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Innenpolitik

NATO-Sicherheitskonferenz: Jährlicher Protest

Von Korrespondentin | 01.02.2005

Ein Überblick der vergangenen und aktuellen Proteste gegen die alljährliche NATO-Sicherheitskonferenz in München.

1962 – 2001 Jahre (fast) ohne Protest
Der deutsche Verleger Ewald von Kleist begründet die Wehrkundetagung in München, die später umbenannt wird in internationale „Konferenz für Sicherheitspolitik“. Eingeladen zu diesem Diskussionsforum sind Kabinettsmitglieder, Abgeordnete, hochrangige Militärs, WissenschaftlerInnen und MedienvertreterInnen. Thematischer Schwerpunkt sind außen- und sicherheitspolitische Fragen der europäisch-amerikanischen Beziehungen.
Neben über hundert TeilnehmerInnen aus NATO-Ländern nehmen v. a. seit den 90er Jahren auch Delegationen aus osteuropäischen Staaten, aus Russland, China, Japan und Indien an der Konferenz teil. Themenschwerpunkte sind u. a. die „Deutsche Sicherheitspolitik“ oder „Perspektiven der NATO an der Schwelle zum 21. Jahrhundert“.

2002 – Krieg gegen Terror und Demoverbot

Bei dieser Konferenz wird bereits offiziell der Angriff auf den Irak angekündigt. Richard Perle, Sicherheitsberater des amerikanischen Präsidenten, erklärt, die US-Regierung sei „entschlossen, Saddam Hussein mit Gewalt aus dem Amt zu vertreiben, auch gegen den Willen der Europäer.“ Edmund Stoiber und Angelika Merkel nutzen die Konferenz als Tribüne die Aufrüstung der EU zu propagieren und fordern eine deutliche Steigerung der Militär- und Rüstungsausgaben.
Zum ersten Mal kommt es gegen die NATO-Sicherheitskonferenz zu Massenprotesten in München. Ein großes Bündnis, an dem auch der RSB aktiv beteiligt ist, bildet sich, um die Gegenaktivitäten vorzubereiten. Auf Betreiben des Bayerischen Innenministeriums verbietet Oberbürgermeister Ude alle geplanten Demonstrationen am Konferenzwochenende. Trotz des dreitägigen absoluten Versammlungsverbots protestieren am Samstag 10 000 Menschen auf der Straße. Die Gegenkonferenz am Samstagabend im DGB-Haus, auf der auch ein Genosse der IV. Internationale aus Frankreich spricht, wird von der Polizei blockiert und das DGB-Haus abgeriegelt. Gewalttätig sind an diesem Wochenende nur die Polizeieinsatzkommandos, die 850 DemonstrantInnen verhaften, nur weil sie von ihrem Recht auf Meinungsfreiheit Gebrauch machen.
2003 – Irakkrieg und Demos
US-Kriegsminister Rumsfeld nutzt die Sicherheitskonferenz erneut als Propagandaforum für den längst beschlossenen Angriffskrieg gegen den Irak. Die deutsche Kriegsgegnerschaft erschöpft sich in der Äußerung Außenminister Fischers, er sei von den Argumenten Rumsfelds „nicht überzeugt“. Der Krieg sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht gerechtfertigt. Wirklich ernst zu nehmende Maßnahmen, etwa die Verweigerung von Überflugrechten; Militärtransporten und Unterstützungsleistungen der Bundeswehr für den Krieg, werden von der Bundesregierung nicht in Erwägung gezogen.
30 000 Menschen demonstrieren an diesem Wochenende in München gegen den bevorstehenden Irakkrieg und die Kriegstreiber im Hotel Bayerischer Hof. Ein Verbot wie im Jahr zuvor kann sich die Stadt nicht ein zweites Mal leisten. Der RSB beteiligt sich nicht nur an den Vorbereitungen zur Demo, sondern organisiert einen eigenen Block und unterstützt die Kundgebung mit einem Redner.

2004 – Besatzung und weitere Proteste

Alle NATO-Kriegsminister treffen sich zu einer ersten Beratung mit dem neuen NATO-Generalsekretär. Außenminister Fischer und Kriegsminister Struck akzeptieren und rechtfertigen die illegale Besatzungsherrschaft im Irak. Fischer verdeutlicht die Haltung der Bundesregierung: „Jetzt müssen wir alle nach vorne blicken, egal, wie unsere Haltung zum Krieg (gegen den Irak) gewesen ist … Wir sind uns einig, dass die Anstrengungen der Koalition Erfolg haben müssen“.
8 000 Menschen demonstrieren am Samstag gegen die NATO-Tagung. Auch gibt es wieder einen bundesweiten Block des RSB auf der Demo. Die geplante Menschenkette am Freitagabend wird durch ein massives Polizeiaufgebot und wiederholte Übergriffe auf DemonstrantInnen verhindert. Am Freitagabend beteiligt sich der RSB solidarisch an der Kundgebungen, die massiv von der Polizei gestört werden.
2005?
Diesjähriges Motto der Konferenz heißt zynisch „Frieden durch Dialog“. Also soll die NATO-Konferenz als Friedenskonferenz verkauft werden. Dazu passt auch, dass als besonderes Highlight eine neu geschaffene Friedensplakette an Kofi Annan verliehen werden soll. Zu der vom 11. bis 13. Februar 2005 stattfindenden Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik werden wieder hochkarätige VertreterInnen erwartet: Bundespräsident Horst Köhler (CDU) und Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) haben ebenso wie Annan ihr Kommen angekündigt.
Veranstalter Teltschik sieht als zentrales Thema dieses Jahr die Diskussion über eine eigenständige europäische Sicherheitsstrategie: „Wir gefallen uns ständig in der Rolle, die Amerikaner zu kritisieren. Aber weder Deutschland noch Europa bieten eigene Initiativen!“ Als ständiges Thema der Konferenz wird weiterhin die Zukunft der NATO diskutiert werden. „Wie wird künftig die Europäische Union mit der amerikanischen Regierung zusammenarbeiten“, bzw. „Wie wird die Absicht einer gemeinsamen europäische Außen- und Sicherheitspolitik in Einklang mit der Transatlantischen Allianz zu bringen sein“ sind laut Teltschik Fragen die anlässlich der SiKo diskutiert werden sollen.

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