtet die Kräfte der Vierten Internationale, bei der Herausbildung und in der Führung solcher neuen Parteien ein integraler und loyaler Teil zu sein und nicht bloß das Ziel zu verfolgen, aus diesen Parteien eigene Kräfte zu rekrutieren, oder nur darauf zu warten, diese Parteien wegen eventuellen Verrats denunzieren zu können.
Unsere Orientierung ergibt sich aus den Schlussfolgerungen der Analyse der Weltlage, wie sie in den beiden anderen Vorbereitungstexten für den Weltkongress erörtert werden; darin werden zum einen das geopolitische Chaos und zum anderen die unregelmäßig und widersprüchlich verlaufenden Prozesse der Radikalisierung auf dem Hintergrund einer Krise des Klassenbewusstseins behandelt.
Die zentrale These ist, dass wir kein Modell verallgemeinern können, was die Vierte Internationale zu tun hat. Gleichwohl ist es offensichtlich, dass einigen anscheinend erfolgreicheren Erfahrungen im größeren Umfang gefolgt wird. Aber wir müssen uns an eine Situation gewöhnen, in der die konkreten Erfahrungen unterschiedlich sind und manchmal sogar in verschiedene Richtungen gehen. Eines unserer Probleme ist die unfreiwillige Neigung, manchmal nur das in Betracht zu ziehen, was in einigen zentralen Ländern abläuft (z. B. vor einigen Jahren Frankreich) und unser Denken nicht genügend zu internationalisieren. Die Diskussionen über unterschiedliche Erfahrungen bei den letzten Treffen des Internationalen Komitees (IK)[1] waren gut und haben die Vielfältigkeit unserer Perspektive positiv beeinflusst; das ist der Gegenstand dieser Resolution zur Rolle und den Aufgaben der Internationale.
Neuorientierung in den 1990er Jahren
1995 haben wir die Entscheidung getroffen, dass die Perspektive des Aufbaus von kleinen, auf die Massen orientierten Avantgardeparteien, die das vollständige Programm der Vierten Internationale zur Grundlage haben, an ihre Grenzen gestoßen ist; allerdings haben wir viele wertvolle Lehren für die Bildung von Parteien mit Aktivist*innen gewonnen. In der neuen Situation nach dem Fall der Berliner Mauer und dem Zusammenbruch des Sowjetblocks –mit der die Grenzen zwischen den verschiedenen Organisationen neu gezogen wurden – wurde es möglich, radikale, klassenkämpferische Parteien aufzubauen, die mehr Kräfte umfassten und ein positives und größeres Gewicht in den Klassenkampf einbringen konnten.[2]
Die Resolution „Der Aufbau der Internationale heute“ enthielt den Ansatz eines Parteiaufbaus, dessen Achse der Aufbau und die Stärkung der Organisationen der Internationale auf nationaler Ebene im Rahmen des Zusammenschlusses von politischen Kräften über diejenigen hinaus, die allein für das historische Programm der Vierten Internationale gewonnen werden können, war.
In zahlreichen beherrschten Ländern sind jetzt breite Vorhutkräfte skeptisch in Bezug auf die Erfolgsaussichten eines revolutionären Bruches mit dem Imperialismus
In der Resolution wird der Kontext so beschrieben:
„Dem Projekt einer sozialistischen Gesellschaft, die eine Alternative sowohl zum Kapitalismus als auch zu den verheerenden Erfahrungen mit dem bürokratischen ,Sozialismus‘ fehlt es an Glaubwürdigkeit: Es trägt an der schweren Bilanz des Stalinismus, der Sozialdemokratie und des populistischen Nationalismus in der ,Dritten Welt‘ sowie an der Schwäche derjenigen, die heute für dieses Projekt einstehen.
In zahlreichen beherrschten Ländern sind jetzt breite Vorhutkräfte skeptisch in Bezug auf die Erfolgsaussichten eines revolutionären Bruches mit dem Imperialismus; sie sind auch skeptisch in Bezug auf die Möglichkeiten, unter den neuen weltweiten Kräfteverhältnissen die Macht zu übernehmen und zu behalten. (…) „Revolutionärer Internationalismus erscheint als Utopie.“[3]
Es ist festzuhalten, dass die Berichte zur Vorbereitung des kommenden Weltkongresses keine qualitative Verbesserung des Kräfteverhältnisses und des Entwicklungsstand des politischen Klassenbewusstseins aufzeigen. Das soll nicht heißen, dass sich die Situation seit 1995 überhaupt nicht geändert hätte; es wichtige Bewegungen gegeben, die ihre Spuren im politischen Bewusstsein hinterlassen haben: unter anderen die Bewegung der Zapatistas in Mexiko, die Global-Justice-Bewegung, die bolivarische Revolution in Venezuela, die Occupy-Bewegung, den revolutionären Prozess in den arabischen Ländern sowie einige massive Streiks in den Betrieben und feministische Mobilisierungen; sie haben aber nicht ausgereicht, um die unablässigen Angriffe zurückzudrängen und das allgemeine gesellschaftliche Kräfteverhältnis zu ändern. Auf der Linken ist keine starke politische Strömung entstanden, die die Karten neu hätte mischen können; deshalb bleibt der Aufbau von neuen Parteien eine aktuelle Perspektive.
