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Innenpolitik

Kampf der Privilegierten

Von Muhterem Can | 01.01.2005

Die CDU/CSU sind dafür eingetreten, dass der Türkei statt einer Mitgliedschaft in der EU eine privilegierte Partnerschaft angeboten werden soll.

Die Politik mit den Privilegien scheint für die CDU-PolitikerInnen – aber nicht nur für sie – eine grundlegende Sache zu sein: ein konkretes Beispiel bietet der CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer mit seinen zusätzlichen Gehältern und für ihn verbilligten Strom und Gas. Auch das Privileg der deutschen Leitkultur ist im Spiel.
Privilegien der Politik
Die Privilegien sind für die PolitikerInnen kein fremdes Thema. Sie genießen nicht nur Vorteile, die sie wegen ihres Sitzes im Bundestag oder in Landesparlamenten ergattern, sondern sie erhalten auch weitere Vergünstigungen oder Beratungshonorare von den kapitalistischen Firmen. Natürlich sind solche Privilegien immer wieder mit den Diensten für die private Wirtschaft verbunden. Der Weg von diesen innenpolitisch normalisierten Privilegien zur Idee der privilegierten Partnerschaft der CDU mit der Türkei ist dann nicht sehr weit.

Die Misere der Türkei-Politik der CDU

Die Präsidien der CDU und CSU hatten am 7. März 2004 den Beschluss „Privilegierte Partnerschaft. Die europäische Perspektive für die Türkei“ gefasst, der als Orientierung bei den EU-Türkei-Verhandlungen dienen sollte. Die wesentlichen Punkte einer „privilegierten“ Beziehung lauteten folgender-maßen: „So könnte eine alle Gütergruppen umfassende Freihandelszone geschaffen werden. Weiterhin könnte die Zusammenarbeit vertieft werden – insbesondere zur Stärkung der Zivilgesellschaft, des Umweltschutzes, zur Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen, im Gesundheits- sowie im Bildungsbereich.“ Diese nichtssagende Orientierung wurde weder in Deutschland noch in anderen konservativen Regierungen und ParlamentarierInnen der EU so ernst genommen, wie die CDU sich gewünscht hatte. Kurz vor dem EU-Gipfel am 17. Dezember 2004 verzichtete die CDU-Chefin Merkel für die privilegierte Partnerschaft mit der Türkei zu werben. Diese außenpolitische Niederlage wird jedoch nichts daran ändern, dass wir mit den innenpolitisch kalkulierten Folgen dieser CDU-Politik zu tun haben werden.

Rattenfänger und Hetzer mit Verantwortung

Die Unionsfraktion hatte im Bundestag davor gewarnt, dass ein Beitritt der Türkei die Bandenkriminalität, islamistische Bedrohung und terroristische Gefahr nach Deutschland mitbringen würde. Diese Bedrohungsszenarien zeigen, wohin der Hase laufen wird. Angela Merkel und Edmund Stoiber haben sich beschworen, dass sie „alles unternehmen“ werden, damit die Türkei nicht in die EU aufgenommen wird. Dieses „alles“ ist in der Tat eine große Bedrohung!
Angela Merkel verspricht im Bundestag, dass ihre Partei 2005 und im Wahljahr 2006 das Thema des EU-Beitritts der Türkei mit der deutschen Bevölkerung diskutieren werde – als ein Teil der tapferen Verteidigung des christlichen Abendlandes. Sie denunziert sich dabei selber, indem sie sagt: „Ich glaube, wir alle sind uns darüber einig, dass wir ein solches Thema nicht Rattenfängern und Hetzern überlassen dürfen, sondern diese Debatte verantwortlich führen müssen.“ Wir kennen das: Immer wenn die CDU und andere Parteien rassistische und faschistische Argumente aufgriffen, um ihr „deutsches Wahlvolk“ zu erreichen, benutzten sie diese Begründung. Dabei war und ist der Unterschied zwischen den unverantwortlichen Rattenfängern und Hetzern und denen mit Verantwortung nicht so groß: Die einen sind BrandstifterInnen und die anderen geistige BrandstifterInnen.

Kampf der Kulturen

Die Diskussionen über den Anfang der EU-Aufnahmeverhandlungen mit der Türkei waren für rechte Parteien – von schwarz bis dunkelbraun – ein willkommener Anlass dafür, das von Türken, Islamisten etc. bedrohte Deutschland auszumalen. Wir können davon ausgehen, dass die CDU in den kommenden Jahren es mit ihrer auf die „deutsche Leitkultur“ gestützten Kampfansage ernst meint. Natürlich kann die CDU mit modernen Kreuzzügen nicht nach Konstantinopel marschieren und die EU-Aufnahmeverhandlungen mit der Türkei verhindern; aber was sie sicherlich schaffen kann, ist wieder eine rassistische Hetzkampagne gegen die Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland anzuzetteln. Die Zeichen sind schon da!

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