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Betrieb & Gewerkschaft

Nicht nur die GDL ist gefordert!

Von Jakob Schäfer | 28.03.2015

Seit einem guten halben Jahr greifen Bundesregierung, Bahnvorstand und große Teile des DGB die GDL an und stellen gleichzeitig mit dem Gesetzentwurf zur Tarifeinheit das Koalitions- und das Streikrecht infrage.

Europaweit ist das Streikrecht unter Beschuss, nicht nur, aber ganz besonders im Rahmen des EU-Programms Agenda 2020. Die deutsche Ausprägung ist vielfältig: zum einen über das Tarifeinheitsgesetz, das am 21./22. Mai verabschiedet werden soll; zum anderen mit dem Gesetzentwurf der Carl-Friedrich-von-Weizsäcker-Stiftung aus dem Jahr 2012. Dieser Entwurf diente der CSU als Vorlage für ihren Gesetzesvorstoß vom 26. 1. diesen Jahres: „Für ein modernes Streikrecht. Koalitionsfreiheit achten – Daseinsvorsorge sicherstellen.“ Als Begründung dienen die Unannehmlichkeiten, die beispielsweise Bahnkunden bei einem Streik der GDL haben. Man könne nämlich nicht zulassen, dass einzelne Interessengruppen ihre Forderungen „unverhältnismäßig auf dem Rücken von Millionen Bürgern“ austragen.

Auch hier sind jetzt vorgesehen:

  1. ein „obligatorisches Schlichtungsverfahren“
  2. „eine Ankündigungsfrist von vier Werktagen – damit sich die Bevölkerung darauf einstellen kann“ (gemeint ist: damit das Kapital sich darauf einstellen kann, den Streik mit Verlagerungen und dem Einstellen von Streikbrechern zu unterlaufen).
  3. eine „Vereinbarung zur Mindestversorgung – damit die Daseinsvorsorge sichergestellt ist“. Auch damit sollen Streiks unwirksam gemacht werden.


GDL soll vorgeführt werden

Am 23. Februar 2015 unterzeichneten Bayreuther für den Arbeitgeberverband der Deutschen Bahn AG und Weselsky für die GDL eine 7-Punkte-Erklärung, sehr ähnlich der Erklärung vom 17. Dezember. Der Arbeitgeber- und Wirtschaftsverband der Mobilitäts- und Verkehrsdienstleister e.V. (Agv MoVE), der komplett von der Deutschen Bahn dominiert wird und der offizieller Tarifpartner der GDL ist, hatte sich in der Zwischenzeit von seinem eigenen Papier distanziert und mit einer „Rolle rückwärts“ (so die GDL), versucht, seine alte Position durchzusetzen. Die Streikdrohung der GDL vom 18.2. bewirkte dann, dass die Bahn in der Frage der Zuständigkeit der GDL zum Abschluss von Tarifverträgen für ihre Mitglieder einlenkte.

Damit ist aber noch längst kein Tarifvertrag unterzeichnet. Die Frage drängt sich nämlich auf: Ist nicht die Bahn (vor allem die Bundesregierung als „Eigentümerin“) nicht weiterhin bestrebt, den Tarifabschluss rauszuzögern? Und zwar aus zwei Gründen:

Je länger sich alles hinzieht, um so weniger Verständnis hat die Öffentlichkeit, die – von den Medien völlig fehl informiert – davon ausgeht, dass nach so viel Hin und Her ein doch stattfindender Streik an der Sturheit (und „Machtversessenheit“) des GDL-Vorstands liegt.

Zum anderen könnten sich die entscheidenden Verhandlungen auf die Zeit nach der Verabschiedung des Gesetzes rauszögern. Dann hätte die Bahn „Argumente“ für eine weitere Rolle rückwärts. Mit dem Verweis auf die Anwendung des neuen Gesetzes könnte sie dann jegliche weitere Tarifverhandlungen mit der GDL ablehnen und nur noch mit der EVG verhandeln. Die Unterstützung des DGB-Vorstands ist ihr ja gewiss.

Auf die Straße gehen

Der Widerstand ist also so nötig wie eh und je. Deswegen gilt es, den Aufruf zu einer bundesweiten Demonstration gegen das geplante Tarifeinheitsgesetz zu unterstützen (siehe Seite 2 dieser Avanti) und vor allem in den Reihen der DGB-Gewerkschaften für eine aktive Beteiligung zu werben. Denn noch ist das Gesetz nicht durch.

Vor allem aber müsste die GDL dafür gewonnen werden, zu dieser Demonstration aufzurufen, nicht nur weil sie als erste davon betroffen ist. Die Verbindung zu ihrer Tarifrunde ist so klar und eindeutig, dass es ein Leichtes sein müsste, nicht nur den Zusammenhang in der Öffentlichkeit zu erklären, sondern auch Kolleg­Innen zu mobilisieren. Auch die anderen „Spartengewerkschaften“ müssten sich eigentlich endlich mal bewegen und sich nicht nur auf die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht zu verlassen. Denn erstens dauert so etwas viele Jahre und zweitens werden in dieser Zeit Fakten geschaffen: Allein der bürokratische Aufwand (die Feststellung, wer jeweils die Mehrheitsgewerkschaft ist) wird in vielen Fällen zu weitreichenden Einschränkungen von Streiks bzw. überhaupt der Streikbereitschaft führen.

Auch ver.di, GEW und NGG sind gefordert

Nicht zuletzt die drei DGB-Gewerkschaften, die den Gesetzentwurf nicht unterstützen, sind aufgerufen, jetzt – da es noch nicht zu spät ist – endlich mehr zu machen, als nur im Internet Unterschriften zu sammeln. Machen wir ihnen überall dort, wo wir das können, so viel Dampf, dass sie am 18. April dabei sind.

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