Auch müssen wir die neuen Themen im politischen Denken aufgreifen, die die politisch aktiven jungen Generationen interessieren
Die beiden Bereiche für den Parteiaufbau wurden umrissen wie folgt:
„Der Kollaps des stalinistischen Systems hat die positive Folge gehabt, dass die sektiererischen Vorbehalte uns gegenüber in den Reihe der Arbeiter-, Gewerkschafts- und politischen Vorhut stark erschüttert worden sind. Der Triumphalismus des Kapitals hat gleichfalls die Auswirkung gehabt, dass die Vereinigung aller Antikapitalist*innen befördert worden ist, die nun ein Bewusstsein von ihrer Schwäche haben. Wir sind jetzt besser dazu in der Lage, mit Kräften, die noch vor kurzem einen Widerwillen dagegen an den Tag gelegt haben, mit uns zu reden, Beziehungen aktiver Solidarität und der Einheit in den Kämpfen anzuknüpfen.“[4]
„Wir möchten revolutionäre marxistische Organisationen in unsere Reihen aufnehmen, die sich nicht unbedingt als ,trotzkistisch‘ verstehen und sich nicht mit unserer Geschichte identifizieren, die sich uns jedoch auf einer realen programmatischen Annäherung anschließen. (…)
Auch müssen wir die neuen Themen im politischen Denken aufgreifen, die die politisch aktiven jungen Generationen interessieren; sie agieren von nun an in einem ,post-stalinistischen‘ Kontext, in dem neue ideologische Anliegen und Erfahrungen mit den älteren Lehren, die durch die kapitalistische Krise einmal mehr bestätigt werden verbunden werden müssen. Eine Integration der neuen Themen ist nicht bloß ein Problem von ,Pädagogik‘ gegenüber der kämpferischen Jugend, sondern viel tiefergehend eine Frage unserer Fähigkeit zu theoretischer Ausarbeitung, programmatischer Aktualisierung und der Aneignung neuer politischer Erfahrung, neuartiger Kampfformen und –achsen, sozioökonomischer Wandlungen.“[5]
In dem Dokument wurden danach die verschiedenen Möglichkeiten benannt, um dem Ziel der Stärkung unserer Organisationen näher zu kommen:
- Einheitsfront in konkreten Kämpfen und Massenmobilisierungen;
- Vereinigung mit anderen revolutionären Organisationen;
- Breiter angelegte Umgruppierung mit anderen Kräften der Linken.
In der Resolution zu Lateinamerika von 1991 heißt es bereits:
„Selbstverständlich ist es nicht möglich, einen einzigen Kurs für alle Sektionen vorzugeben. Es gibt nicht das eine Modell noch eine einzige Linie für den Parteiaufbau, die zu allen Zeiten und überall gültig wäre. Die nicaraguanische Revolution und die Gründung der brasilianischen PT haben zu Versuchen geführt, sie nachzuahmen. Wir bemühen uns um den Aufbau von großen revolutionären Massenparteien. Es gibt jedoch zahllose Varianten, um dahin zu gelangen.“[6]
Es werden die verschiedenen Optionen aufgelistet, die unsere Organisationen zu dieser Zeit gewählt hatten:
- Die Herausbildung einer Arbeitermassenpartei wie der PT hat das Anwachsen einer revolutionär-marxistischen Strömung in ihr möglich gemacht; die Strömung arbeitet sehr loyal in ihr mit, um sie aufzubauen. Die PT ist ihre Partei und es ist in ihrem (unserem) Interesse, dazu beizutragen, dass revolutionäre sozialistische Positionen innerhalb der Partei an Boden gewinnen.
- Die mexikanische PRT hat sich als eine unabhängige revolutionäre Partei mit Masseneinfluss entwickelt. Vor dem Entstehen des Neocardenismus standen wir kurz davor, dass die Konvergenz des Großteils der revolutionären Linken um die PRT herum erreicht war. (…)
- Der Eintritt in bereits bestehende oder entstehende revolutionäre Projekte ist der Weg gewesen, den unsere Sektion in Kolumbien eingeschlagen hat. Unsere Genoss*innen sind auf der Grundlage von politischer Übereinstimmung im wesentlichen zur Situation in Kolumbien in „A Luchar“ eingetreten. (…)
- Mit der Beteiligung an einer revolutionären politischen Front bei Beibehaltung einer unabhängigen Existenz haben unsere Genoss*innen in Uruguay mit der Bildung des Movimiento de Participación Popular (MPP) eine sehr wichtige Erfahrung gemacht. In der MPP sind unterschiedliche Strömungen zusammengegangen: MLN-Tupamaros, PVP, MRO und die PST sowie ein bedeutender Anteil von unabhängigen Einzelpersonen.
Im Jahre 2003 haben wir diese Orientierung bestätigt:
„Der Kampf um solche Parteien wird eine Reihe von jedem einzelnen Land eigenen Stadien, Taktiken und Organisationsformen durchlaufen. Antikapitalistische Neubildung muss von Anfang an ein zentrales Ziel verfolgen: eine tatsächliche und sichtbare Polarisierung zwischen sich selber und allen Kräften, die loyal zu einem sozialen Neoliberalismus stehen (Sozialdemokratie, Poststalinismus, Kräfte der politischen Ökologie, Populist*innen), herbeiführen, um deren Krise zu beschleunigen und für einen positiven Ausgang zu sorgen.
