Die Ergebnisse der letzten Wahlen sind für niemanden eine Überraschung. Und sie bestätigen, was viele Unterdrückte schon lange befürchten: die Konsolidierung konservativer und rechtsextremer Ansichten in den politischen Parteien und der Gesellschaft. Angesichts dieser traurigen Entwicklung sollten wir jedoch eine gegenteilige Bewegung nicht ignorieren. Tausende Menschen stellen sich dem Aufstieg der extremen Rechten aktiv entgegen, sowohl mit ihrer Stimme als auch auf der Straße, in massiven Protesten. Unter ihnen sind viele Frauen und Queers, insbesondere junge, sowie Migrant*innen. Dieser Aktivismus bietet Hoffnung auf eine andere Entwicklung.
Die Rechten konfrontieren uns mit einem Gesellschaftsbild, das auf allen Ebenen von rücksichtsloser Machtausübung geprägt ist: Männer über Frauen, Väter über alle Familienmitglieder, Reiche über Arme, Menschen über die Natur, Weiße über alle anderen, reiche Nationen über ärmere und so weiter. Es geht um das Recht, auf jeder Ebene Macht auszuüben, wirtschaftlich, kulturell, militärisch, in der Familie. Und um Regierungen und Institutionen, die nicht mehr zwischen gegensätzlichen gesellschaftlichen Interessen ausgleichen oder den Druck der Unterdrückten spüren. Es ist das Bild einer frauenfeindlichen, homophoben und rassistischen Autokratie, voller Hass auf die Armen und Schwächeren
Die extreme Rechte vertritt diese Sicht am deutlichsten. Sie entlarvt damit die neoliberalen Parteien als heuchlerisch, die seit Jahrzehnten versuchen, der Gesellschaft einzureden, Politik sei eine Frage des „guten Managements”. Ihrer Meinung nach braucht es keine „Ideologie”, die Gesellschaft kann von guten Technokraten verwaltet werden. Die Politik sollte Experten überlassen werden, da die „Massen“ zu unwissend seien. Als politische Praxis war der Neoliberalismus für die unterdrückte Mehrheit, die Arbeiter*innenklasse, Frauen, Queers, Migrant*innen und People of Colour katastrophal. Sie hat die Sicherheitsnetze und Garantien für Gleichheit und wirtschaftlichen Wohlstand für viele zugunsten der Profite einiger weniger ausgehöhlt.
Die Rechten nutzen die verbreitete Unzufriedenheit mit dieser Politik und ihren Befürwortern. Allerdings machen sie sich den verbreiteten Individualismus zunutze, um sich gegen alle Schwächeren zu wenden. Aber sie bieten keinen Ausweg aus Elend und Armut für die Vielen. Ihre Perspektive ist keine Vision der Emanzipation, sondern eine von noch mehr Ausbeutung und Unterdrückung.
Eine neue Machtkultur schiebt sich nach vorne
Wir haben es mit einer neuen Machtkultur zu tun, die von einer antifeministischen Ideologie angeheizt wird. Diese Ideologie hasst alles, was die patriarchale Macht des weißen Mannes in Frage stellt, und greift sie mit jeder Form von Gewalt an, sei es institutionell, wirtschaftlich, kulturell oder anders. Das jüngste Gesetz der Trump-Regierung in den USA ist ein klares Beispiel dafür: Es schreibt vor, dass es nur zwei Geschlechter geben darf! Merz und andere Konservative folgen diesem Beispiel. Es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen dieser Haltung und der Existenz von maskulinistischen Subkulturen, meist im Internet und in sozialen Medien. Dort äußern Männer ihre Empörung über die angebliche Macht, die Frauen, Queers und People of Colour jetzt innehaben. Sie stellen sich selbst als Opfer dar und verdrehen die Realität, um ihrem Machtstreben nachzukommen. Sie fordern das Mitgefühl aller, obwohl sie eine winzige Gruppe sind, die auf Kosten vieler anderer profitiert.
Wie Daten aus mehreren Ländern, einschließlich Deutschland, eindeutig zeigen, werden junge Männer zunehmend von den Versprechungen der extremen Rechten gelockt. Der Neoliberalismus hat sie entrechtet und die Prekarisierung der Arbeitswelt hat ihnen den Boden unter den Füßen weggezogen. Jetzt sind sie bereit, die frauenfeindlichste und rassistischste Politik zu wählen. Sie suchen ihre Vorbilder in Männern wie Musk, Trump und anderen, für die Gewalt und Zwang das Mittel der Wahl sind und die nicht davor zurückschrecken, sich über geltendes Recht hinwegzusetzen. Sie sehen in Frauen, Trans-Menschen und Flüchtlingen Feinde und attackieren jede Gruppe, die den Status quo und die Privilegien der Mächtigen in Frage stellt.
Frauen und Queers werden bedroht!
Frauen, Queers und andere Unterdrückte sehen ihre Rechte erneut unmittelbar bedroht. Die hart erkämpften Siege unserer Vormütter und Verbündeten werden von Rechtsextremen und ihren Anhängern offen in Frage gestellt. Slogans wie „your body, my choice“ sind nicht nur Bilder aus den USA. Das Recht auf Schwangerschaftsabbruch, das es in Deutschland praktisch immer noch nicht gibt, wird noch unsicherer.
Auf gesellschaftlicher Ebene wird Gewalt gegen Frauen erneut legitimiert. Die Daten zeigen eine deutliche Zunahme: Im Jahr 2023 wurden in Deutschland 360 Femizide gezählt, fast einer pro Tag! Frauen werden in der Privatsphäre und im Beruf benachteiligt, was zu Armut führt. Deutschland hat einen der höchsten Anteile von Frauen in Teilzeitarbeit, insbesondere nach der Gründung einer Familie, dafür aber einen der niedrigsten Anteile in Europa von Frauen in Wissenschaft und Führungspositionen. Die Ursache ist klar, es ist die Geringschätzung der gesellschaftlich notwendigen Sorgearbeit. Der Druck, traditionelle Rollen zu übernehmen, wird zunehmen, wenn rechtsextreme Ideen mehr Macht bekommen. Dann ist zu befürchten, dass Infrastruktur, die Eltern bei der Sorgearbeit unterstützt, massiv abgebaut wird, zum Beispiel Kitas, Nach-mittagsbetreuung in der Schule, Beratungsstellen, Pflegeplätze.
Die wissenschaftliche Geschlechterforschung wird schrittweise abgeschafft, die Geschlechtererziehung abgewertet. Die Bedürfnisse von Frauen sind scheinbar nicht so wichtig oder profitabel! Auch die postkoloniale und LGBTQ-Forschung wird auf diese Weise behandelt. In der rechtsextremen Weltanschauung dominiert die Pseudowissenschaft. Politische Meinungen wie „nur zwei Geschlechter“ werden als gültige Theorien dargestellt.
Frauen und Queers, wir lassen uns unsere Rechte nicht nehmen!
Die Welt der Rechtsextremen ist eng und hierarchisch. Unsere ist weit und offen. Wir wollen echte Emanzipation für alle, und auf dieser Suche sind wir Frauen nicht allein. Queers, Migrant*innen, People of Colour, Menschen mit Behinderungen, die Arbeiter*innenklasse, die Jugend sind unsere Verbündete. Wir stehen zusammen, um unsere Rechte heute zu verteidigen und die Welt von morgen zu erkämpfen.