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Antifa/Antira

Keine Gnade auf dem Gnadenacker

Von Bonnie | 01.06.2005

Die diesjährige Bundesgartenschau findet in München statt. Erwartet werden 4 Millionen BesucherInnen aus aller Welt, denen sich München von seiner blumigen Seite zeigen soll. Im Werbetrailer heißt es: „Der Traum von einem Gartenfest für alle wird Wirklichkeit“. Wen die Stadt München zu diesem „alle“ nicht zählt, hat sich auf makabere Art und Weise gezeigt. Am 15.April nämlich wurde der an das BUGA-Gelände angrenzende Bauwagenplatz „Ameise e.V.“ geräumt.

 

Das selbstverwaltete Projekt Ameise e .V. existiert seit 1996. Der Verein wurde damals gegründet, um Wohnungslosen und Menschen mit Alkoholproblemen zu helfen. Es umfasst ca. 30 BewohnerInnen, darunter 3 Kinder. Ab 1998 bezog der Verein ein privates Grundstück, dessen Besitzerin die Siedlung unterstützt. Die Hausordnung des Trägervereins verbot Drogengebrauch, Alkohol war nur in Maßen erlaubt, ein ökologischer Lebensstil verpflichtend. Viele „Gnadenacker-BewohnerInnen“, wie sie die Siedlung selbst nannten, hatten Arbeit auf der nahen Messe oder bei der Obdachlosenzeitung BISS gefunden.
Beschwerden von den Anwohner-Innen der naheliegenden Dörfer gab es nicht – obwohl es keinen Wasseranschluss gab, war die Siedlung äußerst sauber, die Blumenbeete und das „Rathaus“ liebevoll gepflegt. Doch seit kurzem hatte das allseits beliebte Projekt massive Probleme mit den Ämtern und der Polizei.

Räumung

Rund zwei Wochen vor Ausstellungseröffnung hat die Stadt München mit allen im Stadtrat vertretenen Parteien (z.B. Die Grünen) die Räumung durchgesetzt. Begründet wurde das mit dem Baurecht und beim Planungsreferat aber heißt es: „Das Grundstück ist (…) als öffentliche Grünfläche festgesetzt, die landschaftsgerecht gestaltet werden muss.“ Angesichts einer Hundertschaft Polizei, darunter der berüchtigten USK-Sondereinheiten und scharfen Hunden, leisteten weder die Gnadenacker-BewohnerInnen noch ihre UnterstützerInnen aus linken Gruppen Widerstand, als städtische Beamte begannen, den Besitz der BewohnerInnen in Hunderten Kisten abzutransportieren und die Bauwagen zu versiegeln.

BuGa geht vor!

Worum es der Stadt ging ist klar. Der bunt-chaotische Bauwagenplatz im Blickfeld der Bundesgartenausstellung ist der Stadtleitung ein Dorn im Auge, gerade als in die Inszenierung der Gartenschau 41 Millionen Euro investiert wurden. Skandalös ist das vor allem deshalb, da sich der selbstverwaltete und -gestaltete Platz nicht auf dem Gelände der Ausstellung selber befindet, sondern auf einem angrenzenden Privatgrundstück! Gleichzeitig wird durch die Räumung ein Empowerment- Projekt vernichtet. Ein klassisches Beispiel dafür, wie der Staat sich aus der Verantwortung zieht, es aber sofort mit der Angst zu tun bekommt, sobald die Betroffenen versuchen, sich selbst zu helfen.
Den BewohnerInnen wurde als Ersatz für die beschlagnahmten Bauwagen Plätze in einer AsylbewerberInnenunterkunft angeboten. Dabei waren es gerade die Zustände in den städtischen Unterkünften, die die „Ameise-Leute“ dazu trieben, sich eine alternative Wohnform aufzubauen. Oft klagen die Betroffenen über Schikanen durch Sicherheitsdienste. Zubettgeh- und Besuchszeiten werden verhängt, ein Hausmeister verwaltet das Gebäude für die vermeintlich hilflosen Menschen. Die meisten der „Ameisen-Leute“ werden jetzt deshalb wohl wieder zurück auf die Straße gehen.

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