Dies erfordert:
- die Existenz von beträchtlichen politischen Kräften, in denen revolutionär-marxistische Kräfte mit bedeutenden oder renommierten Strömungen oder Repräsentant*innen zusammenarbeiten, die mit reformistischen Parteien brechen, ohne dass sie notwendigerweise zu revolutionär-marxistischen Positionen gelangen;
- ein respektvolles, aber enges Verhältnis zur sozialen Bewegung, deren Forderungen und Aktivitäten von der neu gebildete Organisation aufgegriffen werden;
- eine Formation, die in der Gesellschaft als repräsentativ anerkannt wird, die das Monopol der Pro-Sozial-Neoliberalismus-Parteien brechen kann und dank des allgemeinen Wahlrechts Abgeordnete in den Vertretungen auf örtlicher, regionaler, nationaler sowie eventuell internationaler (europäischer) Ebene hat;
- ein pluralistisches Funktionieren, das über einfache interne Demokratie hinausgeht und sowohl Aufeinanderzugehen als auch Diskussionen befördert, so dass das Fortbestehen einer revolutionären marxistischen Strömung als ein akzeptierter Teil eines breiteren Ganzen möglich ist.
In Lateinamerika ist der Aufbau von breiten, pluralistischen und real im Proletariat und in den sozialen Bewegungen, die den Widerstand gegen den Neoliberalismus im Rahmen des Kampfs gegen die kapitalistische Globalisierung zum Ausdruck bringen, verankerten antikapitalistischen Parteien und/oder Zusammenschlüssen. Als revolutionär-marxistische Strömung sind wir für den Aufbau eines ,harten Kern‘ der Linken. Diese Perspektive kann nicht aufgehen, wird strategische Reflexion, radikale Aktivität und kühne Initiativen durch eine sektiererische Haltung der ,Selbstproklamation‘ und einem Konservatismus ,unserer Identität‘ ersetzt.“[7]
2010 haben wir den Akzent eher auf den Wiederaufbau der Linken als auf mögliche Beziehungen zu den bereits bestehenden Linkskräften unterschiedlicher Art gelegt:
„Wir wollen uns für diese Reorganisierung engagieren, damit eine neue Linke auf der Höhe der Herausforderung dieses Jahrhunderts gebildet und die Arbeiterbewegung, ihre Strukturen, ihr Klassenbewusstsein, ihre Unabhängigkeit von der Bourgeoisie in politischer und kultureller Hinsicht wiederaufgebaut werden kann.
- Eine antikapitalistische, internationalistische, ökologische und feministische Linke;
- eine Linke, die eindeutig eine Alternative zur Sozialdemokratie und ihren Regierungen ist;
- eine Linke, die für einen Sozialismus des 21. Jahrhunderts kämpft, einen Sozialismus der Selbstverwaltung und einen demokratischen Sozialismus, die sich ein konsequentes Programm gibt, um dahin zu gelangen;
- eine Linke, die sich dessen bewusst ist, dass sie für dieses Ziel mit dem Kapitalismus und seiner Logik brechen muss und dass sie nicht verwalten darf, was sie bekämpfen will, auch dass sie mit den politischen Kräften brechen muss, die ihrerseits keinen Bruch vollziehen wollen;
- eine pluralistische und in den sozialen Bewegungen sowie der Welt der Arbeit verankerte Linke, die die Kampfbereitschaft der Arbeiter*innen, die Befreiungs- und Emanzipationskämpfe der Frauen, der LGBT-Bewegung und die ökologischen Kämpfe aufgreift;
- eine nicht-institutionelle Linke, die ihre Strategie auf die Selbstorganisation des Proletariats und aller Unterdrückten gemäß dem Prinzip, wonach die Befreiung der Arbeiter*innen das Werk der Arbeiter*innen selber sein muss, stützt;
- eine Linke, die alle Formen der Selbstorganisation der Arbeitenden und der Unterklassen vorantreibt, durch die die Fähigkeit zum Denken, zu Entscheidungen und zum Handeln für sich selber und aufgrund eigener Entschlüsse befördert wird;
- eine Linke, die die neuen sozialen Sektoren und neue Themen, wie sie in den Weltsozialforen zum Ausdruck gekommen sind, aufgreift und die vor allem die neuen Generationen integriert, denn nur mit Altem lässt sich nichts Neues machen;
- eine internationalistische und antiimperialistische Linke, die gegen die Vorherrschaft und den Krieg und für die Selbstbestimmung der Völker kämpft und die den Rahmen einer demokratischen Masseninternationale absteckt;
- eine Linke, die imstande ist, das wertvolle Erbe des kritischen und revolutionären Marxismus mit den feministischen und ökosozialistischen oder den Ausarbeitungen der indigenen Bewegungen in Lateinamerika zu verbinden;
- eine unabhängige und klassenorientierte Linke, die für die größtmögliche Einheit in der Aktion gegen die Krise und für die Rechte, die Errungenschaften und die Bestrebungen der Arbeitenden und aller Menschen eintritt.“[8]
Dies sind die Kriterien und der allgemeine Gehalt unserer Orientierung auf den Aufbau neuer nützlicher antikapitalistischer politischer Instrumente, um das gegenwärtige System zu bekämpfen.
