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Feminismus

Frauen in Afghanistan

Von B.S. | 01.12.2005

Die Stadt Hamburg hat Anfang November versucht, eine Frau nach Afghanistan abzuschieben. Weil sie kollabierte, wurde ein Aufschub erreicht, aber die Behörde versucht mit aller Gewalt, Seema K., deren Ehemann schon abgeschoben wurde, loszuwerden. Ein extra aus Frankfurt angereister Arzt des BSG bescheinigte die Reisefähigkeit der im Abschiebegefängnis sitzenden Frau.

Die Stadt Hamburg hat Anfang November versucht, eine Frau nach Afghanistan abzuschieben. Weil sie kollabierte, wurde ein Aufschub erreicht, aber die Behörde versucht mit aller Gewalt, Seema K., deren Ehemann schon abgeschoben wurde, loszuwerden. Ein extra aus Frankfurt angereister Arzt des BSG bescheinigte die Reisefähigkeit der im Abschiebegefängnis sitzenden Frau1.  

Was erwartet eine Frau in Afghanistan? Immer noch werden besonders sich emanzipierende Frauen mit dem Tod bedroht. Es gibt erzwungene Ehen, auch Kinderehen, häusliche Gewalt und sexuellen Missbrauch, ja auch Entführungen. Laut der Frauenorganisation RAWA werden z.B. in der Provinz Herat die Rechte der Frauen weiterhin vehement verletzt. Innerhalb von nur 25 Tagen wurden 75 Frauen in den Tod durch Selbstverbrennung getrieben. Selbst in Kabul ist für etwa die Hälfte der Frauen die Lebensmittelversorgung das größte Problem. Mit ein bis zwei Dollar pro Tag einen Haushalt zu versorgen, ist auch dort schwer. Zugang zu Trinkwasser und gar Elektrizität ist kaum gewährleistet. Am schwersten betroffen sind die ca. 30 000 Haushalte ohne Mann. Um wenigstens ein Mindestmaß an Schutz zu haben, wird ein älterer Verwandter, etwa ein Onkel, oder gar der 15 jährige Sohn zum Familienoberhaupt erklärt.   So verwundert die Aussage einer Frau nicht, dass in diesem Lande keine Frau geboren werden sollte.
Zwei Beispiele   
Jetzt können 68 gewählte Frauen Sitze im Parlament einnehmen, z.B. Fausia Galiani Sadat. Sie unterhält ein Fitnessstudio in Herat und ist 33 Jahre alt, wurde mit12 verheiratet, bekam mit 13 ihr erstes Kind. Den größten Teil ihres Lebens verbrachte sie im Exil. Ihr Ziel ist es, eine Partei zu gründen. Ihre Position und ihre Sicherheit verdankt sie auch ihrer Herkunft. Beide Familien – Galiani und Sadat – spielen in der Region eine wichtige Rolle.

Anders ist das Schicksal von Malalei Yoya. Sie war in der Loya Jirga eine von 100 Frauen. Nun wurde sie in der Provinz Farah nahe der Grenze zum Iran mit der zweitgrößten Stimmenzahl gewählt. Das ist deshalb wichtig, weil sie im Jahr 2003 in der Loya Jirga  Taliban und Warlords  anklagte und deren Bestrafung für begangene Verbrechen verlangte. Das führte nicht nur zum Tumult in der Versammlung, sondern auch zu massiven Todesdrohungen gegen sie. Ihren Wahlkampf  machte sie unter dem Schutz von Bodyguards, eine nicht sehr komfortable Situation!
Hoffnung?
RAWA sieht in der Beteiligung im Parlament nicht die Lösung, sondern kämpft für eine säkulare Demokratie. Aber auch ihre Vertreterinnen bekleiden sich mit der Burka. Ihre Hoffnung setzen sie auf education – Erziehung, Bildung – vor allem der Frauen. Heute sind 90 % der Frauen nicht alphabetisiert. Die politische und wirtschaftliche Lage  ermöglicht es längst nicht allen Kindern und gar Mädchen, zur Schule zu gehen. Stattdessen müssen sie Holz und anderen Brennstoff sammeln, damit gekocht werden kann. Wenn auch unter den 68 Parlamentarierinnen manche ist, die in Stellvertretung gewählt wurde, ist es dennoch gut, dass Frauen „sichtbar“ werden.

1 Ob ihre Abschiebung schon erfolgt ist, war bis zum 21. November unklar.

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