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Feminismus

Frauen-Kurzmeldungen Mai 2014

Von Barbara Schulz | 01.05.2014

Neues von Hebammen und anderen Menschen

Nach einer Mitteilung des Hebammenverbandes ist die Gruppenhaftpflichtversicherung für freiberufliche Hebammen bis Juli 2016 gesichert, da neue Versicherungen eingestiegen sind.

Neues von Hebammen und anderen Menschen

Nach einer Mitteilung des Hebammenverbandes ist die Gruppenhaftpflichtversicherung für freiberufliche Hebammen bis Juli 2016 gesichert, da neue Versicherungen eingestiegen sind.

Die Höhe der Versicherungsprämie von 5.091 Euro jährlich ist von den freiberuflichen Hebammen, die Geburten außerhalb des Klinikbetriebes begleiten – etwa Hausgeburten oder Geburten in Geburtshäusern – aber kaum zu leisten: Ihr errechneter Stundenlohn liegt bei 8,50 Euro.

Ein sympathischer Zeitgenosse, Tom Schimmeck, hat in der Frankfurter Rundschau vom 23.03.2014 eine hübsche Rechnung aufgemacht. Peter Gauweiler, CSU-Bundestagsabgeordneter, hat neben seinen Bundestagsdiäten von 99.024 Euro im Jahr noch einmal mindestens 509.000 Euro „dazuverdient“, also ein Mindestjahreseinkommen von 608.024 Euro. Ausgehend von dem zukünftigen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde wäre Gauweilers Einkommen 71.532 Stunden und 14 Minuten wert. Das entspricht gut 1.788 40-Stunden-Wochen, also 34 Jahren Arbeit ohne Urlaub und Feiertage.

Aus Bertolt Brecht, Fragen eines lesenden Arbeiters:

Cäsar schlug die Gallier
Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich?
Alle zehn Jahre ein großer Mann.
Wer bezahlte die Spesen?
So viele Berichte.
So viele Fragen.


Das ist zwar eine antiquierte Kiste, in die ich gegriffen habe – Brecht hatte es noch nicht mit den lesenden Arbeiterinnen. Aber die Grundfrage bleibt: Wer macht die Arbeit, und was bekommt sie dafür?

Prostitution
Die Regierenden arbeiten wieder an einer Neuregelung des Prostitutionsgesetzes. Unter anderem sollen das Mindestalter für Prostituierte auf 21 Jahre und eine behördliche Meldepflicht festgelegt werden. Dagegen streitet die Selbsthilfeorganisation von Prostituierten Dona Carmen entschieden. Sie fordert, dass Sexarbeit behandelt wird wie andere Erwerbsarbeit auch. Statt der geforderten Konzessionierung will Dona Carmen eine Anzeigepflicht über die Gewerbeordnung. Kontrollen führten dann die Gewerbeaufsichtsbehörden durch, nicht „anlasslos und verdachtunabhängig“ die Polizei. Dona Carmen fordert auch, dass die Polizei Sexarbeiterinnen auf „gleicher Augenhöhe“ begegnet und die moralische Beurteilung unterlässt.

Wenn Dona Carmen allerdings Zwangsprostitution auf Einzelfälle beschränkt sieht, erscheint das doch sehr vereinfacht. Es fehlt aber offensichtlich eine halbwegs sichere Erfassung von Daten. Mensch kennt nicht einmal die Anzahl der Prostituierten. Die Statistiken sollten sich um Genauigkeit bemühen, bevor neue gesetzliche Regelungen geschaffen werden. Das Strafrecht gilt schließlich auch in diesem Bereich.
 
Rechtssicherheit?
Eine Vergewaltigung anzuzeigen, kostet Frauen zumeist viel Überwindung. Häufig geschehen solche Übergriffe im persönlichen Umfeld. Es erfordert Mut, sich in seinem engen Umfeld zu positionieren und sich gegen Beschwichtigungen zu behaupten. Immerhin wurden vor 20 Jahren 21,6 % der Angezeigten verurteilt, 2012 waren es nur 8,4 %. Es ist wenig wahrscheinlich, dass die Zahl der unschuldigen Männer so zugenommen hat!

Die Erklärung für diese nicht einmal zehn Prozent Verurteilungen macht mensch allerdings sprachlos. Es liegt an der Überlastung von Polizei und Staatsanwaltschaften! Und ein Ratschlag für Frauen lautet, auf die sorgfältige Dokumentation der Erstaussage zu achten. Das macht Mut! Frau muss schon sehr stark oder sehr wütend sein, wenn sie außer der medizinischen Untersuchung auch noch sehr genau auf die polizeilichen Ermittlungen achten soll.

Gulabi Gang
Im Vorjahr haben wir schon einmal über die Gulabi Gang in Indien berichtet: Von den Frauen, die in pinkfarbenem Sari, mit Bambusstöcken bewaffnet, sich gegen die Übergriffe der Männer – auch gegen die Herrschenden – wehren. Jetzt ist ein Buch über sie erschienen, das zeigt, wie sich die Frauen Respekt verschaffen und aus der Opferrolle befreien, wie sie die Medien nutzen, aber auch die Tradition. Der Lathi, der Bambusstock, auch in Pink, ist der Krückstock der älteren Witwen, aber auch die Waffe der Polizisten. Die Gulabi Gang ist damit bewaffnet.

Die Autorin beschreibt die Vorgehensweise der Gründerin und Anführerin Sampat Pal, die nicht nur mit flammenden Reden, sondern auch mit Gesang und Wechselgesang ihre Gruppe zusammenhält. Hier eines ihrer selbstgedichteten Lieder: „Soziale Unterdrückung und Ungerechtigkeit müssen abgeschafft werden, Brüder und Schwestern. Tun wir uns alle zusammen. Denn heute bin ich unterdrückt, aber morgen schon könnte es euch treffen.“ (S.177.) Das Buch zeigt auch, wie schwer es für die Frauen ist, ihre Autonomie zu bewahren, wie sorgfältig sie abwägen müssen, ob sie sich einer Partei anschließen. Wie können sie der Gefahr entgehen, ihre Unabhängigkeit zu verlieren?

Das Buch zu lesen macht Spaß, es zeigt eine fremde Welt und dennoch Probleme, die uns ni
cht ganz fremd sind.


Amana Fontanelle–Khan:
PINK SARI REVOLUTION
Die Geschichte von Sampat Pal, der Gulabi Gang und ihrem Kampf für die Frauen Indiens
272 Seiten, Hanser Berlin 2014, 19,90 €

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