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Innenpolitik

Gesetz gegen Zuwanderung

Von Yazgülü Açar | 01.02.2005

Am 1. Januar 2005 trat ein neues Gesetz in Kraft: „Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern“, das sog. Zuwanderungsgesetz. Ein modernes Gesetz hatte sich die Zuwanderungskommission gewünscht: Es ist in der Tat ein modernes Gesetz, welches der restriktiven Politik der EU-Länder folgt und noch darüber hinausgeht.

2001 wurde der Bericht der Zuwanderungskommission (sog. Süssmuth-Kommission) als ein Wendepunkt in der deutschen Migrationpolitik gefeiert: Endlich verabschiedete sich die deutsche Politik von ihrer Lebenslüge, dass Deutschland kein Einwanderungsland sei. Die Anerkennung der Realität, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist, sollte in einem zeitgemäßen Zuwanderungsgesetz seinen Ausdruck finden. Nach vier Jahren Debatten über MigrantInnen und Asylsuchende, die gekennzeichnet waren von Ausdrücken wie „deutsche Leitkultur“, „gefährliche Ausländer“, „Hetzprediger in den Moscheen“, „islamische Terroristen” und „Parallelgesellschaft”, kam jedoch ein Gesetz zustande, das mit der angeblichen Akzeptanz Deutschlands als Einwanderungsland nichts zu tun hat.

Begrenzung der Zuwanderung

Wie der Titel des Gesetzes kenntlich macht, ist ein Hauptziel die Begrenzung der Einwanderung nach Deutschland. Hinter diesem Gedanken steckt das weit verbreitete rassistische Bedrohungsszenario, Deut-schland sei mit einem „Einwanderungsstrom“ konfrontiert. Seit den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts sind die Türen Deutschlands für Menschen, die wegen meist von imperialistischen Ländern zu verantwortenden Kriegen bzw. Armut, ihre Länder verlassen müssen, fest zugemauert. Die Einwanderung nach Deutschland, wie kürzlich die Bundesintegrationsbeauftragte mitteilte, ist auf einem Tiefstand seit Ende des 80er Jahren angelangt. Trotzdem sollen nach dem neuen Gesetz nur noch diejenigen in Deutschland Zugang finden, die für die deutsche Wirtschaft nützlich sind: hochqualifizierte Arbeitskräfte und ausländische KapitaleignerInnen.
Somit könnte mensch sagen, dass es die CDU geschafft hat. Sie wollte nämlich ein Zuwanderungsverhinderungsgesetz. Auch wenn bei dem neuen Gesetz von der Zuwanderung die Rede ist, ist die Verhinderung der Zuwanderung das Ergebnis. Bei ihrer ablehnenden, rassistischen Haltung gegenüber den EinwandererInnen hatte die CDU das Glück, einen starken Partner im Regierungslager zu haben, nämlich Innenminister Otto Schily.

„Freiwillige“ Ausreise aus den Abschiebelagern

Die wenigen Verbesserungen für Flüchtlinge, wie die Anerkennung der geschlechtsspezifischen und nichtstaatlichen Verfolgung als Asylgrund, haben die vielen Verschlechterungen insbesondere für abgelehnte AsylbewerberInnen und geduldete Flüchtlinge bei weitem nicht wettgemacht. Ab jetzt können diese Menschen in Abschiebelager gesteckt und dort schikaniert werden, damit sie sich für eine „freiwilligen Ausreise“ entscheiden. Oder sie werden durch dieses Gesetz in die „Illegalität“ gedrängt, und das bedeutet als „Illegalisierte“ sozial, ökonomisch und gesundheitlich prekären Lebensbedingungen ausgesetzt zu sein.

Ausländerbehörden als Experten für Integration?!

Das jahrelange Versäumnis, für die neu Eingewanderten flächendeckende Sprachkursangebote zu machen, wird zwar mit dem neuen Gesetz in Angriff genommen. Aber da steckt bekanntlich auch der Teufel im Detail. Die MigrantInnen werden dazu gezwungen einen „Integrationskurs“ zu besuchen. Ihre Aufenthaltsgenehmigung wird von diesem Besuch abhängig gemacht. Wer die Notwendigkeit eines Besuchs solcher Integrationskurse feststellen soll sagt schon alles – nämlich die Ausländerbehörden! Bekanntlich üben die Ausländerbehörden u. a. die Funktion einer Abschiebebehörde aus. Diese restriktive Behörde soll jetzt von einem Tag auf den anderen Expertin für Dienstleistungen in Sachen Integration sein und die neu Zugewanderten „beraten“. Mensch braucht nicht viel Einbildungskraft, um zu vermuten, was daraus werden wird.
Das Gesetz dient weiterhin dazu, die repressive Macht des Staates zu erweitern, indem die „gefährlichen Ausländer“ auf Grund einer „Gefahrenprognose“ im Schnelldurchgang abgeschoben werden sollen. Dadurch werden jedwede rechtsstaatliche und menschenrechtliche Errungenschaften für MigrantInnen ausgehebelt.

Ein Gesetz im Dienste des Kapitalismus

Die Migrationsbewegungen sind in den meisten Fällen ein Ergebnis der kapitalistischen Ausbeutungsverhältnissen, die die Menschen zur Flucht und Abwanderung zwingen. In diesem Zusammenhang ist das Zuwanderungsgesetz ein Abwehrmechanismus eines reichen, kapitalistischen Deutschlands, das sowohl die weltweite Ungleichheit mitverursacht als auch davon profitiert. Deswegen: Der internationale Kampf gegen kapitalistische Ausbeutungsverhältnisse und offene Grenzen für alle ist unsere Antwort auf dieses Zuwanderungsgesetz!

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