Dörre will den Markt-Sozialismus – einen Widerspruch in sich
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Ein schwacher Neuaufguss eurokommunistischer Illusionen

Dörre will den Markt-Sozialismus – einen Widerspruch in sich

Von Jakob Schäfer | 24.01.2022

Klaus Dörres Buch „Die Utopie des Sozialismus. Kompass für eine Nachhaltigkeitsrevolution[1] wird seit seinem Erscheinen eifrig diskutiert. Doch das, was er hier vertritt, ist nichts anderes als alter Wein in neuen Schläuchen.

Was man positiv herausstreichen sollte, ist die Tatsache, dass Dörre die Bedeutung der ökologischen Krise und speziell des Klimawandels verstanden hat, zumindest zum Teil. Leider aber greifen seine Vorschläge für die erforderlichen Gegenmaßnahmen strukturell und im Detail viel zu kurz.

Beispielsweise hat er nicht begriffen, dass für ein Gegensteuern ein umgehender und umfassender Ausstieg aus der Autogesellschaft erforderlich ist. Da reichen solche Maßnahmen wie der Ausbau von Car-Sharing-Systemen und mehr ÖPNV vorne und hinten nicht. Um dem Klimawandel gegenzusteuern, braucht es mindestens drei verschiedene Maßnahmenstränge: die ökologische Ausrichtung und den massiven Ausbau des ÖPNV, die kostenlose Nutzung desselben im städtischen und im Regionalverkehr sowie eine drastische Reduzierung der Wegstrecken (zur Arbeit, zu den Bildungseinrichtungen, zur Gesundheitsversorgung, zu den Geschäften des täglichen Bedarfs usw.) Zur Frage der Verkürzung und der Vermeidung von Wegen gehört auch eine weitgehende Reduzierung der Transporte von Produkten um die halbe Welt. Weiterhin: Der Flugverkehr muss kontingentiert werden und Flüge unter 1000 km müssen vollständig verboten werden.[1]

Für eine Vermeidung von Wegen bedarf es einer planmäßigen Infrastrukturpolitik, die in keinem Fall mit Marktmechanismen zu realisieren ist. Schon für den massiven Ausbau des ÖPNV und seine kostenlose Nutzung versagen alle Marktmechanismen. Von einer Konversion der Autoindustrie und anderer schädlicher Industrien spricht Dörre nur in sehr vager Form. Er strebt eine Konversion mittels Anreize an. Doch: Ohne eine entschädigungslose Enteignung wird eine nennenswerte Konversion nicht möglich sein.

Was Dörre vorschwebt: Anreize für die Kapitaleigner, verbunden mit einer staatlichen Investitionspolitik

Was Dörre generell vorschwebt, ist die folgende Kombination: Anreize für die Kapitaleigner, verbunden mit einer staatlichen Investitionspolitik, die allerdings vom bürgerlichen Staat durchzuführen wäre. Dörres Ziel ist es, die Funktionsweise des Kapitals zu modifizieren, ohne sich mit dem Kapital anzulegen oder gar die Warenwirtschaft infrage zu stellen. Das äußert sich dann in solchen Ausführungen wie:

„Benötigt werden jedoch vor allem Anreize, um die Kooperation zwischen ansonsten konkurrierenden Klein- und Mittelbetrieben zu stärken. Die Vernetzung flexibler Spezialist:innen in Oberitalien hat gezeigt, wie dergleichen erfolgreich praktiziert werden kann.“ (S. 130) Oder: „Die Zivilgesellschaften haben in demokratischer Weise direkt darauf Einfluss zu nehmen, was, wie und zu welchem Zweck produziert und reproduziert wird. Es geht um eine Umverteilung von Entscheidungsmacht zugunsten der gegenwärtig ohnmächtigen Mehrheiten, denn ohne solch tiefgreifende Eingriffe in die bestehende Wirtschaftsordnung wird sich Nachhaltigkeit weder in der ökologischen noch in der sozialen Dimension realisieren lassen. Eine Demokratisierung von Produktionsentscheidungen lässt sich auf zwei Wegen erreichen. Der erste Weg stärkt den Kollektivwillen innerhalb der Unternehmensorganisation. Dabei spielen direkte Partizipation und Selbstbestimmung der Produzent:innen konzeptionell eine wichtige Rolle. Innerhalb der Betriebe und Unternehmen können transparente, demokratische Entscheidungenstrukturen Partizipationsmöglichkeiten auf allen Ebenen eröffnen. Neben materieller Partizipation an den Geschäftsergebnissen ist eine selbstbestimmte Arbeitsorganisation eine überaus bedeutsame Ebene für eine direkte Beteiligung der Belegschaften an betrieblichen Entscheidungsprozessen. Auf der Ebene von Arbeitsprozessen kann an Konzepte einer Mitbestimmung am Arbeitsplatz angeknüpft werden, wie sie auch unter kapitalistischen Bedingungen als Ausweis innovativer Arbeitspolitik gelten.“ (S. 134 f.)

