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Feminismus

Honduras: Der Widerstand ist weiblich

Von Philipp Xanthos | 01.03.2010

Vor einem halben Jahr putschten die Generäle der honduranischen Armee gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Jose Manuel Zelaya Rosales. Frauen spielen seither eine tragende Rolle im Widerstand gegen die Reaktion.

Vor einem halben Jahr putschten die Generäle der honduranischen Armee gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Jose Manuel Zelaya Rosales. Frauen spielen seither eine tragende Rolle im Widerstand gegen die Reaktion.

In früheren Jahren schien das Land politisch entleert zu sein, soziale Organisationen und Gewerkschaften waren in der Defensive und die politische Linke unter den Arbeiter­Innen kaum verankert. Der Drang nach gesellschaftlicher Veränderung war dem Drang gen Norden gewichen, kaum ein Jugendlicher interessierte sich für die politischen Verhältnisse in seinem Land, sondern vielmehr für eine Zukunft in den USA. Dieser Bann wurde nach dem Putsch gebrochen, nicht zuletzt da insbesondere Frauen eine aktive Rolle in der Bewegung übernahmen, eine gesellschaftliche Gruppe, die bis dahin oftmals in den Fesseln des in Mittelamerika traditionell stark verankerten Machismus gehalten wurde. Doch nun erobern Frauen die Straßen und Plätze und bieten den Putschist­Innen die Stirn. „Die Mehrheit der Frauen, die sich in den Straßen dem Putsch entgegenstellen, hat keine formale feministische Bildung, aber sie haben Meister- und Doktorentitel in der Universität des Lebens. Sie erklären, dass sie am Widerstand teilnehmen, weil sie der Ungerechtigkeit, der Gewalttätigkeit, der Ausbeutung, der Armut und der Arbeitslosigkeit überdrüssig sind. Sie sind es Leid, dass sich eine kleine Minderheit den Reichtum unter den Nagel reißt, während die große Mehrheit nichts hat“ schreibt Alicia Reyes, Aktivistin und Journalistin von Radio Progreso in Honduras.
Kampf um den Körper der Frau
Frauen, die sich öffentlich gegen den Putsch stellen, sind permanent der Gefahr ausgeliefert Opfer von Übergriffen durch die staatlichen „Sicherheitsorgane“ zu werden. „In einem politischen Konflikt, wie er in Honduras stattfindet, ist unser Körper der Frau zu einem Schlachtfeld geworden, wenn wir aktiv an den Demonstrationen teilnehmen.“ äußerte sich Jessica Fonseca, Mitglied der Gruppe „Feministinnen im Widerstand“. Diese größte Frauenorganisation der Bewegung gegen den Putsch in Honduras zeigte bereits im letzten November in einem Bericht vor der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte (CIDH) auf, dass die politischen Erfolge von Frauen, die in den letzten Jahren erreicht wurden, wie die  strafrechtlichen Verfolgung von Vergewaltigern, der rechtliche Schutz vor häuslicher Gewalt, sowie ein Gesetz gegen das willkürliche Vorgehen von Polizisten gegen Prostituierte, in ernsthafter Gefahr sind. Im Zusammenhang mit den Protesten gegen die Putschist­Innen hatte die Organisation alleine bis November 2009 über 400 Verletzungen der Rechte von Frauen durch staatliche „Sicherheitsorgane“ festgestellt. Die häufigsten Übergriffe seitens der Polizei und des Militärs gegenüber den Frauen sind starke Schläge, sexuelle Beleidigungen, Drohungen, Missbrauch und Vergewaltigung. Teilweise werden sie systematisch in die Polizeireviere verschleppt und dort misshandelt. Aus Comayagua berichtete ein Opfer von einem solchen Übergriff auf einer Demonstration. „Zuerst schlugen mich die Soldaten mit ihren Knüppeln, dann steckten sie mir diese zwischen die Beine und grölten `Ihr wilden Bestien!`. Sie lachten und sagten weiter: ´Das passiert, wenn Du auf die Straße gehst. Was suchst Du überhaupt hier`“, berichtete unter Tränen eine Frau im Interview mit Radio Progreso. „Gleich nach der Szene näherte sich ein Passant und sagte, er sei mit der Misshandlung einverstanden. Schließlich gehörten Frauen an den Herd“. (Lateinamerika-Nachrichten November 2009)
Machismus in der Widerstandsbewegung
Aber auch innerhalb der Widerstandsbewegung haben Frauen mit den Vorurteilen ihrer männlichen Genossen zu kämpfen. So berichtete z. B. die Koordinatorin des Frauenzentrums Honduras (CEM-H) Mirta Kennedy in einem Interview: „Es gibt männliche Aktivisten, die unser Engagement nicht gerne sehen“. Einige Männer aus der Widerstandsbewegung hätten sie als „mujeres abortistas“ beschimpft, als „Abtreibungsfrauen“. Mitunter pralle der emanzipative Anspruch der Widerstandsbewegung eben mit dem Konservatismus der lateinamerikanischen Gesellschaft zusammen. Doch davon würden sie sich nicht einschüchtern lassen. „Denn wenn die Lage eskaliert oder es gar zu einem Bürgerkrieg kommt, wären es die Frauen, die darunter am meisten zu leiden hätten.“

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