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Innenpolitik

Die Wahl ist vorbei – jetzt gilt es zu handeln!

Von Politisches Sekretariat des RSB | 21.09.2005

Die Bundestagswahlen hatten nach Ansicht der bürgerlichen Presse kein eindeutiges Ergebnis. Die Wirklichkeit sieht allerdings anders aus: Geht mensch nach den neoliberalen Programmen der vier Parteien, die das Rennen um die Regierungsbeteiligung und die damit verbundenen Fleischtöpfe unter sich ausmachen, so bekommen wir eine Ahnung davon, was die nächsten vier Jahre auf die Bevölke­rung der Bundesrepublik zukommen wird.

Die Bundestagswahlen hatten nach Ansicht der bürgerlichen Presse kein eindeutiges Ergebnis. Die Wirklichkeit sieht allerdings anders aus: Geht mensch nach den neoliberalen Programmen der vier Parteien, die das Rennen um die Regierungsbeteiligung und die damit verbundenen Fleischtöpfe unter sich ausmachen, so bekommen wir eine Ahnung davon, was die nächsten vier Jahre auf die Bevölke­rung der Bundesrepublik zukommen wird.

Grundsätzliche Unterschiede gibt es zwischen ihnen nicht. Zwar ist die FDP immer noch markt­radikaler als der Rest, aber insgesamt gesehen handelt es sich beim neuen Bundestag um eine größtmögliche Koalition in Sachen neoliberaler Deregulierung.
Weiterer sozialer Kahlschlag geplant
Der Sozialabbau wird weitergehen: Um dies vor­auszusagen, genügt es, den noch amtierenden Wirtschaftsminister Clement zu zitieren, der laut Zeitungsbericht vom 20. September in einer Rede im Deutschen Museum in München anlässlich des Jubiläums eines großen Wirtschaftsmagazins in Anwesenheit der Fürstin von Thurn und Taxis und des Bertelsmann-Magnaten Mohn verlautbarte: "Zunächst müssten die Ergebnisse des Jobgipfels umgesetzt werden, im Kern ein Paket von Steuer­erleichterungen für Unternehmen. Darüber hinaus müsse es eine weitergehende Unternehmenssteu­erreform geben. Drittens müssten die sozialen Sicherungssysteme erneuert werden, unter ande­rem sei mehr Wettbewerb im Gesundheitssystem nötig. Der Staat investiere zuviel in Themen der Vergangenheit, nämlich Rente und Arbeitslosig­keit, und zu wenig in die Zukunft. Schließlich müsste auch die Föderalismusreform wieder auf den Tisch.”
Deutlicher hätte es auch Frau Merkel nicht sagen können, und die FDP hätte höchstens noch einen draufgesetzt. Die Grünen wiederum haben in den letzten sieben Jahren bewiesen, dass sie im Tausch für Dosenpfand und (eventuell!) etwas kürzere AKW-Laufzeiten in Sachen Sozialabbau jede Schweinerei mitzumachen bereit sind oder sogar selbst vorantreiben.

Umverteilung von unten nach oben
Die Umverteilung von unten nach oben wird demzufolge beschleunigt werden: Mit dem, was Herr Clement in seiner eben zitierten Rede zur Steuerpolitik anmerkte, ist genau dies ausge­drückt. Die Heraufset­zung der Lebensarbeitszeit in der einen oder ande­ren Form, was letztendlich nichts anderes bedeutet als weitere einschnei-dende Rentenkürzungen, die zunehmende Privatisierung und Deregulierung des Gesundheitssystems, die Weiterführung bzw. der Ausbau des Ein-Euro-Jobs genannten Sklavenar­beitersystems und schließlich eine Einkommens­steuerreform, die die hohen Einkommen entlastet – alle diese Punkte sind innerhalb der neoliberalen Parteiengroßkoalition prinzipiell unumstritten. Es geht nur darum, ob es ein bisschen mehr oder ein bisschen weniger sein darf, ob es ein bisschen schneller oder langsamer gehen, ob mit dem Gummiknüppel oder mit der Eisenstange zuge­schlagen werden soll. Und dazu sollen noch die Kompetenzen der Länder beschnitten werden ("Föderalismusreform”), damit bei diesen Vorha­ben nicht etwa die besonders betroffenen neuen Bundesländer querschießen können.
Kriegspolitik nach außen
In der Kriegspolitik ist mensch sich ebenfalls ei­nig. Weder der Afghanistan-, noch der Jugosla­wieneinsatz werden in Frage gestellt, geschweige denn die Stationierung von Truppen in Zentral­asien. Die nationale wie die europäische Kriegs­politik mit Aufbau von weltweit einsetzbaren Truppenverbänden und entsprechendem Umbau der Bundeswehr ist seit langem Konsens. In der Frage des Irakkrieges wurde der ach so friedlie­benden Schröderregierung kürzlich vom Bundes­verwaltungsgericht bescheinigt, dass die logisti­sche Unterstützung dieses Krieges, an dem mensch angeblich nicht teilnimmt, schlicht verfas­sungswidrig ist – Konsequenzen: natürlich keine. Auch über das Thema des Bundeswehreinsatzes im Inneren wird man sich im Zweifelsfall sehr schnell einig werden.
Große Koalition besteht bereits
Diese inhaltliche Allparteienkoalition ist aller­dings nichts Neues. Bereits in den letzten Jahren wurden die wesentlichen Bundestagsbeschlüsse in Sachen Sozialabbau und Deregulierung, ob nun Hartz IV, ob Gesundheitsreform, zusammen mit der Opposition verabschiedet, auch wenn das eine oder andere der FDP noch nicht weit genug ging. Und bei der Abstimmung über die Europaverfas­sung, sprich Militärpolitik und europäische Dere­gulierung, kannte der Bundestag dieses Jahr in bedenklicher Tradition keine Parteien mehr.
Es bleibt festzustellen: Bei der Wahl  wurden 41 Millionen Stimmen für Parteien abgegeben, die einen neoliberalen Kurs vertreten und verfolgen. Aber es gab über vier Millionen Stimmen, die klar gegen den neoliberalen Kurs gerichtet waren – 4 Millionen für die Linke/PDS. Das bietet die Mög­lichkeit, mit antikapitalistische Positionen, die sich gegen den herrschenden neoliberalen Ein­heitsbrei richten, auch außerhalb des Parlamentes in der Gesellschaft wieder stärker Gehör zu fin­den. Die Tatsache, dass diese Stimmen haupt­sächlich von ArbeiterInnen und Arbeitslosen ka­men, zeigt zudem, dass sich langsam ein Bewusst­sein dafür zu bilden beginnt, wer bei der unge­hemmten Durchsetzung des ganz gewöhnlichen Kapitalismus die Zeche zu zahlen hat.