Aus solchen Ausführungen geht hervor: Dörre zielt nicht auf eine uneingeschränkte Vergesellschaftung der Produktionsmittel. Sein Sozialismus basiert auf selbständigen, unabhängig voneinander agierenden Unternehmen. Und: Er stellt sich den Übergang zu seinem Sozialismus recht harmonisch vor.

Markt und Plan

Im Wesentlichen zustimmend referiert Dörre verschiedene sozialistische Wirtschaftsmodelle, vor allem von Erik Olin Wright[2] und David Laibman[3]. Zustimmend gibt er Ausführungen von Laibman mit seinen Worten folgendermaßen wieder: „Es gibt Wettbewerb zwischen Unternehmen, doch dieser wird nicht mehr über Löhne, sondern über Zuverlässigkeit und Produktqualität ausgetragen. Die Basispreise bleiben über einen längeren Zeitraum konstant, werden aber in einer vernünftigen Frequenz aktualisiert. Der Anteil des erwirtschafteten Nettoeinkommens, der dem Unternehmen verbleibt, soll anhand eines Einkommensanteil-Formierungs-Index berechnet werden, der sich aus verschiedenen Erfolgsindikatoren zusammensetzt.“ (S. 183) Die „demokratische Zivilgesellschaft“ soll über „die Art und Gewichtung der Indikatoren“ mitbestimmen (ibid).

Das Ganze wird nicht dadurch besser, dass Dörre an den im Kapitalismus existierenden Stiftungen anknüpfen möchte. „Das Stiftungsunternehmen ist ebenfalls eine Form, die dem Prinzip eines kollektiven Selbsteigentums bereits unter kapitalistischen Bedingungen Rechnung trägt. Der Übergang zu solchen Eigentumsverhältnissen ließe sich verhältnismäßig leicht bewerkstelligen, wenn der politische Wille vorhanden wäre. So könnten Staatshilfen für private Unternehmen mit Verfügungsrechten für Beschäftigte oder gesellschaftliche Fonds bezahlt werden. Sobald dergleichen geschähe, würde die Sozialisierung von Entscheidungsmacht mittels Internalisierung von Sozialkosten, die die kapitalistische Produktionsweise verursacht, zu einem Prozess, der einer Revolution ohne einmaligen Akt der Machtergreifung gleichkäme.“ (S. 126)

An anderer Stelle fasst er sein Modell so zusammen: „Das Fundament einer künftigen sozialistischen Gesellschaft bilden transformative Rechtsverhältnisse, die Nachhaltigkeitszielen einen Verfassungsrang geben; kollektives Selbsteigentum an und in großen Unternehmen; kooperative Marktwirtschaft mit kleineren Unternehmen; die Eckpfeiler von Wirtschaftsdemokratie; Produktionsweisen mit langlebigen Gütern; ein neues Verhältnis von Markt und Plan sowie Nachhaltigkeits- und Transformationsräte als Innovationen im politischen System. Dies sind Bausteine für das sozioökonomische Fundament nachhaltig sozialistischer Gesellschaften.“ (S. 117 f.)

Wirrwarr aus planwirtschaftlichen und marktwirtschaftlichen Mechanismen

Dörre kommt zu dem Schluss: „Betrachtet man die unterschiedlichen Planungsansätze, so entsteht ein Gespür dafür, dass sich künftige Sozialismen nicht mit dem einen Planungsmodell zufriedengeben werden. Viel wahrscheinlicher ist eine ständige politische Auseinandersetzung um das beste Verhältnis von Markt und Plan, um besonders effiziente Formen demokratischer Koordination. Doch so unterschiedlich die diskutierten Planungsmodelle auch sein mögen, sie alle zeichnen sich dadurch aus, dass sie sowohl positive als auch negative Externalitäten in die Preisgestaltung und das ökonomische Anreizsystem aufnehmen können.“ (S. 185 f.)

