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DIE LINKE

Die Partei, die wir brauchen: Nicht nur eine Wahlalternative

01.09.2006

Die Landtagswahlen in Berlin und in Mecklenburg-Vorpommern belegen: der Verfall der regierenden Parteien setzt sich fort.

Die Union ist in Berlin und in Mecklenburg-Vorpommern im freien Fall, in Brandenburg mit offener Schlammschlacht beschäftigt. Die SPD landet in einigen Umfragen bundesweit bei 28% und hat in wenigen Jahren fast eine halbe Million Mitglieder verloren. Dennoch verkündet ihr Spitzenkandidat in Berlin, Klaus Wowereit, nach der Wahl unverdrossen: "Im Landeshaushalt ist mit weiteren harten Einsparungen zu rechnen." Dafür hat seine Partei fast 60 000 Stimmen verloren. Die Sozialdemokratie verspielt als Nasenbär des Kapitals und der Unionsparteien ihre traditionelle Basis, und eine andere ist für sie nicht in Sicht.

Desto erschreckender ist vor diesem Hintergrund der wahlpolitische Niedergang der Linkspartei.PDS. In Mecklenburg-Vorpommern sind ihre Verluste (-26 000) noch mäßig ausgefallen, in Berlin aber gab es einen Erdrutsch – dort hat sie die Hälfte ihrer Wählerschaft verloren, vor allem im Osten. Vor vier Jahren verbanden nicht nur abhängig Beschäftigte, auch Erwerbslose und kleine Selbständige, die vom Hauptstadtfilz der CDU die Nase voll hatten, mit Rot-Rot die Möglichkeit eines neuen Aufbruchs. Davon ist nichts geblieben als der traurige Wahlspruch: "Sparen bis es quietscht."

Nun, es hat gequietscht. Die L.PDS ist ihre Hegemonie über die Wählerinnen und Wähler im Osten los. Ihr neoliberaler Flügel um den Wirtschaftssenator und die junge Riege der Karrieristen trat in der Hauptstadt als Speerspitze der Privatisierung und der Bedienung von Kapitalanlegern und als Kampfbataillon gegen die abhängig Beschäftigten auf.

"Unter solchen Umständen", hat ihr Spitzenkandidat Harald Wolf gesagt, "kann man an der Regierung nichts anderes machen. Es gibt keine Alternative." Warum geht die L.PDS dann in die Regierung, wenn sie nichts verändern kann? Ist es da ein Wunder, dass die Partei der Nichtwähler mit 42% in Berlin einsame Spitze ist? Hierin drückt sich auch die Krise der Linken aus. Ihr ist es bislang nicht gelungen, diese Menschen zu überzeugen, dass sie es besser kann.

Die WASG Berlin errang mit 55 000 Euro und gegen den Willen der Bundespartei aus dem Stand 40 000 Zweitstimmen und 52 000 Erststimmen und eroberte Mandate in 7 von 12 Bezirksparlamenten. Aber sie konnte nur 17 000 Stimmen von der L.PDS auf sich ziehen, während 70 000 WählerInnen dieser Partei zu den Nichtwählern gingen.

Jetzt kommt es darauf an, aus einigen Zehntausend Wählerinnen und Wählern ein paar Tausend neue Aktive zu machen, die in den Bezirken und Kiezen das Bild von einer anderen Partei vermitteln – einer Partei, die soziale Bewegungen und Selbsthilfegruppen in ihrer Eigeninitiative unterstützt, die dafür arbeitet, dass der soziale Widerstand gegen die Privatisierung der Sparkasse und der BVG wächst und sich koordiniert, dass außerparlamentarischer Widerstand dem neuen Senat Steine in den Weg legt und dass durch solche Aktionen in der Zivilgesellschaft Konzepte für solidarische Lösungen verankert werden.

Wir brauchen eine neue Linke, keinen Aufguss der alten. Es reicht nicht, ein paar Mandate zu erobern. Die Parteiform selbst muss von Grund auf erneuert werden. Das Konzept der Stellvertreterpartei, die letztlich in einem Haufen von Parteibeamten mündet, denen das Wahlvolk zuhören, applaudieren und spenden darf, hat sich endgültig überlebt.

Deshalb kann die Fusion von L.PDS und WASG auch nicht im Anschluss von ein paar Tausend WASG-Mitgliedern an die L.PDS bestehen. Es muss eine gemeinsame neue Partei auf neuen Grundlagen entstehen, die aus dem Wahldebakel der L.PDS die richtigen Lehren zieht. Der Berliner Landesvorstand der L.PDS muss seine Verantwortung wahrnehmen und zurücktreten. Das Personal, das den Kurs der Regierungslinken mitgetragen hat, darf im Fusionsprozess nicht den Ton angeben. Mit der Orientierung auf Mitregieren muss gebrochen werden.

Nur eine glaubwürdige Alternative auf der Linken kann verhindern, dass Rechtsextremisten und Neonazis weiter Zulauf von jungen Menschen bekommt.

Koordination der internationalen sozialistischen linken (isl)

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