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Innenpolitik

Die CDU und der rechte Rand

Von joe hill | 01.01.2004

Die CDU hat seit Jahrzehnten immer wieder beteuert, es dürfe rechts von ihr keine demokratisch legitimierte Partei geben. Wie erfolgreich die CDU dabei war, zeigt die Affäre um Hohmann und andere PolitikerInnen aus der zweiten und dritten Reihe.

Die CDU hat seit Jahrzehnten immer wieder beteuert, es dürfe rechts von ihr keine demokratisch legitimierte Partei geben. Wie erfolgreich die CDU dabei war, zeigt die Affäre um Hohmann und andere PolitikerInnen aus der zweiten und dritten Reihe.

Neu ist dabei am Fall Hohmann lediglich, dass zum einen diesmal nicht irgendein verkrachter Lokalpolitiker hier den Mund aufmacht, sondern dass es ein Bundestagsabgeordneter war, sowie dass zum anderen nicht nur antisemitische Versatzstücke sondern ein geschlossenes antisemitisches, von Paranoia geprägtes Weltbild (zumal in schriftlicher Form) zum Vorschein kam. Auf Grund der Position Hohmanns war es daher diesmal (und anders als bei den "normalen" rassistischen Äußerungen von Bosbach, Nitsche, etc.) unmöglich, Gras über die Sache wachsen zu lassen. Der Druck außerhalb der CDU war so groß, dass ein Ausschluss in Angriff genommen wurde. Freilich kann nun nicht erwartet werden, dass innerhalb der CDU das Verhältnis von Antisemitismus und Antikommunismus thematisiert wird, würde dies doch bedeuten, den für die Ideologie der CDU (und der BRD) grundlegenden Antikommunismus zu thematisieren. Jener Antikommunismus war unter anderem gerade wegen seiner Vermengung mit den verbreiteten antisemitischen Ideologien so erfolgreich.
Antisemitische Tradition
Der Fall Hohmann hat parteipolitisch und regional Geschichte. Weite Teile des ländlichen und kleinstädtischen Nord- und Mittelhessens können auf eine lange Tradition antisemitischer und rechter Politik zurückblicken, beginnend mit einer antisemitischen Bauernbewegung in den 1880er Jahren um den Marburger "Bauernkönig" Otto Böckel, die die Region zur Hochburg der sonst bedeutungslosen antisemitischen Parteien der Kaiserzeit machte. Später erzielte die NSDAP hier über dem Reichsdurchschnitt liegende Stimmergebnisse und nach 1945 wurde hier die deutschnationale Tendenz zunächst von der örtlichen FDP aufgegriffen. Später gelang es der CDU, sich diesen reaktionären Sumpf einzuverleiben, eine Schlüsselrolle spielte dabei ein langjähriger CDU-Landesvorsitzender, der rechtskonservative Militarist Alfred Dregger, dessen Wahlkreis Hohmann vor fünf Jahren erbte. An der Rede ihres Abgeordneten vom 3. Oktober scheinen sich viele seiner WählerInnen und regionalen ParteifreundInnen jedenfalls nicht zu stören.

Nach 1945 gab es in der BRD zunächst ein breites Feld von Parteien rechts der CDU, welche in den ersten Bundestagen nach 1949 und vielen Landtagen vertreten waren. Die CDU (wie auch die FDP und teilweise auch die SPD) scheuten sich nicht, mit diesen zu koalieren und deren ehemalige Mitglieder aufzunehmen, welche entdeckten, dass in den großen Parteien besser Politik und Karriere zu machen ist. Diese Tendenz erstreckte sich selbst auf die 1952 als Nachfolgeorganisation der NSDAP verbotene "Sozialistischen Reichspartei" (SRP). Mit Abstand am erfolgreichsten war die CDU. So konnten sich Parteien, welche sich rechts von der CDU positionierten, nie durchsetzen. Andererseits gelang es der CDU meistens, ihren rechten Flügel dahingehend zu zügeln, dass dieser nicht auf höherer Ebene und in nicht zu großer Öffentlichkeit sein wahres Gesicht zeigt, auch im Fall Hohmann hätte dies fast geklappt.

Die Integrationsleistung der CDU nach rechts spricht nicht für sondern gegen sie, die Verbandelung mit dem offen rechten Milieu in gemeinsamen Verbänden wie militärischen Traditionsvereinen, Vertriebenenverbänden oder Burschenschaften zeigt dabei auch, dass sich offen reaktionäre Politik und CDU-Zugehörigkeit vereinbaren lassen. Die zahlenmäßig größte völkische, rassistische und antisemitische Strömung in der deutschen Politik ist seit Jahrzehnten in der CDU beheimatet. Nichts deutet darauf hin, dass sich hieran durch den Ausschluss Hohmanns etwas ändern wird.

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