Mit diesem Wirrwarr aus planwirtschaftlichen und marktwirtschaftlichen Mechanismen kann Dörre logischerweise kein in sich schlüssiges Konzept für eine gesamtgesellschaftliche Planung entwerfen. Der Klimawandel und all die sonstigen ökologischen Verheerungen erfordern genauso durchgreifende gesamtgesellschaftlich wirksame Maßnahmen, wie wir sie auf der sozialen Ebene zur Abschaffung von Hunger, Elend, Krieg und Zerstörung brauchen. Nur wenn die gesamte Bevölkerung die Entscheidungsmacht hat, wird sie auch die erforderlichen Maßnahmen zur Änderung von Lebensgewohnheiten mittragen. Und nur dann wird ein solcher Prozess Anziehungskraft entwickeln und die Landesgrenzen überschreiten. Schließlich ist heute mehr denn je der Sozialismus in einem Land nicht vorstellbar.

All dies wirft ganz grundsätzliche Fragen auf. Wieso soll die Zivilgesellschaft nur „mitbestimmen“? Leider legt Dörre seine philosophisch-anthropologischen Prämissen nicht auf den Tisch. Wir können uns diese Ebene seines Konzepts nur indirekt erschließen. Deutlich wird es beispielhaft dort, wo er von der Fortexistenz des Lohnsystems ausgeht. Dass eine Gesellschaft, wenn sie auf einer egalitären Ordnung basiert, die Verteilung von Gütern für die Grundbedürfnisse ohne Einschränkung vornehmen kann, ist ihm offenbar vollkommen fremd. Am weitesten wagt er sich vor, wenn er – recht vage ‒ von der „allmählich[en] Überwindung des Primats der Wertform von Arbeit“ schreibt. (S. 191).

Warum soll nicht die Bevölkerung uneingeschränkt, auf der Grundlage einer demokratischen Räteverfassung, bestimmen

  • was produziert wird und welche Dienstleistungen zur Verfügung gestellt werden?
  • wie produziert wird – also unter welchen Arbeitsbedingungen und nach welchen ökologischen Maßstäben und mit welchen Zielsetzungen?
  • wie all dies verteilt wird, sowohl unter den Menschen als auch in der Aufteilung der Ressourcen und Rücklagen für die Infrastruktur?[4]

Warum überhaupt soll es Wettbewerb geben? Dass sich ein fortbestehender Markt und ein tatsächlich demokratisch erarbeiteter Plan für eine alternative Produktion von Gütern und Dienstleistungen fundamental widersprechen, kommt Dörre nicht in den Sinn. Zu Recht kritisiert er die Kommandowirtschaft des „real existierenden Sozialismus“, doch er will dem dortigen Demokratiedefizit mit Marktmechanismen begegnen.

Unsere Antwort auf die Kommandowirtschaft muss genau entgegengesetzt lauten: Statt weiterhin die wesentliche Entscheidungsmacht irgendwelchen Leitungen zu überlassen und ein vom Wertgesetzt dominiertes Wirtschaftsmodell anzuvisieren (bzw. beizubehalten), gilt es, auf die tatsächliche Selbstermächtigung der Gesamtbevölkerung zu setzen. Die Gesamtbevölkerung muss die Macht haben, über verschiedene zur Auswahl stehende Planungsvarianten zu entscheiden, in denen unterschiedliche Schwerpunktsetzungen zur Abstimmung stehen. So kann ein Rätekongress – auf der Grundlage von unterschiedlichen Vorschlägen etwa zur Ressourcenverteilung oder zur Zuteilung von diesen oder jenden kostenlosen Gütern und Dienstleistungen – sehr wohl uneingeschränkt den einen oder den anderen Wirtschaftsplan beschließen. Dies gilt es mit einer weitgehenden Selbstbestimmung in der Lebensgestaltung und der Nutzung der Ressourcen auf der kommunalen Ebene zu verbinden. Durchgängiges Prinzip muss dabei sein: So viel zentral entscheiden wie nötig, so viel lokal bestimmen wie möglich. Nur auf diesem Weg wird auch die Warenwirtschaft zu überwinden sein, letztlich die zentrale Voraussetzung für die volle Entfaltung einer öko-sozialistischen Gesellschaftsordnung.

