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Feminismus

Frauen in Bewegung (06/2012)

Von Barbara Schulz | 01.06.2012

Kurzmeldungen aus der internationalen Frauenbewegung (06/2012)

Freiwilligkeit oder Quote?
Ohne Quote verfestigt sich die Männerherrschaft weiter! Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat nur einen einzigen Senat, der von einer Frau geleitet wird. Bei der Neubesetzung des Senats für Familienrecht wurde eine in den Ruhestand ausscheidende Frau durch einen Mann ersetzt, der auf Platz zwei der Vorschlagsliste stand, hinter einer Frau auf Platz eins. Bei der Wahl im März wurden von 13 Stellen nur 2 mit Frauen besetzt, obwohl es unter den 39 Vorschlägen immerhin 13 Frauen gab. Jetzt fordert die Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes eine Quotenregelung. „Von selbst und nachhaltig wird sich nichts ändern“, so Ramona Pisal.
Hebammen
Für die 18 000 freiberuflichen Hebammen wird die Berufsausübung besonders durch die drastische Erhöhung der Haftpflichtversicherung von 1218 Euro im Jahre 2003 auf 4242 Euro im Jahr 2012 beeinträchtigt. Ihr Stundenlohn errechnet sich auf 7 Euro bei teilweisen Arbeitszeiten von 50 Stunden, einschließlich Nachtarbeit. Hebammen sind gerade in ländlichen Gebieten auch für eine ortsnahe Versorgung vor und nach der Geburt besonders wertvoll. Da Krankenhäuser mit Geburtsabteilungen oft in größeren Entfernungen liegen, ist die Versorgung auf dem Lande eingeschränkt. Dazu kommt, dass der Wunsch einer Hausgeburt immer schwerer zu erfüllen ist.
Afghanistan
Als der Krieg in Afghanistan vor gut zehn Jahren begann, wurde sehr viel von der Befreiung der afghanischen Frauen aus den rigiden Beschränkungen durch die Taliban geredet. Damals besuchten auch Vertreterinnen von RAWA die Bundesrepublik und warben für die Befreiung der Frauen. Aber sie sahen schon damals, dass es vor allem eine Selbstbefreiung sein muss. Heute haben sich nach allen Berichten die Verhältnisse nur in wenigen Bereichen zugunsten der Frauen verbessert, etwa beim Schulbesuch der Mädchen. Zwar spricht die Verfassung von der Gleichberechtigung von Frauen und Männern, die Realität schert sich darum kaum. So äußert sich Präsident Karzai in einer Richtlinie: „Der Mann ist ein fundamentales Wesen, die Frau ist ihm untergeordnet.“ Im Hintergrund steht die Scharia. Demzufolge kam es 2011 zu von der UN festgestellten 5 000 Fällen von Gewalt gegen Frauen. Über die Dunkelziffer muss sich jede/r Gedanken machen. Nach einhelligen Studien werden dreiviertel der Frauen zwangsverheiratet, jedes zweite Mädchen ist unter 16 Jahren, der Gatte kann bis zu 50 Jahre älter sein. Bei einer Vergewaltigung wird die Frau wegen Unsittlichkeit bestraft. Hier kann mensch stufenlos zu Marokko übergehen.
Marokko
Marokko gilt als fortschrittlich in seiner Gesetzgebung Frauen betreffend. Im März ereignete sich der Selbstmord einer 16-Jährigen. Das Mädchen war vergewaltigt worden, die Vergewaltigung wurde angezeigt, das Gericht legte dem Vater nahe, einer Heirat seiner Tochter mit dem Vergewaltiger zuzustimmen. Das hat für den Täter den Vorteil, dass er straffrei bleibt, die Frau, die in ihrer Gesellschaft – entjungfert und unverheiratet – als entehrt gilt, kann so „versorgt“ werden. Misshandelt und verachtet in der Ehe nahm die junge Frau – Amira Filali – Rattengift und starb. Der Fall hat zu Demonstrationen und Facebook – Diskussionen geführt, die aber schnell abebbten. Um die Befreiung der Frau voranzutreiben, bedarf es auch der ökonomischen Selbstständigkeit.
Die unendliche Geschichte
… vom Betreuungsgeld wird in der nächsten Ausgabe weitergeführt, vorausgesetzt, die Regierenden bringen einen Gesetzentwurf zustande.

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