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Innenpolitik

Na Mahlzeit!

Von Korrespondentin | 01.07.2005

Seit dem 3. Mai boykottieren Flüchtlinge in München die ihnen zugewiesenen Lebensmittelpakete. Damit wollen sie eine Barauszahlung statt der Sachleistungen erreichen.

Markenartikel oder No-Name-??Produkte? Tampons oder Binden? Vor diese Entscheidungen sind Flüchtlinge ohne Arbeitserlaubnis in Bayern nicht gestellt. Ihnen stehen von Amts wegen Lebensmittelpakete, 40 Euro monatlich in bar und zweimal jährlich "neue" gebrauchte Kleider zu. Ist das Essenspaket angeschimmelt, besteht eine Abneigung gegen bestimmte Nahrungsmittel? Pech gehabt. Für Kinder ist Pausenbrot oder Frühstück vorgesehen, für beides reicht die Ration nicht.
Was veranlasst das bayerische Sozialministerium, Logistikkosten in Kauf zu nehmen, anstatt den Flüchtlingen einfach das ihnen zustehende Geld auszuzahlen? Es ist wohl der Wunsch nach Abschreckung und der nach Kontrolle. In anderen Bundesländern finden sich ähnliche Modelle, z.T. werden gar keine Barleistungen ausgegeben sondern Gutscheine, die in bestimmten Supermarktketten gültig sind, von denen mensch aber z.B. keine Zigaretten oder Alkohol kaufen kann.
Da sahen sich anfänglich über 60 BewohnerInnen einer Flüchtlingsunterkunft im Münchner Nordwesten veranlasst, gemeinsam mit AktivistInnen der Karawane und des Flüchtlingsrats einen Boykott zu beginnen. Die Unterstützung ist besser als mensch es sich hätte denken können: Kleine Lebensmittelläden spenden Tag für Tag Nahrungsmittel, die Freiwillige mit zur Verfügung gestellten Autos abholen.
Die Reaktion seitens der Behörden? Zuerst keine. Nach zwei Wochen kam die Polizei um 4 Uhr morgens mit Hunden zur Razzia, angeblich um "Fremdschläfer", also unerlaubte BesucherInnen, zu finden.
Der Ausländerbeirat, der Asta der Universität, die Münchner SPD und die Grünen bezogen inzwischen öffentlich Stellung gegen die teure Schikane. Im Münchner Rathaus fand eine Diskussionsveranstaltung statt, bei der Bruno Lischke (CSU), der Ministerialrat im Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen sich vor Publikum und Podium rechtfertigen musste. Des weiteren gibt es eine Protestfax- und eine Postkartenaktion, die sich an das Sozialministerium wenden. Über 2 300 Euro wurden schon gespendet.
Am 18. Juni begann eine Aktionswoche mit Demonstration und Dauerkundgebung in der Münchner Innenstadt. Filme, Bands, Theaterstücke sollen auf die Situation von Flüchtlingen aufmerksam machen. Und natürlich wird gemeinsam gekocht

TiPP!
www.carava.net
Spenden an:
Bayerischer Flüchtlingsrat e.V.Bank für SozialwirtschaftKontonummer: 883 26 02BLZ: 700 20 500Stichwort: Essenspakete

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