Selbstverständlich werden damit nicht Konflikte verschwinden, etwa zwischen den Verfechter*innen für eine größere Zuteilung von Ressourcen für die Kunst oder für den Breitensport usw. Aber es sind dann keine Konflikte zwischen Klassen oder zwischen Entscheidern auf der einen Seite und jenen, die nur „mitbestimmen“ dürfen, auf der anderen Seite. Und natürlich werden in diesen demokratischen Prozessen auch Entscheidungen zustande kommen, die sich im Nachhinein als unglücklich bzw. nachteilig für die Gesellschaft erweisen. Aber durch die Beteiligungsmöglichkeit aller wird die Motivation zur Korrektur erhalten bleiben und die Planungsentscheidungen werden sich verbessern.

Was Dörre nicht begreift oder anerkennen will: Solange nicht tatsächlich nach den Bedürfnissen und Wünschen der Bevölkerung produziert wird und egalitär – auf demokratischer und transparenter Grundlage – verteilt wird, solange also noch privatwirtschaftliche Bereicherung möglich bleibt, solange kann die Wirkung des Wertgesetzes nicht überwunden werden und solange werden die Reicheren bestrebt sein, noch reicher zu werden, was zwangsläufig auf Kosten der Bevölkerungsmehrheit geht, aber auch auf Kosten der Ökologie sowie der allgemeinen Strukturen der Daseinsvorsorge oder der längerfristigen Zukunftssicherung.

Dörres Illusion von der Friedfertigkeit der Herrschenden

Linke Kritik an der bürgerlichen Herrschaftsform des Parlamentarismus tut Dörre – ohne nähere inhaltliche Begründung – ab: „Modischen Abgesängen auf die parlamentarische Demokratie, gleich ob sie von rechts oder von links kommen, begegne ich kritisch, ja ablehnend.“ (S. 15) Zu diesem Schluss kommt er aufgrund seiner (recht kursorisch und nicht in die Tiefe gehenden) Kritik an der Unterdrückung von Demokratie auch schon in den frühen Jahren der Sowjetunion. Natürlich ist es richtig, dass ein Sozialismusmodell unglaubwürdig ist, wenn es mit der Einschränkung von Demokratie verbunden ist. Das Gegenteil muss klar werden: Sozialismus ist nur vorstellbar bei weitest möglicher Entfaltung von Demokratie. Und genau dies steht in krassem Gegensatz zur Realität bürgerlicher Herrschaft, wo beispielsweise die Pressefreiheit die Freiheit derjenigen ist, die reich genug sind, über die entsprechenden Medien zu verfügen.

Hinzu kommt, dass die parlamentarische Demokratie erstens nicht die einzige Herrschaftsform im Kapitalismus ist (sie wird gegebenenfalls schnell beseitigt), und zweitens ist sie nur sehr eingeschränkt eine Möglichkeit, für die eine oder andere politische Option zu votieren. Was aus dem berühmten „Wählerwillen“ gemacht wird, ist von vielen Kritiker*innen hinlänglich analysiert worden, aber auf diese Kritik geht Dörre überhaupt nicht ein, sondern bezieht sich nur positiv auf diese Institution – wie übrigens auch auf das Europaparlament – und will sie nur erweitern.

Ein gradualistisches Konzept

All dies fügt sich ein in ein gradualistisches Konzept zur Änderung der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. „Die Verankerung von Nachhaltigkeitszielen in der Verfassung, ihre Koppelung mit der Eigentumsfrage und der Möglichkeit zu Sozialisierung werden den rechtlich verbrieften Möglichkeiten eines Systemwechsels zu erneuter und größerer Aufmerksamkeit verhelfen. Allein die gesetzlich fixierte Sozialisierungsdrohung dürfte bereits genügen, um eine Umverteilung und Demokratisierung wirtschaftlicher Entscheidungsmacht zu fördern.“ (S. 122)

