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Erklärung der Europäischen Antikapitalistischen Linken Dezember 2004

01.12.2004

Ein anderes Europa ist möglich!
Nein zu der Verfassung der multinationalen Konzerne!

Die Regierungen der Europäischen Union versuchen 450 Millionen Europäerinnen und Europäern eine hinter verschlossenen Türen ausgearbeitete Verfassung aufzuzwingen. Dieser sogenannte "Vertrag über eine Verfassung" ist an die Stelle eines konstituierenden Prozesses getreten, der sich auf ein Mandat, das aus öffentlichen und demokratischen Debatten hervorgegangen ist, und auf die Souveränität der Völker Europas stützen könnte.

Diese Verfassung ist gefährlich.

Sie segnet das absolute Primat des "freien Markts" ab. Sie untersagt per Gesetz jeglichen Eingriff in das Privateigentum und in die Marktbeziehungen. Sie verneint den mindesten gesetzlichen Status für die sozialen Errungenschaften, die über anderthalb Jahrhunderte von Arbeiterkämpfe im nationalen Rahmen gewonnen worden sind.

Sie segnet die Haushaltszwänge ab, die bereits durch die Maastricht-Kriterien institutionalisiert worden sind und mit deren Hilfe die Sozialausgaben drastisch gesenkt werden und eine öffentliche Wirtschaftspolitik blockiert wird. Die Privatisierung der öffentlichen Dienste und der sozialen Sicherung wird "unvermeidlich" werden, und die öffentlichen Dienste werden als unmöglich weiter zu finanzieren hingestellt werden.

Der Verfassungsvertrag bestätigt den nicht-demokratischen und halb-despotischen Charakter der Europäischen Union. Die reale politische Macht bleibt in den Händen der Regierungen und der Gremien wie der Kommission zentralisiert, die nicht direkt gewählt werden. Die Europäische Zentralbank bleibt "unabhängig", das heißt, ihre Macht geht weder von den Bürgerinnen und Bürgern noch von den Völkern aus und dass sie niemandem rechenschaftspflichtig ist, es sei denn den multinationalen Konzernen und deren Aktionären.

Die Verfassung erkennt das Recht der Frauen auf freie und gesetzlich abgesicherte Möglichkeit zur Abtreibung nicht an; damit wird die brutale Unterdrückung der Frauen festgeschrieben, die in Portugal, Irland und Polen herrscht. Wenngleich das Prinzip der Gleichheit von Männern und Frauen in der Form eines Ziels der EU in der Verfassung enthalten ist, errichtet die Verfassung selber ein Hindernis gegen dieses Ziel, indem sie die "Liberalisierung" der sozialen Dienstleistungen erzwingt.

Der Verfassungsvertrag erkennt die Bürgerrechte wie das Wahlrecht der Bürgerinnen und Bürger von Drittländern, die in einem der Mitgliedsstaaten leben, nicht an und bestätigt, dass sein Projekt in der Errichtung einer "Festung Europa" besteht, die für Asylsuchende geschlossen ist.

Die Verfassung erkennt den multinationalen Charakter der Mitgliedsstaaten nicht an und verweigert den unterdrückten Völkern und "staatenlosen Nationen" im Namen der territorialen Integrität das Recht auf Selbstbestimmung.

Die Verfassung verpflichtet die Europäische Union und die Mitgliedsstaaten per Gesetz, ihre militärischen Kapazitäten unter der Fuchtel der NATO zu steigern. Sie stellt bei weitem keine Alternative zum US-Imperialismus dar, sie bedeutet den Aufbau eines europäischen Militarismus und wird das imperialistische System stärken.

Wir sagen zu diesem Europa "Nein", weil wir für eine sozialistische, demokratische, von unten selbstverwaltete Gesellschaft, ohne Ausbeutung der Arbeit und ohne Unterdrückung der Frauen kämpfen, die auf einer "nachhaltigen Entwicklung" beruht, im Gegensatz zu dem den Planeten bedrohenden "Wachstumsmodell".

Wir verpflichten uns, in jedem einzelnen Land Europas wie auf internationaler Ebene eine breitest mögliche Bewegung gegen diesen Verfassungsvertrag und für die sozialen und demokratischen Forderungen zu entwickeln. Als radikale, revolutionäre, antikapitalistische Kräfte wollen wir mit der großen Mehrheit der Kräfte der europäischen Linken zusammenarbeiten, die gegen diese Verfassung sind.

Eine anderes Europa ist möglich. Der erste Schritt besteht darin, für eine Niederlage diese neoliberale und undemokratische Verfassung zu sorgen.

Amsterdam, den 5. Dezember 2004

Unterzeichnet von:

Bloco de Esquerda (Portugal)
déi Lénk / La Gauche (Luxemburg)
Espacio Alternativo (Spanischer Staat)
Izquierda Unida (Spain)
Ligue Communiste Révolutionnaire (Frankreich)
Özgürlük ve Dayanisma Partisi (Türkei)
Red Green Alliance (Dänemark)
Respect (England und Wales)
Scottish Socialist Party (Schottland)
Socialist Party (England und Wales)
Socialist Workers Party (England und Wales)
solidaritéS (Schweiz)

Aus dem Französischen übersetzt, unter Berücksichtigung der englischen Fassung.

Quellen:
Gauche Anticapitaliste Européenne. Déclaration "Une autre Europe est possible! Non à la Constitution des multinationales!"
European Anticapitalist Left. Statement "Another Europe is possible! No to the multinationals’ constitution!"

Am 4. und 5. Dezember hat in Amsterdam eine Tagung der Europäischen Antikapitalistischen Linken stattgefunden, bei der die oben wiedergegebene Erkl&
auml;rung zur "Europäischen Verfassung" verabschiedet worden ist. Zu dem Treffen haben die folgenden Gruppierungen VertreterInnen geschickt: Bloco de Esquerda, Ligue Communiste Révolutionnaire, Partito della rifondazione comunista, Red Green Alliance, Respect, Socialist Party, Socialist Workers Party

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