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Feminismus

Frauen-Kurzmeldungen Juli/August 2014

Von Barbara Schulz | 01.07.2014

Frauen-Kurzmeldungen Juli/August 2014

Ehre wem Ehre gebührt

Carl Djerassi wurde in Mainz mit dem Ehrendoktor der Universitätsmedizin Mainz geehrt.1923 in Wien geboren, wurde er von den Nationalsozialisten in die USA vertrieben, er lebt heute wieder in Wien. Die Auszeichnung für sein Leben und Werk erhält er im Rahmen der Eröffnung des Graduiertenkollegs „Life Sciences, Life Writing“, bei der er auch einen Workshop hält.

Frauen-Kurzmeldungen Juli/August 2014

Ehre wem Ehre gebührt

Carl Djerassi wurde in Mainz mit dem Ehrendoktor der Universitätsmedizin Mainz geehrt.1923 in Wien geboren, wurde er von den Nationalsozialisten in die USA vertrieben, er lebt heute wieder in Wien. Die Auszeichnung für sein Leben und Werk erhält er im Rahmen der Eröffnung des Graduiertenkollegs „Life Sciences, Life Writing“, bei der er auch einen Workshop hält.

Carl Djerassi nennt sich in seiner Autobiographie selbst „Mutter der Pille“, der Pille, die nach seiner Aussage „keine Pille gegen Babys, sondern eine Pille für Frauen“, ist. Und wenn sich die Bedenkenträger und Bedenkenträgerinnen noch so skeptisch äußern, die Pille hat das Leben von Frauen gewaltig verändert! Frauen konnten erstmals über ihre Gebärfähigkeit selbst bestimmen, sie hatten zwar nicht unbedingt die Macht über ihren Körper, aber über ihre Fortpflanzungsfähigkeit. Das hat der Frauenbewegung einen Schub gegeben. Frauen können selbstbewusst sagen: „Ob Kinder oder keine, entscheiden wir alleine“.

Meine guten Wünsche – und ich schließe einen großen Teil meiner Genossinnen und auch Genossen ein – für ein Leben in geistiger Beweglichkeit gelten der „Mutter der Pille“.

Selbstverpflichtung
Da mühen sich die Dax-Konzerne die Selbstverpflichtung zu erfüllen und die Vorstände für Frauen zu öffnen. 2016 sollen 30 Prozent der Vorstandssitze der 108 Unternehmen mit Frauen besetzt sein, 2015 soll es für weitere 3.500 Firmen verbindliche Zielvorgaben geben.

Es geht aber nur mühsam voran. Volkswagen konnte die Topjobs für Frauen nur unwesentlich erhöhen, von 2010 auf 2013 von 8,5 auf 9,8 Prozent, BMW steht bei 10,9 Prozent, Thyssen-Krupp kommt auf 7,8 Prozent. Da steht die Allianz mit 28,1 Prozent gut da, Henkel hat sogar 33,2 Prozent weibliche Führungskräfte.

Das Beharrungsvermögen der Männer ist schon bemerkenswert! Nicht das die Frauen per se besser wären, aber es ist immer wieder erstaunlich, wie fest Männer an den einträglichen Posten kleben.


Erst Toiletten, dann Tempel

Eine merkwürdige Alternative! Die Äußerung wird dem im Mai zum indischen Premierminister gewählten Hindu Narenda Modi zugeschrieben. Für uns schwer vorstellbar ist das eine Reaktion auf die Vielzahl der Vergewaltigungen, die öffentlich wurden.

Zahlreiche Frauen im ländlichen Indien haben keinen Zugang zu Toiletten und müssen sich im Freien entleeren. Den beiden Mädchen, die nach Vergewaltigungen am Mangobaum erhängt wurden, ist so aufgelauert worden. Die Täter waren aus einer höheren Kaste, die Polizei hat mitgewirkt. Aber auch Gemeinschaftstoiletten, zu denen der Weg in der Dunkelheit lang ist, sind nicht die Lösung.

Unter diesen Bedingungen wirken bagatellisierende Äußerungen besonders fahrlässig, wenn ein Politiker äußert: „Solche Dinge passieren nicht absichtlich. So etwas geschieht versehentlich, ja Vergewaltigungen sind auch manchmal richtig.“ Damit wird die Androhung der Todesstrafe für Vergewaltigungen weitgehend relativiert. Es bedarf eines Bewusstseinswandels, aber gegenwärtig steigert sich eher die Brutalisierung.

Männlich – weiblich

In Indien gibt es aber auch Versuche, das Selbstbewusstsein der Frauen zu stärken. In Neu-Delhi verwandeln sich Frauen für einen Tag in Männer. Mit Hilfe von Maskenbildnerinnen und Kleidung verändern sie ihr Aussehen und treten in der Öffentlichkeit als Männer auf. Sie sollen nicht nur selbstbewusstes Auftreten zeigen, sondern auch lernen: „Männer entschuldigen sich nicht die ganze Zeit, sie lächeln nicht andauernd, und sie gehen so, als ob der Boden unter ihren Füßen ihnen gehört.“

Es fällt schwer, sich vorzustellen, dass Frauen damit geholfen wird, aber eine Äußerung wie: „Es hat sich machtvoll angefühlt, die Geschlechterkategorien aufzubrechen“, rechtfertigt den Versuch.

Nigeria – Boko Haram

Die Entführung von mehr als 200 Schulmädchen durch Boko Haram ist in den Hintergrund getreten, ebenso die Entführung von weiteren 22 Frauen im Juni. Polizei und Militär gehen davon aus, dass eine gewaltsame Befreiung nicht möglich ist, auch internationale Hilfe verspricht keinen Erfolg.

Boko Haram terrorisiert auch in andere Weise, etwa durch Bomben gegen Fußballzuschauer. Was „unislamisch“ ist, kann bzw. muss vernichtet werden. Religion setzt den Maßstab für Machtausübung. Mädchen sind nicht dazu bestimmt, eine Schule zu besuchen, ihre Bestimmung ist zu dienen und Kinder zu gebären. Nicht von ungefähr sind die zuletzt entführten Frauen j&u
uml;nger, ältere wurden in Ruhe gelassen.

Das Ganze ist eine perfide Handlungsweise, die besonders zerstörerisch wirkt.


Konferenz in London

Vor diesem Hintergrund stimmt die viertägige Konferenz im Juni in London, die sich intensiv mit sexueller Gewalt, insbesondere in Kriegen, auseinandergesetzt hat, positiv. Eine solche Konferenz bedarf auch der Prominenz, der britische Außenminister Hague und die UNCR–Botschafterin Angelina Jolie haben sie zustande gebracht.

Das Besondere war, dass etwa 1.000 RegierungsvertreterInnen und ExpertInnen zusammenkamen, darunter VertreterInnen von NGOs, von Opferverbänden, auch Überlebende, Zeugen, Ärzte, sogar Soldaten. Ziel der Beratungen ist die Aufklärung solcher Taten, die Ahndung und eine Entschädigung, es geht um Achtung, Respekt und Gerechtigkeit. Vergewaltigung als Kriegswaffe wird zwar als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gewertet, aber wie Nigeria zeigt, ist der Terror der Kriegsherren noch sehr virulent.

Nebenbei, aus der Bundesrepublik hatte sich kein Minister, auch keine Ministerin, angesagt.

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