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Innenpolitik

Die Regierung treibt den Klassenkampf voran…

Von Politisches Sekretariat des RSB | 14.01.1970

Mit der Verabschiedung des Gesetzes zur sogenannten „Tarifeinheit“ haben die Angriffe auf die gewerkschaftliche Aktionsfreiheit eine neue Stufe erreicht:

Mit der klar beabsichtigten Knebelung kleinerer (meist aktiverer) Gewerkschaften soll wieder mehr Ruhe in die Betriebe einkehren. Streiks kleinerer Gewerkschaften für weitergehende Ziele sollen unmöglich gemacht werden. Allein die Gefahr, mit Schadensersatzforderungen konfrontiert zu werden, wird so manche Streiks schon in der Planungsphase abwürgen, auch dort, wo die entsprechende Gewerkschaft eventuell  noch nicht mal in der Minderheit ist.

Der Bahnvorstand handelt als williger Erfüllungsgehilfe für die Durchsetzung der politischen Pläne der Bundesregierung, indem er die GDL praktisch ein ganzes Jahr lang hinhielt und dabei die volle Unterstützung der großen Medien erhielt. Dabei kam das professionelle Wirken des gewerkschaftsfeindlich aufgestellten „Schramme Negotiation Institute“ zum Tragen, dessen Mitarbeiter Werner Bayreuther für den Arbeitgeberverband Bahn die Verhandlungen führte. (Die ausgefeilte Strategie und Taktik zur Irreführung der Öffentlichkeit ist dargestellt in der Streikzeitung Nr. 4. sowie in Der Spiegel, 13/2015.) Dieses Zusammenwirken von Regierung, entsprechenden Instituten und Massenmedien gibt einen Vorgeschmack davon, wie in Zukunft vorgegangen werden soll, denn:

Mit diesem ersten Schritt der Streikrechts­einschränkung ist in keinem Fall das Ende der Fahnenstange erreicht. Allein die CSU-Initiative vom 26. Januar d. J. macht deutlich wohin die Reise gehen soll: „1.  Obligatorisches Schlichtungsverfahren […] 2.  Ankündigungsfrist von vier Werktagen – damit sich die Bevölkerung darauf einstellen kann. [Gemeint ist, damit die Unternehmer sich darauf einstellen und den Streik wirkungslos machen können.] 3.Vereinbarung zur Mindestversorgung, damit die Daseinsvorsorge sichergestellt ist“.

Die ganze Strategie und Taktik zur Begründung des Tarifeinheitsgesetzes war zumindest teilweise deswegen erfolgreich, weil die Vorstände des DGB und 5 seiner Einzelgewerkschaften nicht nur die GDL im Regen stehen ließen. Sie wetterten sogar noch gegen die GDL und erhöhten den politischen Druck auf die streikenden Kolleg­Innen. Der Hintergrund ist klar: Es lag und liegt nicht nur an mangelnder Bereitschaft zur aktiven Solidarität, sondern daran, dass der DGB selbst das Tarifeinheitsgesetz herbeiwünscht, und zwar aus vollkommen egoistischen und kurzsichtig bürokratischen Interessen.

… dem muss der Klassenkampf von unten entgegengesetzt werden

Es ist höchste Zeit, dass sich jetzt eine Gegenbewegung gegen den widerstandslosen Ausverkauf von Gewerkschaftsrechten formiert:

  • Dafür sollten wir in den laufenden Tarifrunden auf eine Zusammenführung der Kämpfe hinwirken (gemeinsame Kundgebungen, gemeinsame Demos etc.) und dabei klar gegen das Tarifeinheitsgesetzt Stellung beziehen.
  • Linke, gewerkschaftsoppositionelle Kreise müssen ihre Zusammenarbeit verstärken und über den Tag hinaus eine anhaltende Kooperation anstreben. Eine Gelegenheit zur Absprache und Koordination wird der für den Spätherbst geplante gemeinsame Kongress kritischer Gewerkschafter­Innen sein.
  • Bei den anstehenden Gewerkschaftstagen – im besonderen dem der IG Metall – muss die Generalausrichtung der aktuellen Politik der DGB-Gewerkschaften infrage gestellt werden. Dabei darf auch die Frage nach der Verantwortung beim faktischen Streikbruch durch den DGB (und ganz besonders durch die EVG) nicht außen vor bleiben. Auch personelle Konsequenzen gilt es einzufordern.
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