Unterschiedliche Wege zu gleichen Zielen – Brüche und Weggabelungen
Wie wir in den verschiedenen Resolutionen aufgezeigt haben, hängt die Entscheidung in der Frage, welches politische Instrument am besten der gegebenen Situation in einem Land zu einem bestimmten Zeitpunkt entspricht, von dem Verständnis der konkreten Situation, der Entwicklungsdynamik und der real existierenden Kräfte ab. Kein Rezept von außen, mit welchem Etikett auch immer, kann das Verständnis der realen Situation ersetzen.
Weil die Nützlichkeit eines politischen Instruments nur durch diese konkrete Analyse bestimmt werden kann, ist es offensichtlich, dass sich der Typus des notwendigen politischen Instruments ändert, wenn sich die Situation ändert. Das beste Szenario ist, wenn das parteipolitische Instrument, an dessen Aufbau wir beteiligt sind, sich an die Entwicklung der Erfordernisse anpasst; wir kämpfen in den Parteien, in denen wir mitarbeiten, für die Entwicklung der politisch-programmatischen Grundlagen, damit sie zu der Anpassung an die Erfordernisse in der Lage sind.
Es kann aber der Fall sein, dass dies nicht gelingt und dass das Notwendige verraten wird. In einen solchen Fall müssen wir auf einen Bruch vorbereitet sein und ein neues politisches Instrument bilden, wenn wir zu dem Urteil kommen, dass wir die politische Auseinandersetzung verloren haben.
Das heißt jedoch nicht, die vorherige Entscheidung sei falsch gewesen (auch wissen wir, dass Parteien, die den Anspruch erhoben haben, dass sie auf dem Boden des vollen Programms der bolschewistischen Revolution stehen, verraten, reformistisch werden können usw.). Wir müssen beurteilen, ob diese Parteien zum Zeitpunkt ihrer Gründung und in ihrer ersten mehr oder weniger langen Phase positive Auswirkungen auf die nationale politische Situation gehabt haben.
Es kann auch der Fall sein, dass ziemlich rasch klar wird, dass das politische Instrument eine Übergangsformation ist
Während wir der Auffassung sind, dass die Entwicklung der brasilianischen PT oder von Rifondazione in Italien letzten Endes in eine als Sackgasse geführt hat, bedeutet das nicht, wir hätten falsch gelegen, als wir uns an diesen Parteien beteiligten, oder dass diese Parteien nicht zu bestimmten (mehr oder minder langen) Zeiten ein positiver Ausdruck der Wünsche nach einem grundlegenden Systemwechsel gewesen oder dass sie nicht fähig gewesen wären, konkrete Schritte nach vorne zu erreichen.
Es kann auch der Fall sein, dass ziemlich rasch klar wird, dass das politische Instrument eine Übergangsformation ist und dass es Ziel sein muss, den Kampf um die Bildung einer neuen politischen Partei zu führen.
Weil wir feststellen, dass die Art unseres notwendigen politischen Instruments sich mit der politischen Situation weiterentwickeln, wissen wir, dass wir, wenn die Revolution am Horizont erscheint, eine Partei benötigen werden, die diese Chance begreift und ergreift. Allerdings wissen wir auch, dass die Proklamation zur revolutionären Partei heute in den meisten Fällen nicht notwendigerweise bzw. in den meisten Fällen nicht bedeutet, dass die Kriterien erfüllt werden, die wir für eine Organisation bestimmt haben, die im Klassenkampf nützlich ist.
Das soll nicht heißen, dass es nicht auch Erfahrungen mit Parteien gegeben hat, die sich selbst offen als revolutionäre Parteien bezeichnen und die einen realen Einfluss hatten: die SWP in den USA in der Anti-Kriegsbewegung; die LCR in Frankreich oder außerhalb unserer Bewegung die britische SWP beim Aufbau der Anti-Nazi League in den 1970er Jahren. Dieser Einfluss ist allerdings ein Produkt einer besonderen politischen Situation gewesen und kann nur in diesem Kontext richtig verstanden werden. Außerdem ist ihr Einfluss immer noch bescheiden gewesen, diese Parteien haben – mit Ausnahme der LCR im letzten Jahrzehnt ihrer Existenz durch die beiden Besancenot-Präsidentschaftswahlkampagnen in 2002 und 2007 – kein Gewicht im politischen Leben in ihren Ländern erreicht, das ausschlaggebend hätte sein können.
Die Bilanz unserer Erfahrungen Anfang der 1990er Jahre
Fast alle nationalen Organisationen der Vierten Internationale haben entsprechend der Möglichkeiten, die ihrer Auffassung nach der jeweiligen nationalen Situationen entsprach, versucht, breitere politische Formationen aufzubauen und als Bestandteil von ihnen zu agieren.
Die ersten Erfahrungen datieren aus den 1980er Jahren und nahmen zahlreiche unterschiedliche Formen an. Die Genoss*innen in Brasilien haben sich ab 1980 an der Gründung und dem Aufbau der Arbeiterpartei (PT) beteiligt. 1986 ist in den USA durch eine Umgruppierung von drei Organisationen der revolutionären Linken Solidarity gebildet wurde. 1989 ist die Rot-Grüne-Allianz in Dänemark durch ein Abkommen der Kommunistischen Partei, der Linkssozialistischen Partei[9] und unserer eigenen Sektion gebildet worden. Zehn Jahre später, 1999, wurde auch in Portugal der Linksblock von der Sektion der Vierten Internationale, einer Strömung der Kommunistischen Partei und einer maoistischen Organisation gebildet.
