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Innenpolitik

Ein Denkmal für Roma und Sinti?

Von J.A. | 01.05.2005

 
Lange genug – nämlich fast 60 Jahre – hat es gedauert bis der von der Nazidiktatur verübte Völkermord an den europäischen Sinti und Roma öffentlich in Form eines Denkmals gewürdigt werden sollte und bis sich Politik und Betroffenenverbände auf einen Ort, einen Entwurf und eine Inschrift für ein solches Denkmal einigen konnten: Das Denkmal wird nun in Berlin, südlich des Reichstags, nach einem Entwurf von Dani Karavan (eine schwarze Kugel in einem Wasserbecken) entstehen. Die Inschrift soll mit dem Einverständnis des Zentralrats deutscher Sinti und Roma und unter Anlehnung an einZitat des früheren Bundespräsidenten Roman Herzog an die Roma und Sinti, die dem Rassenwahn des Nationalsozialismus zum Opfer fielen, erinnern.

Gegen dieses Zitat stellt sich jedoch die Sinti-Allianz, die die Bezeichnung der Opfer als „Sinti und Roma“ als zu einschränkend ablehnt und stattdessen den Begriff „Zigeuner“ als umfassenderen auf dem Denkmal sehen möchte. Das aber kann der Zentralrat nicht akzeptieren, da er diese Bezeichnung als abwertend und diskriminierend empfindet. Dass durch diesen Streit der Bau des Denkmals noch einmal verzögert wird, ist zwar schade, ist aber bei einer bewussten Auseinandersetzung mit der Geschichte in Kauf zu nehmen.

Unrühmlich und inakzeptabel ist dabei jedoch, wie Politik und Medienöffentlichkeit polemisierend, latent rassistisch und voll unberechtigter Ungeduld in die Debatte eingreifen. Dabei können nur die Betroffenen selbst entscheiden, wie sie sich richtig bezeichnet fühlen, ob als Roma, Sinti, Kale, Manouche oder eben als Zigeuner. Und dabei haben nicht die PolitikerInnen und JournalistInnen, sondern die Opfer, ihre Angehörigen und Nachkommen sehr, sehr lange auf eine solche öffentliche Würdigung in Form eines Denkmals warten müssen. Kulturstaatsministerin Christina Weiss (parteilos) setzt dem Ganzen dabei die Krone auf, indem sie einen vom Bundestag vorgeschlagenen Text, der von den Opfern spricht, die „als Zigeuner in Deutschland und Europa verfolgt und ermordet wurden“, auf Englisch übersetzen möchte, um so das umstrittene Wort „Zigeuner“, welches sogar die Behörden der Europäischen Union und internationale Organisationen wie OSZE und UNO vermeiden, durch „Gipsy“ zu ersetzen und somit zu umgehen. Dass eine solche Scheinlösung nicht eben konstruktiv zur Klärung der Debatte beiträgt, dürfte auf der Hand liegen.

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