TEILEN
Innenpolitik

PDS-Bundesparteitag: Sozial mit halber Kraft

Von Trixi Blixer | 01.12.2004

„Sozial mit aller Kraft“ war die Losung der PDS bei der Landtagswahl in Brandenburg. Der Bundesparteitag hat jetzt einem inkonsequenten „Programm gegen Sozialabbau“ zugestimmt.

„Sozial mit aller Kraft“ war die Losung der PDS bei der Landtagswahl in Brandenburg. Der Bundesparteitag hat jetzt einem inkonsequenten „Programm gegen Sozialabbau“ zugestimmt.

Mit einem „Programm gegen Sozialabbau“ will die PDS 2006 wieder in Fraktionsstärke den Sprung in den Bundestag schaffen. So scheint es ihr in erster Linie darum zu gehen, die derzeitige Stimmung zu nutzen, um im September `06 die 5%-Hürde zu überwinden, anstatt den Widerstand gegen die Agenda 2010 in den Mittelpunkt ihrer Politik zu stellen. Von dem Bundesparteitag am Wochenende in Potsdam sei ein Aufbruchsignal für 2006 ausgegangen, sagte der PDS-Vorsitzende Lothar Bisky der dpa. Die rund 400 Delegierten verabschiedeten auf dem Parteitag im Oktober einen Leitantrag des Bundesvorstands, in dem die Alternativvorschläge der PDS zum Sozialkahlschlag der SPD/Grüne-Bundesregierung formuliert sind. Mit diesen Beschlüssen will die PDS zur Bundestagswahl antreten.

Mit Standortlogik gegen die Krise

Bisky argumentiert gegen Billiglohn und Steuerdumping mit dem Standort Deutschland, der so das Rennen um Vorteile nicht gewinnen könne. Damit bleibt er innerhalb der Logik des kapitalistischen Wirtschaftssystems und der verallgemeinerten Konkurrenz. Sozialistisch ist daran allenfalls der Name der Partei. Nicht weiter verwunderlich, fordert der Leitantrag des Vorstandes auf dem Parteitag auch lediglich ein anderes Wirtschaftskonzept: „Deshalb fordern wir eine neue Wirtschaftsstrategie [..]. Eine Wirtschaftspolitik, die die Massenkaufkraft stärkt, nachhaltiges Wachstum fördert, auf die Einführung eines öffentlichen Zukunftsinvestitionsprogramms für Innovation setzt [….]“ (Leitantrag 6/21 ff.) Alte keynesianistische Ideen werden ungeachtet ihres Scheiterns wieder zum Inhalt der PDS-Wirtschaftspolitik gemacht. Von einem anderen, sozialistischen System und dem Weg dorthin, findet mensch im Programm gegen Sozialabbau wenig.
Zugestanden werden muss aber, dass die PDS in ihrer Agenda Sozial eine Mindestrente von 800 Euro und einen Mindestlohn von 1400 Euro mit Arbeitszeitverkürzung fordert. Damit stellt sie sich auf die Seite der klassenkämpferischen GewerkschafterInnen und der sozialen Bewegung, die schon seit einer ganzen Weile die Einführung eines Mindestlohns (allerdings meist für 1500 Euro) gegen Billiglöhne fordern.

Machbare Politik

Die Rückkehr als Fraktion in den Bundestag könne nur gelingen, wenn die PDS ihre ideologischen Grundsatzdebatten zugunsten konkreter Politik beende, mahnte Bisky. Schließlich geht es jetzt um die große Politik: „Wichtig ist, dass auch PDS-Regierungspolitik in Ziel, Inhalt und Vermittlung als sozialistische Politik, die soziale und demokratische Alternativen realisiert, identifizierbar ist […]“ (Leitantrag 4/46 ff) Und so schließt die PDS, ganz sozialistisch (!), lediglich unter den „derzeitigen Bedingungen“ eine Koalition mit SPD/Grünen auf Bundesebene aus. Neben Protest und Widerstand steht im Antrag gleichberechtigt auch die Mitarbeit in Regierungen. VertreterInnen der Kommunistischen Plattform beklagten, die PDS verliere durch ihre Regierungsbeteiligungen zunehmend an Vertrauen. In Regierungen sei die Partei gezwungen, die Arbeitsmarktreform Hartz IV umzusetzen und sich so am Sozialabbau zu beteiligen. Am besten kann mensch in Berlin sehen, wie sich die PDS einmal an die Regierung gekommen, zum Sparkurs zwingen lässt.
Zentral für die Debatten in der PDS und die Verabschiedung des Programms gegen Sozialabbau ist der Blick auf die Bundestagswahl. Wenn die PDS 2006 in Fraktionsstärke in den Bundestag einziehen wolle, müsse sie sich „dem Zeitgeist entgegenstellen“ und machbare Alternativen auf den Tisch legen, sagte Gysi.

Bundestagswahl im Auge

Zwar bekennt sich die PDS im Leitantrag dazu, mit Gewerkschaften, sozialen Bewegungen oder Kirchen zusammenarbeiten zu wollen. Strategisch ist das Papier aber darauf aufgebaut, eine andere, keynesianistische Politik über den parlamentarischen Weg durchsetzen zu wollen. So ist es kein Wunder, dass die PDS auch bereit ist, die Regierung und damit die Verwaltung des kapitalistischen Staates zu übernehmen. Mit einer deutlichen Mehrheit lehnte der Parteitag den Alternativantrag der Parteilinken ab, der die PDS auf die Oppositionsrolle festlegen wollte.
Unstrittig in der Debatte war der im Leitantrag geforderte grundlegende Richtungswechsel in der Politik hin zu mehr „sozialer Gerechtigkeit“. Jedoch sieht die PDS lediglich sich selber als die Kraft, die diesen grundlegenden Wechsel durchführen kann. So hat sie aus ihrer Regierungsbeteiligung in Berlin nicht gelernt, dass eine Partei an der Regierung wenig ändern kann. Schließlich leben wir immer noch in einer Klassengesellschaft, in der die herrschende Klasse das Sagen hat und nicht eine Partei mit einem schönen Programm. Deshalb muss sich der Widerstand gegen Hartz IV und eine andere Politik vor allem als außerparlamentarische Bewegung manifestieren..

Artikel teilen
Kommentare auf Facebook
Zur Startseite