In Asien haben sich in den 1990er und 2000er Jahren bedeutende Organisationen, die von anderen Strömungen herkamen, uns angeschlossen: Die philippinischen Genoss*innen brachen mit dem Maoismus; die Genoss*innen in Pakistan waren früher in der Militant-Tendenz; die Genoss*innen in Sri Lanka haben ihre Wurzeln in der früheren Sektion der Vierten Internationale in Sri Lanka vor 1964 und waren ebenfalls eine Weile beim Committee for a Workers International (CWI); in Bangladesh waren unsere Genoss*innen ursprünglich Maoist*innen und wurden zu Anhänger*innen von Gramsci.
Einige Versuche einer Vereinigung revolutionärer Strömungen sind mehr oder weniger schnell gescheitert
Vor allem diese Organisationen sind mit einer Situation extremer Gewalt konfrontiert gewesen, wenn auch auf verschiedene Weise: Auf den Philippinen mittels Selbstorganisation bedrohter Gemeinschaften und einer bewaffneten Organisation im Untergrund, die die Verhandlungen mit der Regierung unterstützt, in Pakistan mit einer öffentlichen politischen Kampagne gegen die Gewalt des Staates und der Taliban.
Einige unserer nationalen Organisationen, vor allem – aber nicht nur – besonders in Europa, haben sich in diesen Jahrzehnten am Aufbau verschiedener dauerhafter Organisationen beteiligt, so in Italien oder Großbritannien, aber auch in Südafrika und Puerto Rico. In Brasilien beteiligen sich die Genoss*innen nach dem Verrat der Arbeiterpartei am Aufbau der PSOL.
Einige Versuche einer Vereinigung revolutionärer Strömungen sind mehr oder weniger schnell gescheitert: Im Spanischen Staat die Vereinigung mit der maoistischen MC/MKE, in Deutschland die mit Post-Stalinist*innen im Rahmen der VSP. Andere Zusammenschlüsse dieser Art existieren dagegen seit 15 Jahren oder länger, wie Solidarity in den USA oder Socialist Resistance in Großbritannien. Ein wesentlicher Punkt in der Bilanz ist, dass sie überleben, wenn Einigkeit zu den Aufgaben in der nationalen Lage besteht.
Auch andere Initiativen scheiterten dabei, das erhoffte Potenzial zu erreichen. Das bekannteste Beispiel ist die Bildung der Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA) durch die Sektion in Frankreich im Jahr 2009; das betrifft aber auch Left Unity in Großbritannien (entstanden 2014). In beiden Fällen war ein Faktor für das Scheitern das unerwartete Aufkommen einer linken Strömung in der Sozialdemokratie – die Parti de Gauche in Frankreich sowie das Corbyn-Phänomen in Großbritannien –, die der Dynamik der neuen Projekte entgegen liefen. Allerdings ist es bislang in keinem Fall erwiesen, dass es sich um ein dauerhaftes und glaubwürdiges radikales neues politisches Instrument handelt; diese Entwicklungen beweisen jedoch, dass die Sozialdemokratie zwar im Niedergang, doch noch nicht tot ist. (Das soll nicht heißen, Ursache der Krise der NPA sei einzig der genannte Faktor.)
Auf der anderen Seite haben die Rot-Grüne-Allianz in Dänemark und der Linksblock in Portugal in ihren jeweiligen Ländern weiter eine bestimmte Rolle und Einfluss als linke Parteien. Das gilt ebenso für Podemos, dessen Schwung und Basis viel mehr mit der Entwicklung spontaner Widerstandsbewegungen und der Radikalisierung verbunden ist, wie sie die Bewegung der Indignad@s ausgezeichnet hat.
Tragischerweise hat der revolutionäre Prozess in den arabischen Ländern nicht zum Aufstieg solider organisierter politischer Kräfte geführt, die fähig wären, der Massenbewegung eine politische Führung zu geben
Podemos ist gegenwärtig die einzige politische Kraft, die als ein Produkt solcher Bewegungen charakterisiert werden kann, auch wenn die Unterstützung für Sanders in den USA oder Corbyn in Großbritannien einige Gemeinsamkeiten damit aufweist. Diese beiden Phänomene scheinen allerdings im Widerspruch zu einem der Merkmale der neuen Radikalisierung zu stehen: der Ablehnung von politischen Parteien im allgemeinen; dies ist meistens ein Ergebnis der Enttäuschungen über die etablierten Parteien, bei den am stärksten radikalisierten Kräften aber auch wegen des elitären und sektiererischen Verhaltens der Gruppen der radikalen Linken in den sozialen Bewegungen.
Dabei ist in der letzten Zeit in den USA und in Europa allerdings zu beobachten, dass es zwar weiter Vorbehalte gegenüber den Parteien gibt und zugleich eine strategische Wendung zur wahlpolitischen Arena vollzogen wurde; hierfür gibt es mehrere Gründe: die Tiefe der politischen, ökonomischen und sozialen Krise; das Beispiel der arabischen Revolutionen, die auf den Sturz der Regierungen und Regimes zielten; die Schwierigkeiten, Teilsiege allein durch soziale Kämpfe zu erringen; die gesteigerte Diskreditierung der politischen Elite selber, die ein Bild der Schwäche abgibt.
