Der Zeichner von Mafalda ist gestorben
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Nachruf auf Quino (1932‒2020)

Der Zeichner von Mafalda ist gestorben

19.10.2020

Am 29. September 1964 erschien in der Wochenzeitung Esto Es in Buenos Aires die erste Ausgabe von „Mafalda“. Am 30. September 2020 ist Quino, der Vater der Mafalda, im Alter von 88 Jahren gestorben. Mit dem Mädchen mit dem roten Knoten im Haar, das hemmungslos, fortschrittlich, pazifistisch, antipatriarchalisch und antiklerikal ist, hat Joaquín Salvador Lavado Tejón, bekannt als „Quino“, ganze Generationen von Protestierenden geprägt, und das nicht nur in Argentinien.

Im Alter von 18 Jahren kam Quino aus seiner Heimatprovinz Mendoza in Argentinien mit einer Berufung nach Buenos Aires: Humor und Comics machen. Aber es waren die 1950er Jahre, und niemand hat etwas von ihm veröffentlicht.

Schwierige Anfänge

Harte Jahre, die ihn in seiner Arbeit nicht aufgehalten haben. Im Jahr 1954 platzierte er einen ersten Comic-Strip und erklärte später: „An dem Tag, an dem ich meine erste Seite veröffentlichte, habe ich den glücklichsten Moment in meinem Lebens gehabt.“ Das war nur der Anfang eines langen Kampfes, um die Realität gegen Ungerechtigkeit und Ungleichheit darzustellen. Mit Mafalda und Ironie im Format eines Comicstrips schuf er das kritischste Mädchen in einer patriarchalischen Gesellschaft. Scharfsinnig, fragend, nachdenklich, bissig ‒ Mafalda, die Tochter einer bürgerlichen Familie, spiegelt die Widersprüche einer Welt wider, die in einen Wirbelsturm des Krieges gestürzt ist, und bekämpft die bellizistische Politik der Mächtigen oder das Vorgehen der Polizei mit Humor. Ein Mikro- und Makroansatz, gleichzeitig politisch und sozial. Nichts entgeht dem Mädchen und ihrer Bande von Freunden und Freundinnen: Felipe, Manolito, Susanita und ihrem kleinen Bruder Guille.

Ein weltweiter Erfolg

Mafalda wurde in mehr als 30 Sprachen übersetzt und ein großer internationaler Erfolg. Doch Quino, der seriellen Arbeit müde, weigerte sich ab 1974, das Abenteuer fortzusetzen und kehrte zu Werken ohne immer wiederkehrende Charaktere zurück; die Probleme der sozialen Ungleichheit, der Ungerechtigkeit, der Korruption, des Krieges und der Erhaltung der Umwelt standen weiter im Mittelpunkt des Interesses des Künstlers stehen. In der ersten Periode freundete er sich mit Wolinski [dem Comiczeichner, der zu den Opfern des Terroranschlags vom 7. Januar 2015 auf Charlie Hebdo gehörte] und Charlie von der ersten Periode an [die von November 1970 bis zur Liquidierung der Firma im Dezember 1981 reicht].

Quino war 2014 der Ehrengast des alljährlichen „Festival International de la Bande Dessinée“ in Angoulème, des bedeutendsten Comicfestivals in Europa. Da er bereits krank war, konnte er nicht reisen, um die ihm gewidmete Ausstellung einzuweihen. Er antwortete jedoch schriftlich auf eine Fernsehsendung.

Ein feinsinniger politischer Kopf

Er sagte über Mafalda: „Die Fragen, die sie sich über die Gesellschaft stellt, sprechen auch heute noch die Leser*innen an, ihre Vision bleibt überraschend aktuell, und es überrascht mich zu sehen, dass meine vor 40 oder 50 Jahren entstandenen Zeichnungen zeitgenössischen Themen entsprechen. Letztes Jahr wurden zum Beispiel in Italien Episoden von Mafalda veröffentlicht, aufgeschlüsselt nach Thema, Politik, Wirtschaft… Und es war unglaublich, wie meine Zeichnungen einen direkten Bezug zu Berlusconis Wahlkampagne zu haben schienen! Humor ist universell.“

Und vor allem unsterblich. Das Gesamtwerk von Mafalda[i] ist oft vergriffen, wird aber immer wieder neu aufgelegt. Quino, der Idealist, träumte davon, die Welt für eine bessere Zukunft zu verändern, und dachte, er könne dazu einen bescheidenen Beitrag leisten. Sehen wir zu, dass er Recht bekommt!

Dieser Artikel ist in der Wochenzeitung der NPA erschienen (l’Anticapitaliste, Nr. 538, 8. Oktober 2020, https://nouveaupartianticapitaliste.org/actualite/culture/quino-le-createur-de-mafalda-est-mort).

Aus dem Französischen übersetzt und bearbeitet von Wilfried Dubois.

Siehe auch die Webseite von Quino:
https://www.quino.com.ar/

Und für weitere Informationen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Quino; ausführlicher: https://es.wikipedia.org/wiki/Quino; https://en.wikipedia.org/wiki/Quino
https://de.wikipedia.org/wiki/Mafalda_(Comicfigur)


[i] Die Aussage für Frankreich gilt auch für den deutschen Sprachraum: Im Verzeichnis Lieferbarer Bücher ist unter „Quino“ oder „Mafalda“ ein einziger Titel zu finden ‒ ein Band, den der Carlsen Verlag für März 2021 in seiner „Bibliothek der Comic-Klassiker“ ankündigt.

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