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Feminismus

Für Leni Jungclas

Von Helmut Wendler | 01.10.2009

Am 3. August 2009 waurde in Köln unsere Genossin Leni Jungclas beerdigt. Zu ihrer Würdigung veröffentlichen wir Ausschnitte aus der Ansprache zur Trauerfeier von Helmut Wendler.

Am 3. August 2009 wurde in Köln unsere Genossin Leni Jungclas beerdigt. Zu ihrer Würdigung veröffentlichen wir Ausschnitte aus der Ansprache zur Trauerfeier von Helmut Wendler.

Unsere liebe Leni lebt nicht mehr (…) Sie wurde im August 1917 als Kind der Arbeiterfamilie Wilhelm und Maria Perz geboren. Wenige Monate später begann der furchtbare Hungerwinter des Jahres 1917. (…) In dieser Kriegssituation stand Lenis Mutter alleine mit 2 Kindern da. Der Vater, Wilhelm Perz, Arbeiter, Sozialdemokrat (…) war als Soldat im Krieg. Er kehrte erst Anfang der 20er Jahre aus englischer Gefangenschaft zu seiner Familie zurück . (…) Die Mutter von Leni war Meisterin im Taschenmacherhandwerk. (…) Mit 13 Jahren wurde [Leni]. (…) Mitglied der Freidenkerjugend. (…)

Zum Ende der Weimarer Republik (…) bildete sich als Abspaltung von der SPD die Sozialistische Arbeiterpartei, SAP, heraus. Dieser trat 1932 Lenis Vater Will Perz bei und Leni mit erst 14 Jahren dem SJV, dem „Sozialistischen Jugend Verband“, der Jugendorganisation der SAP. Hier wurde Leni für ihr gesamtes weiteres politisches Leben geformt. Hier wurde der Grundstein für ein politisches Bewusstsein jenseits von Sozialdemokratie und Stalinismus gelegt. (…)

Leni leistete trotz ihres jugendlichen Alters ihren Beitrag in der illegalen Arbeit. Ihre Gruppe flog auf, aber ihre verhafteten Genossinnen und Genossen gaben ihren Namen nicht preis, und so wurde sie glücklicherweise von Verfolgung verschont. Ihr Vater flog ebenfalls auf. Er wurde in nur wenigen Minuten zu 8 Jahren Zuchthaus verurteilt. Er überlebte und kehrte 1945 mehr tot als lebendig zu seiner Familie zurück.

Leni war von Beruf Hutmacherin und machte 1954 ihre „Meisterprüfung im Putzmacherhandwerk“, wie die Berufsbezeichnung offiziell hieß. (…) In den ersten Nachkriegsjahren gab es auch für Leni persönliche Ereignisse, die ihr ganzes Leben sehr nachhaltig beeinflussen sollten. Georg Jungclas, genannt „Schorsch“ ein Aktivist aus den Zeiten der Linken Opposition in der Kommunistischen Partei Deutschlands (…), der sich (…) der (…) 4. Internationale angeschlossen hatte, zog nach Köln. Die beiden lernten sich in dem kleinen, lokalen marxistischen Zirkel in Köln kennen, aus dem später der Marxistische Arbeitskreis, MAK, entstand. Sie fanden zueinander und bildeten bis zum Tode von Schorsch im Jahre 1975 eine persönliche und politische Lebensgemeinschaft. Sie heiraten 1962 und ab da wurde aus Leni Perz Leni Jungclas. Der weitere politische Lebensweg von Leni und Schorsch wurde von den politischen Entwicklungen (…) bestimmt. Beide waren in den wichtigsten Bewegungen involviert: Im Kampf gegen die Wiederbewaffnung Deutschlands, im Kampf gegen den Atomtod, im Kampf gegen das Überbordwerfen linker und marxistischer Programmatik in der und durch die SPD. Ein weiteres Feld war die Unterstützung der kolonialen Befreiungsbewegungen und hier ganz besonders die Unterstützung des algerischen Unabhängigkeitskampfes. (…)

Mit 60 Jahren zog Leni nach Thalhausen im Westerwald. Sie arbeitete bis zu ihrem vorgezogenen Ruhestand in einem Amt des Landes NRW in Siegburg. Danach wollte sie in ihrem Haus eine sozialistische Schulungsstätte aufbauen und kam mit diesem Projekt auch gut voran. Aus organisatorischen und politischen Gründen (…) und aus Altersgründen musste sie das Vorhaben schließlich beenden (…). Die letzten zweieinhalb Jahre hat Leni im Seniorenheim der Arbeiterwohlfahrt in Köln gelebt (…) Tschüss Leni! 

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