Tragischerweise hat der revolutionäre Prozess in den arabischen Ländern nicht zum Aufstieg solider organisierter politischer Kräfte geführt, die fähig wären, der Massenbewegung eine politische Führung zu geben – teilweise mit der Ausnahme der Front Populaire in Tunesien.
Unsere Erfahrungen in Bezug auf die Bildung von Parteien, die für Klassenkampf nützlich sind, beziehen sich generell auf die Beteiligung an Parteien, die einen bestimmten Einfluss in ihren Ländern erreicht haben, obwohl sie Minderheitenparteien sind (mit einem durchschnittlichen Wähler*innenanteil von unter zehn Prozent und mit wenigen Tausend Mitgliedern), mit relativ stabilen politischen Verhältnissen und einer Situation, in der ein Kollabieren der traditionellen Parteien nicht absehbar war, wie auch die „Machtfrage“ nicht anstand oder höchstens in Form der Frage, welche Verbindungen zur Sozialdemokratie gewählt werden sollten. Es hat aber einige Situationen gegeben, in denen wir in einer anderen Lage mit anderen Möglichkeiten und mit anderen Problemen waren: Situationen einer politischen Krise, in denen es durchaus abzusehen war, dass nicht-führende Klassenparteien eine politische Mehrheit bekommen, eine Regierung bilden können usw. Der Fall der PT ist ein Beispiel; Podemos ist ein weiteres; der Fall einer Gruppe, zu der wir genossenschaftliche Verbindungen haben, nämlich DEA innerhalb von Syriza, ist ein weiteres Beispiel gewesen. Dann gibt es noch Marea Socialista, die einige Jahre lang innerhalb der PSUV waren, wobei es sich in diesem Fall um einen langen Prozess einer linken Regierung im Amt handelt.
Es wäre zu lang, all die unterschiedlichen Erfahrungen in den unterschiedlichen Ländern aufzulisten. Es sind eine Reihe von Bilanzen geschrieben und vor allem in Inprecor und International Viewpoint veröffentlicht worden.[10]
Als generelle Schlussfolgerung können wir jedoch feststellen, dass zwar keines der Modelle zu einem bedeutenden Durchbruch geführt hat, dass es aber dauerhafte negative Auswirkungen haben wird, wenn man nicht dazu imstande ist, Chancen wahrzunehmen, die sich aus qualitativen oder quantitativen Fortschritten bei der Zusammenführung von Kräften ergeben, die für den Klassenkampf nützlich sind.
Lehren aus diesen Bilanzen
Die Lehren, die wir aus diesen unterschiedlichen Erfahrungen gemeinsam gezogen haben, sind in die Resolutionen der Weltkongresse und in eine Reihe von Beiträgen im Rahmen der bilanzierenden Diskussionen nach dem Weltkongress von 2010, die auf den Treffen des Internationalen Komitees stattgefunden haben, eingeflossen.
Sie haben sich um die Notwendigkeit gedreht, politische Auseinandersetzungen innerhalb der Kräfte, die wir mit aufbauen, zu führen, Auseinandersetzungen um die folgenden Fragen:
- Beteiligung an den sozialen Bewegungen und Kämpfen der Unterdrückten und Ausgebeuteten nicht als von außen wirkende politische Elite, sondern als ein organischer Teil dieser Bewegungen und Kämpfe durch die Entwicklung politischer Analysen und Forderungen und das Weitertreiben der Kämpfe um diese Forderungen bis zu ihrem Ende. In diesem Prozess lernen wir auch von den Bewegungen, um unser eigenes Programm zu vertiefen und anzureichern – wie wir es in Bezug auf Feminismus, Ökologie und LGBTQI-Fragen tun.
- Aufbau von aktiven, radikalen und klassenkämpferischen Gewerkschaften, sei es durch Mitarbeit in den bestehenden Gewerkschaften oder durch die Bildung neuer Gewerkschaften, wenn es nötig und angemessen ist.
- Eine klare Haltung zum Staat und den Institutionen; die Teilnahme an Wahlen als Unterstützung der Arbeit in den Massenbewegungen, die stets der Schwerpunkt unserer Aktivitäten sein muss; eine klare Haltung zur Rolle von gewählten Mandatsträger*innen und ihr Verhältnis zur Partei, weil die Abgeordneten oft die am meisten sichtbaren Vertreter*innen der Partei sind, deren Handeln (über Abstimmungen) als das wirksamste betrachtet wird und die oft unter dem stärksten Druck stehen, kurzfristig Nutzen zu bringen. Es liegt in der Verantwortung der Partei, den politischen Rahmen der Aktivitäten ihrer Mandatsträger*innen festzulegen.
- Die Wichtigkeit eines internationalen und internationalistischen Verständnisses der politischen Weltlage, die zur Beteiligung an internationalen Kampagnen und aktiver Solidarität sowie an der Vierten Internationale führen sollte (siehe unten).
- Die Notwendigkeit einer demokratischen und transparenten Funktionsweise der Partei mit breiter Demokratie einschließlich des Rechts, Tendenzen zu bilden; gegen ein vertikales Top-Down-Funktionieren der Partei; Beteiligung der Mitglieder an den Aktivitäten und der Beschlussfassung der Partei, mit den dafür notwendigen Organisationsstrukturen; ein Bewusstsein darüber, dass die Unterdrückung auch noch in den Partei fortbesteht, die von sich sagen, sie seien gegen alle Formen besonderer Unterdrückung, von Frauen und anderen, für die Bildung von Strukturen, Arbeitsformen und Abläufen, die diesem Problem angemessen sind.
