Unschöne Anglizismen wie dieser könnten mich zum Fremdenfeind machen – wenn ich nicht auch in englischsprachigen Ländern gute Genossinnen und Genossen hätte.
Sogenannte Faktenchecks sind bei Talkshows und Politsendungen im Fernsehen ein häufiger Gast. Sieh mal an, das stimmt ja gar nicht, was da gesagt oder zitiert wurde! Oftmals handelt es sich dabei um gängige Lügen und Hetztiraden aus der extremen Rechten, manchmal um gängige Verschwörungsmythen.
Bloß – nützt das viel? Ich glaube nicht.
Beispiel Bielefeld: Argumentieren gegen Betonwände
Nehmen wir ein harmloses Beispiel: die scherzhafte Behauptung, dass es Bielefeld gar nicht gibt. Wer das im Ernst glaubt, muss an eine große Verschwörung glauben, die den Menschen die Existenz dieser ominösen Stadt mit hohem Aufwand vorgaukelt.
Wer versucht, heute gängige Erkenntnisse Menschen zu vermitteln, die daran – etwa aus religiöser Versponnenheit – nicht glauben, läuft in der Regel gegen Wände.
Die Erde dreht sich um die Sonne? Menschen und andere Affen haben gemeinsame biologische Vorfahren? Menschenrassen gibt es gar nicht?
Gar nicht so einfach, solche Dinge vernagelten Leuten plausibel zu machen.
Wahn ist immun gegen Beweise
So ist es auch mit der Existenz von Bielefeld.
Wir zeigen Bielefeld auf einer Karte. – Ha, das sind Fälschungen.
Wir fahren mit der betreffenden Person nach Bielefeld und zeigen ein Ortseingangsschild. – Na, jeder kann sowas malen.
Wir laufen in einer Fußgängerzone herum und fragen die Leute, wo wir sind. – Na und, die sind eben alle gehirngewaschen.
Es gibt keine Möglichkeit, die in ihrem Wahn befangene Person zur Einsicht zu bringen. Dasselbe gilt auch für sehr viel schlimmere Wahnvorstellungen:
Eingewanderte Menschen verspeisen unsere Haustiere.
Die meisten von ihnen sind schwer kriminell.
Liberale und radikale Linke missbrauchen Kinder in den Kellerräumen von Pizzerien.
Der schlimmste Rassismus greift die Weißen in Südafrika an.
Deutschen droht die Umvolkung zu einem islamischen Kalifat.
Das Aufdecken der Unwahrheit solcher Behauptungen verfehlt in aller Regel sein Ziel.
Die rechten Demagogen wollen ja lügen, um bestimmte Emotionen zu schüren.
Hitler bekannte sich in Mein Kampf offen zur Manipulation durch Propaganda.
Mussolini sagte: „Erfindung ist nützlicher als Wahrheit.“
Die Masse, die er mobilisierte, verachtete er zugleich: Sie sei „dumm, schmutzig, arbeitet nicht hart genug und ist zufrieden mit ihren kleinen Kinofilmchen.“
Das ist haargenau die wirkliche Haltung der extrem rechten Führer à la Trump, Höcke und Konsorten.
Vom betrogenen Leben zur rassistischen Wut
Viele Menschen fühlen sich – und zwar zu Recht – um lebenswerte Perspektiven betrogen.
Sie betrachten die bestehende kapitalistische Klassengesellschaft als naturgegeben und unüberwindlich.
Sie häufen Hass und Ressentiments in sich an – und beides befördert ihre Bereitschaft, sich gegen noch mehr benachteiligte oder diskriminierte Bevölkerungsgruppen zu radikalisieren.
Sie saugen die Lügen der rechten Demagogen auf wie die Biene den Nektar.
Sie lauern auf die Gelegenheit, ihren Vernichtungswillen straflos gegen wehrlose Opfer austoben zu können.
Ob die einzelnen Behauptungen wahr oder falsch sind – spielt für sie keine Rolle.
Wir leben in einer Zeit der immer schamloseren Lügen und der immer zynischeren Unverschämtheit.
Imperialistische Ansprüche wie die Putins werden noch mit chauvinistischen und geopolitischen Begründungsmustern versehen.
Bei Trump jedoch geraten sie zum triumphierenden Beharren auf dem Recht des militärisch Stärkeren.
Auch hierzulande gilt als Außenseiter, wer nicht der wahnwitzigen Aufrüstung das Wort redet.
Naturschutz und der Einsatz für die Interessen der Verdammten dieser Erde werden bestenfalls als naives Gutmenschentum belächelt.
Wir leben in Verhältnissen, die „unter aller Kritik“ sind – um ein Wort von Marx über die deutschen Lande vor 1848 aufzugreifen.
Der meinte auch, unter solchen Umständen sei nur noch das „Pathos der Indignation“, also der Empörung, angebracht.
Diese nährt sich nicht von isolierten Faktenchecks, sondern vom Aufdecken der wirklichen Zusammenhänge und Interessenlagen.
Keine Nettigkeit gegen rechten Hass
Gegen den Hass und die Gewaltbereitschaft der rechtsextrem Verhetzten hilft es übrigens nicht, von Menschenliebe und humanistischen Idealen zu säuseln.
Das passt einfach nicht zu den wirklichen Zuständen, die immer weniger Hoffnung auf Auswege im Sinne menschlicher Bedürfnisse bieten.
Hass und Gewaltbereitschaft müssen vielmehr gegen die tatsächlichen Feinde gelenkt werden.
Vielleicht – vielleicht auch nicht
Wer weiß, vielleicht gelingt das noch?
Nicht, um die Lage in den USA zu analysieren, sondern um ein Modell vorzuführen, wie es gehen könnte:
Trump betreibt die Verlängerung der Steuersenkungen für seine Freunde vom Kapital – 4,5 Billionen Dollar aus seiner ersten Amtszeit.
Die bereits ausgeuferte Staatsverschuldung würde das um weitere 2,3 Billionen Dollar erhöhen.
Gleichzeitig braucht er Geld für seinen Golden Dome, den umfassenden Raketenabwehrschirm – 175 Milliarden Dollar.
Auch für die weitere massive Abschiebung von Eingewanderten werden Mittel benötigt.
Zur Gegenfinanzierung hat er Kürzungen bei Medicaid im Auge – das würde 8,6 Millionen Menschen die Krankenversicherung kosten.
Auch Lebensmittelmarken sollen gekürzt werden – betroffen wären drei Millionen der Ärmsten der Armen.
Ist es da so abwegig zu hoffen, dass Millionen der Ärmsten in den USA – selbst wenn sie weißer wären als italienischer Mozzarella-Käse und rassistischer als der „Schrumpfgermane“ Joseph Goebbels – irgendwann doch der Kragen platzt?
Und vielleicht auch noch ein paar Millionen schlecht bezahlter Mehrfachjobber?
Wie? Uns selber soll es an den Kragen gehen? In wessen Interesse eigentlich?
Das soll das neue goldene Zeitalter der USA sein? Nicht mit uns! Wir haben ja fast nichts mehr zu verlieren.
Lasst uns den verantwortlichen Schurken das Handwerk legen.
Und wenn nicht?
Und wenn nicht?
Linke sind jedenfalls gut beraten, in den Kampfmodus überzugehen.
Und zwar in einer Weise, die sie nicht zu wehrlosen Schlachtopfern angesichts der drohenden Welle rechtsterroristischer Gewalt macht.