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Innenpolitik

IG-Metall ratlos im VW-Skandal

Von Politisches Sekretariat des RSB | 14.11.2015

Zwar meinte der bisherige IGM-Vorsitzende Wetzel: „Die Mitbestimmung bezieht sich nicht auf die Frage, welche Komponenten in einen Motor eingebaut werden.“ Aber in der Vergangenheit hat sich auch und gerade der VW-Betriebsrat gerne als Co-Manager betätigt und beispielsweise Investitionsentscheidungen erläutert.

Zwar meinte der bisherige IGM-Vorsitzende Wetzel: „Die Mitbestimmung bezieht sich nicht auf die Frage, welche Komponenten in einen Motor eingebaut werden.“ Aber in der Vergangenheit hat sich auch und gerade der VW-Betriebsrat gerne als Co-Manager betätigt und beispielsweise Investitionsentscheidungen erläutert.

Für die IG Metall sind Rendite und „nachhaltige Beschäftigung“ zwei Seiten derselben Medaille. Jetzt macht sich der IGM-Vorstand Sorgen, ob künftig die Diesel-Technologie insgesamt in Gefahr gerät. Der neue Vorsitzende Jörg Hofmann erklärt, dass diese Technologie komplizierter als beim Otto-Motor sei und deswegen bislang noch eher im „Hochlohnland Deutschland“ gefertigt werde. Wie schädlich diese Technologie ist, kümmert ihn wenig.

Co-Management betreiben …

Was machen nun IGM und VW-Betriebsrat? Beide überlegen mit, wie die vom VW-Vorstand genannten Einsparziele zu bewerkstelligen sind. Schon in der Vergangenheit hat sich der Betriebsrat gegen bestimmte Einsparvorhaben gewandt, indem er –Alternativvorschläge machte, die noch mehr Einsparungen brachten. Dieses Mal werden die Opfer recht bald sowohl im eigenen Haus wie auch bei den Beschäftigten in den Zulieferbetrieben zu finden sein. Dort sollen 3 Milliarden Euro eingespart werden, was vor allem die abhängig Beschäftigten ausbaden sollen. Bekanntlich stehen sie sowieso schon unter einem enormen Leistungsdruck, werden oft schlecht bezahlt und sind zum großen Teil nur prekär beschäftigt (befristet oder als Leiharbeiter­Innen).

Für die Stammbelegschaft von VW werden die Jahresprämien drastisch sinken oder ganz wegfallen. In den Werken in Salzgitter, Puebla (Mexiko) und Polkowice (Polen) sind bereits die ersten Schichten gestrichen. Und in den deutschen VW-Werken zittern jetzt vor allem die Leiharbeiter um ihre Jobs. Sie haben praktisch überhaupt keinen Schutz und werden als Erste heimgeschickt. Hätte die IG Metall für sie keine extra Tarifverträge ausgehandelt, müssten sie zu denselben Bedingungen bezahlt werden und die meisten wären dann schon längst Teil der Stammbelegschaft.

Im Motorenwerk Salzgitter wurde erstmals die Produktion zurückgefahren, die Finanztochter Volkswagen Financial Service verhängte bis zum Jahresende einen Einstellungsstopp. Auch die Kommunen mit wichtigen VW-Standorten werden nervös. Die Stadtverwaltungen von Wolfsburg, Braunschweig und Ingolstadt, wo die VW-Tochter Audi ihre Zentrale hat, verhängten bereits eine Haushaltsperre – um 15 Prozent sollen die Ausgaben in Ingolstadt sinken

… oder für die Konversion kämpfen?

Wer aus dem Dilemma aussteigen will, entweder Arbeitsplätze für den gesundheits- und umweltschädlichen motorisierten Individualverkehr verteidigen zu wollen oder aber dem Stellenabbau nichts entgegensetzen zu können, der/die muss sich für ein alternatives Verkehrskonzept stark machen. Herzstück der Alternative ist der Kampf für die Konversion der Autoindustrie, also die Umstellung der Produktion auf umweltfreundliche Verkehrsträger und andere gesellschaftlich nützliche Produkte.

Ein solcher Kampf allerdings wird nur dann glaubwürdig sein und die Kolleg­Innen dafür gewinnen, wenn die IG Metall sich endlich wirksam für die Verteidigung der Arbeitsplätze engagiert und nicht nur die Abwicklung begleitet, wie sie das bei Opel Bochum getan hat.

Die Hauptlosung muss sein: Vergesellschaftung dieser Betriebe (bzw. Konzerne) unter Kontrolle der dort Beschäftigten und der Öffentlichkeit bei staatlich garantierter Beschäftigungssicherung. Dies muss sich sowohl auf die Automobilkonzerne wie auf die Zulieferer beziehen.

Keine Frage, dass es dafür eine gesamtgesellschaftliche Mobilisierung braucht. Aber nur wenn die Gewerkschaft den Kampf zur effektiven Verteidigung der jetzt in Gefahr geratenden Arbeitsplätze aufnimmt, kann sie Glaubwürdigkeit (zurück)erlangen und eine solche Bewegung anführen. Wegducken oder mitmanagen wollen – und zwar auf Kosten der einen oder der anderen Belegschaften – kann nicht die Perspektive sein. Auch vom neuen IGM-Vorstand ist allerdings ein solcher kämpferischer Kurs nicht zu erwarten. Er muss von unten entwickelt werden.

Es gilt, vor Ort in der Region den Widerstand zu entwickeln: Der Konzern gehört in der Öffentlichkeit auf den Prüfstand. Veranstaltungen aller Art sind zu organisieren, flächendeckende Flyeraktionen mit Angaben z. B. auch darüber, wie die Abfindungen für Winterkorn und die bisher 12 entlassenen Manager aussehen und wie viel die Aktionäre in den vergangenen Jahren erhalten hatten … Es gibt viel zu tun!

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