- Die Anerkennung der Bedeutung der „neuen“ Fragen, die in den Kämpfen und Widerstandsaktionen der Unterdrückten und Ausgebeuteten aufkommen – insbesondere Feminismus, Ökologie, LGBTQI.
- Ein beharrlicher Kampf auf der Basis von Solidarität und Einheit gegen alle Formen des Rassismus, einschließlich gegenüber indigenen Bevölkerungsteilen, Antisemitismus, Islamophobie und für die Bewegungsfreiheit von Migrant*innen.
- Die Wichtigkeit einer Erneuerung unserer Organisationen durch offene und dynamische Rekrutierung von radikalisierten jungen Menschen und deren Integration in die Partei.
Die Bedeutung der Vierten Internationale
Ein wesentliches Element in allen Bilanzen, beginnend mit der DS-Strömung innerhalb der PT, ist die absolute Notwendigkeit, einen nationalen und internationalen Rahmen für die Vierte Internationale beizubehalten, als einen Platz des Austausches, der Debatte und des Abgleichs nicht nur bezüglich unseres Verständnisses der gesamten internationalen politischen Lage, sondern auch bezüglich der aktuellen Erfahrungen mit dem Aufbau politischer Organisationen. Das heißt Organisierung als Mitglieder der Vierten Internationale, mit einem politischen Rahmen, der die Möglichkeit zur Debatte unter Genoss*innen bietet, wobei dieser politische Rahmen auf der Basis der neuen Erfahrungen jeweils zu erneuern ist.
Wir sind aktiv bemüht, zusammen mit Strömungen und Einzelmitgliedern, die nicht unser gesamtes historisches Programm teilen, Organisationen aufzubauen, allerdings mit der Perspektive, eine politische Kraft zu schaffen, die auf den wesentlichen Elementen unseres Programms basiert. Wir sind jedoch der Ansicht, dass unser gemeinsamer politischer Rahmen, der von der Gesamtheit der historischen und politischen Ereignisse geformt wird, von den ersten Beiträgen zu Denkweise und Analysen des Marxismus bis zu heutigen Erfahrungen und Beiträgen, einen unersetzlichen Zusammenhang für fruchtbare Debatten schafft, in dem die nationalen Erfahrungen durch andere ausgeglichen und ergänzt werden, in dem Erfahrungs- und Meinungsaustausch dabei helfen können, unseren Genoss*innen in den verschiedenen nationalen Umfeldern neue Perspektiven zu eröffnen. Deshalb sind die jährlichen direkten persönlichen Diskussionen auf den Treffen des IK zwischen führenden Genoss*innen einer möglichst großen Anzahl unserer Organisationen und von Organisationen, die uns freundschaftlich verbunden sind und die wir zur Teilnahme eingeladen haben, unerlässlich.
Auf nationaler Ebene werden die genauen Formen dieser Debatten und die entsprechenden Organisationsstrukturen so verschieden sein wie die breiteren politischen Organisationen auch. Es wird ein Spannungsverhältnis geben, weil wir einerseits über die ursprünglichen Grenzen der politischen Strömungen, die an der Bildung der neuen Parteien beteiligt sind, hinausgehen, einschließlich der Auflösung bisheriger Organisationen, und weil wir andererseits an unserer Überzeugung festhalten, dass ein gemeinsamer Rahmen der Vierten Internationale aus den bereits genannten Gründen unerlässlich ist. Die Auflösung dieses Spannungsverhältnisses in einer der jeweiligen Situation angemessenen Art und Weise ist eine der Herausforderungen, vor denen wir stehen.
Auf internationaler Ebene ist unsere Presse sowohl in gedruckter Form als auch in den Online-Versionen ein wichtiges Mittel für diesen Austausch. Dieses Auftreten sollte (endlich) durch den Start einer Website der Vierten Internationale, die sowohl aktuell ist als auch Archiv mit unseren Resolutionen und weiteren wichtigen Texten mindestens in den drei Arbeitssprachen der Internationale sowie in den anderen weiteren Sprachen, in denen sie jeweils zur Verfügung stehen.
Das Jugendlager ist eine einzigartige Gelegenheit, junge Genoss*innen und Sympathisant*innen in einer gemeinsamen politischen Initiative zusammenzubringen
Unsere Schulungen und Seminare sind unschätzbare Gelegenheiten, unsere Genoss*innen weiterzubilden und Mitglieder von den politischen Gruppierungen einzuladen, mit denen wir eine Beziehung vertiefen wollen. Die Teilnahme an den Schulungen spielte zum Beispiel eine wesentliche Rolle bei der Vertiefung unserer Beziehung zu den philippinischen Genoss*innen, bevor sie beigetreten sind. Die Weiterentwicklung des IIRE mit den regulären Schulungen in Manila und den Seminaren in Islamabad hat große Bedeutung beim Ausbau unserer realen Präsenz als Internationale in dieser Weltregion.