APO-Aktivitäten gegen Sozialkahlschlag
Aber der Einzug einer anti-neoliberalen Links­partei in den Bundestag kann die von der zukünf­tigen Regierung zu erwartenden weiteren Grau­samkeiten nicht verhindern. Dazu bedarf es akti­ven Widerstandes außerhalb des Parlamentes. Vertreter der Linkspartei erklärten nach der Wahl, jetzt gehe es darum, gegen die neoliberale Offen­sive den außerparlamentarischen Widerstand zu organisieren. Der APO-Kongress am 19./20. No­vember wird zeigen, was die parlamentarische und außerparlamentarische Linke gemeinsam an Aktionen auf die Beine stellen kann. Gegen den Sozialkahlschlag gilt es nicht nur, die 4 Mio. WählerInnen der Linkspartei zu mobilisieren, sondern auch die WählerInnen anzusprechen, die mit der SPD-Wahl den Schutz ihrer sozialen Standards verknüpften.

Denn parlamentarisch sitzen die Abgeordneten der Linkspartei auf verlorenem Posten. Nur eine breite Widerstandsbewegung unter den Arbeitslo­sen, in den Betrieben und den Gewerkschaften kann das Bewusstsein dafür schaffen, dass es möglich ist, dem herrschenden Kartell die Stirn zu bieten ­- ein Bewusstsein dafür, dass das Problem in der grundlegenden Verfasstheit des kapitalisti­schen Wirtschaftssystems liegt. Die Wahlen haben gezeigt, dass die Basis für eine solche Bewegung wächst. Es gilt nun in der kommenden Periode, die vorhandene Wut, die sich in der Stimmabgabe ausdrückte, in Aktionen u
mzusetzen.
Die Forderungen, für die wir uns nach den Wah­len einsetzen, sind die gleichen für die wir vorher eingetreten sind:
Eine der dringlichsten Aufgaben ist es heute, der Lohnsenkungsoffensive von Kabinett und Kapital entschiedenen Wi­derstand entgegenzusetzen. Dies fängt an bei praktischen Aktionen gegen 1-Euro Jobs und geht bis zur Entfaltung einer breiten Kampagne für einen gesetzlichen Mindestlohn von 10 Euro in der Stunde und mindestens 1500 Euro im Monat.
Den Massenentlassungen muss mit brei­ten Solidaritätsaktionen begegnet werden. Dafür engagieren wir uns in den Gewerk­schaften. Aber auch unabhän­gig von dem Willen und den Beschlussla­gen ihrer Vorstände kommt es darauf an, praktische Solidarität zu organisieren. Wir fordern ein Verbot von Entlassungen! Betriebe, die Gewinne ma­chen und Entlassungen vornehmen, müssen enteignet werden!

Das wirksamste Mittel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist die Verkürzung der Arbeitszeit bei vollem Lohn- und Per­sonalausgleich und unter definierten Ar­beitsbedingungen. Wir wollen die Ver­teilung der Arbeit auf alle Hände ohne Einkommensverlust. Zu zahlen ist dies aus den Unternehmensgewinnen und wenn sie das nicht können, müssen diese Betriebe enteignet und unter gesellschaft­licher Kontrolle weitergeführt werden.
Zur Klärung der Zahlungsmöglichkeiten der KapitaleignerInnen ist eine Offenle­gung der Geschäftsbücher das beste Mit­tel. Das ist unsre Antwort auf das Drang­salieren von  Erwerbslosen und Bedürfti­gen. Weg mit allen Zumutbarkeitsrege­lungen!
Wir fordern gleiche politische und soziale Rechte sowie gleichen Lohn für alle, ob Männer oder Frauen, ob Deutsche oder AusländerInnen.

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