Dörre stellt sich vor, sein Gesellschaftsmodell mittels Reformen von oben durchsetzen zu können: „Reformen von oben, die von oppositionellen oder gar revolutionären Bewegungen erzwungen werden, können noch immer (?) eine erfolgversprechende Strategie sozialistischer Handlungsfähigkeit sein. Wahrscheinlich sind sie in nächster Zukunft zumindest für Europa der einzige Weg, der mit einigen Erfolgsaussichten überhaupt beschritten werden kann.“ (S. 49). Ihm scheint nicht klar zu sein, dass nennenswerte Reformen in der Geschichte immer nur ein Ergebnis revolutionärer Kämpfe waren. Erst wenn die Macht der Herrschenden in Gefahr gerät, sind sie zu größeren Zugeständnissen bereit, nämlich um dem revolutionären Kampf die Spitze zu nehmen. Man kann nicht gegen Reformen sein, aber in Bewegung gekommene breite Bevölkerungsschichten wollen in zugespitzten Kämpfen mehr als das, was man ihnen zugesteht und womit man sie tatsächlich zu beruhigen versucht. Dass Reformen bei passender Gelegenheit, also bei wieder geänderten Kräfteverhältnissen, weitgehend oder auch ganz zunichte gemacht werden, dürfte Klaus Dörre eigentlich nicht verborgen geblieben sein.

Dörres Transformationsmodell geht nicht nur leichtfertig über den Bereicherungsdrang der herrschenden Klasse hinweg. Er ignoriert auch fahrlässig und unbegründet die Grundcharakteristika des bürgerlichen Staates, was man einem Marxisten nicht durchgehen lassen kann. Der bürgerliche Staat ist schließlich nicht nur ein Abstraktum oder eine Ansammlung von Verwaltungsbeamten, die von heute auf morgen in eine andere Identität schlüpfen könnten. Noch vollkommen unabhängig von den ideologischen Apparaten, zu denen Althusser das Nötige ausgeführt hat (und vor ihm in anderer Form Gramsci): Der bürgerliche Staat ist vor allem ein starkes Netzwerk von Kräften unterschiedlichster Art, die in vielfältigen Institutionen wirken und ein Eigeninteresse am Fortbestand der kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung haben, denn sie verfolgen die gleichen historischen Interessen wie das Kapital, also wie der andere Hauptbestandteil der herrschenden Klasse.[5]

Sowohl der bürgerliche Staat – vor allem die dort entscheidenden Kräfte, die gesellschaftliche Macht ausüben – als auch die Kapitaleigner(innen) sind auf den Erhalt ihres Reichtums und ihrer Privilegien ausgerichtet. Es zeugt von großer Naivität, anzunehmen, diese Kräfte würden tatenlos zuschauen, dass man ihnen Stück für Stück ihre Macht beschneidet und ihre Einkommensquellen mindert. Wo in der Geschichte gibt es auch nur ansatzweise ein Beispiel dafür, dass eine Klasse der Besitzenden und Mächtigen sich an der Abschaffung ihrer privilegierten Lage beteiligt hätte oder auch nur tatenlos zugeschaut hätte?

Wir müssen also feststellen, dass das mit so viel Aufwand beworbene Buch leider nichts anderes ist als ein schwacher Neuaufguss eurokommunistischer Illusionen.

2. Januar 2022


[1] Dass Dörre sich mit der Autogesellschaft recht wenig beschäftigt hat, zeigt allein die Tatsache, dass er in seinen Fußnoten sowie in der Literaturliste auf keines der wegweisenden Bücher Winfried Wolfs, des bedeutendsten linken Verkehrswissenschaftlers dieses Landes, verweist. Nur das weniger wichtige Buch „Tempowahn” führt er an.

[2] E. O. Wright: „Envisioning real utopias”, London/New York, 2010

[3] D. Laibman: „Democratic Coordination: Towards a Working Socialism For the New Century” in: Science & Society, Vol. 66, No. 1. New York, 2002, S. 116-129

[4] Mehr dazu unter: Jakob Schäfer „Für eine demokratisch geplante Wirtschaft“ https://intersoz.org/plaedoyer-fuer-eine-demokratisch-geplante-wirtschaft/  sowie:  https://intersoz.org/raetedemokratie-was-sonst/

[5] Mehr zu dieser Frage: Jakob Schäfer „Zur Konstitution des bürgerlichen Staates“, https://intersoz.org/zur-konstitution-des-buergerlichen-staates/


[1] Klaus Dörre: „Die Utopie des Sozialismus. Kompass für eine Nachhaltigkeitsrevolution“, Berlin (Matthes & Seitz) 2021

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