Das Jugendlager ist eine einzigartige Gelegenheit, junge Genoss*innen und Sympathisant*innen oder befreundete Organisationen in einer gemeinsamen politischen Initiative zusammenzubringen, insbesondere für unsere Organisationen in Europa. Dort wird zu den Kernelementen des Programms der Vierten Internationale eine Diskussionsmöglichkeit angeboten, bei der sich die Teilnehmer*innen über ihre realen Aktivitäten als Jugendliche austauschen können. Dies ist ein sehr wichtiger Teil der Ausbildung neuer Kader mit einem internationalistischen Verständnis der Komplexität unserer verschiedenen politischen Ansätze. Auch wenn diese Camps aus Gründen der Praktikabilität – Kosten und Verwirklichung einer wirklichen Selbstorganisation bei Vorbereitung und Auswertung der Camps – eine europäische Initiative bleiben sollte, ist die Teilnahme von jungen Genoss*innen aus anderen Ländern, vor allem, wenn dies mit der Teilnahme an der Jugendschule oder an einem Seminar verbunden wird, eine wichtige Investition in unsere Zukunft.
Auf zu einer neuen Internationale?
Die Schwierigkeiten, neue Organisationen auf nationaler Ebene aufzubauen, sind auf internationaler Ebene ungleich größer. Trotzdem sind internationale Kontakte zwischen radikal-linken politischen Organisationen für uns vorrangig. Das kann durch einen Ausbau unserer direkten Beziehungen zu verschiedenen einzelnen Organisationen erfolgen, seien es traditionelle Organisationen der radikalen Linken, seien es neu entstandene Strömungen. Gleichzeitig beteiligen wir uns an Foren solcher Organisationen, die von anderen organisiert werden, oder wir ergreifen selber die Initiative zu solchen Foren. Seit dem Niedergang der Bewegung der Sozialforen sind die Möglichkeiten geringer geworden als in der 2000er Dekade, wir sollten aber allen solchen Initiativen Aufmerksamkeit schenken.
Verweise
[1] Ein Beschluss des Weltkongresses 2010 sah vor, ein Seminar zur Bilanz der Orientierung auf den Aufbau „breiter Parteien“ abzuhalten. Das IK von 2011 entschied auf Vorschlag der dänischen Genoss*innen, dass dies Bestandteil des normalen Treffens des IK sein soll. Im Jahr 2013 wurde festgelegt, diese Debatte als Teil der folgenden IK-Treffen fortzusetzen. Insgesamt hat das IK Bilanzen der folgenden Erfahrungen diskutiert: 2012 – PT in Brasilien, Rot-Grüne Allianz in Dänemark, Linksblock in Portugal, Rifondazione Comunista und Sinistra Critica in Italien; 2013 – LPP/AWP in Pakistan, von der LCR zu Anticapitalistas im Spanischen Staat, von der LCR zur NPA in Frankreich; 2014 – RPM-M auf den Philippinen, Respect und Left Unity in Britannien, Antarsya und Syriza in Griechenland; 2015 – Podemos im Spanischen Staat; 2016 – Podemos im Spanischen Staat und Linksblock in Portugal. Eine übergreifende Diskussion zu einigen vorläufigen Schlussfolgerungen im Jahr 2013 führte zu dem Beschluss, die Diskussionen des „Seminars“ fortzusetzen.
[2] 1969 hat sich die Resolution des 9. Weltkongresses, gestützt auf die Analyse der weltweiten Jugendradikalisierung, allein auf den Aufbau von revolutionären Jugendorganisationen in enger Anlehnung an die Partei konzentriert. 1974 haben wir die Position einer „siegreichen Hegemonie“ mittels einer „neuen Avantgarde mit Massencharakter“ und damit des Aufbaus von „qualitativ stärkeren revolutionären Organisationen“ vertreten. 1979 zielte unsere Orientierung auf den Aufbau von in der Arbeiterklasse verankerten revolutionären Parteien durch eine bewusste Wende zur Industrie ab. Diese Perspektive wurde 1985 erweitert zu einer Hinwendung zu den Massen, den Frauen und der Jugend.
[3] „Building the International today“ (Resolution des 14. Weltkongresses, Februar 1995), Kapitel 1, http://www.internationalviewpoint.org/spip.php?article145.
[4] „Building the International today“, Kapitel 2.
[5] „Building the International today“, Kapitel 3.
[6] „Latin America: The strategic challenge for the revolutionary left“ (Resolution des 13. Weltkongresses, Februar 1991), http://www.internationalviewpoint.org/spip.php?article141.
[7] „Role and Tasks of the Fourth International“ (Resolution des 15. Weltkongresses, Februar 2003), http://www.internationalviewpoint.org/spip.php?article176.
[8] „Role and Tasks of the Fourth International“ (Entwurf des Internationalen Komitees für eine Resolution des 16. Weltkongresses, Februar 2010), http://www.internationalviewpoint.org/spip.php?article1629 (Hervorhebung hinzugefügt).
[9] „Die Linkssozialistische Partei war von Anfang an eine Mixtur aller Elemente der ,Neuen Linken‘: Hippies, Anarchist*innen, Maoist*innen, Trotzkist*innen, andere selbsterklärte Leninist*innen, Antiimperialist*innnen und viele sonstige Schattierungen der Opposition gegen das Establishment.“ (Michael Voss, SAP, „The Red-Green Alliance in Denmark“ (2011), http://internationalviewpoint.org/spip.php?article2332).
[10] „Building new parties of the left“, http://www.internationalviewpoint.org/spip.php?rubrique14.