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Innenpolitik

Der Ausbildungspakt: Eine Frage der Statistik

Von Karl Lindt | 01.04.2005

Immer mehr Jugendliche gehen bei der Lehrstellensuche leer aus. Doch der sog. „Ausbildungspakt” wird von Kapital und Regierung als Erfolg bejubelt.

 
Ende 2004 waren noch immer 33.300 Jugendliche bei der Bundesagentur für Arbeit als ausbildungsplatzsuchend gemeldet. Doch sie sind nicht die Einzigen, die durch den „Ausbildungspakt” in Stich gelassen wurden. Mehr als 50.000 Jugendliche sind zur Bereinigung der Statistik in Praktika und sog. „berufsvorbereitende Kurse” gesteckt worden. Die Möglichkeit einen Abschluss zu erlangen, ist zumeist nicht vorgesehen. Auch die Chancen einen richtigen Ausbildungsplatz im Anschluss an eine solche Maßnahme zu bekommen, sehen oft mehr als mau aus. Wie kann aber angesichts von ca. 90.000 fehlenden betrieblichen Ausbildungsplätzen im Jahr 2004 in den Veröffentlichungen der rot-grünen Bundesregierung eine positive Bilanz des „Ausbildungspaktes” gezogen werden? Oft wurde in den letzten Monaten sogar von der Übererfüllung des Paktes geredet.

Bilanz schöngerechnet

Durch Unterschlagung einiger Fakten wird die negative Bilanz kurzerhand zu einem Erfolg. So gab es 2004 zwar 2,3% mehr Ausbildungsverträge als noch im Vorjahr, was aber oft verschwiegen wird: die Zahl der BewerberInnen hat sich auch um 2,9% erhöht. D.h. für den/die einzelneN JugendlicheN war es noch schwieriger, an eine Lehrstelle zu kommen. Durch einen weiteren Trick versucht die Bundesregierung ihre Statistik aufzupolieren. Nur noch 14.900 der im September als unvermittelt gemeldeten Jugendlichen waren Ende Dezember noch übrig. Freie Ausbildungsplätze gab es bundesweit noch 4.100. Nach der Rechnung der Bundesregierung fehlten also nach Abschluss der Nachvermittelungsaktion am 31.12.2004 nur noch 10.800 Stellen. Ganz „vergessen” wurden die 30.700 Ausbildungsplatzsuchenden, die sich zwischen September und Ende des Jahres noch als ausbildungsplatzsuchend bei der Bundesagentur für Arbeit meldeten. Mal ganz davon abgesehen, dass die freien Lehrstellen nicht so einfach mit den Ausbildungsplatzsuchenden aufgerechnet werden können. Zumeist sind diese Stellen nicht gerade in der Nähe von den Orten, wo die ausbildungssuchenden Jungendlichen wohnen. In den Zeiten des Neoliberalismus scheint es ja normal zu sein, dass mensch eine Ausbildung nicht mehr nach den eigenen Interessen auswählen kann. Nach der o.g. Rechnung der Bundesregierung muss aber auch jedeR 16- und 17-jährige fähig sein, für eine Lehrstelle mal eben über hunderte von Kilometer von zu Hause wegzuziehen.

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